Archiv für 4. September 2006

Albert Schweitzer

Andacht,

4.9.2006

Lied EG: 452, 1-3

Votum:

Guten Morgen

Wir sind hier in der Heiliggeistkirche

In deinem Namen

Gott, du Schutz allen Lebens,

Jesus, du Hoffnung aller Geopferten,

Heiliger Geist, du Überwindung des Todes.

Psalm: 146 Nr. 757

Lied: EG 295, 1-4

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Frankfurt ist auch die Stadt Albert Schweitzers

Er ist schon etwas in Vergessenheit geraten, dabei ist er einer der heute so wenigen Universalgelehrten gewesen: der Theologe, Mediziner, Künstler und Musikwissenschaftler Albert Schweitzer. Heute vor 41 Jahren verstarb er.

Albert Schweitzers Beziehungen zu Frankfurt waren intensiv und vielfältig. „Die erste Bekanntschaft mit Frankfurt machte ich, als liebe Freunde von mir nach dem ersten Kriege Straßburg verließen und sich hier niederließen“, berichtet Schweitzer 1959 anläßlich der Verleihung der Ehrenbürgerrechte. Dadurch sei er regelmäßig nach Frankfurt gekommen und diese Stadt habe auf ihn „gleich einen besonderen Zauber“ auf ihn ausgeübt.

Offenbar hat auch er diese Stadt verzaubert. So hat er 1955 unangemeldet „seine“ Schule, die Albert Schweitzer-Schule am Berkersheimer Weg besucht. Zwei Zeitungsberichten zufolge hat sich der hohe Gast nicht lange mit den Offiziellen aufgehalten, sondern sich sogleich den Schülerinnen und Schülern zugewandt. „Ich will nur die Schüler besuchen“, so wird er in der Zeitung zitiert und der Bericht fährt fort. „Die Herren und Damen des Lehrerkollegiums verstanden ihn wohl, sie kennen seine Abneigung gegen jedes Aufhebens, das mit seiner Person gemacht wird, gegen den Trubel offizieller Reden und Empfänge. Schweitzer habe von seiner Klinik erzählt. Als später der Schulleiter dem Gast die neu erbauten Räume und die nagelneuen Möbel zeigte, soll dieser einem Lehrer ins Ohr geflüstert haben: „Wo sollen aber die Buben denn da ihre Namen einritzen?“

Die Stadt hat den am 14. Januar 1875 in Kaysersberg (Oberelsaß) geborenen Schweitzer mehfach geehrt und als Festredner eingeladen. So erhielt er 1928 den Goethepreis der Stadt verliehen und sprach 1932 im Opernhaus anläßlich des 100. Todestages Goethes. Ebenso hielt er die Laudatio auf Thomas Mann am 28. August 1949 in der Paulskirche als dieser den Goethepreis in Empfang nehmen durfte. Zwei Jahre später war Albert Schweitzer nochmals der Geehrte. Er bekam am 16. September 1951 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.

Bereits in jungen Jahren war der bekannte Bach-Interpret in Frankfurt zu hören. Er spielte die Orgeln der Matthäuskirche, der Lukaskirche und gab 1928 Konzerte im Funkhaus und in der Katharinenkirche. Mit Frankfurts Oberbürgermeistern korrespondierte Schweitzer häufig. Schweitzer fühlte sich in Frankfurt beheimatet.

Die Stadt hat mit dem Gothepreis für Schweitzer schon früh das umfangreiche Werk des Gelehrten gewürdigt. Mit diesem Preis würdige man, so die Urkunde, „den von allen Konfessionen gerühmten Theologen und Religionsforscher, dem durch seine Kunst als Orgelspieler und seine Verkündigung weit über das deutsche Sprachgebiet hinaus wirkenden Musiker und Schriftsteller, der mit dem Entschluß unmittelbaren Dienens die akademische Lehrtätigkeit verließ, um praktischer Arzt zu werden auf entlegenem Posten den Kampf gegen Aussatz und Schlafkrankheit unter den Bewohnern des innerafrikanischen Urwalds aufzunehmen, dem Menschenfreunde Schweitzer aus Straßburg…“ Schweitzer, aufgewachsen im Pfarrhaus in Günsbach studierte an den Universitäten Straßburg, Paris und Berlin Theologie, Philosophie und Musikwissenschaften. In allen Bereichen war der junge Vikar aus Straßburg, wo er habilitierte und Direktor des Studienstiftes zu St. Thomas wurde, ein gefragter Experte. Seine „Geschichte der Leben-Jesu-Forschung“ als auch seine „Geschichte der Paulinischen Forschung“ sowie weitere theologische Werke haben an Aktualität ebenso wenig verloren wie seine mehrbändigen kulturphilosophischen Werke. Als Musikwissenschaftler ist er vor allem durch sein großes Bachwerk bekannt geworden.

Schon in jungen Jahren nahm sich Schweitzer vor, den eingeschlagenen Weg nicht zu Ende zu gehen, sondern bald die Richtung zu ändern. Schweitzer selbst berichtet: „Eine Entscheidung fiel, als ich einundzwanzig Jahre alt war. Damals, als Student in den Pfingstferien, beschloß ich, bis zum dreißigsten Jahre dem Predigeramt, der Wissenschaft und der Musik zu leben. Dann, wenn ich in Wissenschaft und Kunst geleistet hätte, was ich darin vorhatte, wollte ich einen Weg des unmittelbaren Dienens als Mensch betreten. Welches dieser Weg sein sollte, gedachte ich in der Zwischenzeit aus Umständen zu erfahren.“

Die Entscheidung fiel annährend zehn Jahre später. „Eines Morgens“, so Schweitzer, „im Herbst 1904, fand ich auf meinem Schreibtisch …eines der grünen Hefte, in denen die Pariser Missionsgesellschaft allmonatlich über ihre Tätigkeit berichtete…Da fiel mein Blick auf einen Artikel mit der Überschrift ‘Was der Kongomission not tut’. Er… enthielt die Klage, daß es der Mission an Leuten fehle, um ihr Werk in Gabun, der nördlichen Provinz der Kongokolonie, zu betreiben…Als ich mit dem Lesen fertig war, nahm ich ruhig meine Arbeit vor. Das Suchen hatte ein Ende.“ Der junge, aufstrebende Gelehrte wollte die akademische Karriere beenden und in die Mission gehen. Doch er wollte nicht als Missionar nach Afrika kommen, sondern als Arzt. So wurde er 1905 nochmals Student. Fünf Jahre später machte er sein medizinisches Staatsexamen. Er bereitete sich durch die Beschäftigung mit der Tropenmedizin gründlich auf seinen Einsatz vor. Seine alte Straßburger Gemeinde, Freunde aber auch durch Konzertreisen sammelte er Geld für sein Vorhaben in Afrika.

Doch die weltpolitische Lage machte Schweitzer einen Strich durch die Rechnung. Nach erfolgreichem Wirken (1913 – 1917) wurden er und seine Frau nach Europa in ein Gefangenenlager gebracht. Erst langsam erholte er sich von den Strapazen der Haft. In Straßburg bekam er eine Anstellung als Assistent im Bürgerhospital und auch seine Kirchengemeinde war froh wieder ihren Vikar zu haben.

Doch Schweitzer wollte sein Werk in Afrika fortsetzen. Schon bald kündigte er seine Anstellungen. „Im April 1921 gab ich meine beiden Stellungen in Straßburg auf, für den Unterhalt meines Lebens hinfort auf die Feder und die Orgel zählend.“ Schweitzer bereitete eine weitere Reise nach Lambarene vor, wo er am Ostersamstag 1927 eintraf. Insgesamt wirkte Schweitzer vierzehn mal in Lambarene. Er hat dort eine Klinik aufgebaut, die sich nicht nur durch ihren medizinischen Standard, sondern auch durch die Art des Zusammenlebens der Mitarbeiterschaft auszeichnetet. Schweitzer starb dort am 4. September 1965.

Heute hat die Klinik in Lambarene zahlreiche Abteilungen, von der Chirurgie bis zu Poli- und Kinderklinik. Sie kann 350 Patientinnen und Patienten aufnehmen. Neben 120 einheimischen Angestellten arbeiten dort 134 medizinische Kräfte aus neun Nationen. Großes Gewicht wird auf die Ausbildung einheimischer Pflegekräfte gelegt. Auch heute ist die Klinik – trotz staatlicher Förderung – auf Spenden aus Europa angewiesen.

Schweitzer entwickelte dort seine Ethik, die unter dem Begriff „Ehrfurcht vor dem Leben“ bekannt wurde. Wohl aus dieser Grundüberzeugung heraus kämpfte er, der 1952 den Friedensnobelpreis zuerkannt bekam, gegen die atomare Bewaffnung. Im Jahre 1958 schreibt er: „Nun gilt es, den Kampf für die Abschaffung der Atom- und Kernwaffen aufzunehmen. Um dieses zu erreichen, muß man in der ganzen Welt eine dahingehende Meinung schaffen….Keine Regierung kann leugnen, daß diese Waffen gegen das Völkerrecht verstoßen..“

Leider hat er Recht behalten. Wir sehen heute die Bedrohung im Iran, aber auch in Korea. Deshalb braucht diese Welt weiter Menschen wie Albert Schweitzer.

Lied: EG 265, 1-3

Mitteilungen

Gebet

Gott,

Du bist bei uns zu allen Zeiten unseres Lebens

Auch wenn wir das manchmal nicht spüren.

Du genießt mit uns Tage, prall und lebenssatt

wie der Sommer

Und du trägst mit uns Tage, karg und kalt

wie der Winter.

Deshalb bitten wir Dich für alle, die von sich selbst

Und ihren Gefühlen abgeschnitten sind –

Lass sie neu entdecken, was sie ängstigt

Und was ihnen Spaß macht,

damit sie ihr Leben erfüllend gestalten können;

für alle, die nur noch an sich selbst denken und

nicht mehr sehen, was um sie herum geschieht –

lass sie erfahren, dass auch sie andere Menschen brauchen,

um glücklich zu sein

und dass sie selbst für andere

wichtige Wegbegleiterinnen und –begleiter werden können;

für uns alle, die wir oft so tun, als könnten wir ewig leben –

lass uns erkennen, wie wenig selbstverständlich und kostbar jeder einzelne Lebenstag ist,

damit wir uns nicht immer wieder auf morgen vertrösten lassen,

sondern sensibel werden für das,

was uns heute schon Glück und Erfüllung schenken kann.

Gemeinsam beten wir, wie Jesus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel

geheiligt werde dein Name,

dein Reich komme,

dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Gott segne uns und behüte uns

Gott gebe uns Liebe wo Hass ist,

Kraft wo Schwäche lähmt,

Toleranz wo Ungeduld herrscht,

Offenheit wo alles festgefahren scheint

So sei Gottes Segen mit uns allen, beflügle unsere Hoffnung und begleite uns wie ein Licht in der Nacht.

Lied: EG 421

„Kirchlicher Beitrag unverzichtbar“

Horst Hemzal übernimmt im neuen Magistrat das Amt des Kirchendezernenten – wie auch schon in der vergangenen Legislaturperiode. Das Amt hat in Frankfurt historische Wurzeln. „Evangelisches Frankfurt“ befragte den CDU-Politiker zu seinen Aufgaben.

Herr Hemzal, Sie sind Stadtkämmerer und Kirchendezernent. Sind die beiden Ämter in einer Person vereinigt, weil die Kirchen Geld brauchen?

Horst Hemzal

Horst Hemzal

Oberbürgermeisterin Petra Roth übertrug mir die Aufgaben des Kirchendezernenten 1999 zeitgleich mit den Aufgaben des Sozialdezernenten. Die Koppelung der Funktionen Stadtkämmerer und Kirchendezernent ist also nicht zwangsläufig. Aufgabe des Kirchendezernenten ist die Erfüllung der Pflichten der Stadt aus den Dotationsurkunden von 1829/ 1830. Mit den Zugeständnissen in diesen Urkunden sicherte die damalige Freie Reichsstadt Frankfurt die Überlebensfähigkeit von evangelischer und katholischer Kirche, die nach der Säkularisation den größten Teil ihres Vermögens verloren hatten. Den heutigen Geldbedarf der Kirchen deckt das bei weitem nicht.

Nur etwa jeder zweite Frankfurter gehört einer christlichen Kirche an. Braucht die Stadt da einen Kirchendezernenten?

Dass nur noch wenig mehr als fünfzig Prozent der Bevölkerung einer christlichen Kirche angehören, hat keine Auswirkung auf die Aufgaben des Kirchendezernenten. Der Kirchendezernent ist in erster Linie verantwortlich für die Bauunterhaltung der im städtischen Eigentum befind­ lichen Dotationskirchen. Diese sind – ich nenne die evangelischen Kirchen zuerst – die Alte Nikolaikirche, Dominikanerkloster mit Heiliggeistkirche, Dreikönigskirche, St. Katharinenkirche und St. Peters­ kirche. Die katholischen Dotationskirchen sind St. Bartholomäusdom, St. Leonhardskirche und Liebfrauenkirche. In den schon erwähnten Urkunden hat sich die Stadt unter anderem verpflichtet, diese Kirchengebäude – einschließlich Glocken und Orgeln – dauerhaft in gutem Zustand zu er­ halten und den jeweiligen Gemeinden zum kostenlosen Gebrauch zu überlassen. Für die Kirchen ist es nach meinem Eindruck sehr angenehm, einenfesten Gesprächspartner im Magistrat zu haben.

Worin sehen Sie den Beitrag der Kirchen zu einer bürgerlichen Gesellschaft?

Die bürgerliche Gesellschaft hat sich im Laufe des 20. Jahrhunderts sehr verändert. Vorbei ist die Zeit, in der bürgerliche Gemeinde und kirchliche Gemeinde praktisch identisch waren. Die heutige Gesellschaft ist geprägt durch das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft. In Frankfurt leben derzeit Menschen, die etwa 170 Nationalitäten und mehr als 140 verschiedenen Religionsgesellschaften angehören. Den kirchlichen Beitrag zum friedlichen Miteinander und zur Integration dieser Menschen halte ich für unverzichtbar und für eine großartige Leistung.

Was bedeutet Ihnen persönlich dieses Amt?

Ich bin ein religiöser Mensch. Die Übernahme der Funktion des Kirchendezernenten war mir Freude und nicht Belastung. Ich nehme immer wieder an großartigen kirchlichen Veranstaltungen teil und kann so Eindrücke von der Qualität der Arbeit in einzelnen Gemeinden erlangen. Außerdem treffe ich häufig interessante Menschen aus dem kirchlichen Umfeld, was mir stets eine willkommene Bereicherung ist.

Fragen: Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Sept 2006