Archiv für 27. April 2020

Livemitschnitt von den Frankfurter Orgeltagen auf CD erhältlich

von Kurt-Helmuth Eimuth 27. April 2020

Mitschnitte von den Frankfurter Orgeltagen 2018 und 2019 gibt es jetzt auf CD zum Nachhören. Die Auswahl reicht von Bach über Oreste Ravanello bis zu Concert-Rag.

Die CD mit Orgelmusik aus der Frankfurter Heiliggeistkirche ist in der Alpha Buchhandlung erhältlich.
Die CD mit Orgelmusik aus der Frankfurter Heiliggeistkirche ist in der Alpha Buchhandlung erhältlich.

Eine ungewöhnliche Auswahl von Orgelstücken präsentiert Frank Hoffmann mit seiner CD „Orgelkonzert im Dominikanerkloster“. Es sind Live-Aufnahmen von den Frankfurter Orgeltagen 2018 und 2019. Sie dokumentieren gleichzeitig den Klang der 2013 sanierten Walcker-Orgel der Heiliggeistkirche. Heute verfügt die Hauptorgel über 40 Register, Schleifenwindladen bei mechanischer Spiel- und elektrischer Registertraktur sowie elektrische Koppeln.

Virtuos nutzt Hoffmann diese Möglichkeiten. Vor allem bei Thema und Variationen h-Moll des weithin unbekannten Musikwissenschaftler Oreste Ravanello kommen die romantischen Klangfarben der Orgel der Heiliggeistkirche zur Geltung. Ungewöhnlich ist auch die Darbietung des Concert-Rag Sweet Sixteenths von William Albright, bei dem sich zeigt, dass eine klassische Kirchenorgel durchaus in der Lage ist, den für dieses Instrument eher fremden Typus des Ragtime darzustellen. Selbstverständlich sind aber auch Werke von Johann Sebastian Bach zu hören.

Die CD kostet 12 Euro und ist in der Alpha Buchhandlung, Oeder Weg 43, Telefon 069 28 58 80, erhältlich.


Die Kirche wird sich verändern – wahrscheinlich zum Besseren

von Kurt-Helmuth Eimuth 16. April 2020

Die beiden großen Kirchen haben schnell und kreativ auf die Herausforderungen der Corona-Epidemie reagiert. Eine unübersichtliche Lage, „für die es keine Blaupause gab“ (um diese beliebte Formulierung aufzunehmen), setzte kreative Potentiale frei. Das kann eine Chance auch für die Zukunft sein.

Gottesdienst aus der Gethsemanekirche am Bildschirm: Geht auch irgendwie! | Foto: Kurt-Helmuth Eimuth
Gottesdienst aus der Gethsemanekirche am Bildschirm: Geht auch irgendwie! | Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Wer hätte das gedacht: Plötzlich gibt es Andachten und Gottesdienstübertragungen via Internet aus vielen Kirchen. Zu Ostern wurden Tüten an die Mitglieder verteilt, Telefonkonferenzen geschaltet, Gottesdienstmanuskripte in Briefkästen geworfen.

Der Gottesdienst im Gemeindeleben bekommt eine neue Aufwertung, „in dieser Zeit kann viel Neues wachsen“, sagt Pfarrerin Petra Lehwalder, die für die Frankfurter nördlichen Gemeinden Nieder-Erlenbach und Harheim zuständig ist. „Bei uns sehen auch Menschen die Online-Gottesdienste, die nicht zu den üblichen Gottesdienstbesuchern gehören. Den älteren Gemeindegliedern, die mit dem Internet nichts anfangen können, werfe ich den Gottesdienst analog in den Briefkasten und wir verteilen an alle Gemeindemitglieder Briefe mit guten Worten.“

Auch lange Telefonate mit Gemeindemitgliedern sind nicht selten, und oft findet eine Unterhaltung zufällig auf der Straße von Bürgersteig zu Bürgersteig statt – mit Sicherheitsabstand natürlich. Neue Riten wurden erfunden und gerne angenommen, etwa wenn beim täglichen Glockengeläut Kerzen in die Fenster gestellt werden. Hier wächst vielleicht eine neue Kultur. Die Kirche wird von vielen Menschen bewusster und aktiver wahrgenommen. Das Gottesdienstgeschehen rückt dadurch, dass es nicht mehr im Kirchenraum stattfinden kann, stärker in den Mittelpunkt des Gemeindelebens. Ein Paradox.

Und doch, so behaupten manche Kommentatoren, kämen die Kirche stärker unter Druck. Finanziell stimmt das auf jeden Fall, denn das absehbare Wegbrechen von Steuereinnahmen wird auch die Kirchensteuereinnahmen dahinschmelzen lassen wie die Schokolade in der Sonne.

Aber es wird auch Kritik daran laut, wie die Kirche mit der Krise umgeht. Der Journalist Uli Fricker etwa schrieb im Südkurier zum Verbot, sich in Kirchengebäuden zu versammeln: „Die Kirchen nehmen sich selbst aus dem Rennen“. Sie betrachteten sich wohl selbst nicht mehr als systemrelevant. „Eine Tankstelle darf öffnen, ein Bäcker, ein Zeitungsverkäufer. Sie garantieren nach verbreiteter Ansicht, dass die Grundbedürfnisse gestillt werden. Die Dienste der religiösen Gemeinschaften zählen dazu nicht.“

Aber da irrt der Kommentator. Zahllose Beispiele aus Kirchengemeinden auch in Frankfurt und Offenbach widerlegen seine These mannigfaltig. Gleichwohl zeigt sich in solchen Kommentaren auch eine Herausforderung: Die Corona-Krise verändert die Kirche. Nach Corona wird sie eine andere Gestalt haben.

Um sich das besser vorzustellen, hat der Zukunftsforscher Matthias Horx die Methode der Re-Gnose entwickelt, der Rück-Schau (im Unterschied zur Vorschau, der Pro-Gnose). Stellen wir uns also mal vor, wir seien im kommenden Herbst. Das Leben mit Corona hat sich eingespielt. Händeschütteln vor und nach dem Gottesdienst ist weiterhin tabu, und dass jeder und jede eine Bank für sich alleine hat, ist jetzt Pflicht.

Die Videokamera im Gottesdienst ist inzwischen Standard, Gottesdienste werden direkt für Gemeindemitglieder übertragen, die nicht in die Kirche kommen. Den Konfis macht es Spaß, sich um die Technik zu kümmern. Wem Sonntag, 10 Uhr, einfach zu früh ist, oder wer gerne mal eine Tasse Kaffee während der Predigt trinkt, kann den Gottesdienst im Internet schauen.

Es kommt seither häufiger vor, dass die Pfarrerin von Menschen, die sie gar nicht kennt, auf ihre Predigt angesprochen wird. Überhaupt ist die Vernetzung im Stadtteil dichter geworden. Die verstärkte Mediennutzung hat die Kirche dazu gebracht, auch auf anderen Internetplattformen wie nebenan.de mehr Präsenz zu zeigen. Der Sitzungsaufwand im Kirchenvorstand und in Ausschüssen hat sich verringert. Zu konkreten Fragen werden einfach kurze Videokonferenzen vereinbart.

Die Identifikation mit der Kirchengemeinde und die Bindung zur Gemeinde ist höher geworden. Zwar hat sich die Zahl der Gemeindemitglieder verringert, aber die Zahl derer, die das Angebot schätzen, hat sich erhöht.

„Paradoxerweise erzeugte die körperliche Distanz, die der Virus erzwang, gleichzeitig neue Nähe. Wir haben Menschen kennengelernt, die wir sonst nie kennengelernt hätten. Wir haben alte Freunde wieder häufiger kontaktiert, Bindungen verstärkt, die lose und locker geworden waren. Familien, Nachbarn, Freunde sind näher gerückt und haben bisweilen sogar verborgene Konflikte gelöst.“ So schreibt Matthias Horx. Wir werden sehen, wie uns die Zeit füreinander, sei es am Telefon oder per Videochat, gut getan hat.

Auch Pfarrerin Lehwalder ist bei aller Herausforderung davon überzeugt, „dass die Krise auch für die Kirche ein Besinnungsprozess sein kann. Was trägt uns wirklich? Was ist der Mittelpunkt unserer Gemeinschaft?“ So ist Corona nicht nur Krise, sondern auch Chance.

Livemitschnitt von den Frankfurter Orgeltagen auf CD erhältlich

von Kurt-Helmuth Eimuth 27. April 2020

Mitschnitte von den Frankfurter Orgeltagen 2018 und 2019 gibt es jetzt auf CD zum Nachhören. Die Auswahl reicht von Bach über Oreste Ravanello bis zu Concert-Rag.

Die CD mit Orgelmusik aus der Frankfurter Heiliggeistkirche ist in der Alpha Buchhandlung erhältlich.
Die CD mit Orgelmusik aus der Frankfurter Heiliggeistkirche ist in der Alpha Buchhandlung erhältlich.

Eine ungewöhnliche Auswahl von Orgelstücken präsentiert Frank Hoffmann mit seiner CD „Orgelkonzert im Dominikanerkloster“. Es sind Live-Aufnahmen von den Frankfurter Orgeltagen 2018 und 2019. Sie dokumentieren gleichzeitig den Klang der 2013 sanierten Walcker-Orgel der Heiliggeistkirche. Heute verfügt die Hauptorgel über 40 Register, Schleifenwindladen bei mechanischer Spiel- und elektrischer Registertraktur sowie elektrische Koppeln.

Virtuos nutzt Hoffmann diese Möglichkeiten. Vor allem bei Thema und Variationen h-Moll des weithin unbekannten Musikwissenschaftler Oreste Ravanello kommen die romantischen Klangfarben der Orgel der Heiliggeistkirche zur Geltung. Ungewöhnlich ist auch die Darbietung des Concert-Rag Sweet Sixteenths von William Albright, bei dem sich zeigt, dass eine klassische Kirchenorgel durchaus in der Lage ist, den für dieses Instrument eher fremden Typus des Ragtime darzustellen. Selbstverständlich sind aber auch Werke von Johann Sebastian Bach zu hören.

Die CD kostet 12 Euro und ist in der Alpha Buchhandlung, Oeder Weg 43, Telefon 069 28 58 80, erhältlich.

Gottesdienst zu Corona-Zeiten: Mit Telefon und Gesangbuch

von Kurt-Helmuth Eimuth 6. April 2020

Palmsonntag. Im Wohnzimmer. Versorgt mit Telefon und Gesangbuch. Die Gethsemanegemeinde lädt zum Telefon- und Online-Gottesdienst ein. Keine Glocken, keine Orgelmusik. Statt dessen Nummer wählen, Code eingeben und kurz warten. Dann begrüßt Pfarrer Thorsten Peters die, die sich gerade eingewählt haben mit Namen. Man kennt sich. Am Schluss waren es 25 Einwahlen mit 35 Gottesdienstbesuchern. Für die Gemeinde auch sonst im Jahr ein normaler durchschnittlicher Gottesdienstbesuch.

Telefongottesdienst der Gethsemanegemeinde am Palmsonntag
Telefongottesdienst der Gethsemanegemeinde am Palmsonntag Bild: Kurt-Helmuth Eimuth

Wie auch in der Kirchenbank, so warten wir nun am Wohnzimmertisch auf den Beginn. Gelegentlich hört man einzelne Sätze. Das mit dem Stummschalten des Mikrofons hat sich noch nicht überall herumgesprochen. Da ist dann auch laut und deutlich vernehmbar: „Die sollen doch endlich anfangen.“ Der Telefonkonferenzknigge ist noch ausbaufähig.

Überhaupt merkt man, dass der Umgang mit der Technik noch nicht recht eingeübt ist. Der Pfarrer kommt am Anfang recht hallig herüber, andere Teilnehmerinnen haben das Gefühl, sie wären während der Übertragung herausgeflogen. Es sollte sich herausstellen, dass dem nicht so war. Wieder andere bemerken nicht, dass ihr Mikrofon offen ist und sie deshalb schrille Rückkopplungen produzieren.

Thorsten Peters lädt zu einem Gottesdienst mit verkürzter Liturgie ein. Vater Unser und Glaubensbekenntnis spricht die Gemeinde gemeinsam, jedenfalls zur gleichen Zeit, aber keineswegs gleichzeitig. Eine Babylonische Sprachverwirrung ist die Folge. Und doch hat auf diese Art und Weise jede und jeder Zeit und Raum für sich und in Gemeinschaft zu beten.

Das Bild von der Gemeinschaft greift Peters in seiner Predigt auf. Es sei das Urbild des Christentums, dass man gemeinsam am Tisch sitze. Nun heute sitze man, jeder und jede für sich zuhause am Telefon oder Computer. Die Umstände in der Krisenzeit macht das erforderlich.

Die Gethsemanegemeinde will so weiter Gottesdienst feiern und damit auch den Wert der Verkündigung betonen. Bewusst hat man das Medium Telefon gewählt, um so auch Menschen zu erreichen, die über kein W-Lan verfügen. Das in diesen Tagen so wichtige Erleben von Gemeinschaft soll möglichst niedrigschwellig angeboten werden, zumindest medial. Vielleicht findet die Gemeinde auch noch einen Weg, die für den Nutzer anfallenden sehr niedrigen Telefongebühren entfallen zu lassen.

Zum nächsten Gottesdienst am Karfreitag wird man schon etwas eingeübter sein.