Archiv für 23. März 2006

Evangelisches Frankfurt: Die Redaktion

Frankfurt: Redaktionssitzung Evangelisches Frankfurt mit Allensbachstudie. Foto vom 13.03.2006 Foto: Rolf Oeser

Ich bete an die Macht der Liebe

Andacht,

Kurt-Helmuth Eimuth

  1. 3. 2006
     
    Lied EG: 452, 1-3
     
    Votum:
    Im Namen Gottes, im Namen Jesu Christi
    im Namen des Heiligen Geistes
    unterbrechen wir unseren Alltag, um zu beten.
    Herzlich willkommen allen,
    die sich haben rufen lassen.
    Nehmen wir uns Zeit
    für uns, für Gott, miteinander.
    Vor Gott zur Ruhe kommen verändert

1 Minute Stille

Psalm: 18, Nr. 707
 
Lied: EG 610, 1-3

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir leben in der Passionszeit. In den letzten zwei Jahrzehnten haben wir die besonderen Rituale dieser Zeit wiederentdeckt. Der Verzicht als Bereicherung. Gerade die Aktion 7 Wochen ohne hat uns verdeutlicht, dass Verzichten bedeuten kann, sich auf etwas zu konzentrieren. Der Verzicht lässt uns aber auch fühlen, dass nicht alles was wir täglich nutzen und uns so selbstverständlich ist, wirklich selbstverständlich ist. Zur Welt gehört auch das Leid. Das Leid an sozialer Ungerechtigkeit, das Leid von Armut, das Leid einer Krankheit und schließlich auch das Leid der Endlichkeit des irdischen Lebens. All das ruft uns die Passionszeit wieder ins Bewußtsein.

Und dann lese ich vom ersten Liebesbriefkasten der evangelischen Kirche, hier in der Alten Nikolaikirche auf dem Römerberg. Eingeweiht wurde dieser Liebesbriefkasten während einer Mittagsandacht, mit der die Fastenaktion 2006 der evangelischen Kirche „7 Wochen Ohne“ am Aschermittwoch, eröffnet wurde.

In der Alten Nikolaikirche kann man jetzt seine Liebesbriefe in jenen Briefkasten einwerfen, wenn man Brieffreundschaften oder die Liebe fürs Leben sucht. Ebenso kann man sich dort auch einen Liebesbrief mitnehmen.

Die Kirche als Eheanbahnungsinsitut? Ich denke die Aktion hat einen Vordergrund und einen Hintergrund. Liebesbriefe zu bekommen ist sicherlich schön. Ein Mensch gesteht dem anderen Menschen seine Liebe, seine intimen Gefühle, beschreibt phantasievolle Bilder, die bei ihm im Kopf entstehen. Man spürt förmlich die sprichwörtlichen Hummeln im Bauch.
Die Fastenaktion steht in diesem Jahr unter dem Motto „Liebesbriefe. Merken, worauf es ankommt“. Ja, worauf kommt es. Wenn man den Umfragen glauben darf, dann kommt es auf die Familie an. Es kommt auf Menschen an, auf die ich mich ohne wenn und aber Verlassen kann.

Doch zum Glück sind wir Menschen nicht nur auf uns selbst gestellt. Die hintergründige theologische Begründung für den Liebesbriefkasten in der Kirche ist die Liebe Gottes, die er uns Menschen schenkt. Und dafür steht ja dann auch Karfreitag und Ostern.
Der Hamburgher Theologe Fulbert Steffensky beschreibt diese Liebe so:
Wenn ich Gott nenne, meine ich nicht nur jenen starken Retter. Ich meine das unendliche Geheimnis der Liebe, und so sind Liebeslieder wohl die besten, die ihn besingen.“ Von Franz von Assisi wird erzählt, dass er zwei Stöcke vom Boden aufgehoben hat. Der eine war ihm Geige, der andere Bogen, und auf dieser Geige hat er französische Lieder gespielt, Minnelieder für Gott.

Eines der tiefsten Liebeslieder , die wir im Gesangbuch haben, ist das Lied vom Mystiker Tersteegen „Ich bete an die Macht der Liebe“:
In der zweiten Strophe, die leider nicht im Gesangbuch steht heißt es
Wie bist du mir so zart gewogen,
und wie verlangt dein Herz nach mir!
Durch Liebe sanft und tief gezogen
neigt sich mein Alles auch zu Dir
Du traute Liebe gutes Wesen,
du hast mich und dich erlesen.

Steffensky betont die Bedeutung dessen, dass wir uns quasi einer fremden Sprache, nämlich der Sprache der Tradition bedienen können, wenn wir über unser Verhältnis zu Gott sprechen.

Und zur Liebe sagt Steffensky in seiner poetischen Sprache:
“Vielleicht ist das eine vorsichtige Annährung an die Gottesliebe, wenn ich die Gottesliebhaber zitiiere und ihre Lieder und Geschichten schön finde. Ich nähere mich der Gottesliebe, wenn mich der Gedanke beunruhigt, dass man Gott unmittelbar lieben könnte. Aber vielleicht können wir uns von Gott lieben lassen. Sich selbst lieben zu lassen aber scheint beinahe eine noch schwierigere Kunst als zu lieben. Sich lieben zu lassen, das heißt , keine Rechtfertigung mehr für die eigene Existenz nötig zu haben; nichts mehr gegen den Blick der Güte einwenden, Es gibt die wundervolle Stelle im Hohen Lied, dem großen Liebeslied der Bibel (8,10): „Ich bin geworden in seinen Augen wie eine, die Frieden findet.“
Das ist der Frieden, so Steffensky, der nicht mit den eigenen Waffen und der eigenen Stärke hergestellt wird, sondern der entsteht im Blick, mit dem ich angesehen werde. Ich bin nicht angesehen, weil ich ansehnlich bin, sondern weil ich angesehen bin.. in seinen Augen wie einer der Frieden findet.Ich muss mich nicht selbst bezeugen, sondern der Geist Gottes bezeugt mich, heißt es im Römerbrief (8,16)
In der Passionszeit geht es auch um die Liebe Gottes, um das Geliebtsein ohne jede Vorbedingung. Theologisch spricht man hier auch von Gnade. Der Liebe Gottes können wir uns ebenso gewiß sein wie der Gnade Gottes, denn in der Gnade drückt sich die Liebe aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eigentlich ist es doch ein gar nicht so weiter Weg vom Liebesbriefkasten zur Gnade Gottes. Schenken wir doch ewinfach unsere Liebe und lassen zu, dass wir geliebt werden.

Lied: EG 617, 1+2

Mitteilungen

Gebet:
Gott, du Licht der Welt
lass dein Licht und deine Liebe auch in unserem Leben aufgehen,
damit wir erfahren, dass unsere Suche keine Irrfahrt ist, sondern ein Heimweg zu dir.
Zeige uns auch heute, wo wir dich finden können, wo du uns nahe kommst.
Lass dein Licht in unser Leben scheinen,
damit wir uns selbst annehmen können, so wie wir sind und dann auch unsere Mitmenschen.
So bitten wir dich auch für das, was uns am Herzen liegt:
für das, was uns in diesen Tagen beschäftigt hat,
für die Menschen , die uns nahe stehen
und auch für die, mit denen wir es nicht leicht haben.
Gott, hilf uns, dich in unseren Schwestern und Brüdern wiederzuerkennen.
Lass uns achtgeben auf Menschen, die unsere Hilfe brauchen.
Wir bitten dich für diejenigen,
die Dunkelheit in ihrem Leben erfahren,
für die Einsamen und Kranken,
für die Enttäuschten und Verbitterten,
für alle, die sich selbst im Wege stehen
und ihre Hoffnungen begraben haben:
schenke ihnen neue Zuversicht.
Gott, dein Licht will sich ausbreiten.
Lass es auch unter uns hell werden.

Gemeinsam beten wir, wie Jesus uns gelehrt hat:
Vater unser im Himmel
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:
Gott, der Ursprung und Vollender aller Dinge.
segne dich, gebe dir Gedeihen und Wachstum,
Erfüllung deiner Hoffnungen, Frucht deiner Mühe,
und am Ende das Ziel deiner Wege. Amen.
 Lied: EG 421 (1)