Das Erlebnismuseum „Bibelhaus“ am Sachsenhäuser Ufer ist Ende Mai nach elfmonatigem Umbau wieder eröffnet worden. Das seit 2003 bestehende Haus lässt mit seinen Exponaten die Lebenswelt und Sozialgeschichte Israels zur Zeit Jesu lebendig werden. Nun erhielt es ein neues Foyer mit Glasvorbau. Neue Technik setzt die Ausstellungsstücke in das rechte Licht, eine Klimaanlage unterstützt den Erhalt der teils einzigartigen Gegenstände.
Besonders stolz ist man auf die 270 Exponate, die die „Israel Antiquities Authority“ dem Bibelhaus als Dauerleihgabe überlassen hat – die erste derartige Überlassung nach Europa, so Museumsdirektor Jürgen Schefzyk. Weil die Herkunft der Stücke bekannt sei, wisse man genau, wie sie in der antiken Lebenswelt zur Zeit Jesu verwendet wurden. Neu in der Ausstellung ist auch ein Modell des im 1. Jahrhundert zerstörten jüdischen Tempels in Jerusalem, der auch in einer filmischen Animation sichtbar wird. Andere Stücke zeigen, wie Jugendliche damals lebten.
Der Frankfurter Kulturdezernent Felix Semmelroth würdigte anlässlich der Wiedereröffnung das Bibelhaus als einen Ort der Bildung, des Dialogs und des Vertrauens der verschiedenen Religionen. Die Umbaukosten betrugen 1,4 Millionen Euro.
Esther Gebhardt und Dr. Volker Jung. Foto: Rolf Oeser
In den Gremien der Frankfurter evangelischen Kirche wird derzeit eine neue parlamentarische Struktur erarbeitet. An die Stelle von vier Dekanaten und dem Regionalverband soll ein gemeinsames „Stadtdekanat“ treten. Ein guter Anlass für einige grundsätzliche Überlegungen: Was macht Kirche in der Großstadt heute aus? Die Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“ lud dazu den hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten, Volker Jung, und die Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes, Esther Gebhardt, zu einem Redaktionsgespräch ein.
Herr Jung, Sie haben kürzlich einige Einrichtungen des Evangelischen Regionalverbandes in Frankfurt besucht. Was war Ihr Eindruck?
Jung: Die Situation in Frankfurt ist natürlich ausgesprochen vielfältig. Mir lag sehr daran, die Sozialarbeit kennen zu lernen. Zum Beispiel das Engagement in der Ausbildung von Jugendlichen, die keinen Schulabschluss haben. Es ist ein Charakteristikum der Kirche hier in Frankfurt, dass so eine Arbeit hier über Jahre hinweg ausgesprochen professionell weiter entwickelt wurde. Das ist ein richtiges Markenzeichen, eine ganz große Stärke.
Eine Besonderheit ist sicher auch, dass in Frankfurt 90 oder 95 Prozent derer, die diese Angebote nutzen, gar nicht der evangelischen Kirche angehören.
Jung: Wir machen das eben nicht in erster Linie um unserer selbst willen, sondern wir haben einen Auftrag, der sich an alle Menschen richtet. Wir wollen helfen, dass das Leben gelingt.
Pfarrerin Esther Gebhardt ist die Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt, in dem sich die Frankfurter Gemeinden und Dekanate zusammengeschlossen haben. Foto: Rolf Oeser
Viele dieser Einrichtungen sind überwiegend aus öffentlichen Geldern finanziert. Bei den Kindertagesstätten ist der Kirchensteueranteil inzwischen von 30 auf 15 Prozent zurückgegangen.
Gebhardt: Bei den neuen Krabbelstuben in Frankfurt liegt er sogar bei null Prozent. Der Kirchensteueranteil am Haushalt des Evangelischen Regionalverbandes insgesamt liegt zwischen 20 und 30 Prozent.
Jung: Bei den Kindertagesstätten steuern wir in Hessen und Nassau im Moment etwa 35 Millionen Euro im Jahr aus Kirchensteuern bei. Ein hoher Betrag angesichts der Tatsache, dass Kinderbetreuung eine kommunale Pflichtaufgabe ist.
Gebhardt: Der Punkt, den ich daran spannend finde, ist: Wie gelingt es, die eigentliche Botschaft von Kirche zu leben in Arbeitsfeldern, die mit öffentlichen Geldern finanziert werden? Dazu braucht man vor allem die entsprechenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und es wird immer schwieriger, sie zu finden. Vor allem, wenn wir erwarten, dass sie schon christlich sozialisiert sind, wenn sie zu uns kommen. Hier sollten wir uns öffnen und überlegen, wie wir sie fördern oder entwickeln können. Dann kann man aber auch mit fremdem Geld eine richtig gute, kirchliche Arbeit machen.
Haben Sie ein Beispiel?
Gebhardt: Nehmen Sie den Täter-Opfer-Ausgleich, bei dem außergerichtliche Einigungen zwischen Straftätern und Opfern gesucht werden. Es ist von der Grundidee her originär christlich, auf der Grundlage von Buße, Vergebung und Neuanfang Lösungen zu finden. Obwohl wir für diese Einrichtung kaum eigenes Geld in die Hand nehmen.
Jung: Wir sind herausgefordert darüber nachzudenken, wie wir mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern evangelisch arbeiten können, die einer anderen Kirche oder auch gar keiner Kirche angehören. „Kirche mit anderen“ muss dabei nicht bedeuten, evangelische Identität aufzugeben, sondern es kann bewusst Teil des evangelischen Profils sein. Diese Herausforderung stellt sich natürlich insbesondere in so einer Stadt wie Frankfurt.
Zumal hier auch der atheistische Gegenwind stärker weht. Viele Leute fragen, warum die Kirche überhaupt staatliche Gelder bekommt.
Jung: Die bekommt sie, wie andere übrigens auch, weil sie Dienstleistungen für den Staat erbringt. Wir leisten einen Dienst an der Gesellschaft, weil wir sehen, da gibt es Menschen, denen diese Arbeit gut tut.
Reicht das, um die Kritiker zu überzeugen?
Jung: Ich glaube, die bekenntnismäßigen Atheisten sind gar nicht so sehr viele. Viele, die in der Statistik als nichtkonfessionell geführt werden, sind zum Beispiel Christinnen und Christen aus anderen Ländern, die nicht der Landeskirche angehören.
Gebhardt: Hier in Frankfurt treten die Atheisten nicht stark als politisch formierte Organisation in Erscheinung. Sie machen mir viel weniger zu schaffen als die freundlich Desinteressierten, die es leider auch unter unseren Mitgliedern gibt.
Jung: In Studien wurde seit den 70er Jahren prognostiziert, dass die Kirchenmitgliedschaft immer weiter abbröckeln wird. Wenn es so gewesen wäre, dann wären wir als Kirche schon weg. Also muss die Frage eigentlich eher umgekehrt lauten: Warum ist die Kirchenmitgliedschaft so stabil, wie sie ist? Ich denke, es gibt vieles, was nach wie vor an unserer Kirche geschätzt wird, und zwar auch von denen, die nach unserem Urteil eher zu den weniger Verbundenen zählen. Und dazu gehört ganz wesentlich, dass die Kirche sozial-diakonisch engagierte Arbeit leistet.
Gebhardt: Da kommen wir zu einem Punkt, über den ich gerne sprechen würde. Unsere Kirchenstruktur geht von der traditionellen Form der Parochie, der Ortsgemeinde aus. Dafür gibt es einen Rahmen, Mitgliedschaft, Kirchenvorstände, Wahlgesetze. Und dann gibt es dieses große, breite andere Feld der übergemeindlichen Arbeit. Momentan arbeiten wir ja an einer neuen Struktur für Frankfurt, und was mich dabei sehr beschäftigt ist: Woraus speist sich diese Struktur? Wenn weiterhin das Nadelöhr für demokratische Beteiligung an Gremien die „Ochsentour“ durch die Gemeinde ist, dann führt das meines Erachtens in eine Verengung. Weil man dieses große Feld an Engagement in den Fördervereinen, diakonischen Ehrenamtsgruppen, der Hospizarbeit und so weiter nicht einbindet. Diese Menschen bringen uns ganz viele Gedanken und Ideen, die wir aus rein gemeindlicher Perspektive so vielleicht gar nicht sehen.
Jung: Im Moment gehen wir davon aus, dass diejenigen, die in den Gemeinden die Kirchenvorstände wählen, diese Felder im Blick haben. Zurzeit überarbeiten wir unsere Kirchengemeindeordnung. Dies ist eine Gelegenheit, auch andere Gemeindeformen zu ermöglichen, die es ja zum Teil schon gibt, etwa Anstalts- und Personalkirchengemeinden. Doch wenn man Beteiligungsformen zu thematisch und interessenbezogen ausrichtet, besteht die Gefahr einer Zersplitterung. Das ist eine sehr schwere Systemfrage.
Volker Jung ist Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, zu der auch Frankfurt gehört. Das Kirchengebiet reicht von Oberhessen bis zum Odenwald, vom Westerwald bis in den Rodgau und umfasst große Teile Hessens, aber auch Gebiete von Rheinland-Pfalz. Foto: Rolf Oeser
Aber ist nicht der moderne Mensch eher projektbezogen engagiert? Es kann doch zum Beispiel sein, dass eine Frau, die in Bad Homburg wohnt, sich hier in Frankfurt im Hospiz engagiert und dort sehr aktiv ist. Warum sollen nur diejenigen, die in einer klassischen Gemeinde aktiv sind, eine demokratische Stimme haben?
Jung: In der momentanen Struktur gibt es dafür die Berufungsplätze, sowohl in den Kirchenvorständen als auch in den Synoden. Die Gegenfrage wäre aber: Wenn die Menschen sich nur projektbezogen engagieren, brauchen wir nicht zugleich verlässliche Strukturen?
Gebhardt: Ja, das ist genau die entscheidende Frage. Viele engagierte Leute wollen sich bewusst nicht in strukturelle Verbindlichkeiten hineinbegeben, sondern konkret etwas für andere Menschen tun. Aber trotzdem könnte ich mir vorstellen, dass man zum Beispiel sagt: Alle Ehrenamtlichen aus dem Bereich der Diakonie können eine Anzahl von Delegierten wählen und in das Kirchenparlament entsenden.
Jung: Ich will das überhaupt nicht ausschließen. Es kann aber nicht nur ein spontanes Zusammenkommen sein. Es wird immer viel über Milieuverengung in den Gemeinden geredet, also dass sich dort nur eine bestimmte Gruppe von Menschen trifft. Und das mag hier und da auch der Fall sein. Aber man darf nicht unterschätzen, welche breite Repräsentanz es auch in den Kirchenvorständen gibt. Wo haben Sie sonst ein Gremium, wo eine Managerin neben einem Rentner sitzt, oder die 18-Jährige neben dem 70-Jährigen? Da muss man lange suchen.
Gebhardt: Ich erlebe durchaus Kirchenvorstände, wie Sie sie beschreiben, die wirklich einen weiten Blick haben. Ich erlebe aber leider auch Kirchenvorstände, in denen kleine, sehr auf sich selbst bezogene Gruppen mit viel Kraft versuchen, Prozesse aufzuhalten. Einer der markantesten Sätze, der mir begegnete, als wir in einer Gemeinde darüber sprachen, dass es doch längst Zeit sei, mit der Nachbargemeinde zu kooperieren, war: „Aber warum denn jetzt, das kann man doch auch in zehn Jahren noch machen!“
Jung: Ja, die gibt es, das ist unbestritten. Und ich wünsche mir natürlich, dass wir offener werden und bereit sind, Strukturen zu verändern. Sie haben das ja bei der Einweihung des neuen Kirchenhauses auf dem Riedberg so schön beschrieben: Etwas Neues kann nur entstehen, wenn wir an anderer Stelle bereit sind, auch Dinge aufzugeben.
Herr Jung, sie haben vorhin auf die Gefahr der Zersplitterung hingewiesen. Es gibt ja tatsächlich inhaltliche Konflikte zwischen den verschiedenen Milieus. Etwa die Haltung zur Homosexualität.
Jung: Die Kirche ist immer auch Spiegelbild der Gesellschaft, und dass wir darin die unterschiedlichsten Positionen vertreten haben, gehört dazu. Ein Thema wie Homosexualität ist wahrscheinlich nie ausdiskutiert. Ich bin aber sehr froh, dass die evangelische Kirche in dieser Sache eine sehr offene Haltung hat, die meiner Ansicht nach auch eine Mehrheitsauffassung ist.
Diese Haltung ist innerhalb des interreligiösen Dialogs ja auch ein echtes evangelisches Alleinstellungsmerkmal.
Gebhardt: Und es ist die Frage, die uns von den anderen Kirchen am meisten trennt. Auch das muss man sehen. Eine andere innerkirchlich umstrittene Frage ist, wie viel Offenheit im Dialog mit dem Islam wir brauchen und uns aus evangelischem Verständnis leisten.
Bei solchen Themen gibt es auch deutliche Unterschiede zwischen Stadt und Land. Der frühere Limburger Bischof Kamphaus hat bei der Einweihung des katholischen Hauses am Dom gesagt, dass das Wort Gottes immer auch über die Städte weiter getragen wurde. Welche Bedeutung hat für die EKHN eine Stadt wie Frankfurt?
Jung: Wenn ich die EKHN vorstelle, stelle ich sie gern immer genau mit diesen zwei Seiten vor: Sie ist ganz stark geprägt durch das Rhein-Main-Gebiet, wo sich Entwicklungen viel schneller zeigen als anderswo, hat auf der anderen Seite aber auch diese starke ländliche Prägung. Schwierig wird es, wenn das zu einem Gegensatz wird, der dann in Verteilungskämpfen gegeneinander ausgespielt wird.
Gebhardt: Ich hätte mir in der Vergangenheit manchmal schon gewünscht, dass die EKHN mehr Verständnis dafür aufbringt, dass Frankfurt einen eigenen Raum braucht, um Dinge auszuprobieren. Wir verstehen ja, dass wir sparen müssen wie alle anderen auch, aber wie wir sparen, das würden wir doch gerne vor Ort nach unseren eigenen Maßstäben und Bedingungen entscheiden, die sich aus der besonderen Situation ergeben. Da muss man auch mal etwas ausprobieren dürfen und nicht immer hören, dass endlich alle Frankfurter Sonderwege beendet werden müssen.
Jung: Ich habe ja schon signalisiert, dass ich das gerne unterstütze. Ich wünsche mir, dass es gelingt, dafür eine gute Struktur zu finden. Da muss es dann unter Umständen so etwas wie ein „Frankfurt-Gesetz“ geben. Es gibt ja auch in anderen großen Städten den Versuch, die Dinge etwas anders zu regeln. Mein Wunsch ist, dass das von ländlicher Seite gesehen und mitgetragen wird.
Frankfurts Ordnungsdezernent Volker Stein hat mit seiner Anordnung, die gesetzlich vorgeschriebene Achtung christlicher Feiertage in Clubs und Diskotheken zu kontrollieren, eine bundesweite Diskussion ausgelöst.
Die Online-Umfrage der Frankfurter Rundschau zeichnet ein eindeutiges Meinungsbild: Annähernd zwei Drittel stimmen der Aussage zu: „Die Kirche verliert immer mehr an Bedeutung. Konsequenter Weise sollte sie auch nicht länger in die Freizeitgestaltung der Menschen hinein regieren.“ Nur neun Prozent hingegen finden das Tanzverbot gut und meinen: „Christliche Traditionen müssen auch in der heutigen Zeit aufrecht erhalten werden.“ Zwanzig Prozent sprechen sich für ein moderates Tanzverbot aus: „Am Karfreitag sollte es ein Tanzverbot geben. Aber das ganze Wochenende nicht feiern zu dürfen, ist übertrieben.“
Die öffentliche Meinung ist also eindeutig – die Gesetzeslage allerdings auch. Gemäß dem hessischen Sonn- und Feiertagsgesetz herrscht von Gründonnerstag ab vier Uhr morgens bis Samstagnacht um 24 Uhr ein absolutes Verbot von Tanzveranstaltungen. Erst danach sind die Tanzflächen wieder freigegeben – allerdings nur für wenige Stunden. Denn auch von Ostersonntag ab vier Uhr bis Ostermontag um 12 Uhr verbietet das Gesetz aus dem Jahre 1952 jedwede Tanzveranstaltung. Diese Regelung gilt genauso für Neujahr, Himmelfahrt, Pfingstmontag und die Weihnachtstage, Einschränkungen gibt es auch am Gründonnerstag, Karsamstag, Volkstrauertag und Totensonntag.
Vor der Frühjahrssynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau wies Kirchenpräsident Volker Jung auf das Grundproblem hin: „Ist der Feiertag überhaupt als gesetzlich geschützter Tag in unserer Gesellschaft konsensfähig?“ Die Kirche trete weiter dafür ein, den Karfreitag als gesetzlich geschützten Feiertag zu erhalten „und ihn mit dem Tanzverbot als besonderen Tag zu kennzeichnen“, sagte Jung. Das Tanzverbot an Ostern hingegen sei nicht zu begründen: „Ich halte es für un-nötig“, so der Kirchenpräsident.
Für Jung geht es dabei nicht um die Einschränkung individueller Freiheit. „Die Leitfrage ist für mich: Hat eine Gesellschaft die Freiheit, sich einen solchen Tag wie den Karfreitag zu gönnen? Gibt es damit eine innere gesellschaftliche Freiheit, diesen Tag in besonderer Weise zu gestalten?“ Er sieht einen Zusammenhang mit Tendenzen, das Gebot der Sonntagsruhe auszuhöhlen: „Sind nicht alle Argumente für die Liberalisierung des Sonntages Zeichen für eine ökonomische Fremdbestimmung und damit von Knechtschaft und nicht von Freiheit?“
Wer mit Kindern arbeitet, braucht erweitertes Führungszeugnis
Die evangelische Kirche in Frankfurt verstärkt ihre Bemühungen um den Kinderschutz. Nicht nur die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit sollen künftig ein „Erweitertes Führungszeugnis“ vorlegen, sondern auch Ehrenamtliche, die sich in der übergemeindlichen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen engagieren. Das hat der Vorstand des Evangelischen Regionalverbandes beschlossen. Man hofft, dass sich auch viele Kirchengemeinden dieser Regelung anschließen.
Im erweiterten Führungszeugnis werden – anders als im einfachen Führungszeugnis – auch Straftaten festgehalten, die mit einem geringen Strafmaß belegt wurden, also mit weniger als drei Monaten Freiheitsstrafe oder 90 Tagessätzen. Auch sind Straftaten oder Vergehen in kinder- und jugendschutzrelevanten Bereichen verzeichnet, wie Sexualdelikte oder Misshandlungen, ebenso die Verletzung der Fürsorgepflicht. Es muss alle fünf Jahre erneuert werden.
Klar und eindeutig und sofort nachvollziehbar ist diese Regelung für hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etwa in Kindertagesstätten. Hier ist das Führungszeugnis ein Baustein von vielen, um Kinder zu schützen. Der Regionalverband hat schon seit längerem ein umfangreiches Konzept, um gefährdeten Kindern und deren Familien zu helfen. So werden die Mitarbeiterinnen darin geschult, wie man Anzeichen von Gefährdungen erkennt. Dabei geht es nicht nur um sexuellen Missbrauch und Gewalt in Familien, sondern auch um die Vernachlässigung von Kindern. Gemeinsam mit speziell dafür ausgebildeten Fachkräften greift bei Bedarf ein Beratungssystem, das sich in erster Linie dem Kindeswohl verpflichtet fühlt. Der Evangelische Regionalverband hat hierfür einige Mitarbeiterinnen ausbilden lassen, die auch Schulungen in den Kindereinrichtungen vor Ort durchführen.
An einem Punkt, der besonderes Gefährdungspotential aufweist, bindet man im Interesse der Kinder auch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diese Regelung ein: bei Teamerinnen und Teamern von Kinder- und Jugendfreizeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten. Man hofft, dass diejenigen, denen das Wohl der Kinder am Herzen liegt, die Notwendigkeit dieser Formalie einsehen und kooperieren. Kosten entstehen ihnen dadurch nicht.
Gleichwohl kann eine solche Bescheinigung immer nur einer von vielen Bausteinen sein, um den Schutz von Kindern zu gewährleisten. Alle, die in der Kinder- und Jugendarbeit tätig sind, sind aufgerufen, sensibel auf Alarmzeichen zu achten.
An der Otto-Hahn-Schule wird der Evangelische Verein für Jugend- und Sozialarbeit gemeinsam mit der Schule zur Sicherung des Kindeswohls aktiv. Kooperativ tauschen Schule und Jugendhilfe sich aus, „um eine bessere Förderung und einen effektiven Schutz von Kindern und Jugendlichen zu verwirklichen“, so Geschäftsführerin Miriam Schmidt-Walter.
Auch die kirchliche Medienarbeit muss in Zeiten, in denen Sparen angesagt ist, auf den Prüfstand. Die Mitgliederzeitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, „Echt“, hatte nicht mehr so recht überzeugt: Sie wird eingestellt. Doch die Synode wollte nicht einfach Geld sparen, sondern ein zukunftsweisendes Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit erarbeiten. In Zukunft werden Kirchenmitglieder dreimal im Jahr einen Impuls-Brief im Briefkasten finden, dazu gibt es Materialien für die Gemeinden.
Auch in Frankfurt hat man sich mit der medialen Zukunft beschäftigt. Die Mitgliederzeitung des Evangelischen Regionalverbandes, „Evangelisches Frankfurt“, erscheint in einer Auflage von 115 000 und informiert seit 35 Jahren über die Aktivitäten der Kirchengemeinden und anderer evangelischen Einrichtungen. In ganz Deutschland gibt es kein vergleichbares konfessionelles Blatt. Das Meinungsforschungsinstitut Allensbach bestätigte in zwei Untersuchungen, dass es auf diesem Weg gelingt, auch eher kirchendistanzierte Mitglieder zu erreichen. Doch selbstverständlich muss auch dieser Finanzaufwand, immerhin 300 000 Euro im Jahr, geprüft werden. Der Vorstand des Regionalverbandes diskutierte ausführlich Alternativen – etwa die Beilage in einer Tageszeitung oder auch das völlige Umschwenken auf das Internet. Aber schließlich setzte sich die Meinung durch, dass eine Printausgabe derzeit noch immer der beste Weg ist, um Kirchenmitglieder zu erreichen. Dafür pro Kopf im Jahr 2,40 Euro auszugeben, ist sicher angemessen.
Womöglich ist das nur eine „Brückenlösung“, denn Facebook und Co. werden immer wichtiger. Der Auflagenrückgang der Tageszeitungen belegt das. Gerade darin sehen jedoch manche Experten auch eine Chance für kostenlose Zeitungen. Sie bekommen mehr Aufmerksamkeit und werden gerne als Informationsquelle genutzt. Viele Menschen erwarten heute eben auch von Printinformationen, dass sie – wie das Internet – kostenlos sind.
„Evangelisches Frankfurt“ soll nun, wenn auch das Kirchenparlament im Dezember zustimmt, zumindest bis 2014 weiter erscheinen. Dann wird man die Bedürfnisse und Notwendigkeiten neu einschätzen. Für die Redaktion ist das Anerkennung und Ansporn zugleich, ein interessantes Blatt zu machen, das die Meinungsvielfalt des Protestantismus in dieser Stadt widerspiegelt. Über www.facebook.com/evangelischesfrankfurt ist dieses Angebot inzwischen ebenfalls zu beziehen.
Im Namen Gottes, im Namen Jesu Christi,im Namen des Heiligen Geistes unterbrechen wir unseren Alltag, um zu beten.
Herzlich willkommen allen, die sich haben rufen lassen.
Nehmen wir uns Zeit
für uns, für Gott, miteinander.
Vor Gott zur Ruhe kommen verändert.
Amen
Lied: Ich singe Dir mit Herz und Mund EG 324
Psalm 145, Nr. 756
Lied: Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt 638
Ansprache:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
heute Morgen möchte ich Sie teilhaben lassen an meinem Besuch des Kirchentages in Dresden. Der 33. Deutsche Evangelische Kirchentag vom 1. bis 5. Juni in Dresden stand unter der Losung „… da wird auch dein Herz sein“. Das biblische Wort stammt aus der Bergpredigt Jesu im Neuen Testament (Matthäusevangelium Kapitel 6, Vers 21) Im Kontext steht dort:
19 Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen,
20 sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen.
21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
Ich weiß nicht wie es Ihnen geht. Mich beschleicht zunächst da immer die Vermutung, dass man mit solchen moralischen Vorgaben berechtigte Forderungen der Unterpriviligierten ablehnt. Beispielsweise wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr Gehalt fordern oder wenn es um die Erhöhung der Hartz IV Sätze geht.
Aber so beim zweiten Nachdenken, fragt man sich doch, was macht mich glücklich. Was ist mir wirklich etwas Wert. Was ist für mich ein Schatz?
Vor allem beeindruckt hat mich eine Bibelarbeit des Arztes und Kabarettisten Ekkhard von Hirschhausen. Er hat sich ja in besonderer Weise mit dem Glück des Menschen beschäftigt.
Dabei hat er in der ihm eigenen humorvollen Art erläutert wie unser Hirn und unsere Psyche ticken.
Stellen Sie sich vor, ich würde Ihnen jetzt hier heute morgen unverhofft 50 Euro in die Hand drücken. Sie wären sicher irritiert aber vermutlich auch gut gestimmt. Mit 50 Euro kann man schon was machen. Essen gehen, die Urlaubskasse auffüllen, die Schuhe nun doch kaufen. Und nun kommt der Schock, ich fordere die 50 Euro von Ihnen wieder zurück. Sie wären mit Sicherheit schlechter drauf als zu Beginn dieser Andacht. Real hat sich ihr Budget nicht verändert und doch sagt uns unser Hirn: Mist, die 50 Euro hätte ich gut gebrauchen können. Ihr Glücksgefühl wandelt sich geradezu ins Gegenteil: in Enttäuschung. Doch bedenken sie: eigentlich ist nichts passiert.
Aber die Idee Konsumwünsche erfüllen zu können lässt in Ihnen das Gefühl der Enttäuschung stark werden.
Auch gesellschaftlich funktioniert diese Form der scheinbaren Enttäuschung. Die Produktentwickler kennen dies. War beispielsweise ABS im Auto vor zwei Jahrzehnten ein Extra, das Begeisterung bei den Kunden auslöste, so gehört dieses Ausstattungsmerkmal heute zum Standard. Das Fehlen macht ein Auto nahezu unverkäuflich.
Unseren Hang zum immer Mehr, übrigens die Triebfeder unseres Wirtschaftssystems, karikiert Ekkard von Hirschhausen mit dem wunderbaren Satz: „Man kauft sich Sachen, die man nicht braucht, um Leuten zu imponieren, die man nicht mag“
Die Menschen in Deutschland sind heute laut Erhebungen zwar 30 Mal reicher als vor 60 Jahren, aber nicht 30 Mal glücklicher als direkt nach dem Krieg. Im Gegenteil: Überzogenes materielles Streben manifestiert sich heute in Krankheiten wie etwa Burn Out.
Zu den glücklichen Ländern gehören Dänemark und die Schweiz, die den Besitz doch gemäßigt über Steuern umverteilen.
Ein eigenes Wort für »Glück« gibt es in der hebräischen Sprache nicht. »Schalom« bedeutet Heil, Friede – und eben auch Glück; ein anderer Begriff bedeutet gleichzeitig »Erfolg haben«. Von Gott kommt Glück wie Unglück, so die biblische Sicht. Die ältesten Traditionen gehen davon aus, dass das Glück eines Menschen mit gottgefälligem Lebenswandel zu tun hat und Unglück eine Art Strafe sei. Dieser sogenannte »Tun-Ergehen-Zusammenhang« klärte nicht die Frage, warum es unglückliche Fromme und glückliche Gottlose gibt.
Bei allem, was die Bibel ist, eine Anleitung zum Glücklichsein scheint sie nicht zu sein. Und der Unterschied zur gängigen Ratgeberliteratur liegt auf der Hand. Während ich da oft gar nicht mal so schlechte Tipps finde, wie das Glück zu erreichen ist oder zumindest ein Stück davon auch für mich Wirklichkeit werden kann, ist es in beiden Testamenten schwer, das Wort Glück überhaupt zu entdecken. Und doch finde ich an einer Stelle der Bibel Sätze, die wie kaum ein anderer Text ausdrücken, wer glücklich zu nennen ist: Das sind die „Seligpreisungen“ am Anfang der Bergpredigt Jesu, also nur etwas vor der Kirchentagslosung.
Das Glück von Gottes NäheJesus lehrte sie und sprach: Glücklich sind, die arm im Geist sind; denn ihnen gehört das Himmelreich. Glücklich sind, die trauern; denn sie sollen getröstet werden. Glücklich die Sanftmütigen; denn sie werden die Erde besitzen. Glücklich, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden. Glücklich sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erfahren. Glücklich die im Herzen Reinen; denn sie werden Gott schauen. Glücklich sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen. Glücklich, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich. Aus dem Matthäusevangelium (Kapitel 5)
Die „Glücklichpreisungen“, wie sie auch genannt werden, gehören zum Kern der Botschaft Jesu. Allerdings klingen sie so befremdlich und fast verrückt in unseren Ohren, dass sie nicht sehr populär sind. Wer wird da als glücklich aufgezählt? Die Einfältigen, die Naiven, die Leidenden, die Schwachen, die Verfolgten. Die Sätze stehen quer zu allen gängigen Vorstellungen. Schon zu Jesu Zeiten hielt man für glücklich und von Gott gesegnet, wer Erfolg, Gesundheit und Wohlstand auf seiner Seite hatte. Und dass das Glück die Tüchtigen belohnt, davon redet der Volksmund heute noch.
Die Herkunft des Wortes Glück, das immer gleichbedeutend mit Heil war,
ist „dunkel“, wie der Duden informiert. Glück ist im Letzten unverfügbar, es
lässt sich nicht machen. Die Kunst des Glücklichseins ist im Letzten unverfügbar,
entzieht sich dem direkten Zugriff. Zugleich erfordert sie Aufmerksamkeit
und will gepflegt sein. Eine beata vita, ein glückliches, gelingendes
Leben oder mit einem alten Wort gesagt: Seligkeit können wir nicht machen.
Sie ist ein Geschenk des Himmels. Und doch gibt es die Kunst, sich
nach solcher Seligkeit auszurichten und das Leben vergnügten Sinnes entsprechend
zu gestalten. Ein Christ, eine Christin dürfen und können von
Herzen glücklich sein.
Zu diesem Glück, soll es nicht ein flüchtiges Augenblicksereignis sein, gehören
Selbsterkenntnis, aufrichtiger Respekt vor anderen und das Vertrauen
auf einen Gott, der es gut mit uns meint. Wir können
Augen, Ohren, alle Sinne öffnen für das, was uns alles an Schönem geschenkt
ist. Uns auch über scheinbare Kleinigkeiten können wir uns freuen. Freundschaft,
liebevolle Beziehungen pflegen. Ein Gespür für Traurigkeiten entwickeln.
Loben, sich begeistern können, statt ewig nur zu meckern. Träume
haben, Visionen entfalten und versuchen, sie zu verwirklichen. Frieden halten,
und an ihm arbeiten. Sich nicht beunruhigen lassen, von dem, was andere
über einen reden. Unbeirrbar seinen Weg gehen.
Wir, der Arbeitsbereich Kindertagesstätten trifft sich heute zu seiner Klausurtagung. Das alleine muss keine Glücksgefühle auslösen. Aber dass wir mitwirken können an dem, was wirklich Menschen glücklich machen kann, ist schon großartig. Bildung ist das, was dem Menschen unabhängig von seinem Besitz bleibt oder wie es Hirschhausen ausdrückt: „In Krisen bleibt, was man im Herz und im Kopf hat. Bildung und Bindungen bleiben die sinnvollsten Investitionen“. An den Möglichkeiten zu Bildung und Bindungen will der Arbeitsbereich im wahrsten Sinne des Wortes mitbauen.
Auch in der Bibel geht es um Bindung. Unter Glück versteht die Bibel offensichtlich etwas anderes als die Abwesenheit von Leiden, Trauer und Armut. Glück, erfährt, wer Gottes Nähe erlebt. Helwig Wegner-Nord folgert daraus: „Und dafür sind Menschen gerade dann am empfindsamsten, wenn sie barmherzig sind und gewaltlos, wenn sie sich ohne alle weiteren Absichten nach Gott und seiner Gerechtigkeit sehnen.“
Lied: Gott gab uns Atem EG: 432
Mitteilungen:
Geburtstage
Wir denken heute besonders an unseren Kollegen Herrn Hümpfner aus der Krabbelstube Gabriel in Ginnheim. Er verstarb plötzlich am vergangenen Dienstag.
Gott, der du Hüter über Leben und Tod bist,
wir bitten dich, sei bei denen, die um den Verstorbenen trauern.
Tröste die Hinterbliebenen.
Lass sie Kraft gewinnen aus dem Glauben,
dass auch der Tod uns durch deine Liebe nicht trennen kann.
Amen.
Gebet:
Gott,
Du bist bei uns zu allen Zeiten unseres Lebens
Auch wenn wir das manchmal nicht spüren.
Du genießt mit uns Tage, prall und lebenssatt
wie der Sommer
Und du trägst mit uns Tage, karg und kalt
wie der Winter.
Deshalb bitten wir Dich für alle, die von sich selbst
Und ihren Gefühlen abgeschnitten sind –
Lass sie neu entdecken, was sie ängstigt
Und was ihnen Spaß macht,
damit sie ihr Leben erfüllend gestalten können;
für alle, die nur noch an sich selbst denken und
nicht mehr sehen, was um sie herum geschieht –
lass sie erfahren, dass auch sie andere Menschen brauchen,
um glücklich zu sein
und dass sie selbst für andere
wichtige Wegbegleiterinnen und –begleiter werden können;
für uns alle, die wir oft so tun, als könnten wir ewig leben –
lass uns erkennen, wie wenig selbstverständlich und kostbar jeder einzelne Lebenstag ist,
damit wir uns nicht immer wieder auf morgen vertrösten lassen,
sondern sensibel werden für das,
was uns heute schon Glück und Erfüllung schenken kann.
mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen:
Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden
Geahnt haben wir es schon immer. Es gibt genügend Lebensmittel für alle. Nur die Verteilung ist zutiefst ungerecht. Der Film „Taste the waste“ hält es uns drastisch vor Augen. Doch wir sorgen uns um Aktienmärkte und Staatsverschuldung, retten eben mal mit dreistelligen Milliardenbeträgen Banken oder stützen die eigene Währung. Die Welt scheint aus den Fugen.
Hier zu Lande bereiten die hohen Staatsschulden den Bundesbürgern enormes Kopfzerbrechen. Laut dem „Sorgenbarometer“ des „Stern“ rangiert die Furcht, die Verschuldung könnte ins Immense steigen, auf Platz eins. Auf die Frage, was sie im Augenblick am meisten beunruhigt, nannten danach 63 Prozent die Angst davor, dass die Staatsschulden weiter steigen.
Die Furcht ist durchaus berechtigt. Um die Staatsverschuldung einordnen zu können, wird sie ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, also zu allen Waren und Dienstleistungen, die in einem Jahr geschaffen und geleistet werden, gesetzt. In der Eurozone soll diese Quote 60 Prozent nicht übertreffen. Tatsächlich liegt Deutschland bei 83, Belgien und Irland bei 96 Italien bei 119 und Griechenland bei 142 Prozent. Getrieben von der Krise steigt die Verschuldung Deutschlands in diesem Jahr deutlich. Eine Schuldenbremse soll die Neuverschuldung deckeln. Ein erster Schritt. Denn ein Staat, der sein Budget nur durch immer mehr Schulden ausgleichen kann, treibt auf den Konkurs zu. Ratingagenturen haben die schlechte Botschaft überbracht. Doch es hilft nicht, den Überbringer der Botschaft zu köpfen.
Volkswirtschaftlich wird diese Situation zu einer steigenden Inflation führen. Die Flucht der Anleger in Gold und Immobilien sind ein Symptom für die Angst vor der Geldentwertung. Doch Inflation ist die Geißel des viel zitierten kleinen Mannes (und der weniger oft zitierten kleinen Frau). Denn ihr Erspartes, zum Beispiel die Lebensversicherung, leidet. Und alle die Transferleistungen erhalten, etwa die Rentner, werden überproportional betroffen sein.
Die politischen Folgen eines sparsamen Staates sind unkalkulierbar. Die Unruhen in Griechenland und in Großbritannien zeigen, welche Gefahren für die Demokratie in der Finanzkrise stecken. Aber auch Überbevölkerung und Unterernährung lassen viele den Glauben an ein gerechtes Wirtschaftssystem verlieren. So gesehen ist nicht nur die Währung in Gefahr. Die globalen Turbulenzen gefährden den gesellschaftlichen Konsens.