Archiv für 5. Dezember 2016

Die Figur des Nikolaus steht für Nächstenliebe

Andacht, Kurt-Helmuth Eimuth

Nikolaus

5.12.16

Lied EG: 6, 1 – 3

Votum:

Wir haben uns hier zusammengefunden

Um uns zu besinnen auf Gott,

die Quelle unseres Lebens.

In der Nachfolge Jesu wollen wir gemeinsam

Schritte auf dem Weg

in ein gerechtes friedvolles Miteinander gehen.

Unsere Gemeinschaft auf diesem Weg

Möge gestärkt werden

Durch die Kraft Heiligen Geistes.

Psalm: 121 Nr. 749

Lied: EG 8, 1-3 Es kommt ein Schiff

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute ist der 5. Dezember. Morgen ist Nikolaustag. Heute Abend werden die Kinder ihre Stiefel vor die Tür stellen und hoffen, dass sie morgen früh reichlich gefüllt sind.

Als wir in der Redaktion des Evangelischen Frankfurts über Nikolaus sprachen, kam die Frage auf, ob man denn Kinder belügen dürfe?

Nikolaus mit Lügen in Verbindung zu bringen, liegt mir fern. Aber es ist ja richtig. Wir flunkern was das Zeug hält. Wir erzählen etwas vom Christkind und vom Weihnachtsmann. Und schon vorher kommt der Nikolaus und füllt die Stiefel. Dürfen wir das Oder sollten wir auf solche Geschichten verzichten?

Kinder lieben solche Überlieferungen. Im Alter von drei bis 6 Jahren sind sie in der sogenannten „magischen Phase“. Sie können sich vorstellen, dass der Baum spricht, der Mond sie bewacht oder dass der Teddy isst. Kinder entwickeln eine eigene magische Logik.: Wolken regnen, weil sie traurig sind; Der Ball liegt unter der Kommode, weil er schlafen will. Letztlich ist der Glaube an die Existenz des Nikolaus eine Frage der Hirnentwicklung. Bestimmte Areale werden in diesen jungen Jahren neu verschaltet. Das Kind lernt langsam Realität und Fiktion zu unterscheiden. Es muss erkennen können, dass der rotverpackte Kerl mit dem weißem Bart in Wirklichkeit Herr Müller aus der Nachbarschaft ist.

Mit dem Nikolaus belügen wir die Kinder nicht, sondern wir bereichern die kindliche Traumwelt. Allerdings sollten die Eltern es bei der schönen Traumwelt belassen und diese nicht nutzen, um irgendwelche Erziehungsziele zu erreichen. Der Klassiker ist die Frage des Nikolaus: „Wart ihr alle brav.“ Diese Frage entspricht eher einer Grundhaltung, die eine fremde Autorität nutzt, um den Kindern Angst einzuflößen. Keine schöne Traumwelt, eher Alptraum. Deshalb sollte der Nikolaus nicht das Sündenregister der Kinder aufzählen. Dies passt auch nicht zur Legende vom gütigen Nikolaus. Inhalt und Form sollten eine Einheit bilden, nur so kann es echt und überzeugend sein.

Kinder brauchen Märchen, so betitelte schon der bekannte Kinderpsychologe Bruno Bettelheim sein Standardwerk. Geschichten, Fabeln und Mythen gehören zum Kindsein. Sie regen die Phantasie an, sie zeigen was Gut und Böse ist, sie helfen den kindlichen Alltag zu erforschen und zu bewältigen. Wenn die Kinder in die Schule kommen, erkennen sie langsam die Realität, hören aber immer noch gerne die alten Geschichten, auch die vom Nikolaus.

Bleiben wir noch beim guten alten Nikolaus oder genauer beim Heiligen Nikolaus. Heilige kennen wir ja im Protestantismus nicht. Aber Vorbilder haben wir schon. Bonhoeffer, Wichern oder Martin Luther King.

Und so können wir uns auch den Mythen rund um Nikolaus von Myra nähern. Nikolaus trat in seiner Heimatstadt nah gelegenen Kloster von Sion ein und wurde um das Jahr 300 zum Metropoliten von Myra geweiht. Während der bald darauf einsetzenden Christenverfolgung wurde er um 310 gefangen genommen und gefoltert. 325 nahm er am 1. Konzil von Nicäa teil. 

Zahlreiche Legenden erzählen von seinen Wundertaten:

In einer verarmten Familie konnte er durch gezielte Geldgeschenke, die er heimlich durchs Fenster und durch den Kamin in die darin aufgehängten Socken warf, verhindern, dass der Vater seine drei Töchter zur Prostitution bewegen musste. 

Um ein in Seenot geratenes Schiff mit drei Pilgern, die von Ephesus ausfuhren und das für eine christliche Kapelle bestimmte heilige Öl in den Diana-Tempel zurückbringen sollten, zu retten, begab er sich an Bord, stillte den Sturm und brachte das Schiff sicher in den Hafen.

Drei Jungen fielen auf der Suche nach Arbeit dem Metzger in die Hände, der sie in ein Pökelfass steckte und zu Wurst verarbeiten wollte; sie waren schon zerteilt, als der Bischof davon erfuhr und sie wieder zum Leben erweckte.

Vom 15. Jahrhundert an verbreitete sich die Legende von den Getreidehändlern: Nikolaus erbat bei einer Hungersnot in Myra von jedem der für den Kaiser in Rom bestimmten Schiffe nur 100 Scheffel und versicherte, dass durch sein Gebet nichts bei der Ablieferung fehlen werde, was sich bewahrheitete; Nikolaus aber konnte seine Gemeinde auf Jahre hinaus ernähren und sogar Saatgut austeilen. 

Alle Legenden sagen vor allem eines: Niklaus war ein guter Mann. Und so singen wir es ja auch noch heute. Nikolaus gilt als Helfer in fast allen Schwierigkeiten. Die Volksfrömmigkeit hat seinen Gedenktag mit reichem Brauchtum liebevoll bedacht, seit 1555 ist Nikolaus als Gabenbringer für Kinder belegt. Ansatzpunkte für Brauchtum und seine zahlreichen Patronate finden sich in den Legenden.

Wie auch immer man zu den Legenden rund um Nikolaus stehen mag. Nikolaus war vor allem ein Vorbild. Er verkörperte Mitmenschlichkeit, er half den Bedürftigen und gab den Armen zu essen. Es ist diese Haltung die wir – und ich denke auch die die Kinder – lieben. Nikolaus steht nicht für die Haltung, dass sich der stärkere durchsetzt, er steht nicht für den Raubtierkapitalismus des 21. Jahrhunderts, nein er steht für nichts Geringeres als Nächstenliebe.

Ein kleines Stückchen hiervon können die Kinder spüren, wenn Morgen früh die Stiefel gefüllt sind. Und deshalb dürfen und sollen wir davon erzählen. Nikolaus schenkt etwas ganz ohne Gegenleistung. Dass ist das eigentliche Geschenk der Menschwerdung Gottes, dass wir als Menschen so wie wir sind angenommen sind.

Und so können wir den 5. und 6. Dezember gemeinsam mit unseren Kindern und Enkeln auf die Ankunft Jesu warten, so wie es der Bischof von Myra sicher auch schon vor 1700 Jahren getan hat.

Lied: EG 8, 4-6

Mitteilungen

Gebet:

Mache uns zu Zeichen deiner Freude

Dass wir trösten, wo Menschen trauern,

dass wir sie besuchen, wenn sie vereinsamen,

dass wir helfen, wo sie in Not geraten,

dass wir ihnen Hoffnung geben, wenn die Sorge sie erdrückt,

dass wir Licht bringen, wo sie in Leid versinken,

dass wir Wärme schenken, wenn sie im Zweifel erstarren,

dass wir ihnen vertrauen, auch wenn sie am Glauben irre werden.

Wir wissen, dass wir ohne deine Nähe das Leben verlieren.

Dir danken wir die Freude, die wir haben,

das Vertrauen, das uns stärkt,

die Güte, die uns tröstet,

den Frieden, der uns bewahrt.

Lass uns dir ähnlicher werden,

lass uns aus der Freude an dir Gutes sagen,

den Frieden suchen, das Heil glauben,

mit unserem Leben dein Kommen ankündigen.

Gemeinsam beten wir, wie Jesus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel

geheiligt werde dein Name,

dein Reich komme,

dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Gott, der Ursprung und Vollender aller Dinge.

segne dich, gebe dir Gedeihen und Wachstum,

Erfüllung deiner Hoffnungen, Frucht deiner Mühe,

und am Ende das Ziel deiner Wege. Amen.

Lied: EG 421 (1)