Glück

Andacht, Kirchentag

20.6.2011

Peterskirche

Kurt-Helmuth Eimuth

Lied: EG

Votum:

Im Namen Gottes, im Namen Jesu Christi,im Namen des Heiligen Geistes unterbrechen wir unseren Alltag, um zu beten.

Herzlich willkommen allen, die sich haben rufen lassen.

Nehmen wir uns Zeit

für uns, für Gott, miteinander.

Vor Gott zur Ruhe kommen verändert.

Amen

Lied: Ich singe Dir mit Herz und Mund EG 324

Psalm 145, Nr. 756

Lied: Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt 638

Ansprache:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute Morgen möchte ich Sie teilhaben lassen an meinem Besuch des Kirchentages in Dresden. Der 33. Deutsche Evangelische Kirchentag vom 1. bis 5. Juni in Dresden stand unter der Losung „… da wird auch dein Herz sein“. Das biblische Wort stammt aus der Bergpredigt Jesu im Neuen Testament (Matthäusevangelium Kapitel 6, Vers 21) Im Kontext steht dort:

19 Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen,

20 sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen.

21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.

Ich weiß nicht wie es Ihnen geht. Mich beschleicht zunächst da immer die Vermutung, dass man mit solchen moralischen Vorgaben berechtigte Forderungen der Unterpriviligierten ablehnt. Beispielsweise wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr Gehalt fordern oder wenn es um die Erhöhung der Hartz IV Sätze geht.

Aber so beim zweiten Nachdenken, fragt man sich doch, was macht mich glücklich. Was ist mir wirklich etwas Wert. Was ist für mich ein Schatz?

Vor allem beeindruckt hat mich eine Bibelarbeit des Arztes und Kabarettisten Ekkhard von Hirschhausen. Er hat sich ja in besonderer Weise mit dem Glück des Menschen beschäftigt.

Dabei hat er in der ihm eigenen humorvollen Art erläutert wie unser Hirn und unsere Psyche ticken.

Stellen Sie sich vor, ich würde Ihnen jetzt hier heute morgen unverhofft 50 Euro in die Hand drücken. Sie wären sicher irritiert aber vermutlich auch gut gestimmt. Mit 50 Euro kann man schon was machen. Essen gehen, die Urlaubskasse auffüllen, die Schuhe nun doch kaufen. Und nun kommt der Schock, ich fordere die 50 Euro von Ihnen wieder zurück. Sie wären mit Sicherheit schlechter drauf als zu Beginn dieser Andacht. Real hat sich ihr Budget nicht verändert und doch sagt uns unser Hirn: Mist, die 50 Euro hätte ich gut gebrauchen können. Ihr Glücksgefühl wandelt sich geradezu ins Gegenteil: in Enttäuschung. Doch bedenken sie: eigentlich ist nichts passiert.

Aber die Idee Konsumwünsche erfüllen zu können lässt in Ihnen das Gefühl der Enttäuschung stark werden.

Auch gesellschaftlich funktioniert diese Form der scheinbaren Enttäuschung. Die Produktentwickler kennen dies. War beispielsweise ABS im Auto vor zwei Jahrzehnten ein Extra, das Begeisterung bei den Kunden auslöste, so gehört dieses Ausstattungsmerkmal heute zum Standard. Das Fehlen macht ein Auto nahezu unverkäuflich.

Unseren Hang zum immer Mehr, übrigens die Triebfeder unseres Wirtschaftssystems, karikiert Ekkard von Hirschhausen mit dem wunderbaren Satz: „Man kauft sich Sachen, die man nicht braucht, um Leuten zu imponieren, die man nicht mag“

Die Menschen in Deutschland sind heute laut Erhebungen zwar 30 Mal reicher als vor 60 Jahren, aber nicht 30 Mal glücklicher als direkt nach dem Krieg. Im Gegenteil: Überzogenes materielles Streben manifestiert sich heute in Krankheiten wie etwa Burn Out.

Zu den glücklichen Ländern gehören Dänemark und die Schweiz, die den Besitz doch gemäßigt über Steuern umverteilen.

Ein eigenes Wort für »Glück« gibt es in der hebräischen Sprache nicht. »Schalom« bedeutet Heil, Friede – und eben auch Glück; ein anderer Begriff bedeutet gleichzeitig »Erfolg haben«. Von Gott kommt Glück wie Unglück, so die biblische Sicht. Die ältesten Traditionen gehen davon aus, dass das Glück eines Menschen mit gottgefälligem Lebenswandel zu tun hat und Unglück eine Art Strafe sei. Dieser sogenannte »Tun-Ergehen-Zusammenhang« klärte nicht die Frage, warum es unglückliche Fromme und glückliche Gottlose gibt.

Bei allem, was die Bibel ist, eine Anleitung zum Glücklichsein scheint sie nicht zu sein. Und der Unterschied zur gängigen Ratgeberliteratur liegt auf der Hand. Während ich da oft gar nicht mal so schlechte Tipps finde, wie das Glück zu erreichen ist oder zumindest ein Stück davon auch für mich Wirklichkeit werden kann, ist es in beiden Testamenten schwer, das Wort Glück überhaupt zu entdecken. Und doch finde ich an einer Stelle der Bibel Sätze, die wie kaum ein anderer Text ausdrücken, wer glücklich zu nennen ist: Das sind die „Seligpreisungen“ am Anfang der Bergpredigt Jesu, also nur etwas vor der Kirchentagslosung.

Das Glück von Gottes Nähe Jesus lehrte sie und sprach:
Glücklich sind, die arm im Geist sind; denn ihnen gehört das Himmelreich.
Glücklich sind, die trauern; denn sie sollen getröstet werden.
Glücklich die Sanftmütigen; denn sie werden die Erde besitzen.
Glücklich, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden.
Glücklich sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erfahren.
Glücklich die im Herzen Reinen; denn sie werden Gott schauen.
Glücklich sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Glücklich, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden;
denn ihnen gehört das Himmelreich.
Aus dem Matthäusevangelium (Kapitel 5)

Die „Glücklichpreisungen“, wie sie auch genannt werden, gehören zum Kern der Botschaft Jesu. Allerdings klingen sie so befremdlich und fast verrückt in unseren Ohren, dass sie nicht sehr populär sind. Wer wird da als glücklich aufgezählt? Die Einfältigen, die Naiven, die Leidenden, die Schwachen, die Verfolgten. Die Sätze stehen quer zu allen gängigen Vorstellungen. Schon zu Jesu Zeiten hielt man für glücklich und von Gott gesegnet, wer Erfolg, Gesundheit und Wohlstand auf seiner Seite hatte. Und dass das Glück die Tüchtigen belohnt, davon redet der Volksmund heute noch.

Die Herkunft des Wortes Glück, das immer gleichbedeutend mit Heil war,

ist „dunkel“, wie der Duden informiert. Glück ist im Letzten unverfügbar, es

lässt sich nicht machen. Die Kunst des Glücklichseins ist im Letzten unverfügbar,

entzieht sich dem direkten Zugriff. Zugleich erfordert sie Aufmerksamkeit

und will gepflegt sein. Eine beata vita, ein glückliches, gelingendes

Leben oder mit einem alten Wort gesagt: Seligkeit können wir nicht machen.

Sie ist ein Geschenk des Himmels. Und doch gibt es die Kunst, sich

nach solcher Seligkeit auszurichten und das Leben vergnügten Sinnes entsprechend

zu gestalten. Ein Christ, eine Christin dürfen und können von

Herzen glücklich sein.

Zu diesem Glück, soll es nicht ein flüchtiges Augenblicksereignis sein, gehören

Selbsterkenntnis, aufrichtiger Respekt vor anderen und das Vertrauen

auf einen Gott, der es gut mit uns meint. Wir können

Augen, Ohren, alle Sinne öffnen für das, was uns alles an Schönem geschenkt

ist. Uns auch über scheinbare Kleinigkeiten können wir uns freuen. Freundschaft,

liebevolle Beziehungen pflegen. Ein Gespür für Traurigkeiten entwickeln.

Loben, sich begeistern können, statt ewig nur zu meckern. Träume

haben, Visionen entfalten und versuchen, sie zu verwirklichen. Frieden halten,

und an ihm arbeiten. Sich nicht beunruhigen lassen, von dem, was andere

über einen reden. Unbeirrbar seinen Weg gehen.

Wir, der Arbeitsbereich Kindertagesstätten trifft sich heute zu seiner Klausurtagung. Das alleine muss keine Glücksgefühle auslösen. Aber dass wir mitwirken können an dem, was wirklich Menschen glücklich machen kann, ist schon großartig. Bildung ist das, was dem Menschen unabhängig von seinem Besitz bleibt oder wie es Hirschhausen ausdrückt: „In Krisen bleibt, was man im Herz und im Kopf hat. Bildung und Bindungen bleiben die sinnvollsten Investitionen“. An den Möglichkeiten zu Bildung und Bindungen will der Arbeitsbereich im wahrsten Sinne des Wortes mitbauen.

Auch in der Bibel geht es um Bindung. Unter Glück versteht die Bibel offensichtlich etwas anderes als die Abwesenheit von Leiden, Trauer und Armut. Glück, erfährt, wer Gottes Nähe erlebt. Helwig Wegner-Nord folgert daraus: „Und dafür sind Menschen gerade dann am empfindsamsten, wenn sie barmherzig sind und gewaltlos, wenn sie sich ohne alle weiteren Absichten nach Gott und seiner Gerechtigkeit sehnen.“

Lied: Gott gab uns Atem EG: 432

Mitteilungen:

Geburtstage

Wir denken heute besonders an unseren Kollegen Herrn Hümpfner aus der Krabbelstube Gabriel in Ginnheim. Er verstarb plötzlich am vergangenen Dienstag.

Gott, der du Hüter über Leben und Tod bist,

wir bitten dich, sei bei denen, die um den Verstorbenen trauern.

Tröste die Hinterbliebenen.

Lass sie Kraft gewinnen aus dem Glauben,

dass auch der Tod uns durch deine Liebe nicht trennen kann.

Amen.

Gebet:

Gott,

Du bist bei uns zu allen Zeiten unseres Lebens

Auch wenn wir das manchmal nicht spüren.

Du genießt mit uns Tage, prall und lebenssatt

wie der Sommer

Und du trägst mit uns Tage, karg und kalt

wie der Winter.

Deshalb bitten wir Dich für alle, die von sich selbst

Und ihren Gefühlen abgeschnitten sind –

Lass sie neu entdecken, was sie ängstigt

Und was ihnen Spaß macht,

damit sie ihr Leben erfüllend gestalten können;

für alle, die nur noch an sich selbst denken und

nicht mehr sehen, was um sie herum geschieht –

lass sie erfahren, dass auch sie andere Menschen brauchen,

um glücklich zu sein

und dass sie selbst für andere

wichtige Wegbegleiterinnen und –begleiter werden können;

für uns alle, die wir oft so tun, als könnten wir ewig leben –

lass uns erkennen, wie wenig selbstverständlich und kostbar jeder einzelne Lebenstag ist,

damit wir uns nicht immer wieder auf morgen vertrösten lassen,

sondern sensibel werden für das,

was uns heute schon Glück und Erfüllung schenken kann.

mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden

unseres Gottes:

Der Herr segne dich und behüte dich,

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und

gebe dir Frieden. Amen.

Bewahre uns Gott EG 171

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