Archiv für 28. April 2025

pfarrerverband.de

Die Internetseite für
evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer
in Deutschland Suchbegriff Suche starten

Klaus-Peter Hufer
Mut zur Demokratie – Nicht zuschauen, sondern handeln

Wochenschau Verlag (ISBN 978-3-7344-1688-0), 14,90 € von Kurt-Helmuth Eimuth


Der Befund treibt Tausende auf die Straße. Unser politisches System ist bedroht, wenn 20-30% den einfachen Antworten hinterherlaufen. Klaus-Peter Hufer, Professor für Erwachsenenbildung an der Universität Duisburg-Essen, fordert dagegen mehr „Mut zur Demokratie“, so der Titel seines Buches. Hufer führt seit über 25 Jahren Workshops durch. In Rollenspielen fordert er dazu auf, sich gegen Stammtischparolen wie „Die da oben machen doch, was sie wollen“ oder „Politik ist ein schmutziges Geschäft“ zu wehren. Die Erfahrung zeige, dass die Gruppe, die die Parolen vertritt, den Diskurs dominiert. Schnell würden die Äußerungen nicht nur antidemokratisch, sondern auch sexistisch, antisemitisch und rassistisch. Ziel der Workshops und wohl auch des hier vorgelegten Buches ist es, angemessene Antworten zu finden.

Der Autor zeigt die geistesgeschichtliche Entwicklung der Idee Demokratie auf. Von Platon und Aristoteles über Morus und Rousseau. Kenntnisreich zitiert er deren Werke. „In Demokratien gibt es Spannungen aufgrund der unterschiedlichen, auch gegensätzlichen Meinungen, Ziele und Lebensweisen der Menschen, die in ihnen leben.“ Doch dies sei nicht schlimm. Im Gegenteil: „Daraus ergeben sich Konflikte, die das Lebenselixier einer vitalen Demokratie sind.“ Es gehe darum, solche Gegensätze auszuhalten, einen Konsens zu suchen oder auch das eigene Interesse vom Allgemeinwohl zu unterscheiden.

Das Buch ist dabei immer wieder unterbrochen von Reflexionsfragen und zahlreichen Bezügen zum Alltag, zur Lebenswelt. Demokratie fände nicht nur im System (Staat, Institutionen) statt, sondern eben auch in der individuellen Lebenswelt. So sei eine demokratische Gesellschaft quasi ein Ping-Pong-Spiel zwischen Lebenswelt und System. Etwa wenn durch einen Neubau mein Blickfeld eingeschränkt würde, aber auf der anderen Seite Wohnungsbau dringend erforderlich sei. Dann beginnen die Aushandlungsprozesse. „Das Leben in einer Demokratie ist eine hochkomplexe Anforderung an alle, an jede und jeden. Demokratie ist kein Ich-Projekt oder ein Erst-Komm-ich-Unternehmen. Demokratie ist eine Zumutung.“

Hufer analysiert die Megatrends der Verunsicherungen: Individualisierung, Globalisierung, Migration, Ökonomisierung und Digitalisierung. Unbeachtet bisher, dass die Individualisierung oftmals mit Einsamkeit einhergeht. Menschen, die sich einsam fühlen, haben ein höheres Krisenempfinden und sind anfälliger für Populismus und rechtsextreme Einstellungen. „Einsamkeit kann also ein ‚Sprengstoff‘ für die Demokratie sein.“

Aufgrund der Megatrends geht der Einfluss der „Ligaturen“, wie es der Soziologe Ralf Dahrendorf nannte, zurück. Jene Institutionen, die durch tiefe kulturelle Bindungen den Menschen einen Weg durch die Welt der Optionen hilft zu finden. Hier müsse die Zivilgesellschaft einspringen. Eine der Ligaturen sind die Kirchen. Ihr Einfluss ist geschrumpft. Wäre es nicht trotzdem ihre Aufgabe zumindest eine Plattform für den Diskurs zu sein?

Die Handlungsweise von autoritären Politikern (männlich!) beschreibt Hufer so: „Sicher ist, dass Minderheitenrechte infrage gestellt, Lebensstile attackiert oder sogar verboten werden. Autoritäre und rechte Politiker wollen die Kontrolle über die Medien und die Justiz übernehmen und versuchen, Zugewanderte auszugrenzen und abzuschieben. Sie werden internationale Abkommen kündigen.“ Und die Gewaltenteilung aufheben. Eine präzise Beschreibung des Fahrplans von Trump. Hufer hält dies mit Blick auf die Landes- und Kommunalparlamente – durchaus für eine Blaupause für Deutschland.

Dem könne man nur mit einem nachhaltigen und wirkungsvollen Engagement entgegentreten. „Demokratie ist ein dauerhafter Prozess. Sie beginnt im Alltag und setzt sich von da aus fort bis in die höchsten Institutionen des Staates.“ Er fordert dazu auf, Mut zu haben, den Parolen auch im privaten Umfeld entgegenzutreten. Er listet eine Reihe von Institutionen auf, die faktenbasierte Informationen bereithalten wie etwa die Bundeszentrale für politische Bildung.

Hufer zeigt Wege zum Mut zur Demokratie ebenso auf wie die soziologischen wie philosophischen Ursprünge der Staatsform Demokratie. Er begreift Demokratie als lebenslanges Lernen. „Anders gesagt: Durch die Komplexität der Verhältnisse werden unterkomplexe Antworten attraktiv. Komplexität muss erklärt werden, doch es ist mühsam.“

Kurt-Helmuth Eimuth

Papst Franziskus: Für die Frauen blieb es beim schwülstigen Reden

Papst Franziskus hat durch seinen Lebensstil überzeugt. Sein Einsatz für soziale Gerechtigkeit, für Flüchtlinge, für Obdachlose und seine Kritik an der globalen Wirtschaftsordnung haben überzeugt, so auch die Journalistin Doris Wiese-Gutheil, die sich bei Maria 2.0 engagiert. Der Podcast Conny&Kurt würdigt das Pontifikat kritisch aus der Perspektive von Frauen. Die ehemalige Mitarbeiterin des Bistums Limburg zeigt sich in einem Punkt enttäuscht. Zwar habe Franziskus einiges für die Frauen vorangebracht, aber doch nicht entscheidend korrigiert. „Er hat Frauen in höhere Ämter gehoben, vor allem Ordensschwestern. Er hat schon die Frauen anerkannt, aber es war eine Anerkennung von oben herab“, konstatiert Wiese-Gutheil. Er habe die Frauen auf ein Podest gehoben. „Er hätte gern Frauen gehabt, die sagen: Wir geschehen nach deinem Willen, ich tue alles was du erwartest. Du bist mein Herr.“  Bei ihm wurden die Frauen in den Himmel gehoben, aber auf Erden hatte sie nichts zu sagen. „Ein großes Manko des Pontifikats, dass dieser Schritt nicht gekommen ist“, bilanziert Wiese-Guheil.  Und weiter: “ Wir wollen nichts Besonderes sein, die edle Gefährtin und Mutter vieler Kinder. Wir wollen schlicht und ergreifend gleiche Rechte, gleiche Würde. Und da ist gar nichts passiert. Da muss man klar sagen: Da war alles ein schwülstiges, freundliches Reden.“

Karfreitag kommt vor Ostern

„Am Kreuz hat Gott gezeigt, dass er bei den Menschen ist“. Mit diesem Satz beschreibt Pfarrerin Petra Lehwalder die zentrale Botschaft von Karfreitag. Der Theologin ist es ein Anliegen das Leid nicht beiseite zu schieben. „Wir sehen das Leid und wenden uns ganz schnell wieder dem Guten zu. Damit machen wir es uns zu leicht,“ sagt sie im Podcast Conny und Kurt. Die Gemeindepfarrerin der evangelischen Gemeinden in den Frankfurter Vororten Harheim und Niedererlenbach, betont, dass Gott mit den Menschen leide. Auch in der Angst etwa vor russischen Angriffen sei Gott da. Gott schenke den Menschen Kraft das auszuhalten und standzuhalten. „In diesem Kreuz verbindet sich Gott mit uns. Das ist das Zentralste überhaupt. Es ist Ausdruck größter Liebe. Die große Entfernung zwischen Gott und Mensch ist aufgehoben.“

Petra Lehwalder ist Pfarrerin der Gemeinden in Frankfurt-Harheim und Frankfurt-Niedererlenbach

Der Trumpismus eine Sekte?

Es ist sicher ein gewagter Vergleich, den Conny&Kurt in ihrem Podcast ziehen. Doch für die beiden, die sich jahrelang mit dem System der Manipulation in Sekten auseinandergesetzt haben, liegt er nahe. Der Trumpismus hat sektiererische Züge. Trump selbst sieht sich als Heilsbringer. Seine Anhänger:innen vergöttern ihn. Sie leben in einer Blase und denken nur in Gut und Böse. Eimuth, langjähriger evangelischer Weltanschauungsbeauftragter, vergleicht diese Prozesse mit der Beschreibung, die einst der Psychologe Robert J. Lifton für Sekten aufgestellt hat. Es gibt unübersehbare Parallelen. Das Problem: Die Wirkung spielt sich auf der emotionalen Ebene ab. Mit rationalen Argumenten kann man dem kaum wirkungsvoll begegnen. Was es braucht, ist das Gefühl von Sicherheit. Dies ist aber in einer Zeit des Wandels und der Unsicherheit schwierig zu erreichen. Keine guten Aussichten.

Meinetwegen: nenn es Gott

Das magazin 2/2025

Handyverbot: Bankrotterklärung der Medienerziehung

Die beiden Podcaster Conny&Kurt sind sich einig: Verbote sind ungeeignet um Sucht, auch die nichtstoffliche Sucht nach ständiger Smartphonenutzung nicht bekämpfen. Das ab kommenden Schuljahr von der Hessischen Landesregierung geplante Handyverbot an den Schulen sei völlig ungeeignet. Die heutige Generation der Eltern sind bereits mit dem Internet aufgewachsen und sollten Vorbild bei der Nutzung sein. Wem man das Handy in der Schule wegnimmt, weiß außerhalb der Schule immer noch nicht, wie ein sinnvoller Umgang damit gehen könnte. Die Gefahren, die hinter einem ungeübten Gebrauch liegen, werden so nur größer, meinen Conny&Kurt. Vielmehr komme es auf die Begleitung und Aufklärung über die tollen Möglichkeiten, aber auch über die Gefahren durch Identitätsverschleierung und Mobbing, an.