Tag Archiv für Ostern

Provokation Tod versus Auferstehung

Zum Osterfest fragen Conny&Kurt in ihrem Podcast, was ist eigentlich Auferstehung? Pfarrer Helwig Wegner, Frankfurt, antwortet sehr persönlich. Er hält es mit Dorothee Sölle, die davon sprach, dass wir im Tod wie ein Wassertropfen im Meer aufgehen. Wegner: „Ich werde, wenn ich sterbe, ein Tropfen im Meer Gottes sein. Damit kann ich mich anfreunden. Ich verliere meine persönliche Identität, aber es wird aufgehoben in einem großen Zusammenhang. Der Tropfen bleibt Wasser, hat aber nicht mehr die Last einer Individualität zu tragen.“ Doch Pfarrer Wegner mag nicht ausschließen, dass er in kritischen Situationen auch auf „ganz infantile Vorstellungen“ zurückgreife.

Die Religionen haben unterschiedliche Vorstellungen entwickelt. Selbst innerhalb des Christentums und ja auch innerhalb einer Konfession gibt es widersprüchliche Vorstellungen. Es sei ein Wechselbad der Möglichkeiten und Meinungen, meint Wegner.

Es werde alles Mögliche gedacht, „denn der Tod ist eine Provokation für einen lebenden Menschen. Alles ist weg. Das können Menschen nicht wahrhaben.“ Folglich müsse es eine Form des Weiterlebens nach dem Tod geben. Weit verbreitet sind die Vorstellungen, dass es eine Auferstehung mit Haut uns Haaren gibt und alle sich wiedersehen. Daneben existiert die Vorstellung, dass die Seele aufersteht. Welche Bilder wirklich tragen, hänge immer von den jeweiligen Lebensumständen ab, etwa ob man gerade einen Verlust erlebe oder die Geburt eines Kindes. Der Kontext spiele eine bedeutende Rolle.

Osterhasen haben in der Karwoche nichts verloren

Osterhasen und bunte Ostereier haben schon längst Konjunktur. Dabei steht von dem Osterfest die Karwoche, die an das Leiden Jesu erinnert. In ihrem Podcast Conny&Kurt rücken die beiden den Inhalt der bevorstehenden Karwoche in den Mittelpunkt ihrer Folge zum Palmsonntag. Sie erinnern daran, dass früher das öffentliche Leben eher durchschnaufte. Selbst das Radio sendete gedämpfte Musik. Heute ist etwa das Tanzverbot an Karfreitag nicht mehr zeitgemäß. Es wäre aber eine Aufgabe der Kirche, den Inhalt der Karwoche zu vermitteln. Hierfür sollten zeitgemäße Formen entwickelt werden.

Ostern ist am Ostersonntag

Ostern ist am Ostersonntag. Banal und doch wird schon reichlich vorher geschmückt. Die Karwoche als Gedenken an das Leiden steht nicht hoch im Kurs. Pröpstin Almut Witt hält das Warten aus und schmückt eben für den Ostersonntag. „Grenzen erfahren und Grenzen aushalten ist für viele Menschen gar nicht mehr vorstellbar“, sagt die Pröpstin für Altholstein im Podcast Conny&Kurt. Ohnmacht und Hilflosigkeit und Leiden gehöre eben auch zum Leben. Ohne Hoffnung auf Veränderung könne man die Krisen gar nicht aushalten. „Ostern heißt für mich, dass es eine Kraft gibt, die Neues schafft“, ist Almut Witt überzeugt.

Ostergruß

Osterruhe – Ein sprachlicher Fehlgriff

Das Wort Osterruhe kommt sicher in die engere Wahl zum Wort des Jahres. Wir wissen, sie kommt nicht. Sie ist aber auch im christlichen Festkreis nicht vorgesehen. Denn Ostern ist das Fest des Jubels. Da läuten die Glocken wieder, da rufen die Christ:innen „Hallelujah“. Dass, was die Politik meinte, eine Ruhe von Gründonnerstag an, wäre eine Kar-Ruhe. Dem Neuen Testament zufolge verbrachte Jesus die Nacht zum Karfreitag in Todesangst, während seine Jünger schliefen. Daran erinnert der Name Gründonnerstag, der sich nicht von der Farbe Grün ableitet, sondern vermutlich vom althochdeutschen „Grunen“, dem „Greinen“ oder „Weinen“. Auch die Bezeichnung der Karwoche stammt wohl aus dem Althochdeutschen. „Kara“ bedeutet Klage, Trauer, die am Todestag Jesu (Karfreitag) im Mittelpunkt des Gottesdienstes steht. Und am Ostersonntag wird eben an die Auferstehung erinnert. An die Überwindung des Todes durch das Leben. Alles andere als ein Grund zum Leisetreten.

Die Idee war ein politischer Fehlgriff, das ist klar. Sie war aber auch eine sprachliche Verirrung. Nun gut, kann nachts um halbfrei passieren.

Kurt-Helmuth Eimuth

„Lebbe geht weider“: Kult-Trainer Stepanović erklärt Ostern

Osterfilm der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.
Osterfilm der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.

von Kurt-Helmuth Eimuth 29. März 2021

Was würde besser zur Osterhoffnung passen, als der launige Ausruf des früheren Trainers von Eintracht Frankfurt Dragoslav Stepanović: „Lebbe geht weider“. Jetzt unterstützt er die evangelische Kirche mit einem Video.

Der Ausruf hat ihn berühmt gemacht: Als 1992 Eintracht Frankfurt die Fußball-Meisterschaft verspielte, kommentierte Trainer Dragoslav Stepanović das mit seinem berühmten „Lebbe geht weider“. Jetzt greift der gläubige Trainer die drei zum Bonmot gewordenen Worte wieder auf, um auf die Osterbotschaft hinzuweisen. „Lebbe geht weider, das ist für mich Ostern“.

Zusammen mit der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat Stepanović einen kleinen Film gedreht. Darin erzählt er kurz die biblische Geschichte von der Auferstehung. Stepanović freut sich auf Ostern und feiert es gleich zweimal. Einmal hier und vier Wochen später in Serbien. „Mit Geschenken und allem drum und dran“, und natürlich gebe es auch Lamm. Die Lebensfreude hat sich Stepanović bis heute bewahrt.

Etwas von der Osterhoffnung will die EKHN auch in Pandemie-Zeiten weitergeben. Deshalb bekommt in diesen Tagen jeder Haushalt eine Impulspost, die auch eine Anleitung zur eigenen Andacht enthält.

Ob es angesichts der Corona-Pandemie Präsenzgottesdienste geben wird, entscheidet jede Gemeinde selbst. „Da geht es uns wie der Bundeskanzlerin. Wir können das nicht anordnen,“ sagt Volker Rahn, Pressesprecher der EKHN. „Die Gemeinden werden das sehr genau abwägen“, ist sich Kirchenpräsident Volker Jung sicher. Zudem hat sich eine beeindruckende Zahl digitaler Angebote entwickelt.

Hier geht es zum Film: https://www.ekhn.de/aktuell/detailmagazin/news/mit-osterhoffnung-und-stepi-durch-die-pandemie.html

Wer richtig Ostern feiern will, muss vorher erstmal trauern

von Kurt-Helmuth Eimuth 11. April 2017

Osterhase, Ostereier – das alles wird heutzutage viel zu früh ausgepackt. Denn Ostern beginnt erst am Sonntag. Vorher kommt noch die Karwoche.

Schwarze Paramente am Altar gibt es nur an Karfreitag und Totensonntag. Hier fotografiert in der Melanchthonkirche in Fechenheim. Foto: Rolf Oeser
Schwarze Paramente am Altar gibt es nur an Karfreitag und Totensonntag. Hier fotografiert in der Melanchthonkirche in Fechenheim. Foto: Rolf Oeser

Das Wort „Karwoche“ kommt von dem Althochdeutschen „Kara“ für Klage, Kummer – denn die Christenheit erinnert sich an die Hinrichtung Jesu durch die römischen Besatzer. Deshalb ist es traditionell eine stille Woche: Man macht nichts Lustiges oder Lautes. Bis vor fünfzig Jahren war das im Alltag noch zu spüren, im Radio kam nur gedämpfte Musik. Übrig geblieben ist das Tanzverbot – und dass in Frankfurt an Karfreitag die Dippemess geschlossen bleibt.

Das Gedenken beginnt schon mit Gründonnerstag. In Frankfurt ist man überzeugt, dass der wegen der „Grünen Soße“ so heißt, die an diesem Tag traditionellerweise verzehrt wird. In Wahrheit stand aber wohl eher das alte Wort „greinen“ (für „weinen“) Pate. Es werden in der Theologie auch noch andere Herleitungen diskutiert, die Grüne Soße findet sich aber nicht darunter. Auch in anderen Landstrichen kommt an diesem Tag nur Grünes auf den Tisch, etwa Grünkohl oder Spinat.

Am Gründonnerstag wird an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngerinnen und Jüngern erinnert. Viele Gemeinden feiern deshalb Abendmahlsgottesdienste, zum Zeichen der Trauer wird mancherorts das Kreuz verhängt oder der Altar symbolisch abgeräumt.

Der Karfreitag galt volkstümlich als der höchste evangelische Feiertag. Hier wird dem Martyrium Jesu emotional nachgespürt. Gottesdienste finden nachmittags zur Todesstunde Jesu statt. Oft wird das Lied „O Haupt voll Blut und Wunden“ von Paul Gerhardt gesungen, das auch bei Beerdigungen oft zu hören ist. Der Karfreitag ist zudem ein Fastentag, was aber meist nur bedeutet, dass Fisch statt Fleisch gegessen wird. Im Gottesdienst erklingt, wie in der Passionszeit generell, kein Halleluja, die Orgel schweigt weitgehend, und die Glocken läuten gedämpfter.

Dann kommt der Karsamstag – und nicht, wie oft zu hören, der Ostersamstag! Ein Tag, an dem man sich auf das Fest vorbereitet, etwa mit Ostereierfärben. Mit Einbruch der Dunkelheit wird manchmal ein Osterfeuer angezündet.

Erst am Sonntag ist tatsächlich Ostern. Seit einigen Jahren hat sich der Brauch verbreitet, dass Gemeinden sich bereits am frühen Morgen in der noch dunklen Kirche versammeln und dann mit der der aufgehenden Sonne die Erinnerung an die Auferstehung erleben. Alle rufen sich gegenseitig zu: „Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“

Und anschließend darf dann gefeiert werden: mit einem Osterfrühstück zum Beispiel, bei einem Familienbesuch oder einem Frühlingsspaziergang in der Sonne – wenn es nicht, schließlich ist April, plötzlich schneit.

Buntes nach langem Winter

Von – 25. März 2013

Die Sehnsucht, nach einem langen Winter Buntes zu sehen, ist groß. Bereits in der Karwoche werden überall Zweige mit bunten Eiern geschmückt. Ostern und bunte Eier gehören zusammen wie Heilig Abend und Weihnachtsbaum. Doch warum Eier, und zudem noch bunte?

Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Eine Theorie besagt, dass es den Christinnen und Christen früher während der gesamten Karwoche untersagt war, Eier zu essen. Aber völlig unbeeindruckt von diesem Brauch legten die Hühner trotzdem Eier – die zur damaligen Zeit sehr teuer und kostbar waren. Eier wurden sogar als Zahlungsmittel akzeptiert. Deshalb wurden die überschüssigen Eier gekocht und bunt angemalt, im Mittelalter zunächst nur rot. Dies sollte an das vergossene Blut Jesu und somit an seinen Opfertod am Kreuz erinnern. Erst viel später wurden die Eier auch in anderen Farben angemalt. Das Anmalen der Eier hatte auch einen ganz praktischen Grund. So konnten die gekochten Eier mit den frischen nicht verwechselt werden.

Das Ei war und ist auch das Symbol für Auferstehung. Ostern ist ein Fest des Lebens. Jesus ist zwar am Karfreitag am Kreuz gestorben, aber damit ist nach christlichem Glauben nicht einfach alles zu Ende. Nach drei Tagen ist er auferstanden. Er hat den Tod besiegt. Das Ei ist Zeichen für neues Leben, für Auferstehung.

Es waren katholische Christinnen und Christen die im 16. Jahrhundert begannen, Ostereier mit christlichen Motiven zu versehen, etwa dem Osterlamm. Noch heute finden sich in hessischer Tradition Bibelverse auf den Eiern, und aus Russland kamen an die Ikonenmalerei erinnernde Christusdarstellungen.

Zu Ostern wird auch das Haus geschmückt. Osternester werden aufgestellt, oder es werden Eier an Blumensträuße gehängt. Seit einiger Zeit werden die Ostereier in den Vorgärten sogar mehr. Sie leuchten in kleinen Bäumen und Büschen.

Meist werden sie schon in der Karwoche aufgehängt – und verschwinden dann nach Ostern ganz schnell. Im Sinne der alten christlichen Symbolik wäre es jedoch angebracht, die Ostereier erst am Ostersonntag aufzuhängen. Dann kann man sie auch etwas länger hängen lassen.

Beitrag von , veröffentlicht am 25. März 2013 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe , .

Paul Gerhardt

O Haupt voll Blut und Wunden

Andacht

28.03.07, Heiliggeistkirche

Kurt-Helmuth Eimuth

Orgelvorspiel

Lied: 341, 1-4 Nun freut euch lieben

Psalm Nr. 751

Ansprache:

O Haupt voll Blut und Wunden

„Die Soldaten packten Jesus und führten ihn auf einen Hügel vor der Stadt. Dort nagelten sie ihn an ein Kreuz. Gleichzeitig wurden auch zwei Verbrecher gekreuzigt, einer auf jeder Seite von Jesus.“

Ist das eine Geschichte für Kinder? Kann man wirklich eine so grauenhafte Handlung Kindern erzählen?

Vor gut einer Woche befragte ich hier in der Heiliggeistkirche den Religionspädagogen Frieder Harz. In seiner Antwort betonte er, dass wir ja schon den Ausgang des Geschehens kennen. Erträglich wird der Karfreitag also durch Ostern. Und genau so kann und darf man es weitererzählen. Erst durch die Auferstehung wird Jesu Tod aushaltbar.

Auch das eben gesungene Lied von Paul Gerhardt leugnet den Schmerz und das Leid nicht. Im Gegenteil. Der Anblick eines gefolterten Menschen schmerzt. Er ist schwer auszuhalten.

Der Dichter identifiziert sich mit dem Schicksal Jesu, der sein Leben am Kreuz für andere hingibt. Er fühlt sich in seiner Vorstellung in das qualvolle Leiden und Sterben Jesu ein. So wird er auf eine Wirklichkeit gestoßen, die wir normalerweise eher verdrängen, um in unserer Gemütsruhe nicht gestört zu werden.

Paul Gerhardt weiß, wovon er spricht, wenn er vom Leiden spricht. Das hört man in jedem Wort. Man hört, dass er das Leiden und die Schuld, die Todesangst und die Sehnsucht nach Erlösung mit eigenen Augen gesehen hat. Man hört, dass er selbst empfunden hat, wovon er spricht.
Man hört, dass jedes Wort das Ergebnis eines langen Kampfes ist.
Er spricht ganz einfach vom Leiden und mit einer innigen, unvergesslichen, Jahrhunderte haltbaren Wärme.
Das Leiden von uns Menschen, so meint Paul Gerhardt, fasst sich zusammen ein für alle mal im Leiden des Menschensohns, im Leiden des Mannes, dem man sein Leben genommen hat, obwohl er niemandem etwas Böses getan hatte. Den man vom Angesicht der Erde getilgt hat, obwohl er doch die Menschheit retten will.

Die meisten Lieder von Paul Gerhardt sind Passionslieder und dieses eine, „O Haupt voll Blut und Wunden“, das ist das Passionslied unter den Passionsliedern.

Es ist das Lied, das für jeden, der es singt, ganz und gar unvergesslich bleiben wird, denn jeder, der es singt, malt im eigenen Inneren ein Bild. Das Bild eines ohnmächtigen, hilflosen, verratenen, gefolterten Menschen.

Ich muss ganz genau hinschauen auf das Bild der Ohnmacht, wenn ich dieses Lied singe, Strophe für Strophe. Der Poet zwingt mich dazu, ganz genau hinzuschauen.
Jeden Tag sterben auf dem Bildschirm unseres Fernsehers Hunderte von Menschen. Wir sehen ihre Fotos in den Nachrichten, wir sehen Leichen im Krimi und im Western.
Der Tod ist allgegenwärtig und er kommt schnell.


Junge Menschen, so sagen Wissenschaftler, bekommen heute den Eindruck, das mit dem Sterben sei doch eine ziemlich schnelle und schmerzfreie Sache. Junge Menschen, so die Wissenschaftler, die empfinden auch nicht viel, wenn einer auf dem Bildschirm Schmerzen hat oder in Todesgefahr gerät. Das Empfinden des Mitleids kann durch die Geschwindigkeit der Bilder im Fernsehen gar nicht geweckt werden. Man schaut weg, obwohl man hinschaut.


Ganz anders bei Paul Gerhardt. Sein Passionslied ist die geschaute, die gesungene Langsamkeit. Ganz langsam, Vers für Vers. Paul Gerhardt lehrt uns genau hinschauen. Er malt ein Bild, das wir im Inneren vervollständigen, er zeichnet einen Kopf, dem wir das Gesicht verleihen.
Wir malen unseren eigenen Christuskopf. Und es sind unsere Passionen, die beim Singen ein Gesicht bekommen.

Als erstes erscheint das Haupt: o Haupt voll Blut und Wunden voll Schmerz und voller Hohn.
Paul Gerhardt musste sich das Gesicht eines verhöhnten gefolterten Opfers nicht vorstellen. Der dreißigjährige Krieg, die Zeit in der er lebte, produzierte Millionen solcher Opfer.


Paul Gerhardt wollte, dass wir uns den leidenden Menschen mit Liebe nähern.
Weil wir uns auch dem leidenden Gottessohn singend mit Liebe nähern.


Paul Gerhardt war der Überzeugung, wenn wir das Gesicht des gekreuzigten Gottes in inneren Bildern abbilden, wächst die Liebe zu dem Gott, der wegen uns und für uns leidet und es wächst die Liebe zu den ohnmächtig unschuldigen Leidenden.
Paul Gerhardt hat Leidens-Liebeslieder geschrieben, sein Glaube war sinnlich, sein Christus war ein Gott zum anfassen, ein leidender Gott zum anfassen.
Wir sind ja da heute in der Regel etwas zögerlich. Kann das Gesicht eines Leidenden die Herzen der Menschen zu Liebe und Mitleid bewegen.

Da ist zuerst das Haupt.
Der Kopf des Leidenden. In Gedanken betrachtet der Sänger das Haupt des Gekreuzigten. Unter den Verletzungen erkennt er die Schönheit dieses Hauptes. Dieser gequälte Mensch hat etwas überirdisch Edles an sich. Er hat eine Würde, die kann auch der zerstörerische Hass der Folterer nicht vernichten.
Wer lange in das Gesicht eines gequälten und leidenden Menschen blickt, erkennt dessen Würde. Er erkennt den Menschen hinter der verzerrten Maske.
Gefühle wie Überlegenheit oder Ekel oder Verachtung verschwinden. Und es wächst das Empfinden der Zusammengehörigkeit: Dieser leidende Mensch, das könnte ich sein. Dieser leidende Mensch ist ein Mitglied meiner Spezies. Er steht für alle.
Das Gesicht des gekreuzigten Gottes verleiht den Leidenden dieser Welt eine Würde, die ihnen niemand nehmen kann.
Vielleicht steckt in dieser unzerstörbaren Würde das Mysterium des Kreuzes. Vielleicht erklärt das, warum über Jahrtausende das Kreuz das Zeichen der Christen geblieben ist.
Die christliche Botschaft endet ja nicht im Kreuz. Die Pointe des Christentums ist die Auferstehung. Also wäre das tragende Symbol vielleicht die aufgehende Sonne am Ostermorgen gewesen.
Es hat sich aber dieses Kreuz in den Seelen der Menschen fest gebrannt.
Das unüberbietbare Trostzeichen, in dem Generationen von Opfern ihr Schicksal geborgen haben. Das Trostzeichen an das unendlich viele Menschen ihre offenen Lebensrechnungen angeheftet haben.

Es war Johann Sebastian Bach, der in seiner Matthäuspassion, das Sterben Gottes und mein eigenes Sterben für immer in einen Augenblick zusammengebunden hat. Das Lied „O Haupt voll Blut und Wunden“ begleitet als Kantus Firmus die Matthäuspassion und in der Sterbeszene Christi fließt das Sterben Gottes mit meinem Sterben zusammen…

Da schrie Jesus abermals und verschied.

Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir,
wenn ich den Tod soll leiden, so tritt du dann herfür,
wenn mir am allerbängsten wird um das Herze sein,
so reiß mich aus den Ängsten kraft deiner Angst und Pein.

Und weil wir aus dieser Hoffnung schöpfen, weil wir wissen, dass nach Karfreitag Ostern kommt, kann man von daher auch das Leid, die Passion mit Kindern besprechen und vom Leid erzählen. Die Kinder wissen das Leiden zum Leben gehört. Doch es lässt sich ertragen, wenn man Hoffnung hat.

Fürbittengebet

Guter Gott,

Jesus, Bruder und Begleiter,

wir sehen dich aus der Ferne

und über den unendlichen Abstand der Zeit.

Wir hören dichj.

Wir versuchen dich zu verstehen,

zu begreifen, wer du bist.

Lass uns mit dir gehen.

Du bist anders al andere Menschen.

Stärker und Schwächer.

Erhabener und geringer.

Du verkündest die Ehre Gottes

Und begleitest die Verachteten unter den Menschen.

Du bringst die Kraft Gottes

Und bist schwach mit den Schwachen.

Du schaffst Freiheit

Und lässt dich binden für die Gebundenen.

Du stehst an Gottes Stelle

Und vertrittst doch die Schuldigen.

Du scheidest zwischen Wahrheit und Lüge

Und nimmst die Gescheiterten in Schutz

Vor dem Recht der Rechtschaffenen.

Du brauchst keine Gewalt

Und weichst dem Opfer nicht aus.

Meister des Lebens,

an dir sehen wir, was es heißt, Mensch zu sein.

Durch dein Antlitz hindurch

Schauen wir das Anlitz Giottes.

Wo du bist, verwandelt sich die Welt.

Gemeinsam beten wir:

Vater unser im Himmel.

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

Und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen

Der Friede Gottes,

der all unser Verstehen übersteigt,

sei ein Schutzwall und eine Wacht

um eure Herzen und Gedanken,

dass nichts euch trennen möge

von Jesus Christus,

Er umgebe euch mit auf seinem, auf eurem Weg Amen

Lied: 352, 1-4 Alles ist an Gottes

In jedem Tod liegt ein Anfang

Andacht

2.4.2003

L: Lasst uns von Gottes Macht singen und des Morgens rühmen seine Güte

G: Amen

Lied 445, 1-5

L: Herr, tue meine Lippen auf,

G: Dass mein Mund deinen Ruhm verkündige.

L: Gott, gedenke mein nach deiner Gnade,

G: Herr, erhöre mich mit deiner treuen Hilfe.

Psalm 122

Lesung

Der Wochenspruch steht im Johannesevangelium Vers 12, Kapitel 24:

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

Ansprache

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

Die sieben Wochen vor dem Osterfest nennen wir wie selbstverständlich „Passionszeit“. Für die Jünger und Jüngerinnen, die Jesus auf dem Weg nach Jerusalem begleiteten, war der Gedanke an das Leiden und Sterben ihres Lehrers und Meisters sicherlich fern.

Die Ankündigung Jesu, dass sich bei seiner Reise nach Jerusalem die Weissagungen der Propheten über ihn, den Menschensohn, erfüllen sollten, werden die Jünger und Jüngerinnen sicherlich ganz anders verstanden haben, als sie es an Karfreitag miterlebten und miterleiden mussten. Die großartigen Hoffnungen, die sie in Jesus gesetzt haben, waren damit zerstört.

Die Vollendung des göttlichen Willens an Jesus von Nazareth ist nicht die Verherrlichung, wie sie einem siegreichem Feldherrn zuteil wird., sondern der Tod am Kreuz. Nicht der Sieg über die anderen zugunsten der eigenen „Partei“, sondern die Hingabe und der Verlust des eigenen Lebens um den Erhalt des Lebens aller anderen.

Es ist die Vollendung, die die Menschen nicht in Sieger und Verlierer teilt, sondern es am Ende mit allen gut macht.

Macht der Tod einen Sinn? Der Tod ist grausam. Dies wird uns in diesen Tagen bewusst. Ein Krieg tobt und wir sind live via Fernsehen dabei. Ein völkerrechtlich nicht legitimierter Angriffskrieg möchte man hinzufügen. Aber es ist keineswegs der einzige Krieg auf Erden. Die Menschheit hat immer noch nicht gelernt ihre Konflikte gewaltfrei zu lösen.

Der Tod – für uns Menschen ist er unbegreifbar und oft genug eine Anfechtung. Dies war auch für Paulus so. Doch die ersten Gemeinden und Paulus hatten ein wie wir heute sagen würden Aha-Erlebnis: Jesus starb, damit wir leben. So sagt es die Wochenlosung: Erst wenn das Weizenkorn stirbt bringt es viel Frucht. In jedem Tod liegt ein Anfang. Der Dichter Johann Jakob Rambach hat es so ausgedrückt:

„Du hast zu deinem Kind und Erben, mein lieber Vater, mich erklärt, du hast die Frucht von deinem Sterben, mein lieber Heiland, mir gewährt…“

und er endet mit den Worten:

„Du willst in aller Not und Pein, o guter Geist, mein Tröster sein“.

Amen. Lassen Sie uns nun diesen Text gemeinsam singen.

Lied: 200, 2, 4 und 6

Lasst uns beten:

Jesus Christus,

du hast den Widerspruch

zwischen Jubel und Ablehnung,

zwischen Glanz und Elend

in deinem Leben und Leiden durchgehalten.

Doch in uns herrscht Zerrissenheit.

Wir fürchten das Leiden.

Wir versuchen ihm auszuweichen

Und passen uns lieber herrschenden Meinungen an.

Du aber bist dir

In deiner Liebe zu uns treu geblieben.

Darum bitten wir dich für alle,

die fasziniert sind von den Versprechungen der Macht, dass sie sich nicht verführen lassen.

Wir bitten dich für alle,

die durch Vorurteile und Schwarzmalerei verhärtet sind,

dass ihre Herzen von deiner Liebe aufgetaut werden.

Wir bitten dich für die Einflussreichen und Mächtigen,

dass sie von deiner Ohnmacht lernen,

und für die Ohnmächtigen,

dass sie deine Macht erfahren.

Wir bitten dich für alle Kriegsparteien,

beschütze sie und gib ihnen und den verantwortlichen Einsicht in ihr kriegerisches Tun.

Schenke uns deinen Geist,

den Geist deiner unwiderstehlichen Liebe,

dass wir im Blick auf dich leben können.

Gemeinsam beten wir, wie Jesus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel

geheiligt werde dein Name,

dein Reich komme,

dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

L: Lasst uns preisen den Herrn.

G: Gott sei ewig Dank

L:Es segne und behüte uns Gott,

der Allmächtige und Barmherzige,

Vater, Sohn und Heiliger Geist.

G: Amen