Archiv für 31. August 2022

Freizeitheim „Haus Heliand“ vor der Insolvenz gerettet

von Kurt-Helmuth Eimuth

29. August 2022

In nur einem halben Jahr hat das Evangelische Jugendwerk knapp 157.000 Euro an Spenden eingeworben und so sein Freizeitheim Haus Heliand in Oberursel-Oberstedten vor dem Aus bewahrt. Und es wird weiter gesammelt, etwa bei einem Benefiz-Konzert von „Duo Camillo“ am 15. Oktober in Frankfurt-Eschersheim.

Haus Heliand in Oberursel ist seit Generationen ein Freizeitheim für die evangelische Jugend in Rhein-Main. | Foto: Ralf Dreher

Haus Heliand ist für viele Menschen aus der evangelischen Kirche eine „Marke“ mit vielen Erinnerungen. Es ist ein Ort, an dem Jugendliche seit Generationen besondere Ferien, Fortbildungen, Spiel und Spaß erlebten. Getragen wird das Haus vom Evangelischen Jugendwerk.

Das Freizeitzentrum, in dem etwa 65 Prozent aller Belegungen von kirchlichen Gruppen gebucht werden, war vor einigen Monaten in seiner Existenz gefährdet. Corona steht als Ursache hier an erster Stelle. Aufgrund der Lockdown-Vorgaben musste Haus Heliand knapp zwölf Monate geschlossen bleiben. Zusätzlich brachten neue Brandschutzauflagen und die dringend notwendige Erneuerung der defekten Heizung das Freizeitzentrum ins Schlingern. Doch die Leitung des Hauses konnte sich über eine äußerst flexible Reaktion und schnelle Hilfe freuen.

Ehemalige Mitarbeiter:innen, die längst dem Jugendalter entwachsen und in alle Himmelsrichtungen verstreut sind, wurden von vier früheren EJW-Verantwortlichen nach mühseliger Adresssuche angeschrieben. Bei der ausgerufenen „Aktion 1000“ wurden 100 Spender:innen gesucht, die jeweils 1000 Euro für Haus Heliand zur Verfügung stellen sollten, aber auch kleinere Spenden waren willkommen. Ergebnis: 156.810 Euro von 282 Spender:innen wurden im Zeitraum vom 1. September 2020 bis 28. Februar 2021 eingeworben. Davon allein von EJW-Ehemaligen und -Freund:innen etwa 135.000 Euro. Die restliche Summe kam von Kirche, Kommunen, Banken, Stiftungen und Sportlern.

Harald Stenger, über zwei Jahrzehnte in der Frankfurter Kirche aktiv, als Kirchenvorsteher, ehrenamtlicher EJW-Mitarbeiter und auch als Redakteur des „Evangelischen Frankfurt“, war in seinen beruflichen Stationen als FR-Sportjournalist und danach als Pressesprecher der Fußball-Nationalmannschaft immer auch ein Gesicht der Kirche. Und so war er ansprechbar und einer der Ideengeber für die Spendenaktion. Stenger freut sich über den Erfolg: „Aktuell waren die von uns in dieser Höhe nicht erwarteten Ehemaligen- und Freundes-Spenden enorm wichtig, um die kurzfristig gefährdete Liquidität zu sichern und die drohende Insolvenz abzuwenden. Staatliche Zuschüsse haben uns dabei ebenfalls geholfen.“ Eine weitere wichtige Einnahmequelle in den Stunden der Krise: Ein Kindergarten, dessen Räume umgebaut wurden, wurde kontaktiert und mietete Haus Heliand daraufhin im Jahr 2021 für acht Monate..

Doch trotz aller Aufbruchstimmung durch die finanzielle und ideelle Unterstützung vieler Ehemaliger, bewegt sich das Freizeitheim des EJW, das zuletzt auch Ukraine-Flüchtlingen eine vorübergehende Heimat bot, weiterhin in einem schwierigen Umfeld. Und damit sind nicht nur die Inflation und die Energiekostenexplosion gemeint.

Das Reiseverhalten hat sich verändert, auch unabhängig von Corona. Waren in den 1970er- und 1980er-Jahren Urlaub und kirchliche Freizeiten für Kinder- und Jugendgruppen im Ausland etwas Besonderes, so sind sie heute eine Selbstverständlichkeit. Auch die Klassenfahrten der Abiturjahrgänge gehen eher nach Spanien, als ins Allgäu oder gar in den Taunus.

Längst hat die Kirche ihre Tagungs- und Freizeitheime der geringen Nachfrage angepasst. So hat der Evangelische Regionalverband vor vielen Jahren seine Häuser im Taunus und im Spessart aufgegeben. Einzig das Frankfurter Haus auf Spiekeroog blieb erhalten. Und auch die hessen-nassauische Landeskirche hat im vergangenen Herbst aus finanziellen Gründen die Aufgabe der Jugendburg Hohensolms bei Wetzlar und die Umwandlung der Jugendbildungsstätte in Höchst im Odenwald beschlossen, nachdem sie schon lange stark bezuschusst worden waren. Als Grund werden die mangelnde Auslastung und anstehende kostenintensive Sanierungsmaßnahmen angegeben. Hinzu komme der demografische Wandel: Weniger Jugendliche benötigen eben eine geringere Kapazität an Jugendfreizeitheimen.

Das Haus Heliand soll diesem Trend jedoch nicht zum Opfer fallen. Das als eigenständiger Verein organisierte Evangelische Jugendwerk, das in zahlreichen Kirchengemeinden im Rhein-Main-Gebiet evangelische Jugendarbeit verantwortet und in diesem Sommer für 415 Kinder und Jugendliche mit 125 ehrenamtlichen Teamer:innen Freizeiten quer durch Deutschland und Europa veranstaltete, hat ganz bewusst nach den Corona-Herausforderungen als Motto ausgegeben: „Haus Heliand hat eine Zukunft!“ Pfarrer Manfred Senft, einer der Ehemaligen, die die „Aktion 1000“ mitinitiierten, stellt dazu fest: „Kinder und Jugendliche brauchen einen Ort, wo sie Gemeinschaft erleben und sich gut aufgehoben fühlen, Für das EJW ist Haus Heliand in diesem Sinne immer ein Ort des Segens gewesen, und das soll so bleiben.“

Tatsächlich sind 2022 die Buchungen und Reservierungen in einer Gesamthöhe von 14.571 Gästen fast wieder auf dem Vor-Corona-Niveau angelangt. Ob für die Schulungen und Treffen des Werkes, für Freizeiten von Konfirmandengruppen und Schulklassen – das in unmittelbarer Nähe von Frankfurt und doch in der Natur gelegene Haus Heliand soll weiterhin eine attraktive Adresse für alle sein. Zumal die Preise in dem traditionsreichen und doch modern gebliebenen Haus moderat sind. So kostet die Übernachtung für jede Gruppe bei Vollverpflegung je nach Alter zwischen 38,50 Euro und 47,20 Euro.

Zufrieden stellt Detlev von Ramm, seit Juni der neue Vorsitzende des als Trägerverein von Haus Heliand aktiven Freundeskreises der Evangelischen Jugend, fest: „Die finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind wieder stabil, bisher wird der ausgeglichene Etatplan für 2022 eingehalten.“

Erste Amtshandlung des neuen Vorstands war im Blick auf die Energiekrise der Beschluss zur Anschaffung einer Photovoltaik-Anlage. Aber solche Investitionen sind nur mit weiteren Spenden zu machen. Einnahmen erhofft man sich auch aus dem Benefizkonzert des Duo Camillo am 15. Oktober, 19.30 Uhr, in der Andreasgemeinde in Eschersheim, Kirchhainer Straße 12. Eintritt 15 Euro. Spenden für das Haus Heliand sind möglich an den Freundeskreis Evangelischer Jugend DE17 5206 0410 0604 1024 10.

Pop Up Church

Über die Situation der evangelischen Kirche macht sich Pastorin Emilia Handke keine Illusionen. So lassen nur noch die Hälfte der Mitglieder in Hamburg ihre Kinder taufen. Sie geht mit Kolleginnen und Kollegen im Talar auf die Straße. Sinnlich wollen die jungen Pfarrerinnen und Pfarrer in den Dialog treten, aber auch Religion erfahrbar machen. Beispielsweise in dem sie im Einkaufstrubel Fußwaschungen anbieten oder beim CSD Paare segnen. Die Aktionen der Pop Up Church strahlen längst in andere Landeskirchen aus. Gute Ideen setzen sich eben durch.

Lebendig und anschaulich berichtet die promovierte Theologin im neuen Podcast von Conny&Kurt von ihren Erfahrungen. Die designierte Verantwortliche für die praktische Ausbildung des Theolog:innenachwuchses der Nordkirche fordert eine einfache Sprache: „Wir müssen komplizierte Dinge im Grunde in einem Satz sagen können. Man könne gar nicht Elementar genug sein. Der Umgang mit der Institution Kirche sei eben nicht mehr selbstverständlich, selbst für Mitglieder.

Gottesdienste zu unterschiedlichen Zeiten und in verschiedenen Formaten: eine gute Idee!

von Kurt-Helmuth Eimuth

23. August 2022

Nach seinem Umzug in den Norden entdeckt unser früheres Redaktionsmitglied Kurt-Helmuth Eimuth dort mancherlei Initiative, die auch für die Kirche in Frankfurt und Offenbach inspirierend sein könnte. Zum Beispiel differenzierte und abgestimmte Gottesdienstzeiten, wie es sie seit kurzem in Lübeck gibt.

Kurt-Helmuth Eimuth war bis Anfang 2022 Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. Dann zog er nach Kiel. |  Foto: Tamara Jung
Kurt-Helmuth Eimuth war bis Anfang 2022 Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. Dann zog er nach Kiel. | Foto: Tamara Jung

Warum nicht von Norddeutschland lernen? Die evangelischen Innenstadtkirchen in Lübeck haben seit einiger Zeit ihre Gottesdienstzeiten aufeinander abgestimmt. So können sie ein zeitlich differenziertes, den unterschiedlichen Lebensgewohnheiten besser angepasstes Angebot machen.

Im Kern geht es darum, dass die verschiedenen Gemeinden zu unterschiedlichen Zeiten Gottesdienste anbieten. So feiert die Gemeinde St. Jakobi ihren immer samstags um 17 Uhr, im Dom findet der Gottesdienst sonntags um 10 Uhr statt, in St. Marien um 12 Uhr und in der vierten Kirche bleibt es ebenfalls noch beim 10-Uhr-Sonntagsgottesdienst.

Aber es geht nicht nur um mehr zeitliche Auswahl. Mit wechselnden Formaten will man auch „spirituelle Wanderer“ erreichen, wie es in der Begründung heißt. Ein differenziertes Angebot trage auch den veränderten Lebensgewohnheiten der Menschen Rechnung.

Gleichzeitig kann man auf diese Weise auch den Personaleinsatz effektiver gestalten. Eine Pastorin oder ein Pastor, aber auch die Kirchenmusiker:innen können an einem Wochenende drei Gottesdienste feiern. Auch im Norden ist ja der Mitgliederrückgang der Kirchen ebenfalls zu spüren. Die Folge sind zurückgehende Kirchensteuereinnahmen und eine Reduzierung des Personals.

Wäre das nicht auch ein Modell für Frankfurt oder Offenbach? Auch hier werden ähnliche Ideen seit Jahrzehnten intern diskutiert, aber zur Umsetzung kam es bisher nicht. Nur vereinzelt finden sich Ansätze, etwa wenn in den Sommerferien im Frankfurter Nordend die Gemeinden sich mit ihrem Gottesdienstangebot abwechseln.

Ein zeitlich und inhaltlich differenziertes Angebot der Stadtkirche wäre sicher einen Versuch wert. Ob Frauen- Taizé- oder Gospelgottesdienste – thematisch und formal zugeschnittene Gottesdienste finden dort, wo sie sporadisch angeboten werden, Zuspruch.

Aber für ein größeres Konzept müsste man von der althergebrachten Überlieferung etwas Abstand nehmen, wonach der Sonntagsgottesdienst der Sammel- und Mittelpunkt der Ortsgemeinde mit all ihren unterschiedlichen Gruppen ist. Die derzeit neu entstehenden Nachbarschaftsräume, also die verstärkte Zusammenarbeit von Gemeinden, könnten der Idee einen neuen Schub geben.

Und leider steht da ja noch etwas im Raum: Auch die Notwendigkeit des Energieeinsparens könnte eine verstärkte Konzentration von Angeboten erfordern, um Heizkosten zu sparen.

Evangelisches Frankfurt Offenbach

Die Russisch-orthodoxe Kirche ist mehr als ihr Patriarch Kyrill

Pfarrerin Dagmar Heller, Konfessionskundliches Institut, Bensheim

Klima muss sich lohnen

Der Weg aus der Klimakrise führt nur über eine Reduktion des CO²-Ausstoßes. Der Volkswirt Professor Achim Wambach entlarvt die Mär, dass zur Verwirklichung der Klimaziele allein das Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher verantwortlich sei. Der sogenannte Ökologische Fußabdruck wurde ganz bewusst von Seiten der Industrie protegiert, um von der politischen Verantwortung abzulenken. Dabei, so Wambach im Gespräch, benötigen wir eine effiziente Klimapolitik, die den Verbrauch klimaschädlicher Gase so verteuert, dass es eben für die Unternehmen billiger wird, klimaneutral zu produzieren. Dies geschieht über den Emissionshandel, der auch für Kraftstoffe und Wärme eingeführt werden sollte.
Achim Wambachs neustes Buch trägt deshalb auch den Titel: „Klima muss sich lohnen“, Herder, 16€

Der Podcast als Gegenstand der Berichterstattung

Die Evangelische Zeitung berichtete am 31. Juni 2022

Lesetipps vom Krimiexperten Lutz Lemhöfer

Für den Theologen und Krimiexperten Lutz Lemhöfer, Frankfurt, stehen die ersten Krimis der Weltliteratur in der Bibel. Kain und Abel etwa, wobei hier der Täter nicht gefasst wird.

Der Täter kommt davon. Oder der Bericht von Daniel, der aufgrund einer Intrige in die Löwengrube geworfen wurde. Die Themen seien damals wie heute auch in den Krimis, Leben und Tod, Recht und Unrecht. Hinzu kommen Ermittler, die in einem spezifischen religiösen Milieu angesiedelt sind. Der Klassiker Father Brown als christlicher Geistlicher. Aber auch jüdische Geistliche klären Mordfälle auf. Und immer wird das jeweilige religiöse Milieu genau beschrieben. Auch sektenhaftes Verhalten wird nachvollziehbar, etwa bei Mankell. Den christlichen Fundamentalismus beschreibt Patricia Highsmith präzise. Über Religion kann man also bei der Krimilektüre Vieles erfahren, so das Fazit Lemhöfers. Der Experte selbst hat sich für seinen Urlaub mit „Das Gotteshaus“ einen speziellen Krimi eingepackt.

Die Liste der im Podcast erwähnten Krimis:

Gilbert K Chesterton, Die besten Pater-Brown-Geschichten, Reclam Taschenbuch
Harry Kemelmann, Am Freitag schlief der Rabbi lang (Der erste Band der Reihe, alle rororo)
Michel Bergmann, Der Rabbi und der Kommissar, Heyne
Henning Mankell, Vor dem Frost, dtv
Arsa Larsoon, Sonnensturm, btb
Patricia Highsmith, Leute, die an die Tür klopfen, Diogenes
C.J.Tudor, Das Gotteshaus, Goldmann

Unsere Jugend in den 1960/70ern

Das Telefon trug ein Telefonschloss und einen Samtmantel. Die Gespräche kosteten Geld im Zeittakt und doch gab es das jugendliche Bedürfnis nach Kommunikation. So gesehen hat sich nicht viel geändert. Doch Schule und das politische Erwachen prägten die Jugend nicht nur von Conny&Kurt sondern sie prägten eine ganze Generation.