Evangelisches Frankfurt November 2003
Dem Zappelphilipp kann geholfen werden
Paul war ein liebenswertes, aufgewecktes Kind. Dass man mit ihm kaum in ein Restaurant gehen konnte, irritierte die Eltern zunächst nur wenig. Kinder sind halt lebhaft. Beim Übergang vom Kindergarten zur Schule gab es dann die ersten Probleme, doch Dank einer engagierten Lehrerin kam Paul glimpflich durch die Grundschulzeit. Natürlich fiel auf, dass er sehr unruhig und lebhaft war und kaum auf seinem Stuhl sitzen konnte. Auch zuhause war Paul extrem anstrengend. Das Einhalten von Regeln war nicht seine Stärke, ständig musste sich alles um ihn drehen.
Der Start ins Gymnasium war eine halbe Katastrophe. Der Mathelehrer empfahl die Realschule. Schließlich gingen die Eltern mit Paul zu einem Intelligenztest.
Ergebnis: Paul ist überdurchschnittlich begabt. Der Besuch bei einer Kinderneurologin brachte Klarheit: Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS) oder auch ADHS (Aufmerksamkeits-Hyperaktivstörung). Für Wolfgang Schrödter von der Psychologischen Beratungsstelle Höchst ist Paul kein Einzelfall. „Eigentlich“, so der Psychologe, sind wir seit mehr als 30 Jahren damit befasst.“ Es habe schon immer Kinder gegeben, die besonders unruhig sind. Seit der Diskussion um ADS beziehungsweise ADHS suchen Eltern verstärkt Beratungsangebote auf. Für Wolfgang Schrödter ist eine sorgfältige Diagnose wichtig. Die Familiengeschichte etwa oder Komplikationen bei der Geburt.
„Der Konflikt muss nicht da liegen, wo er zu liegen scheint“, weiß Schrödter. Da schickt etwa ein Lehrer ein Kind in die Beratungsstelle, weil es immer so unruhig ist. Aber ist das vielleicht nur die gesunde Reaktion auf einen langweiligen Unterricht? Auch bei der Frage, ob ADHS medikamentös behandelt werden sollte, ist Schrödter vorsichtig. Oft werde das Beruhigungsmittel Ritalin ohne fundierte Diagnose verschrieben. „Die internationalen Zahlen legen den Verdacht nahe, dass weit über den Bedarf verschrieben wird.“ Doch im Einzelfall könne eine medikamentöse Therapie durchaus angebracht sein. Die Psychologische Beratungsstelle Höchst ist unter Telefon 3399980 zu erreichen.
Kurt-Helmuth Eimuth
Evangelisches Frankfurt November 2003