90 Prozent der Menschen, die für kirchliche Anliegen und Einrichtungen Geld spenden, sind älter als 60 Jahre, sagt Spendenexperte Kai Fischer. Und rät, sich schnellstens neue Strategien zu überlegen.
Spendenexperte Kai Fischer von der Mission-Based Consulting Hamburg mahnte neue Kommunikationswege an. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth
Die Zahl der Spenderinnen und Spender nimmt seit gut einem Jahrzehnt kontinuierlich ab, auch wenn das Spendenaufkommen leicht steigt. Pro Kopf wird im Schnitt eben mehr gespendet. Hinzu kommt, dass 90 Prozent der Spendenden über 60 Jahre alt sind. Für den Spendenexperten Kai Fischer, Hamburg, ist dies kein Wunder. Trotz der Professionalisierung des Fundraising in den letzten 20 Jahren werbe man hauptsächlich mit Briefen Spenden ein. Die Lebenswelt der mittleren Generation sei andere. Fischer forderte vor dem Fundraising-Forum in Frankfurt: „Wir brauchen andere Formen der Kommunikation“.
Fischer war einer der Referenten beim 14. Fundraising-Forum, veranstaltet von der Hessen-Diakonie und den beiden hessischen Landeskirchen. Über 150 Interessierte aus Kirche und Diakonie waren in die Räume der Frnakfurter DZ-Bank gekommen, um sich über Formen und Motive des Spendens zu informieren.
Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen, dass Spenden glücklich macht. Auch spenden glückliche Menschen häufiger. Allerdings wollen die Menschen angesprochen werden. Nach Aussage von Greenpeace kommen 90 Prozent der Spenden aufgrund einer Bitte. Eines der Motive ist die Solidarität. „Solidarität ist eine starke soziale Norm“, so Fischer. Das Motiv der Solidarität findet sich in allen Weltreligionen, im christlichen Kulturkreis wird es „Nächstenliebe“ oder „Barmherzigkeit“ genannt.
Besondere Ereignisse wie Naturkatastrophen emotionalisieren. So sei es kein Wunder, dass nach Naturkatastrophen mit Fernsehbildern die Spendenaufkommen besonders hoch seien. Allerdings werde mehr gespendet, wenn das Geschehen dem eigenen Kulturkreis näher sei. So habe man in Amerika nach dem Wirbelsturm Katrina deutlich mehr gespendet als etwa zum Kampf gegen Malaria.
Nicht immer steht das konkret zu unterstützende Projekt im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Spenders. Oftmals wolle man einfach eine Organisation unterstützen, „die die Welt besser machen will“. Man wolle mit dem Griff in die Geldbörse „die Mission der Organisation“ unterstützen.
Im kirchlichen Bereich machte Fischer auch als Motiv den Tausch von irdischen gegen himmlische Güter aus. Allerdings stieß seine Analyse zumindest bei der Konkretion, man wolle sich damit einen Platz im Paradies sichern, auf evangelischen Widerspruch. Schließlich hatte Luther solches Ansinnen schon vor 500 Jahren angeprangert.
Der Vorgang des Spendens könne auch ein soziales Ereignis sein. Fischer nannte als Beispiel die Ice Bucket Challenge. Vor zwei Jahren schüttete sich plötzlich alle Welt einen Eimer Eiswasser über den Kopf und fimte dieses ereignis. Für die Eingeladenen war es eine Ehre mitzumachen und zu spenden.
Eine besondere Form ist die Anlass-Spende. Ein Jubilar fordert dazu auf, anstelle von Geschenken einen guten Zweck zu unterstützen. Hier besteht keine Beziehung zwischen der Organisation und den Spendenden.
Schließlich geht es beim Spenden um öffentliche Reputation. Bei Unternehmen ebenso wie bei Privatleuten. Fischer: „Stiftungen sind eine Möglichkeit seinen Reichtum zu zeigen.“
Der Spendenexterte mahnte eindringlich: Bei jungen Menschen muss man mit Aktionen Geld sammeln. „So wie wir Fundraising betreiben, erreichen wir die Generation 70 plus“.
Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 31. Mai 2016 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe Web.