von Kurt-Helmuth Eimuth 29. Dezember 2020
Corona ist nicht nur für Altenheime eine große Herausforderung. Auch Häftlinge in den Gefängnissen leiden besonders unter den Einschränkungen. Ein Gespräch mit Pfarrerin Susanne Kahlbaum, Gefängnisseelsorgerin im Preungesheimer Frauengefängnis.
Die Corona-Pandemie hat auch die Routinen in den Gefängnissen verändert. Im Frauengefängnis Frankfurt-Preungesheim zum Beispiel müssen alle Neuzugänge zunächst eine vierzehntägige Quarantäne überstehen. In dieser Zeit haben sie keinen Kontakt zu Mithäftlingen, es bleibt einzig der tägliche Hofgang, sagt Susanne Kahlbaum, Gefängnisseelsorgerin in der Frauenvollzugsanstalt Preungesheim. Die Sonntags-Gottesdienste, für viele Inhaftierte sonst eine willkommene Abwechslung, können nur noch in kleinen Gruppen in der Turnhalle stattfinden – alle 230 Frauen haben da keinen Platz, eine Teilnahme ist für die Einzelnen nur noch alle drei Wochen möglich.
Auch im Gefängnis spielen Medien eine entscheidende Rolle, um ein Leben unter Corona zu ermöglichen. Um die Verbindung zur Familie zu halten, wurden zwei Skype-Plätze eingerichtet, damit die Frauen ihre Familien mit Kindern im heimischen Wohnzimmer sehen können. „Die einen sagen, das ist viel besser als Besuch, da es lockerer ist“, berichtet Kahlbaum. „Andere sagen, es ist schwer auszuhalten, die eigenen Kinder nicht in den Arm nehmen zu können.“ Besuche sind wegen der Pandemie derzeit nur getrennt durch eine große Glasscheibe erlaubt, jede Berührung ist verboten. „Dieses Getrenntsein spüren die Kinder sehr“, erzählt die Pfarrerin.
Außerdem erinnerte man sich an die Möglichkeit, ein eigenes TV-Programm in die Zellen zu schicken. Vor vielen Jahren war dafür eine Anlage angeschafft worden, auf der eigens ausgewählte Filme gezeigt wurden. Das war dann aber aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich, und die Anlage geriet in Vergessenheit. Aber sie funktioniert noch. Jetzt werden zwar keine Filme gesendet, aber es wurde etwa der ökumenische Weihnachtsgottesdienst übertragen, den die Seelsorgerinnen und Seelsorger dafür eigens in der Basilika des Schlosses Johannisberg aufgenommen haben.
Vor allem nagt aber die Ungewissheit: Wie wird es weitergehen, was wird noch kommen? In dieser Hinsicht geht es den Frauen im Gefängnis nicht anders als dem Rest der Bevölkerung. Die Anstalt und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unternehmen große Anstrengungen, um flexibel auf die belastende Situation zu reagieren. So wurden 100 Fernseher angeschafft, die Gebühren für die Nutzung ausgesetzt und die Begrenzung der Telefonzeit auf 120 Minuten wurde aufgehoben. Die Hofgänge mussten in Gruppen organisiert werden, es gab bis zu 12 Gruppen am Tag. Ein enormer Personaleinsatz war hierfür notwendig.
Im Frühjahr konnte einige Wochen nicht mehr gearbeitet werden, es fehlte Beschäftigung, da Arbeitsbetriebe schlossen. Allerdings entwickelte sich bald ein neuer Arbeitszweig: das Nähen von Masken. Alle hessischen Anstalten wurden auf diese Weise versorgt.
Trotz aller Anstrengungen stellt Kahlbaum fest: „Die Frauen sind viel mehr im Einschluss.“ Das Leben im Strafvollzug, auch im offenen Vollzug, ist wesentlich eingeschränkter. Doch die meisten Frauen können sich beschäftigen. Vor allem Nähen und Stricken sind beliebt. Deshalb sucht die Gefängnisseelsorge Spenden an Wolle, Bastelmaterialien und Spiele. Besonders begehrt sind funktionstüchtige Nähmaschinen, die aber nicht schwerer als acht Kilogramm sein dürfen. Für manche Inhaftierte ist das erworbene Nähzertifikat und eine Nähmaschine nach der Entlassung der Start für eine berufliche Zukunft.
Geldspenden können an die Evangelische Seelsorge, IBAN DE 29 5005 0201 0000 4044 97 bei der Frankfurter Sparkasse überwiesen werden. Für andere Zuwendungen nehmen Sie bitte Kontakt auf mit Susanne.Kahlbaum@jva-frankfurt3.justiz.hessen.de.