Archiv für 1. Dezember 2001

Von wegen Kaffetante

Evangelische Fachschule bietet Erzieherinnen eine Ausbildung mit guten Perspektiven

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Selbstbewusstsein und Gelassenheit – auch das lernen die angehenden Erzieherinen in der Evangelischen Ausbildungsstätte. – Foto: Diehl

Die Begeisterung steckt an. Für die offene und freundliche Atmosphäre hier, für die praxisbezogene Ausbildung, für die Toleranz, für die Lehrerinnen und Lehrer, die hinhören können und nachfragen, ob alles in Ordnung ist. „Hier ist alles total menschlich“, sagt Katrin. Sie ist Klassensprecherin der Oberstufe und lacht heute über die Vorurteile, die sie hatte, als sie an der so genannten „Diakonissenschule“ ihre Ausbildung zur Erzieherin begann. „Am Anfang habe ich gedacht, man muss hier erst einmal auf die Knie fallen und den Boden küssen.“
Spätestens nach dem Bewerbungsgespräch war aber auch für Diana, Internatssprecherin der Schule, klar: „Hier können auch Leute hin, die keine Ahnung von Gemeindearbeit haben.“ Persönlichkeit sei gefragt und die Fähigkeit, mit vielen verschiedenen Menschen zusammenzuarbeiten, denn das fordere schließlich auch der spätere Beruf als Erzieherin. „Der Schule kommt es darauf an, dass die Leute unterschiedlich sind“, sagt Internatssprecherin Anne, „und ihre eigene Meinung vertreten“, ergänzt Monika, die Schulsprecherin. Dass Katrin, Diane, Monika und Anne nun hier sitzen, in den Räumen der Evangelischen Ausbildungsstätte für sozialpädagogische Berufe, wie diese grüne Oase mitten in Frankfurt richtig heißt, das ist wie bei den meisten Studierenden Zufall – und bezeichnend für den guten Ruf der Fachschule. Durchs Hörensagen, durch Empfehlungen anderer sind sie hierher gekommen und haben es bis heute nicht bereut. „Hier haben wir auch viel über uns selbst erfahren“, sagt Monika.
Drei Jahre dauert die Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher an der Fachsschule für Sozialpädagogik, zwei Jahre die zur Sozialassistentin oder zum Sozialassistenten an der Berufsfachschule, Voraussetzung für die Erzieherausbildung. Rund 200 Plätze gibt es an den beiden Schulzweigen, 110 Mark kostet die Ausbildung im Monat, im Internat können 28 Schülerinnen wohnen. 17 Fächer und viele Praxisstunden füllen den Stundenplan, von Deutsch und Soziologie über sozialpädagogische Grundlagen und Ökologie bis hin zu Kinder- und Jugendliteratur, Gestaltung und Verwaltung. Zwei Stunden werden die Studierenden zusätzlich in Religionspädagogik unterrichtet und am Ende auch geprüft. Das unterscheidet die „Diakonissenschule“ von staatlichen Einrichtungen und, versichert Schulleiter Kurt-Helmuth Eimuth, erhöht die Chancen der Berufseinsteigerinnen, vor allem bei kirchlichen Einrichtungen ihren ersten Arbeitsplatz zu finden. Schließlich haben sie dann fünf Jahre teilgenommen am spirituellen Leben der Diakonissen, die im Nachbarhaus leben und zum Teil auch unterrichten, haben Andachten vorbereitet und, so Eimuth, „eine bestimmte Form gemeinschaftlichen christlichen Lebens“ kennen gelernt.
Vor allem aber sind die Absolventinnen und Absolventen vorbereitet auf die sich wandelnden Anforderungen und die vielen Arbeitsbereiche, die der Erzieherinnenberuf heute bietet. Aus Kindergärten für Drei- bis Sechsjährige werden zunehmend Kindertagesstätten für Kinder von null bis 12 Jahren, und hochspezialisierte Heime brauchen hochspezialisierte Mitarbeitende. Ob Heim, Hort, Kindertagesstätte oder Psychiatrie – „der Beruf der Erzieherin“, sagt Eimuth, „hat immer Konjunktur“. Und von wegen „Kaffeetante mit lockerem Beruf“, das Vorurteil ärgert die Schülerinnen. Gehört zum Berufsbild heute doch sehr viel mehr: Rechtliches und Psychologisches zum Beispiel, Kreatives und Pädagogisches. „Kinder mögen reicht nicht“, sagt Monika.
Selbstsicherer seien sie während der Ausbildung geworden, gelassener. Vor allem aber: „Die Wertschätzung des eigenen Berufs ist mit dieser Schule erst gewachsen“, sagt Monika, und Anne ergänzt: „Der Beruf der Erzieherin, der ist schon eher eine Berufung.“

Carla Diehl

Evangelisches Frankfurt Dezember 2001

Dem Klangbrei zum Trotz: Das Weihnachtslied überlebt!

Dem Klangbrei zum Trotz:

Das Weihnachtslied überlebt!


Adventsfeiern, Konzerten und nicht zuletzt den Gottesdiensten stemmen sich die Kirchen gegen diese Verflachung ihres Festes. Der Inhalt, aber auch die Geschichte und die Melodien alter und neuer Advents- und Weihnachtslieder werden täglich (2. bis 22. Dezember) von 19.30 Uhr bis 20 Uhr in der Liebfrauenkirche dargeboten. Dort kann man nicht nur evangelische und katholische Kirchenchöre hören, sondern auch Geschichten wie diese erfahren:

Vom Himmel hoch
Heiligabend 1535. Kurz nach Mitternacht. Nur in der Studierstube des Doktor Martin Luther brennt noch eine Kerze. Luther schreibt seine Weihnachtspredigt nieder. Dann lehnt er sich zurück und liest in einem handgeschriebenen Buch. Er liest die Verse: „Ich komm aus fremden Landen her und bringt auch viel der neuen Mär (Nachricht).“ Er liest die Zeilen einmal, zweimal. Dann steckt er noch eine zweite Kerze an, rückt das Tintenfass näher zu sich heran, nimmt den Federkiel und schreibt Zeile um Zeile. Als er fertig ist, hat er den gelesenen Versen einen anderen, einen weihnachtlichen Sinn gegeben: „Vom Himmel hoch, da komm ich her, ich bring euch gute, neue Mär; der guten Mär bring ich so viel, davon ich singen und sagen will.“

Ihr Kinderlein kommet
„Das habt ihr aber schön gemacht“, lobt der Kaplan Christoph Schmid 1798 im bayrischen Dorf Thannhausen an der Mindel . „Die Krippe werden wir in der Kirche aufstellen und dann bis zum Dreikönigstag stehen lassen. Da werden eure Eltern Augen machen. Und die Ohren werden sie spitzen, wenn sie das Lied hören, das vor ihnen noch kein Mensch gehört hat.“ Der Kaplan holt einen Zettel aus seiner Brusttasche und liest: „Ihr Kinderlein kommet, o kommet doch all!“ Wenig später schmetterten die Thannhäuser Kinder zum ersten Male nach einer Melodie des Komponisten Johann Abraham Schub das neue Weihnachtslied in die Nacht hinaus.

Stille Nacht, heilige Nacht
In der ganzen Welt kennt man dieses für viele Menschen bedeutendste Weihnachtslied, das um die Mitte des 19. Jahrhunderts seinen Siegeszug über die Grenzen des Ursprungslandes Österreich antrat. Den Text schrieb der katholische Pfarrer Joseph Mohr und die Noten der Lehrer Franz Xaver Gruber. Zweistimmig zur Gitarre wurde es erstmals in der Christmette des Jahres 1818 gesungen. Der Überlieferung nach streikte die Orgel an jenem Heiligen Abend, so dass die Gitarre zum Einsatz kommen konnte. Sicherlich ist Joseph Mohr einer der wenigen Pfarrer, denen aufgrund eines einzigen Liedes ein Museum gewidmet wurde: das Stille Nacht Museum (www.silentnightmuseum.org) in Salzburg.

Kurt-Helmuth Eimuth
Evangelisches Frankfurt: Dezember 2001 · 25. Jahrgang · Nr. 7