Institut für Medienpädagogik und Kommunikation
Der neue Vorstand des Landesfilmdienst Hessen e.V. – Institut für Medienpädagogik und Kommunikation ist gewählt. Detlef Ruffert (ganz links) und Peter Holnick (ganz rechts) freuen sich über die Wahl von Oliver Bein, Doris Reitz-Bogdoll (zur 2. Vorsitzenden), Helmuth Poppe, Staatssekretär a.D. Paul Leo Giani (zum 1. Vorsitzenden) und Kurt-Helmuth Eimuth. 
Ist der Wille unfrei?
Symposium zum Thema Hirnforschung
Selbst der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung war es ein „Plus“ für den Vorsitzenden des Kuratoriums der EKHN-Stiftung, Peter Steinacker, wert. Schließlich versammelte die Stiftung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau mehr als 1400 Menschen beim Symposium „Eine Welt ohne Seele und freien Willen?“ im Audimax des Unicampus Westend der Goethe-Universität. Mit einem dicht gedrängten Vortragsprogramm war es gelungen, so viele Interessierte zu mobilisieren. Da musste schon ein Nerv getroffen sein.
Und in der Tat provozierte der Münchner Hirnforscher Wolf Singer das Publikum mit seiner Feststellung, dass die Ergebnisse der Hirnforschung als narzisstische Kränkung erlebt würden, denn alles Wissen residiere in der funktionellen Architektur des Gehirns. „Alle, auch die höchsten mentalen Funktionen, beruhen auf neuronalen Prozessen“, so Singer. Daraus folge, dass das menschliche Verhalten weitgehend festgelegt sei. Im Augenblick der Entscheidung gebe es keine andere Möglichkeit mehr, sich zu entscheiden. Selbst die bewusste Entscheidung konstituiere sich auf der Basis neuronaler Prozesse.
Der Frankfurter Philosophieprofessor Thomas Metzinger gab Singer Recht. Seine radikale These lautete: „Es gibt kein Selbst“. Es gebe nur ein „inneres Bild der Person als Ganzer, inklusive ihrer psychologischen Eigenschaften“.
Ist also alles, was in den 1970er Jahren an den Universitäten gelehrt wurde, nur Schall und Rauch? Wird der Mensch nicht vom sozialen Umfeld und einer emanzipatorischen Erziehung geprägt? Hat an Aggression, Drogenkonsum und Kriminalität nicht mehr die Gesellschaft ihren Anteil, sondern ist das alles biologisch bereits festgelegt?
Immerhin, schränkte Singer ein, habe das Gehirn durchaus die Möglichkeit, neue Ideen zu kreieren. Und trotz der für Singer bewiesenen Abhängigkeit des Menschen von der Evolution bleibt für ihn die Frage nach Gott offen: „Evolution und Offenbarung sind nicht kompatibel“, ist Singer überzeugt. Man könne nicht sagen, warum die Evolution geschah.
Es oblag dann Eilert Herms, emeritierter Theologieprofessor aus Tübingen, den Menschen als Person gegen eine neue Unschärfe inmitten aller neuronalen Wolken, Feuer und Gewitter in Schutz zu nehmen: „Es sind keine Gehirne, sondern Personen, die Hirnforschung betreiben. Und als Personen bleiben wir verantwortlich. Wir können uns nicht an unsere Gehirne entlasten.“
Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 17. März 2013 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe 2013/2 – April.
1. Konsultation der Grußstadt-Kitas
Gewinnung von Fachkräften steht an zentraler Stelle
Evangelische Trägerverbünde aus acht deutschen Großstädten kamen am 28. Februar 2013 zu einer Konsultation zusammen. Eingeladen hatte das Diakonische Werk für Frankfurt für Frankfurt am Main. Kurt-Helmuth Eimuth, Leiter des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten und Initiator dieser ersten Konsultation war sichtlich zufrieden. „Es ist gelungen, eine Plattform für den Informationsaustausch zu schaffen. Dabei kamen natürlich allgemeine Themen wie Fachkräftemangel, aber auch trägerspezifische Themen, wie etwa die Religionszugehörigkeit von Mitarbeitenden, zur Sprache.“
Der Leiter der Diakonie Frankfurt, Pfarrer Dr. Michael Frase, gab im Rahmen der Veranstaltung einen Einblick in die Frankfurter Situation, wo allein vom Diakonischen Werk für Frankfurt rund 1.000 neue Plätze für Kinder unter drei Jahren geschaffen werden. Die Fragen und Themenstellungen, die die Verantwortlichen beschäftigen, sind bundesweit ähnlich, wenngleich sich die kommunalen Strukturen, die Gesetzeslage in den einzelnen Bundesländern und die Finanzierungssituation zum Teil erheblich unterscheiden.
Die Gewinnung von Fachkräften steht bei allen Trägern an zentraler Stelle. Die vorgestellten Maßnahmen reichten von der Zusammenarbeit mit Fachschulen und Stipendien für Studierende über die Anwerbung von Mitarbeitenden aus dem Ausland bis hin zu Hilfe bei der Wohnungssuche. Entscheidend ist es – auch hier bestand Einigkeit – die Mitarbeitenden auch langfristig zu binden durch eine Kultur der Wertschätzung und Angebote wie attraktive Fort- und Weiterbildungen, Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
In einer weiteren Diskussionsrunde beleuchteten die Teilnehmenden die unterschiedlichen Trägermodelle. Die Herausforderungen im Hinblick auf Personalgewinnung und -verwaltung, Finanzverwaltung und Bauerhaltung sind angesichts einer abnehmenden Zahl von Kirchenmitgliedern und Gemeindefusionen immer schwieriger von einer einzelnen Kirchengemeinde zu bewältigen. Trägerverbünde können professioneller agieren und sind politisch einflussreicher. Gleichzeitig betonten die Anwesenden, dass gerade die Verbindung von Kita und Gemeinde und die Verwurzelung im Stadtteil Stärken evangelischer Kindertagesstätten sind. Eine zweite Konsultation soll Anfang 2014 stattfinden.
Lukas-Kita in Sachsenhausen eröffnet
Für 1,7 Millionen Euro errichtete der Evangelische Regionalverband in Sachsenhausen einen Kita-Bau in Holzständerbauweise.
Der Bau war noch vor dem Beschluss zum Ausbau der Krippenkinderbetreuung geplant worden und wurde auf Grund der Dringlichkeit noch von Stadt und Kirche finanziert, wobei die evangelische Kirche den Löwenanteil mit 1,2 Millionen beisteuerte. Die hellen, lichtdurchfluteten Räume entsprechen den heutigen Standards. Die am vergangenen Sonntag eröffnete Einrichtung bietet Platz für 63 Kinder.
Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 4. März 2013 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.
Ein Risiko für die psychische Gesundheit der Kinder
Gegen das im Entwurf vorgelegte Hessische Kinderförderungsgesetz (HessKifög) laufen die Träger von Krippen, Kindertagesstätten und Horten Sturm. Zu Recht.
Das neue Gesetz soll zum Januar 2014 in Kraft treten. Am 7. März ist eine Anhörung im Sozialausschuss des Landtags geplant, im April soll das Gesetz beschlossen werden. Derzeit werden in den Kindertagesstätten Unterschriften gesammelt und Demonstrationen dagegen vorbereitet.
Das Gesetz vereint Rechtsvorschriften und Verordnungen und gibt vor – so Sozialminister Stefan Grüttner – die Qualität in den Einrichtungen zu verbessern. Die Wohlfahrtsverbände, auch die Kirchen, weisen demgegenüber darauf hin, dass die Versäumnisse der letzten Jahre auf Kosten der Qualität gelöst werden sollen. Um den im Jahr 2008 beschlossenen Rechtsanspruch für Kinder unter 3 Jahren am 1. August 2013 umsetzen zu können, werden die Standards für Personal und Öffnungszeiten heruntergeschraubt.
Zwanzig Prozent Personal mit “fachfremder” Ausbildung
So sieht das KiFöG vor, dass Personen mit fachfremder Ausbildung in den Gruppen arbeiten. Dies widerspricht allen Empfehlungen wissenschaftlicher Studien, die besagen, dass unterhalb des Fachschulniveaus keine Kräfte eingestellt werden sollten. Das KiFög möchte hingegen bis zu zwanzig Prozent „fachfremder“ Personen zulassen.
Und dieses weniger für die Aufgabe von Erziehung und Bildung vorbereitete Personal soll dann auch noch eine zu große Zahl von Kindern betreuen. In allen Altersstufen unterläuft Hessen schon jetzt das gebotene Verhältnis von Fachkräften und Kindern. Bildung braucht Bindung. Erst wenn sich ein Kind sicher und geborgen fühlt, kann es sich für die ihm eigenen Bildungsprozesse öffnen.
Jüngere Kinder brauchen individuelle Zuwendung
Je jünger die Kinder sind, desto mehr individuelle Zuwendung benötigen sie. Scharf verurteilt deshalb auch Norbert Neuß, Pädagogik-Professor an der Universität Gießen, dass künftig bis zu 16 Kinder im „U3-Bereich“ (also in Krippen) in einer Gruppe aufgenommen werden können sollen: „Das widerspricht nicht nur den wissenschaftlichen Mindeststandards, sondern auch allen Forschungsergebnissen aus der Bindungsforschung! Unter den durch das HessKifög geplanten Umständen wird eine Krippenbetreuung zu einem nicht einschätzbaren Risiko für die psychische Gesundheit der jungen Kinder.“
Auch die Finanzierung von Öffnungszeiten wird bei 42 Stunden pro Woche gekappt. Das bedeutet aber für viele Eltern das Ende einer möglichen Vollerwerbstätigkeit. Das Gesetz unterläuft damit die Bestrebungen der Wirtschaft, Fachkräfte zu halten und zu gewinnen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer hat einen unmittelbaren Zusammenhang von Kinderbetreuungsangeboten und Fachkräftegewinnung festgestellt. Das nun vorgelegte Gesetz widerspricht also nicht nur pädagogischen, sondern auch wirtschaftlichen Notwendigkeiten.
Nicht nur Quantität zählt, sondern auch Qualität
Frankfurt, die Familienstadt, hat dies längst erkannt und sich beim Ausbau der Krippenplätze an die Spitze derer gesetzt, die nicht nur Quantität sondern auch Qualität wollen. Mit städtischen Mitteln finanziert sie seit langem weit mehr als das, was das Land Hessen als Minimum fordert. „Ausgehend von der Finanzierungsvereinbarung zwischen der Stadt und den freien Trägern gibt es derzeit in Frankfurt standardisierte Öffnungszeiten, eine Regelung zu angemessenen Gruppengrößen in den verschiedenen Altersgruppen und der Personalbemessung. Dies gilt es zu halten und auszubauen“, betont der Fachausschuss Kinderbetreuung der Stadt Frankfurt. Daran könnte sich das Land ein Beispiel nehmen. Oder sollte wirklich angesichts der Milliarden, die für Banken und Rettungsschirme ausgegeben werden, kein Geld für die Kinder da sein?
Empörung allein bringt nichts
Empörung allein bringt nichts
Hoch sensibel reagiert die Gesellschaft auf vermeintliche oder tatsächliche Fehltritte führender Persönlichkeiten. Nicht nur in der Politik, sondern auch in der Kirche. Aber Empörung allein bringt nichts.
Kein Zweifel, ein Flug erster Klasse, um Slums in Indien zu besuchen, lässt sich kaum rechtfertigen. Und eine Studie zur Größe der kirchlichen Dienstwagen und ihrem CO2-Ausstoß hat ergeben: Die Limousinen der Oberklasse verbrauchen zu viel.
Keine Frage – Führungspersönlichkeiten müssen sich an ihren eigenen Maßstäben messen lassen. Nur: Kleinliche Neiddebatten helfen nicht weiter. Es ist doch völlig einleuchtend, dass Minister und Aufsichtsratsvorsitzende in bequemen Autos durchs Land gefahren werden. Schließlich ist der Wagen für sie ihr zweites Büro, und zudem bieten die Autohersteller deftige Nachlässe an, weshalb auch manch kirchliche Führungspersönlichkeit nicht im Golf vorfährt.
Apropos Golf. Kann man es Peer Steinbrück wirklich übel nehmen, dass auch er Wagen mit großem Hubraum bevorzugt? Würden wir das nicht alle tun, wenn wir als Spitzenpolitiker unterwegs wären? Sein Fehler war lediglich, dass er es gesagt hat. Sicher ist es auch richtig, dass es irgendwie eine Unwucht darstellt, wenn ein Sparkassendirektor besser bezahlt wird als die Kanzlerin. Man sollte solche Sparkassen- und Bankgehälter gerade in Zeiten der Finanzkrise überdenken. Schließlich können immer mehr Menschen von ihrem Lohn kaum leben, während die Spitzengehälter in ungeahnte Höhen schießen.
Würden wir nicht auch das Geld nehmen?
Doch zurück zum Kanzlerkandidaten. Seine Äußerung wurde so verstanden, als fordere er für sich im Kanzleramt mehr Geld. Einem, der seine Vorträge so teuer wie möglich verkauft, traut man das zu. Aber seien wir ehrlich: Würden wir nicht auch das Geld nehmen?
Mediale Empörung über das Fehlverhalten Einzelner verschleiert eher Missstände, als dass es sie aufdeckt. Warum muss ein Unternehmen der Stadtwerke Bochum überhaupt solch teure Marketingmaßnahmen machen? Warum wird die Automobilindustrie nicht dazu verpflichtet, Autos mit niedrigem Verbrauch zu bauen? Warum gibt es ein Steuerprivileg für Dienstwagen? Und schließlich: Wie kann man eine gerechtere Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums erreichen?
Schwierige Fragen mit komplexen Antworten. Das ist schlecht auf eine Schlagzeile zu bringen und anstrengend zu verstehen. Empörung geht halt einfacher.
Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 13. Februar 2013 in der Rubrik Meinungen, erschienen in der Ausgabe Web.
Neues Eltern-Kind-Café in Höchst
Neues Eltern-Kind-Café in Höchst
Im Evangelischen Familienzentrum in Höchst, Bolongarostraße 186, ist ein neues Eltern-Kind-Café eröffnet worden. Für die Kleinen gibt es Spielangebote, für die Erwachsenen Kaffee und Kuchen und mehr.
Hierher können Eltern und Kinder kommen, ohne sich vorher anzumelden oder Kursgebühren zahlen zu müssen: Ende Januar wurde im Evangelischen Familienzentrum in Höchst, Bolongarostraße 186, ein Eltern-Kind-Café eröffnet. Für die Kleinen gibt es Spielangebote, für die Erwachsenen neben Kaffee und Kuchen auch die Gelegenheit, sich über die Programmangebote der Familienbildung zu informieren.
Das Café wird zu festen Zeiten geöffnet sein. Während die Kinder betreut werden, können sich Mütter beim Wellness-Programm im Nebenraum entspannen – zum Beispiel jeden Montag von 10 bis 12 Uhr bei einem gemeinsamen Frühstück mit Lockerungs- und Entspannungsübungen. Wer will, kann auch die eigenen Sprachkenntnisse verbessern: Für Kinder von drei bis sechs Jahren gibt es differenzierte Spielkreise in Russisch, Spanisch und Englisch, und beim Sprach-Café immer mittwochs von 10 bis 12 Uhr kann die deutsche Sprache anhand von Alltagsthemen geübt werden. Donnerstags von 15 bis 17 Uhr gibt es ein Familien-Café zum Treffen und Kontakteknüpfen, dabei steht eine pädagogische Mitarbeiterin für alle Fragen rund um das Kind zu Verfügung.
Beeindruckt zeigte sich die Vorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes, Pfarrerin Esther Gebhardt, bei der Einweihung von dem großen Zuspruch, den das Café gleich bei der Eröffnung fand. „Die evangelische Kirche“, so Gebhardt, „drückt damit auch ihre Wertschätzung für Familien aus“. Für Dekan Achim Knecht bieten die neuen Räume im Dalberghaus für das Familienzentrum neue Chancen der Vernetzung.
Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 11. Februar 2013 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe 2013/1 – Februar, Web.
„Nur wenige lehnten den NS-Staat ab“
„Nur wenige lehnten den NS-Staat ab“
Vor 80 Jahren wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler gewählt. Jürgen Telschow hat die Auswirkungen des Nationalsozialismus auf die evangelische Kirche in Frankfurt untersucht. Ein Interview.
Herr Telschow, Sie haben über den „Kirchenkampf“ in Frankfurt geforscht. Um was ging es denn dabei?
Wenn man den Begriff traditionell verwendet, ging es um eine Auseinandersetzung innerhalb der evangelischen Kirche zwischen den „Deutschen Christen“, die der Ideologie des Nationalsozialismus folgten, und einer kirchlichen Richtung, die sich „Bekennende Kirche“ nannte. Sie bestand auf einer theologischen und organisatorischen Eigenständigkeit gegenüber dem NS-Staat. Damit wird aber eigentlich verdeckt, dass meines Erachtens der Gegner der Bekennenden Kirche gar nicht die Deutschen Christen waren, sondern der NS-Staat. Die Bekennende Kirche hat zwar an einem ganz entscheidenden Punkt der Gleichschaltung widerstanden, aber sie hat mitgemacht oder toleriert oder sich weggeduckt bei all dem anderen, was dieser NS-Staat über Deutschland und die Welt gebracht hat. Mit dem Begriff „Kirchenkampf“ konnte sie ihr Bild von dem Kämpfer gegen das Unrecht schlagwortartig skizzieren.
Man kann also nicht sagen, dass die Bekennende Kirche Widerstand geleistet hätte?
Nein. Es gab in der Bekennenden Kirche nur ganz wenige, die den NS-Staat grundsätzlich abgelehnt haben.
Sie schreiben, dass das protestantische Milieu eine Nähe zum Nationalsozialismus gehabt hätte. Wie erklärt sich das?
Von der Urchristenheit her sind die Christen aufgerufen worden, den Staat, ganz gleich wie er ausschaut, als von Gott gegeben anzusehen. Es gibt das bekannte Wort von Römer 13, wo es nicht nur heißt: „Seid Untertan der Obrigkeit“, sondern es geht weiter: „… denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott“. Und so haben die Christen über 2000 Jahre damit gelebt, dass man sich dem Staat zu unterwerfen hat. Dann hatten sie erhebliche Probleme, die Weimarer Republik als eine Obrigkeit von Gott anzusehen, weil die Regierung von Menschen gewählt war. Es fiel ihnen leichter, Hitler als von Gott Gesandten anzusehen und damit in die alten Denkmuster zu verfallen. Auch gehörten die Pfarrer als Teile des Bürgertums einer Bevölkerungsgruppe an, die dem Verlust der Monarchie nachtrauerte, schockiert über die Formen des Atheismus war, und die moderne Zeit mit der Liberalitiät in der Gesellschaft kritisch sah.
Sie schreiben, dass sich die Deutschen Christen die rassistische Ideologie zu Eigen gemacht hätten. Dies sei sogar konstitutiv gewesen.
Das ist das Erschreckende. Theologisch war ja die evangelische Kirche schon seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr gespalten – zwischen den pietistischen Traditionalisten und der so genannten liberalen Theologie, die Glauben mit Wissenschaft und Kultur vereinbaren wollte. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich mit Karl Barth eine theologische Richtung entwickelt, die den Liberalen vorwarf, dass sie theologische Fragen zu sehr mit kulturellen Fragen vermischten und nicht mehr nur aufs Evangelium schauten. Karl Barth hat dafür gekämpft, dass man ausschließlich das Evangelium als Richtschnur betrachtet und es nicht mit anderen Philosophien oder weltanschaulichen Elementen verbindet. Das Eigenartige ist, dass dann parallel dazu mit den Vorläufern der Deutschen Christen genau das Umgekehrte passierte: Jetzt war es nicht die Kultur und die Wissenschaft, denen man sich annäherte, sondern es waren plötzlich rassische Fragen oder das Führerprinzip.
Aber es gab in Frankfurt auch Widerstand gegenüber dem Beschäftigungsverbot von nicht „reinarischen“ Ärzten, zum Beispiel in evangelischen Krankenhäusern.
Die Frage, wie die evangelische Kirche mit Juden und insbesondere getauften Juden umgegangen ist, beschäftigt uns bis heute. Es ist nicht ganz zufällig, dass die Pfarrerschaft der Machtübernahme der Nationalsozialisten weitgehend zugestimmt hat. Erst in dem Moment, als auch in der Kirche der „Arierparagraph“ eingeführt wurde, also das Verbot, nicht „reinarische“ Menschen im kirchlichen Dienst zu beschäftigen, begann man, sich zu wehren. Es ist interessant, wenn man sich dazu die drei der Landeskirche nahestehenden Krankenhäuser in Frankfurt anschaut: das Diakonissenkrankenhaus, das St. Markuskrankenhaus und das Privatkrankenhaus Sachsenhausen. Auf alle drei ist Druck ausgeübt worden, sich von jüdischen Ärzten zu trennen. Aber die Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Der Träger des Sachsenhäuser Krankenhauses, der Gemeinschaftsdiakonieverband in Marburg, lag auf der Linie der Deutschen Christen und der Nationalsozialisten und hat – sehr freundlich gesagt – überhaupt nicht den Versuch gemacht, sich vor seine jüdischen Ärzte zu stellen. Der Träger des St. Markuskrankenhauses, der Vorstand des Bockenheimer Diakonissenvereins, hat es versucht, auch mit juristischen Tricks, hat sich aber nicht durchsetzen können. Beim Diakonissenkrankenhaus schließlich hat der Vorstandsvorsitzende, Senatspräsident am Oberlandesgericht Dr. Heldmann, sofort gesagt: Hier gilt der Arierparagraph nicht. Und man konnte das durchhalten.
Wie war das Kräfteverhältnis zwischen den beiden Richtungen in der Frankfurter Pfarrerschaft?
Zwischen 1933 und 1945 haben in Frankfurt 137 Pfarrer gearbeitet. Davon waren 60 Mitglieder der Bekennenden Kirche. Das ist ein enorm hoher Anteil. Den Deutschen Christen gehörten 29 Pfarrer an, 17 traten aber nach relativ kurzer Zeit wieder aus.
Heißt das, das protestantische Milieu war hier kritisch eingestellt war?
Ich habe nichts gefunden, was die Ausrichtungen der Gemeindemitglieder betraf. Es gab nur wenige Gemeinden, die sich eindeutig zuordnen lassen. Die Gemeinden waren gespalten. Einige Protagonisten der Bekennenden Kirche wie Otto Fricke und Wilhelm Fresenius hatten nicht einmal in ihren Kirchenvorständen die Mehrheit.
Warum sollte man sich heute noch mit Kirchenkampf beschäftigen?
Was zwischen 1933 und 1945 passiert ist, war ein ganz schrecklicher Irrweg Deutschlands, der aber doch weitgehend Zustimmung gefunden hatte. So richtig überzeugt sind die Menschen auch nach 1945 nicht davon abgerückt. Wir beschäftigen uns heute fast täglich mit den Rechtsradikalen. Wenn ich mich mit Geschichte befasse, geht es mir auch darum, den Menschen, die früher gelebt haben, gerecht zu werden. Auch bin ich jemand, der als Kind sehr darunter gelitten, was zwei Generationen angerichtet haben. Ich bin 1936 geboren, ein paar Bombenangriffe mit Todesangst, die letzten Kämpfe um Berlin, die Besatzung durch die russischen Truppen, dann in Berlin die Blockade, die Teilung Deutschlands und Europas. Das hat Spuren hinterlassen. Deshalb ist es mir nicht egal, was die Verantwortlichen damals gedacht haben.
Jürgen Telschow: Ringen und den rechten Weg – Die evangelische Kirche in Frankfurt zwischen 1933 und 1945, Hessische Kirchengesch. Vereinigung, 17,50 Euro. Die Buchvorstellung ist am 31. Januar um 18 Uhr im Dominikanerkloster am Börneplatz.
Vortrag: Ein fatales Bündnis
Über „Das Bündnis von Nationalprotestantismus und Nationalsozialismus“ spricht der Kirchengeschichtler Günter Brakelmann am Donnerstag, 21. Februar, um 18 Uhr im Spenerhaus, Dominikanergasse 5. Brakelmann, der an der Ruhr-Universität in Bochum Christliche Gesellschaftslehre lehrte, hat in seinen Forschungen herausgearbeitet, wie sehr Protestantismus und Nationalsozialismus antiaufklärerische, antiliberale und antidemokratische Haltungen teilten.
Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 30. Januar 2013 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe 2013/1 – Februar.
Der Vierte König
Andacht, 7.1.13
Lied: EG 66 1,5,8 Jesus ist kommen
Ich begrüße Sie ganz herzlich hier in der Heiliggeistkirche zur ersten Andacht im neuen
Jahr.
Votum:
Wir feiern unsere Andacht im Namen Gottes
der Quelle allen Lebens,
im Namen Jesu Christi,
Grund unserer Hoffnung,
und im Namen des Heiligen Geistes,
Spenderin von Trost und Kraft.
Amen
Psalm 8, Nr. 705
Lied: EG 69, 1-4, Der Morgenstern ist aufgedrungen
Ansprache:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
gestern, am 6. Januar feierte die westliche Christenheit das Fest der heiligen drei
Könige, welches man in der evangelischen Kirche auch Epiphanias nennt.
Im Neuen Testament wird im zweiten Kapitel des Matthäus-Evangeliums die Wanderung
der Könige oder auch der Weisen erwähnt, die dem aufgegangenen Stern zum Stall von
Bethlehem folgten, um dort das neu geborene Jesuskind anzubeten. Der Legende nach
sind sogar ihre Namen bekannt. Sie hießen Caspar, Melchior und Balthasar und einer soll dunkelhäutig gewesen sein.
In der evangelischen Kirche haben die drei Weisen eine etwas geringere Bedeutung. So ist beispielsweise in der biblischen Überlieferung die Anzahl der Männer nicht genannt. Die Zahl drei schloss man aus den drei Geschenken: Gold, Weihrauch und Myhrre. Auch die Namen Kaspar, Melchior und Balthasar hat der Evangelist Matthäus nicht festgehalten.
Trotzdem fasziniert diese Überlieferung. Der russische Dichter Leo Tolstoi hat eine weitere Legende aufgeschrieben. In dieser Legende ist von einem vierten König die Rede.
Dieser König war ein besonders warmherziger und mitleidsvoller Mensch.
Dieser vierte König hatte drei wertvolle rote Edelsteine eingesteckt und mit den drei anderen Königen einen Treffpunkt vereinbart.
Doch sein Reittier lahmte unterwegs. Er kam nur langsam voran, und als er bei der hohen Palme eintraf, war er allein. Nur eine kurze Botschaft, in den Stamm des Baumes eingeritzt, sagte ihm, dass die anderen drei ihn in Betlehem erwarten würden. Der vierte König ritt weiter, ganz in seinen Wunschträumen versunken.
Plötzlich entdeckte er am Wegrand ein Kind, bitterlich weinend und aus mehreren Wunden blutend. Voll Mitleid nahm er das Kind auf sein Pferd und ritt in das Dorf zurück, durch das er zuletzt gekommen war. Er fand eine Frau, die das Kind in Pflege nahm. Aus seinem Gürtel nahm er einen Edelstein und vermachte ihn dem Kind, damit sein Leben gesichert sei. Doch dann ritt er weiter, seinen Freunden nach. Er fragte die Menschen nach dem Weg, denn den Stern hatte er verloren.
Eines Tages erblickte er den Stern wieder, eilte ihm nach und wurde von ihm durch eine Stadt geführt. Ein Leichenzug begegnete ihm. Hinter dem Sarg schritt eine verzweifelte Frau mit ihren Kindern. Der vierte König sah sofort, dass nicht allein die Trauer um den Toten diesen Schmerz hervorrief. Der Mann und Vater wurde zu
Grabe getragen. Die Familie war in Schulden geraten, und vom Grabe weg sollten die Frau und die Kinder als Sklaven verkauft werden. Der vierte König nahm den zweiten Edelstein aus seinem Gürtel, der eigentlich dem neugeborenen König zugedacht war. „Bezahlt, was ihr schuldig seid, kauft euch Haus und Hof und Land, damit ihr
eine Heimat habt!“
Er wendete sein Pferd und wollte dem Stern entgegenreiten – doch dieser war erloschen. Sehnsucht nach dem göttlichen Kind und tiefe Traurigkeit überfielen ihn. War er seiner Berufung untreu geworden? Würde er sein Ziel nie erreichen?
Eines Tages leuchtete ihm sein Stern wieder auf und führte ihn durch ein fremdes Land, in dem Krieg wütete. In einem Dorf hatten Soldaten die Bauern zusammengetrieben, um sie grausam zu töten. Die Frauen schrien und Kinder wimmerten.
Grauen packte ihn, Zweifel stiegen in ihm auf. Er besaß nur noch einen Edelstein – sollte er denn mit leeren Händen vor dem König der Menschen
erscheinen? Doch dies Elend war so groß, dass er nicht lange zögerte, mit zitternden Händen seinen letzten Edelstein hervorholte und damit die Männer vor dem Tode und das Dorf vor der Verwüstung loskaufte. Müde und traurig ritt der vierte König weiter. Sein Stern leuchtete nicht mehr.
Jahrelang wanderte er. Zuletzt zu Fuß, da er auch sein Pferd verschenkt hatte. Schließlich bettelte er, half hier einem Schwachen, pflegte dort Kranke; keine Not blieb ihm fremd. Und eines Tages kam er am Hafen einer großen Stadt gerade dazu, als ein Vater seiner Familie entrissen und auf ein Sträflingsschiff, eine Galeere, verschleppt werden sollte. Der vierte König flehte um den armen Menschen und bot sich dann selbst an, anstelle des Unglücklichen als Galeerensklave zu arbeiten.
Sein Stolz bäumte sich auf, als er in Ketten gelegt wurde. Jahre vergingen. Er vergaß,
sie zu zählen. Grau war sein Haar, müde sein zerschundener Körper geworden. Doch irgendwann leuchtete sein Stern wieder auf. Und was er nie zu hoffen gewagt hatte, geschah. Man schenkte ihm die Freiheit wieder; an der Küste eines fremden Landes wurde er an Land gelassen.
In dieser Nacht träumte er von seinem Stern, träumte von seiner Jugend, als er aufgebrochen war, um den König aller Menschen zu finden. Eine Stimme rief ihn: „Eile, eile!“ Sofort brach er auf, er kam an die Tore einer großen Stadt. Aufgeregte Gruppen von Menschen zogen ihn mit, hinaus vor die Mauern. Angst schnürte ihm die Brust zusammen. Einen Hügel schritt er hinauf, Oben ragten drei Kreuze.
Der Stern, der ihn einst zu dem Kind führen sollte, blieb über dem Kreuz in der Mitte stehen, leuchtete noch einmal auf und war dann erloschen. Ein Blitzstrahl warf den müden Greis zu Boden. „So muss ich also sterben“, flüsterte er in jäher
Todesangst, „sterben, ohne dich gesehen zu haben? So bin ich umsonst durch die Städte und Dörfer gewandert wie ein Pilger, um dich zu finden, Herr?“ Seine Augen schlossen sich. Die Sinne schwanden ihm. Da aber traf ihn der Blick des Menschen am Kreuz, ein unsagbarer Blick der Liebe und Güte. Vom Kreuz herab sprach die Stimme: „Du hast mich getröstet, als ich jammerte, und gerettet, als ich in Lebensgefahr war; du hast mich gekleidet, als ich nackt war!“
Und der Sterbende am Kreuz schaute gerade auf ihn herab – mit gütigem Blick. Da kniete der vierte König nieder und sagte: „Herr endlich bin ich da, meine Hände sind leer, aber mein Herz ist reich.“ – „Ich weiß“ sprach der Herr am Kreuz; „doch
alles, was du an den Geringsten unter den Menschen getan hast, das hast du für mich getan.“ Da faltete der vierte König die Hände. Drei Blutstropfen des sterbenden Jesus fielen in diese gefalteten Hände. Dann neigte Jesus das Haupt und starb.
Als der vierte König seine Hände wieder aufmachte, da waren die Blutstropfen
verschwunden, sie waren zu drei herrlichen roten Edelsteinen geworden.
Eine schöne russische Legende.
Ich wünsche uns für das neue Jahr, dass wir die Kraft haben, um zum Edelstein für andere werden zu können aber auch dass wir selbst solche Edelsteine empfangen.
Lied: EG 56, 1-4 Weil Gott in tiefster Nacht erschienen
Mitteilungen:
Geburtstage
In der letzten Woche haben viele von uns unseren Kollegen Gerald Hintze auf seinem letzten Weg begleitet. Die Jahreslosung erinnert uns an die Endlichkeit unseres irdischen Seins. „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“
Gott, der du Hüter
über Leben und Tod bist,
wir bitten dich,
sei du bei denen, die um Gerald Hintze trauern.
Tröste die Hinterbliebenen.
Lass sie Kraft gewinnen
aus dem Glauben,
dass auch der Tod uns
durch deine Liebe
nicht trennen kann.
Amen.
Gebet:
Gott, du Licht der Welt
lass deinen Stern auch in unserem Leben aufgehen,
damit wir erfahren, dass unsere Suche keine Irrfahrt ist,
sondern ein Heimweg zu dir.
Zeige uns auch in diesem neuen Jahr,
wo wir dich finden können, wo du uns nahe kommst.
Lass dein Licht in unser Leben scheinen,
damit wir uns selbst annehmen können, so wie wir sind
und dann auch unsere Mitmenschen.
So bitten wir dich auch für das, was uns am Herzen liegt:
für das, was uns in diesen Tagen beschäftigt hat,
für die Menschen, die uns nahe stehen
und auch für die, mit denen wir es nicht leicht haben.
Gott, hilf uns, dich in unseren Schwestern
und Brüdern wiederzuerkennen.
Lass uns achtgeben auf Menschen, die unsere Hilfe brauchen.
Wir bitten dich für diejenigen,
die Dunkelheit in ihrem Leben erfahren,
für die Einsamen und Kranken,
für die Enttäuschten und Verbitterten,
für alle, die sich selbst im Wege stehen
und ihre Hoffnungen begraben haben:
schenke ihnen neue Zuversicht.
Gott, dein Licht will sich ausbreiten.
Lass es auch unter uns hell werden.
Und was uns noch bewegt, bringen wir vor dich mit den Worten, die Christus uns gelehrt hat:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen:
Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden
unseres Gottes:
Der Herr segne dich und behüte dich,
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir
und sei dir gnädig.
Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und
gebe dir Frieden. Amen.
Lied: EG 56, 5 Weil Gott in tiefster Nacht erschienen






