Archiv für 17. Oktober 2024

„Jesus ist mein Erlöser, Trump mein Präsident“ – Warum weiße Evangelikale einen unmoralischen Bewerber unterstützen

Sie tragen ihre Botschaft auf ihren Kleidern. Ob Baseballkappe oder T-Shirt. „Jesus ist mein Erlöser, Trump mein Präsident“. Die Evangelikalen sind bei der bevorstehenden US-Wahl ein nicht zu unterschätzender Faktor. Die weißen Evangelikalen machen etwa 14 Prozent der US-Bevölkerung aus. Und sie wählen überwiegend (80 Prozent) Trump. Wie kommt es, dass ein durch und durch unmoralischer Kandidat für das Amt des US-Präsidenten sich ausgerechnet auf eine Gruppe verlassen kann, die ein enges Moralverständnis kennzeichnet. Der Experte Martin Fritz von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen identifiziert als Schlüsselfrage die Auseinandersetzung um die Zulassung von Abtreibung. „Das ist das verbindende Element bei konservativen Katholiken, Evangelikalen und Mormonen“, sagt Fritz. Seit das höchste US-Gericht diese 1973 zugelassen hat, kämpft die Religiöse Rechte für ein Abtreibungsverbot. So lässt sich auch die religiöse Überhöhung Trumps erklären. Er führt Amerika aus dem vermeintlichen gottlosen Sumpf hinaus in eine bessere Zukunft, er befreit Amerika von Dämonen. Individuelle Verfehlungen sind vor diesem Ziel zweitrangig.

Zur Person: PD Dr. theol. Martin Fritz, Referent der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Berlin, für Grundsatzfragen, Strömungen des säkularen und religiösen Zeitgeistes, Evangelikalismus und pfingstlich-charismatisches Christentum

Bahnhofsvorplatz soll nach Emilie und Oskar Schindler benannt werden

Oskar Schindler, durch den Film von Steven Spielberg weltbekannt, verstarb am 9. Oktober 1974. Aus Anlass des 50. Todestages kommt dieser Podcast etwas früher. Wir sprachen mit Ulrike Trautwein, die Oskar Schindler als Kind in Frankfurt kennen lernte. Ihr Vater, der spätere Propst für Frankfurt, Dieter Trautwein, damals Stadtjugendpfarrer, entdeckte den unbekannten Retter der Juden bei Recherchen. Es entwickelte sich eine Freundschaft, von der Ulrike Trautwein berichtet. Vor allem die unendliche Großzügigkeit Schindlers ist ihr in Erinnerung. Aber auch die Melancholie, die ihn umgab. Am 9. Oktober 1974 starb Oskar Schindler in einem Hildesheimer Krankenhaus. Nach der Trauerfeier auf dem Frankfurter Hauptfriedhof und dem Requiem im Frankfurter Kaiserdom wurde Oskar Schindler, seinem Wunsch entsprechend, auf dem katholischen Friedhof am Berg Zion in Jerusalem beigesetzt.

Auf Betreiben von Ursula und Dieter Trautwein wurde eine Straße in Frankfurt nach Oskar Schindler benannt. Leider nur ein „Sträßchen“ wie die Initator:innen bedauernd feststellen. Es steht die Idee und Forderung im Raum, den Bahnhofsvorplatz nach Emilie und Oskar Schindler zu benennen. Die Kommunalpolitik ist gefragt.

Zur Person: Ulrike Trauwein, seit 2011 Generalsuperintendentin für den Sprengel Berlin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz

Oskar Schindler (zweiter von rechts) neben Dieter Trautwein (rechts) 1967 bei einer Veranstaltung der Evangelischen Jugend in Frankfurt

Quellen:
Dieter Trautwein, Oskar Schindler …immer neue Geschichten, Frankfurt 2000, Societätsverlag
Hessenschau: https://www.ardmediathek.de/video/hr-retro-oder-hessenschau/interview-mit-oskar-schindler/hr-fernsehen/Y3JpZDovL2hyLW9ubGluZS8xNzY3MjY

Rechts-esoterische Schetinin-Schulen in Deutschland

Derzeit breiten sich in der Bundesrepublik Schulen aus, die für freies Denken, freies Entscheiden und freies Handeln werben. Dies spricht viele Menschen an, da es scheint, dass die wahren Fähigkeiten der Kinder stressfrei gefördert werden. Freischulen oder auch Laisingschulen wollen dem Kind ein angstfreies, unbeschwertes, einfaches, leichtes, begeisterndes Lernen ermöglichen. Sie orientieren sich an der russischen Schetinin-Schule. Ihr Gründer, Mikhail Schetinin, vertritt einen esoterischen Ansatz, der vom Kontakt bioenergetischer Felder zwischen Lernenden und Lehrenden (SchülerInnen) ausgeht. Das Miteinander von Schülerinnen und Schüler soll es ermöglichen, sich in kürzester Zeit Kenntnisse anzueignen. Karin Schnebel vom Gesellschaftswissenschaftlichen Institut für Zukunftsfragen, München, erläutert die Arbeitsweise dieser Schulen im Podcast Conny&Kurt. Diese Schulen sind ein Modell der russischen Esoterik, die auf eine naturbezogene Spiritualität aufgebaut ist. Doch das Schulkonzept wendet sich gegen die Demokratie, gegen herkömmliche Medizin oder gegen die herkömmlichen Schulformen. Auch die Zusammenhänge mit rechtsextremistischen Strukturen sind nicht zu verkennen. Zentral bei diesem Denken ist die Faszination von Putin, von sozial-utopischen Lebensgemeinschaften, wie die Perma-Kultur oder Familienlandsitze, und hängt eng mit esoterischen, rechtsesoterischen und rechtsextremen Strömungen zusammen.

Zur Person:Priv.-Doz. Dr. Karin Schnebel Wissenschaftliche Leitung des Gesellschaftswissenschaftlichen Instituts München für Zukunftsfragen e.V.
Hochschullehrerin für Politikwissenschaften (Univ. Passau)