Archiv für 2. Juli 2003

Kreuz als Segenszeichen

2.7.03

Fachschule für Sozialpädagogik

Orgelvorspiel

Wir feiern die Andacht

im Namen Gottes

Gott ist uns nahe – immer und überall,

im Namen Jesu Christi

So sind wir geliebt,

und im Namen des Heiligen Geistes

So sind wir verbunden als Schwestern und Brüder.

Lied 599

Gebet

Aus der Unruhe unserer Tage kommen wir zu dir

Um bei dir Ruhe zu finden. Wir sind unruhig um das Leben,

dass es gelingt und dass es recht wird.

Gib uns die Ruhe zum Leben,

dass wir heimkehren können zu dir und zu uns selbst. –

Aus der Unruhe unserer Herzen kommen wir zu dir,

um bei dir Ruhe zu finden.

Unser sehnsüchtiges Herz treibt uns vorwärts,

hierhin und dorthin, um ja nicht zu verpassen, was wichtig ist,

und das Wesentliche zu ergreifen.

Lass uns deine Barmherzigkeit fühlen,

dass wir mit uns selbst barmherzig werden. –

Aus der Unruhe unserer Zeit kommen wir zu dir,

um bei dir Ruhe zu finden.

Unsere Welt stürzt nach vorne,

das macht uns unsicher über unseren Weg.

Und die vielen Informationen helfen uns nicht zur Orientierung.

Sei du selbst unsere Mitte,

und durch dein Wort erleuchte uns unsere Welt. Amen.

Solo

Ansprache

Liebe Schülerinnen und Schüler,

Liebe Eltern,

verehrte Gäste

Wenn Pater Anselm Grün ein Kind tauft, lädt er Eltern und Paten ein, als Zeichen des Schutzes ein Kreuz auf die Stirn des Täuflings zu zeichnen. Wenn der brasilianische Fußballprofi Giovanne Elber vom FC Bayern München eine starke Szene hat oder ein Tor erzielt, schlägt er wie im Reflex ein Kreuz vor dem Trikot und auch Erik Zabel sah man beim Zeitfahren der Tour de France das Kreuz schlagen. Es ist dasselbe Ritual in sehr unterschiedlichen Szenarien. Ein Ritual als Zustimmung zum Sein.

Mögen manche und mancher den Verlust von Religion in der Welt empfinden, das Kreuz behauptet sich, nicht nur auf Kirchentürmen und Altären, sondern, diesem und jenem Gerichtsurteil zum Trotz, in den Schulen und in den Herrgottswinkeln der Kneipen, in der Kunst, in der Mode wie in der Sprache. Menschen sind kreuzanständig oder kreuzbrav, kreuzunglücklich oder kreuzvergnügt. Sie tragen ihr Kreuz, kriechen zu Kreuze oder machen drei Kreuze hinter jemandem her, den sie fürchten wie der Teufel das Weihwasser.

Als modischer Schnickschnack sind Kreuze allgegenwärtig: als Halskette oder auf lederbekleideter Männerbrust, in Bronze, Silber, Gold, mit Steinen oder auch mal in die Haut geritzt: Kreuz ist in, Mann und Frau tragen es wie einen Talisman, gedanken- und vielleicht auch ahnungslos. Sie würden dies weniger unbekümmert tun, fiele ihnen wieder ein, dass an einem Pfahl mit Querbalken im Altertum Schwerverbrecher und Aufständische durch Aufhängen oder Annageln grausam hingerichtet wurden und dass der Tod oft erst nach langem Leiden durch Erschöpfung oder den Zusammenbruch des Kreislaufs eintrat.

Auch Jesus aus Nazareth endet so. Ein Schild nennt als Grund der Strafe, dass er der König der Juden sein wollte. Genug für die jüdische Geistlichkeit und für die römischen Herrscher, ihn als politischen Terroristen abzuurteilen. Schon daß Jesus sagt, er sei Gottes Sohn, bringt sie gegen ihn auf. Er wird geschlagen, bespuckt, verhöhnt und stirbt einen qualvollen Tod. Er wird um Träume für alle, die gehofft hatten, Jesus werde Israel erlösen, sie vom Joch der Besatzer befreien und vielleicht auch vom wirtschaftlichen Elend. Die Jünger stieben in Panik auseinander, mit Jesus endet alle Hoffnung am Kreuz. Zurück bleiben Hilflosigkeit, Ratlosigkeit und Enttäuschung.

Doch das kann nicht alles gewesen sein. Was hätte dies mit Segen zu tun? Und was mit Zuversicht? Warum also ist das Kreuz zum Markenzeichen für die Kirche und für den christlichen Glauben geworden? „Die ersten Christen“, schreibt der Theologe Günter Hegele, „glaubten, da im Sterben Jesu mehr geschehen ist als das Scheitern eines Idealisten. Er hatte ein neues Verhältnis zu Gott und der Menschen untereinander gepredigt und gelebt: Jeder ist von Gott geliebt. Keine Schuld, keine Vorschriften sollen dem mehr entgegenstehen. Es ist eine einmalige, im Grunde unerklärbare und unvergleichbare Tatsache der Geschichte, daß nach dem Tod Jesu am Kreuz der Glaube an ihn zu einer weltweiten und Jahrtausende dauernden Bewegung wurde. Die alles verändernde Grunderfahrung, daß Jesus lebt, wurde den Vorstellungen der damaligen Zeit entsprechend als Auferstehung oder Auferweckung bezeichnet.“ Tod wandelt sich in Leben, Scheitern in Durchbruch und Anfang.

Doch am Leben sein heißt noch nicht leben. Dazu braucht es der vielen, die sich den zahllosen physischen und psychischen Möglichkeiten Menschen auch heute noch zu „kreuzigen“ entgegenstellen. Dazu braucht es den langen Atem der Hoffnung und die kräftigen Arme der Liebe.

Dort, wo wir zu unterscheiden lernen, welche Kreuze wir zerbrechen können und welche wir tragen müssen, wird das Kreuzsymbol zum Segenszeichen. Ich hoffe und wünsche uns allen, dass wir alle in diesem Sinne, ein Segen für unsere Mitmenschen, für die Umwelt, ja für die Welt zu sein.

Solo

Gebet

Irischer Segen von 1642

Und alles was uns noch bewegt, bringen wir vor dich mit den Worten, die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Lied 170

Brentanobad statt Ballermann!

Den Deutschen sitzt das Geld längst nicht mehr so locker. In Zeiten von Arbeitslosigkeit und sinkenden Einkommen tragen sie es lieber auf die Bank, als es in Mallorca auszugeben. Auch die Angst vor Krankheiten oder Terroranschlägen lässt die Reiselust schwinden. Die Alternative: Balkonien. Etwa ein Viertel der Deutschen wird seinen Urlaub in diesem Jahr zu Hause verleben. Statt Ballermann also Brentanobad? Na gut. Aber auch das will geplant sein.
Zwar sieht die Tourismusindustrie nach dem Ende des Irak-Krieges wieder erste Hoffnungsschimmer am Horizont, doch vom Rekordjahr 2001 ist man noch Lichtjahre entfernt. Die Buchungen im Mai lagen um 13 Prozent unter denen des Vorjahres, Ende April betrug der Rückstand sogar 16 Prozent. Die Reiseunlust trifft die erfolgsverwöhnte Reisebranche hart. Bisher war auf die Deutschen Verlass. In Krisenzeiten sparten sie zuerst beim Essen, kauften weniger Kleidung und schoben die Anschaffung neuer Möbel um Jahre hinaus. Doch inzwischen hat die Flaute auch die Reisebranche erreicht. Offenbar reisen die Deutschen nicht mehr so viel, und wenn sie reisen, dann bleiben sie in Deutschland. Auch der Urlaub zuhause ist wieder eine Alternative. Doch auch das will geplant sein. Der Urlaub in „Balkonien“ sollte nicht einfach so nebenbei stattfinden. Denn sonst drohen die schönsten Tage des Jahres zum psychischen Belastungstest für die ganze Familie zu werden. Auch darin unterscheidet sich der Urlaub in den eigenen vier Wänden nicht von einer Fernreise. Also nix wie ran an die Planung: Spätestens 14 Tage vor dem Urlaubsbeginn sollte sich die ganze Familie zusammensetzen und die Interessen klären: Was erwarten die Kinder, was die Eltern von den Ferien? Welche Möglichkeiten gibt es in der Umgebung (Baggersee, Freizeitpark, Konzerte, Museen?) Welche Wünsche lassen sich realisieren? Und: Sollen alle Aktivitäten gemeinsam gemacht werden, oder gibt es Tage, an denen die Kinder oder Eltern etwas getrennt unternehmen wollen? Sollen Freunde besucht werden oder kommen Opa und Oma zu Besuch?

Bild
Ob Toben und Spielen mit der ganzen Familie im Schwimmbad oder eine gemütliche Lesestunde am Main – bei wochen­ langem Dauersonnenschein ist Urlaub in Frankfurt durchaus eine Alternative. – Fotos: Maranhão

Wenn man im Urlaub wegfährt, dann erkundet man am Tag der Ankunft am Reiseziel meist erst einmal die Umgebung. Spätestens beim ersten Abendessen stellt sich dann das Gefühl ein: So, jetzt beginnt der Urlaub, jetzt sind wir angekommen, jetzt geht es los. Eine solche deutliche Markierung ist auch für den Urlaub in Balkonien hilfreich: Zum Beispiel kann das ein kleines Gartenfest sein oder der Besuch von Freunden. Auf jeden Fall aber sollte dieser Auftakt etwas Außergewöhnliches sein, der erste Urlaubstag zuhause muss sich vom Alltag unterscheiden. Urlaub in Balkonien muss nicht unbedingt heißen, dass man seine Wohnung nicht verlässt. Es kann aber heißen, dass man seine eigenen vier Wände wieder neu entdeckt: Kleine Verschönerungsarbeiten oder das Umstellen der Möbel können hier hilfreich sein. Auch der Balkon oder die Terrasse haben in jenen Wochen, die ja bekanntlich die schönsten des Jahres sein sollen, ein besonderes Augenmerk verdient. Hier etwas Grünes und dort noch ein Schaukelstuhl können Urlaubsgefühle intensivieren. Als Tourist in der Ferne nimmt man meistens sofort Kurs auf die nächste Kirche, das nächste Museum. Man will ja schließlich Neues sehen und entdecken. Warum also nicht mal Kirchen und Museen in Frankfurt besuchen? Wie wäre es mit dem Museum für Moderne Kunst? Oder mit einem Besuch bei Winnetou im Filmmuseum? Selbst eine Stadtrundfahrt kann ein Erlebnis sein, wenn auch kein billiges. Also gilt es Informationen zu sammeln. Die Tourismusinformation am Römerberg ist hier die erste Adresse. Nachdem die Erwartungen geklärt, Informationen gesammelt sind, kommt die Qual der Wahl. Auch hier muss das Budget bedacht werden. Schließlich können Eintrittspreise oder selbst die Bockwurst und Getränke im Freizeitpark deutlich in der Urlaubskasse zu Buche schlagen. Selbst der regelmäßige Schwimmbadbesuch mit einer kalten Cola und einem Eis geht ins Geld. Auch hier hilft gute Planung – und für den Besuch im heimischen Schwimmbad lässt sich eine gefüllte Kühltasche besser organisieren als an fernen Stränden. Böse Überraschungen für den Geldbeutel kann es auch beim Einkehren in Gartenwirtschaften und Restaurants geben. Schließlich sind die Preise in der Gastronomie nach der Euroeinführung explodiert. Aber: Wer rechtzeitig ein „Balkonienbudget“ festlegt, wird sich hinterher nicht ärgern und kann seine Heimatstadt in vollen Zügen genießen. Und wird feststellen: es gibt wirklich viel zu sehen.
Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Juli 2003