Andacht 28. 2. 2011
Kurt-Helmuth Eimuth
Lied: EG 452, Er weckt mich alle Morgen, 1-5
Votum:
Gegen die Furcht in unserem Leben
feiern wir heute die Kraft Gottes.
Gegen die Gleichgültigkeit und allen Hass in unserem Leben
feiern wir heute die Liebe Christi.
Gegen die Maßlosigkeit und die Gewalt in unserem Leben
feiern wir heute die verändernde Gegenwart des Heiligen Geistes.
„Denn Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben,
sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“
Psalm: 119, Nr. 748
Lied: EG 640, Lass uns den Weg der Gerechtigkeit 1-3
Ansprache
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in der Welt ist wieder etwas zu spüren von jenem Geist, der nicht mehr alles hinnehmen will. Von dem Geist, der das Böse überwinden will. Als ich über das Thema der heutigen Andacht nachdachte, ging es in den Medien noch über Stuttgart 21 und um die Auseinandersetzung um Hartz IV.
Und da war noch ein Geburtstag. Joan Baez, die große Figur des Kampfes um Bürgerrechte in den USA wurde Anfang des Jahre 70 Jahre alt. In ihrer Familie war der Einsatz für Frieden, Menschenrechte und sozialen Ausgleich selbstverständlich. Ihr Großvater war Mexikaner, er trat – was damals ungeheuerlich war –aus der katholischen Kirche aus und wurde in den USA evangelischer Pfarrer. Von dort ist er weitergezogen zu den Quäkern. Das ist eine sogenannte Friedenskirche, denn ihre Mitglieder verweigern aus grundsätzlichen Gründen den Wehrdienst. Den Quäkern gehörten auch die Eltern von Joan Baez an. Ihr Vater war Physiker, er lehnte mehrere gute Berufsangebote ab, weil er nicht für die Rüstungsindustrie arbeiten wollte. Frieden, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte – diese Themen umgaben Joan Baez also von klein auf. Und sie hat sie sich zu Eigen gemacht. Als Folksängerin sang sie für gleiche Rechte für Schwarze und Weiße – und gegen Gewalt. Ihre Stimme stand immer für gewaltlosen Widerstand, egal ob es um die Rechte von Arbeitern ging, um ein Ende des Vietnamkrieges, um eine Aussöhnung zwischen den Parteien das kalten Krieges oder später auch gegen die Diskriminierung von Homosexuellen.
We shall overcome – dieses Lied steckt voller Gefühle. Kampfgeist scheint darin auf und Trotz. Zuversicht, aber auch Traurigkeit – und ein tiefes Gottvertrauen:
Die zweite Strophe der Originalversion lautet: „Gott der Herr wird uns gut hindurchgeleiten. Gott der Herr wird uns gut durchbringen – eines Tages. Tief in meinem Herzen bin ich mir sicher, dass wir es eines Tages überwinden werden.“
Das Lied ist wie eine Quelle, aus dem viele Menschen ihr Vertrauen in Gottes gutes Geleit schöpfen. Und daraus schöpfen sie auch die Kraft zu kämpfen für ein besseres Leben und eine bessere Welt.
Was sie im Innersten antrieb, das bündelte sie in einem Lied: „We shall overcome“. “
Wir werden es überwinden. Eines Tages werden wir es überwinden. Tief in meinem Herzen bin ich mir sicher, dass wir es eines Tages überwinden werden.
Lassen Sie uns gemeinsam die ersten drei Strophen singen. 636 1-3
We shall overcome – dieses Lied steckt voller Gefühle. Kampfgeist scheint darin auf und Trotz. Zuversicht, aber auch Traurigkeit – und ein tiefes Gottvertrauen:
Die zweite Strophe der Originalversion lautet: „Gott der Herr wird uns gut hindurchgeleiten. Gott der Herr wird uns gut durchbringen – eines Tages. Tief in meinem Herzen bin ich mir sicher, dass wir es eines Tages überwinden werden.“
Das Lied ist wie eine Quelle, aus dem viele Menschen ihr Vertrauen in Gottes gutes Geleit schöpfen. Und daraus schöpfen sie auch die Kraft zu kämpfen für ein besseres Leben und eine bessere Welt.
Das taten schon Generationen vor Joan Baez. Denn das Lied wurde bereits 1901 komponiert. Als Gospel in der Tradition der religiösen Sklavenlieder. Geschrieben hat es Charles Tindley, ein Arbeiterpfarrer im Süden Amerikas, wo die Schwarzen als Sklaven hatten schuften müssen auf Plantagen oder in Bergwerken. Und wo sie auch im Jahr 1901 und lange danach noch Menschen zweiter Klasse waren. Ursprünglich hieß das Lied „I will overcome“ – ich werde es überwinden. Aber was es zu überwinden gab, das wurde in dem Lied gar nicht gesagt. So konnte jeder einzelne das eintragen, was ihn gerade umtrieb.
Wer vor Armut nicht mehr wusste, wie es weitergehen sollte, der konnte mit dem Lied gegen seine Armut ansingen: Gott der Herr wird mich da hindurch geleiten. Ich werde sie überwinden.
Wer an einer schweren Krankheit litt, der konnte mit dem Lied all seinen Kampfgeist hineinlegen und singen: Ich werde die Krankheit überwinden. Gott der Herr wird mich da hindurch führen.
Wer gerade einen lieben Menschen verloren hatte, der konnte in das Lied all seine Trauer hineinlegen und singen: Ich werde die Trauer überwinden. Gott der Herr wird mich darin nicht hängen lassen.
Und wer nur mit großen Sorgen in die Zukunft eines neuen Jahres blicken konnte, der konnte sich mit dem Lied Mut zusingen: Ich werde die Sorgen überwinden. Gott der Herr wird mich durch das Jahr hindurch geleiten.
Auf diese Weise haben viele Sängerinnen und Sänger das Lied durch die Zeiten getragen und umgekehrt: Es hat sie durch die Zeiten getragen.
Bei einer Gewerkschaftsaktion entdeckte 1947 auch der bekannte Folksänger Pete Seeger das Lied. Er veränderte das ICH zum WIR, fügte noch einige Strophen hinzu und machte es berühmt. So kam es auch zu Joan Baez. Durch sie und viele andere wurde das Lied zur Hymne der Bürgerbewegungen in den USA und der ganzen westlichen Welt. Heute steht es bei uns im Gesangbuch.636
„We shall overcome“ – das ist ein Lied für Ergriffene. Es spricht zu Menschen, die wissen, was sie verbindet, und die einen gemeinsamen Traum haben. Und Gegner, die diesen Traum bedrohen. Kein Wunder, dass das Lied nun auch in Deutschland wieder gesungen wird: In Stuttgart, bei Andachten von Gegnern des Bahnhofprojekts Stuttgart 21.
„We shall overcome“ Strophe 4 bis 7
Wir gehen Hand in Hand – eines Tages.
Schwarz und Weiß zusammen – eines Tages.
Wir werden in Frieden leben – eines Tages.
Ist das ein Lied gegen Rassisten, Kriegstreiber, Ausbeuter oder andere Finsterlinge? Nein, es ist eher ein Lied für Frieden, Gerechtigkeit und sozialen Ausgleich. Für Ziele und nicht gegen Menschen. Das ist ein wichtiger Unterschied.
Und diesen wichtigen Unterschied macht auch der Satz, der uns in diesem Jahr als Jahreslosung begleitet. „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Geschrieben hat ihn der Apostel Paulus. Und er teilt damit die Welt eben nicht in gute und böse Menschen auf. Er spricht nicht von den Guten und den Bösen, sondern von dem Guten und dem Bösen. Und was das jeweils genau ist, darin stimmen Paulus und Joan Baez überein.
Das Gute, das sind die Kräfte, die uns für einander Respekt und Mitgefühl empfinden lassen. Die uns bescheiden und gastfreundlich machen. Und die uns zu Botschaftern des Friedens machen.
Und das Böse, das sind die Kräfte, die Menschen dazu verleiten, anderen zu schaden oder sie gar zu vernichten. Es ist nicht immer leicht, beides auseinander zu halten. Der Alltag lässt sich eben nicht so einfach in schwarz und weiß aufteilen. Es gibt viele Schattierungen dazwischen.
Doch gerade deshalb ist eine solche Mahnung wichtig. Sie enthält ein anzustrebendes Prinzip.
Für das Böse ist jeder Mensch anfällig, auch der scheinbar Friedfertigste und Gutmütigste. Für das Gute auch. Beides ringt in jedem Menschen miteinander.
„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Eine anspruchsvolle Aufforderung. Die uns aber auch Mut macht, so wie das Lied im Laufe seiner Zeit vielen Menschen Mut gemacht hat. We shall overcome. Ich bin froh und bedanke mich ganz herzlich bei den Kolleginnen aus dem Arbeitsbereich, dass sie bereit waren uns zu so früher Stunde das Lied nochmals a capella zu singen.
Lied
Mitteilungen.
Gebet:
Gott, erleuchte und bewege uns
leite und begleite uns mit deiner befreienden Kraft.
Wir bitten dich um Augen, die hellsichtig sind
für Zeichen der Not, für Winke zum Helfen.
Wir bitten dich um Fingerspitzengefühl
im Umgang mit schwierigen Menschen;
um ein gutes Gedächtnis für die Sorgen, die uns jemand anvertraut hat,
und für Dinge, die wir zu tun versprochen haben.
Wir denken an andere, die mit schweren Lasten ihre Wege gehen.
Lass sie unter uns Menschen finden, die sie zum Sprechen bringen.
Wir denken an andere, die dem Frieden und der Versöhnung
nichts zutrauen.
Lass sie erfahren, wie Misstrauen gemindert
und Befreiung erlebt werden kann.
Wir denken an Menschen, die Zwang aushalten müssen
in der Familie, im Beruf, in ihren politischen Verhältnissen.
Lass uns Freundin oder Freund werden, die ihnen den Rücken stärken
und mit ihnen Wege zur Befreiung suchen.
Wir danken für die Freiheit Jesu Christi,
die gegen die Ängste in unserer Welt aufsteht.
Lass uns in diesem Geist miteinander leben.
In der Stille fügen wir hinzu was unausgesprochen blieb.
Mit den Worten, die Jesus Christus uns gelehrt hat beten wir:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme,
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen:
Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem
Segen unseres Gottes:
Der Segen
und die Güte Gottes
führe uns
von der Ungerechtigkeit
zur Gerechtigkeit.
Der Segen
und die Güte Gottes
führe uns
von den Ersten
zu den Letzten.
Der Segen
und die Güte Gottes
führe uns
vom Krieg
zum Frieden.
Amen.