Tag Archiv für Segen

„Bleib gesund!“ sagen mir alle. Aber was, wenn ich nicht gesund bin?

von Kurt-Helmuth Eimuth 28. Dezember 2020

Zahlreiche Anschreiben und Neujahrswünsche enden derzeit mit dem wohlmeinenden Hinweis „Bleiben Sie gesund!“ Ob Versanddienst, Anschreiben zu Rechnungen oder eher private Mails: Alle wollen, dass ich gesund bleibe. Aber was, wenn ich gar nicht gesund bin?

Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins.  |  Foto: Tamara Jung
Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. | Foto: Tamara Jung

Ich weiß, sie sind alle gut gemeint, die Wünsche, dass man gesund bleiben soll. Angesichts der Bedrohung durch Corona sind sie auch nicht nur angebracht, sondern bitter nötig. Nur: Ich bin nicht gesund. Wie vierzig Prozent der Bevölkerung gehöre ich zu den chronisch Kranken. Ich brauche meine morgendliche Ration an Tabletten und auch die ein oder andere Spritze. Gesund ist anders.

Irgendwie höre ich da auch den Spruch mitschwingen, der häufig nach der Geburt eines Kindes gesagt wird: „Hauptsache gesund!“ Aber ist das wirklich die Hauptsache? Ist es nicht viel wichtiger, dass ein Kind von seinen Eltern geliebt wird mit all seinen Stärken und auch seinen Schwächen? Zeigt sich nicht in jedem Kind die Einzigartigkeit eines Geschöpfes Gottes, egal ob es „normal“ ist, oder besonderer Aufmerksamkeit bedarf?

„Hauptsache gesund“ klingt gut, aber es ist ebenso befremdlich wie die Aufforderung „Bleiben Sie gesund“. Wichtiger wäre es, zu sagen: „Hauptsache geliebt“. Das wäre ein nachvollziehbarer Wunsch: Geliebt zu werden als Geschöpf Gottes. Ganz ohne jede Vorbedingung. Wunderbar.

Aber was will man stattdessen in diesen Tagen Erwachsenen wünschen? „Möge sich Ihr Gesundheitszustand nicht verschlechtern?“ Nein, das geht gar nicht. Oder: „Mögen Sie verschont bleiben vom Virus“? Schon eher, aber es klingt irgendwie zu nüchtern und eigentlich nicht nett.

Früher zeichneten die Menschen sich gegenseitig beim Abschied ein Kreuz auf die Stirn und sagten sich „Gott sei mit Dir!“ Das ist sicher ein Alternative. Man könnte auch einfach sagen: „Gott segne Dich“, oder es ergänzen und hinzufügen mit „in guten und in schweren Tagen“.

Ja, genau, das wünsche ich Ihnen und mir für das neue Jahr 2021: Dass Gott uns segne, in guten und in schweren Tagen.

Kreuz als Segenszeichen

2.7.03

Fachschule für Sozialpädagogik

Orgelvorspiel

Wir feiern die Andacht

im Namen Gottes

Gott ist uns nahe – immer und überall,

im Namen Jesu Christi

So sind wir geliebt,

und im Namen des Heiligen Geistes

So sind wir verbunden als Schwestern und Brüder.

Lied 599

Gebet

Aus der Unruhe unserer Tage kommen wir zu dir

Um bei dir Ruhe zu finden. Wir sind unruhig um das Leben,

dass es gelingt und dass es recht wird.

Gib uns die Ruhe zum Leben,

dass wir heimkehren können zu dir und zu uns selbst. –

Aus der Unruhe unserer Herzen kommen wir zu dir,

um bei dir Ruhe zu finden.

Unser sehnsüchtiges Herz treibt uns vorwärts,

hierhin und dorthin, um ja nicht zu verpassen, was wichtig ist,

und das Wesentliche zu ergreifen.

Lass uns deine Barmherzigkeit fühlen,

dass wir mit uns selbst barmherzig werden. –

Aus der Unruhe unserer Zeit kommen wir zu dir,

um bei dir Ruhe zu finden.

Unsere Welt stürzt nach vorne,

das macht uns unsicher über unseren Weg.

Und die vielen Informationen helfen uns nicht zur Orientierung.

Sei du selbst unsere Mitte,

und durch dein Wort erleuchte uns unsere Welt. Amen.

Solo

Ansprache

Liebe Schülerinnen und Schüler,

Liebe Eltern,

verehrte Gäste

Wenn Pater Anselm Grün ein Kind tauft, lädt er Eltern und Paten ein, als Zeichen des Schutzes ein Kreuz auf die Stirn des Täuflings zu zeichnen. Wenn der brasilianische Fußballprofi Giovanne Elber vom FC Bayern München eine starke Szene hat oder ein Tor erzielt, schlägt er wie im Reflex ein Kreuz vor dem Trikot und auch Erik Zabel sah man beim Zeitfahren der Tour de France das Kreuz schlagen. Es ist dasselbe Ritual in sehr unterschiedlichen Szenarien. Ein Ritual als Zustimmung zum Sein.

Mögen manche und mancher den Verlust von Religion in der Welt empfinden, das Kreuz behauptet sich, nicht nur auf Kirchentürmen und Altären, sondern, diesem und jenem Gerichtsurteil zum Trotz, in den Schulen und in den Herrgottswinkeln der Kneipen, in der Kunst, in der Mode wie in der Sprache. Menschen sind kreuzanständig oder kreuzbrav, kreuzunglücklich oder kreuzvergnügt. Sie tragen ihr Kreuz, kriechen zu Kreuze oder machen drei Kreuze hinter jemandem her, den sie fürchten wie der Teufel das Weihwasser.

Als modischer Schnickschnack sind Kreuze allgegenwärtig: als Halskette oder auf lederbekleideter Männerbrust, in Bronze, Silber, Gold, mit Steinen oder auch mal in die Haut geritzt: Kreuz ist in, Mann und Frau tragen es wie einen Talisman, gedanken- und vielleicht auch ahnungslos. Sie würden dies weniger unbekümmert tun, fiele ihnen wieder ein, dass an einem Pfahl mit Querbalken im Altertum Schwerverbrecher und Aufständische durch Aufhängen oder Annageln grausam hingerichtet wurden und dass der Tod oft erst nach langem Leiden durch Erschöpfung oder den Zusammenbruch des Kreislaufs eintrat.

Auch Jesus aus Nazareth endet so. Ein Schild nennt als Grund der Strafe, dass er der König der Juden sein wollte. Genug für die jüdische Geistlichkeit und für die römischen Herrscher, ihn als politischen Terroristen abzuurteilen. Schon daß Jesus sagt, er sei Gottes Sohn, bringt sie gegen ihn auf. Er wird geschlagen, bespuckt, verhöhnt und stirbt einen qualvollen Tod. Er wird um Träume für alle, die gehofft hatten, Jesus werde Israel erlösen, sie vom Joch der Besatzer befreien und vielleicht auch vom wirtschaftlichen Elend. Die Jünger stieben in Panik auseinander, mit Jesus endet alle Hoffnung am Kreuz. Zurück bleiben Hilflosigkeit, Ratlosigkeit und Enttäuschung.

Doch das kann nicht alles gewesen sein. Was hätte dies mit Segen zu tun? Und was mit Zuversicht? Warum also ist das Kreuz zum Markenzeichen für die Kirche und für den christlichen Glauben geworden? „Die ersten Christen“, schreibt der Theologe Günter Hegele, „glaubten, da im Sterben Jesu mehr geschehen ist als das Scheitern eines Idealisten. Er hatte ein neues Verhältnis zu Gott und der Menschen untereinander gepredigt und gelebt: Jeder ist von Gott geliebt. Keine Schuld, keine Vorschriften sollen dem mehr entgegenstehen. Es ist eine einmalige, im Grunde unerklärbare und unvergleichbare Tatsache der Geschichte, daß nach dem Tod Jesu am Kreuz der Glaube an ihn zu einer weltweiten und Jahrtausende dauernden Bewegung wurde. Die alles verändernde Grunderfahrung, daß Jesus lebt, wurde den Vorstellungen der damaligen Zeit entsprechend als Auferstehung oder Auferweckung bezeichnet.“ Tod wandelt sich in Leben, Scheitern in Durchbruch und Anfang.

Doch am Leben sein heißt noch nicht leben. Dazu braucht es der vielen, die sich den zahllosen physischen und psychischen Möglichkeiten Menschen auch heute noch zu „kreuzigen“ entgegenstellen. Dazu braucht es den langen Atem der Hoffnung und die kräftigen Arme der Liebe.

Dort, wo wir zu unterscheiden lernen, welche Kreuze wir zerbrechen können und welche wir tragen müssen, wird das Kreuzsymbol zum Segenszeichen. Ich hoffe und wünsche uns allen, dass wir alle in diesem Sinne, ein Segen für unsere Mitmenschen, für die Umwelt, ja für die Welt zu sein.

Solo

Gebet

Irischer Segen von 1642

Und alles was uns noch bewegt, bringen wir vor dich mit den Worten, die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Lied 170