FRANKFURTER RUNDSCHAU
Kleinkind-Betreuung
VON MARTIN MÜLLER-BIALON
Schwierig ist die Lage ist schon jetzt: Besonders wenn Virusinfektionen umgehen, kommt es in den Krippen und Krabbelstuben immer wieder zu
Engpässen. Denn bei dem besonders engen Kontakt zwischen Kleinkindern und Betreuern sind oft auch die Erzieher betroffen. „Es kommt immer
wieder vor, dass ich meinen Sohn beim Abholen mit einer ihm nicht vertrauten Person in nicht vertrauten Räumen vorfinde“, berichtet eine Mutter
der städtischen Krippe „Kunterbunt“ in Bornheim. Sie habe oft „kein gutes Gefühl“, wenn sie ihr Kind zur Krippe bringe. „Das liegt aber nicht an den
Erzieherinnen, es gibt zu wenig Personal.“
Nach den Vorgaben der hessischen Verordnung für die frühkindliche Betreuung ist das Personal ausreichend. „Wenn alle da sind, reicht der
Stellenplan aus“, sagt „Kunterbunt“-Leiterin Christina Spaethen. Immer wieder gebe es aber Ausfälle wegen Fortbildungen oder Erkrankungen der
Kolleginnen.
„Wir versuchen dann, im Sinne der berufstätigen Eltern die Gruppen trotzdem offen zu halten.“ Die Zahl der „Springerinnen“ – zurzeit ist eine für
zwei Krippen zuständig – zu verdoppeln, wie es der Kita-Gesamtelternbeirat fordert, hält die Leiterin für wünschenswert.
Keine gute Ausgangslage für die gigantische Aufgabe, die die Stadt in den kommenden fünf Jahren zu stemmen hat: Der vom Bund beschlossene
Rechtsanspruch für einen Krippenplatz ab 2013 bedeutet eine glatte Verdreifachung der Plätze und des Fachpersonals. Zu den derzeit 3200
Krippenplätzen bei der Stadt sowie freien und kirchlichen Trägern müssen weitere 6000 geschaffen werden.
Bei einem Stellenschlüssel von 1:5 (eine Erzieherin, fünf Kinder) bedeutet das 1200 neue Stellen – derzeit sind es 640. Weitere 400 Erzieher-Stellen
will die Stadt freiwillig schaffen – die Aufstockung des Personalschlüssels von eineinhalb auf zwei Stellen je Kindergartengruppe läuft derzeit.
Wie das gehen soll, weiß zurzeit niemand. „Engpässe gibt es schon jetzt, der Ausbau kommt oben drauf“, sagt etwa Kurt-Helmuth Eimuth,
Abteilungsleiter im für die evangelischen Kitas zuständigen Diakonischen Werk. Eimuth leitete bis 2005 die Erzieherschule im Diakonissenhaus, deren
Betrieb ausläuft.
Fehlende Ausbildungsplätze
Eine Entscheidung, die sich nun rächt. Denn die Berta-Jourdan-Schule kann als Berufsschule für pädagogische Berufe den Bedarf nicht decken. So
wird nun im Schul- wie im Sozialdezernat nach alternativen Lösungen gesucht. Bildungsdezernentin Jutta Ebeling (Grüne) hat bereits eine
Werbekampagne für den Erzieherberuf angekündigt, wobei besonders die in den Kitas stark unterrepräsentierten Männer angesprochen werden
sollen.
Zudem erwäge man, wie Eimuth berichtet, ein Quereinsteigerprogramm. „Dabei könnten Leute qualifiziert werden, die eine ähnliche Ausbildung oder
Qualifikation mitbringen.“ In Einzelfällen sei auch die Einarbeitung von Naturwissenschaftlern denkbar. Gegen solche Überlegungen steht freilich die
Kita-Verordnung, wie Rainer Lossa vom Stadtschulamt betont. „Wir dürfen den Fachkraft-Status nicht aufgeben.“
Das Qualifizierungs-Modell der Werkstatt Frankfurt würde diese Problem lösen. Im Benehmen mit der Berta-Jourdan-Schule erwägt die Werkstatt,
arbeitslose und allein erziehende Frauen für den Erzieher-Beruf zu gewinnen. „Ich gehe davon aus, dass etwa 100 bis 120 von ihnen die nötige
Eignung haben“, sagt Geschäftsführer Conrad Skerutsch. Diesen Frauen soll eine stark praxisorientierte Umschulung angeboten werden