Tag Archiv für Schule

Medienbildung an Schulen gescheitert: Smartphone-Verbot Symptom tieferer Probleme

Darmstadt/Kiel/Dotelweil. Anlässlich der Debatte um die Verbannung von Smartphones aus hessischen Schulen hat der Geschäftsführer des Instituts für Medienpädagogik in Darmstadt, Peter Holnick, das deutsche Schulsystem scharf kritisiert. Er sieht die Bemühungen um Medienkompetenz in den Schulen als weitgehend gescheitert an.

Während er das Verbot von Smartphones prinzipiell begrüßt, liegt der Grund dafür in der mangelnden Medienbildung und einer „unfassbaren Inkompetenz und Verweigerung“ vieler Lehrkräfte, sich mit digitalen Welten zu beschäftigen, erläutert er im Podcast Conny&Kurt. In der aktuellen Situation werde das Smartphone in der Schule meist nur zum Störfaktor, da es kaum sinnvoll im Unterricht genutzt werde.

Ein zentrales Problem sieht Holnick in der aggressiven Strategie der Unterhaltungsindustrie, deren höchstes Ziel es sei, dass das Smartphone so oft wie möglich genutzt wird. Diese Industrie wisse, wie sie Kindern ein schlechtes Gewissen bereiten könne, wenn sie ihr Gerät ausschalten, und agiere nach dem Motto: „Hier geht’s um Geld, da ist doch alles erlaubt“. Schulen hätten dieses Thema kaum auf dem Schirm. Holnick befürwortet die Idee, Räume zu schaffen, in denen diese Industrie keinen Zugriff hat.

Ein weiterer fundamentaler Konflikt liegt laut Holnick darin, dass das Bildungssystem fast ausschließlich rational funktioniert, während Medien emotional wirken. Schule bewerte Fakten, aber Medien bildeten oft Inszenierungen und Emotionen ab, was von der Schule nicht erfasst oder bewertet werden könne. Themen, die mit Gefühlen zu tun haben – wie Fake-News, bei denen die Hälfte Gefühl sei – würden von der Schule gemieden.

Kritik übt Holnick auch an der Lehrerausbildung, die zu wenig Pädagogik und Beziehungsarbeit beinhalte, sondern sich oft auf Fächer und Stoffvermittlung konzentriere. Viele Lehrkräfte hielten eine große Distanz zu Schülern und hätten Angst, Objektivität zu gefährden. Holnick beschreibt das Schulsystem als eine „Riesensimulation“, die nicht mehr zur veränderten Welt passe.

Die aktuelle Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) werde die Situation noch verschärfen und mache Sensibilisierung und Kompetenzen im Umgang mit KI dringlicher denn je. Holnick beobachtet, dass sich junge Menschen zunehmend von KIs wie Alexa oder auf Snapchat beraten lassen und eine freundschaftliche Beziehung zu ihnen aufbauen, was dazu führen könnte, dass sie weniger mit ihren Eltern sprechen. Eine KI kritisiere zudem nicht, was sie für Kinder attraktiv mache, aber auch Probleme aufwerfe. Praktische Ideen für Medienbildung, wie etwa Rechercheprojekte in der Grundschule, scheiterten oft an rechtlichen Vorgaben wie der Aufsichtspflicht. Auch die Vermeidung schwieriger Themen durch Lehrkräfte, weil ihnen die Ausbildung fehle, zeige den kritischen Zustand der Bildung.

Holnick sieht die aktuelle Lehrergeneration, obwohl sie mit Medien aufgewachsen sei, oft nicht als Lösung, da sie den privaten Medienkonsum stark von der schulischen Anwendung trenne. Diese Trennung werde möglicherweise sogar in der Ausbildung gefördert. Das Umfeld im Lehrerzimmer und der Mangel an politischem Willen, Personal und Geld zur Verfügung zu stellen, erschwerten Veränderungen zusätzlich.

Angesichts dieser Herausforderungen betrachtet Holnick das Schulsystem als zum Scheitern begriffen. Er sagt, dass er mittlerweile dazu neige zu sagen: „Bitte keine Medienpädagogik in der Schule, ihr macht’s eh falsch“. Er betrachtet das Verbot eher als Eingeständnis der Unfähigkeit. Eine Reform sei dringend nötig, werde aber durch widerstreitende Interessengruppen blockiert. Alternative Ansätze könnten medienpädagogische Angebote am Nachmittag von Fachleuten sein, die außerhalb des benoteten Unterrichts stattfinden.

Trotz der ernüchternden Analyse bleibt ein Funken Optimismus, dass ein anderer Umgang mit Medien als Werkzeug gelernt werden kann. Holnick betont die Bedeutung der außerschulischen Bildung, wo mehr Zeit und andere Beziehungsstrukturen herrschten. Der Ansatz des Jugendmedienschutzbeauftragten an hessischen Schulen, der sich auf Verbote konzentriere, sei ebenfalls unzureichend.
(Dieser Text wurde übrigens mit Hilfe von KI erstellt, KHE)

Zur Person:
Peter Holnick, Geschäftsführer des Instituts für Medienpädagogik Hessen. Das Institut für Medienpädagogik und Kommunikation Hessen (MuK Hessen) hat die zentrale Aufgabe der Planung, Organisation und Durchführung medienpädagogischer Veranstaltungen mit dem Ziel umfassender Medienbildung. Dabei geht es vorrangig um das Verhältnis des Menschen zu sich und seinen digitalen Geräten. Die Reflexion der eigenen Medienbiografie und das Kennlernen und Erweitern der eigenen Kompetenzen im Umgang mit sich selbst, den Medien und den anderen Menschen steht dabei im Vordergrund. —

Handyverbot: Bankrotterklärung der Medienerziehung

Die beiden Podcaster Conny&Kurt sind sich einig: Verbote sind ungeeignet um Sucht, auch die nichtstoffliche Sucht nach ständiger Smartphonenutzung nicht bekämpfen. Das ab kommenden Schuljahr von der Hessischen Landesregierung geplante Handyverbot an den Schulen sei völlig ungeeignet. Die heutige Generation der Eltern sind bereits mit dem Internet aufgewachsen und sollten Vorbild bei der Nutzung sein. Wem man das Handy in der Schule wegnimmt, weiß außerhalb der Schule immer noch nicht, wie ein sinnvoller Umgang damit gehen könnte. Die Gefahren, die hinter einem ungeübten Gebrauch liegen, werden so nur größer, meinen Conny&Kurt. Vielmehr komme es auf die Begleitung und Aufklärung über die tollen Möglichkeiten, aber auch über die Gefahren durch Identitätsverschleierung und Mobbing, an.

Ampel-Aus und Trump-Wahl als Initialzündung zum Engagement

Europa ist ihr Programm. Markus Maienschein, Direktkandidat von Volt im Wetterauskreis, träumt von einer europäischen Regierung. „Volt“, so sagt er im Podcast Conny&Kurt, „will Europa stark machen. Europa muss mit einer Stimme sprechen. Europa braucht eine gemeinsame Armee.“ Auch solle man der Ukraine weiter beistehen und ja klar, Verhandlungen mit Beteiligung der Ukraine sollen zum Kriegsende führen. Der Schulleiter wünscht sich im Bereich der Bildung mehr Kompetenz für den Bund. „Man hat in der Schule immer mit verschiedenen Partnern zu tun, das ist nicht sonderlich sinnvoll“. Hinzu käme, dass die Ausstattung der Schule je nach Finanzkraft des Kreises stark unterschiedlich seien. Ampel-Aus und Trump-Wahl waren für Maienschein einen Initialzündung um in die Politik zu gehen. „Ich kann nicht nur meckern“, sagt er sich. Er schaute sich verschiedene Parteien an. Volt überzeugte ihn: „Hier erlebe ich ein faires Miteinander“.

Rechts-esoterische Schetinin-Schulen in Deutschland

Derzeit breiten sich in der Bundesrepublik Schulen aus, die für freies Denken, freies Entscheiden und freies Handeln werben. Dies spricht viele Menschen an, da es scheint, dass die wahren Fähigkeiten der Kinder stressfrei gefördert werden. Freischulen oder auch Laisingschulen wollen dem Kind ein angstfreies, unbeschwertes, einfaches, leichtes, begeisterndes Lernen ermöglichen. Sie orientieren sich an der russischen Schetinin-Schule. Ihr Gründer, Mikhail Schetinin, vertritt einen esoterischen Ansatz, der vom Kontakt bioenergetischer Felder zwischen Lernenden und Lehrenden (SchülerInnen) ausgeht. Das Miteinander von Schülerinnen und Schüler soll es ermöglichen, sich in kürzester Zeit Kenntnisse anzueignen. Karin Schnebel vom Gesellschaftswissenschaftlichen Institut für Zukunftsfragen, München, erläutert die Arbeitsweise dieser Schulen im Podcast Conny&Kurt. Diese Schulen sind ein Modell der russischen Esoterik, die auf eine naturbezogene Spiritualität aufgebaut ist. Doch das Schulkonzept wendet sich gegen die Demokratie, gegen herkömmliche Medizin oder gegen die herkömmlichen Schulformen. Auch die Zusammenhänge mit rechtsextremistischen Strukturen sind nicht zu verkennen. Zentral bei diesem Denken ist die Faszination von Putin, von sozial-utopischen Lebensgemeinschaften, wie die Perma-Kultur oder Familienlandsitze, und hängt eng mit esoterischen, rechtsesoterischen und rechtsextremen Strömungen zusammen.

Zur Person:Priv.-Doz. Dr. Karin Schnebel Wissenschaftliche Leitung des Gesellschaftswissenschaftlichen Instituts München für Zukunftsfragen e.V.
Hochschullehrerin für Politikwissenschaften (Univ. Passau)

Unsere Kindheit im Nachkriegsdeutschland

Die Kindheit in der Nachkriegszeit war geprägt von materieller Armut. Während die Eltern sich Abschufteten genossen Conny&Kurt ihre Freiheiten. Fuß0ball und Radfahren waren beliebter als Hausaufgaben, was sich in der Schule durchaus bemerkbar machte. Apropo Schule. Conny erzählt von seiner Konfessionsschule bei der darauf geachtet wurde, dass ja die Trennlinie zur benachbarten katholischen Schule nicht überschritten wurde. Der Trennstreifen wurde von den Lehrkräften überwacht. Kindheit in den 60er bedeutete auch, dass Gewalt gegen Kinder ein übliches pädagogisches Mittel war. Auch im Konfirmandenunterricht. Blitzlichter aus einer vergangenen Zeit, weder verklärend noch anklagend. Doch ganz kommen Conny&Kurt nicht um die Aktualität herum. Deshalb eingangs die Frage: Wie habt ihr Euch auf den Winter vorbereitet.

https://youtu.be/5ptBFW1Aii8

Der „Nicht ganz Ruheständler“

von Bettina Behler 25. Juni 2020

Der Pädagoge und Publizist Kurt-Helmuth Eimuth verabschiedet sich aus dem hauptamtlichen Dienst, vielfältig engagiert wird er bleiben.

Kurth-Helmuth Eimuth verabschiedet sich fürs Erste digital I Foto: privat
Kurth-Helmuth Eimuth verabschiedet sich fürs Erste digital I Foto: privat

„Sich einzumischen“, ob im Abschiedsvideo, aufgenommen anlässlich des Beginns seines Ruhestandes am 1. Juli, oder im Gespräch: Kurt-Helmuth Eimuth gebraucht diesen Begriff wiederholt, wenn es darum geht zu beschreiben, was ihm in seinen 40 Jahren als Hauptamtlicher des Evangelischen Regionalverbandes wichtig war. Zuletzt leitete der 66-Jährige den Arbeitsbereich Kindertagesstätten des Diakonischen Werks für Frankfurt und Offenbach, die Leitung der Erzieherinnenschule der Diakonissen im Holzhausenviertel war eine Station davor, auch der hiesigen Evangelischen Öffentlichkeitsarbeit stand der waschechte Frankfurter, aufgewachsen im Stadtteil Bockenheim, schon vor. Pädagoge und Publizist – beides prägt sein Schaffen.

Viele kennen Kurt-Helmuth Eimuth auch als „Sekten-Eimuth“, wie er selbstironisch sagt. Der Evangelische Regionalverband beauftragte ihn mit der Arbeitsstelle für Weltanschauungsfragen, zusammen mit seinem katholischen Kollegen Lutz Lemhöfer sorgte er in den 1980er und 1990er Jahren in Frankfurt für Aufklärung, wenn es um spirituelle Splittergruppen unterschiedlicher Couleur ging. Und nicht nur in der Region, bundesweit wurde Eimuth als Experte gefragt, wenn Informationen zu sektiererischen Seelenfängern gefragt waren. Eimuths Wissen – auch zu dem Thema – ist enorm. Besorgte Eltern, Institutionen, Medien ließ er an seinen Kenntnissen teilhaben.

In seinem Abschiedsvideo, anzuschauen auf www.eimuth.de, tauchen Beispiele seiner TV-Auftritte auf. Er war bei allen Talk-Sendungen jener Zeit Gast. Ob im Sat.1 Talk oder mit hr-Urgestein Holger Weinert: Eimuth zeigt wechselnde Brillen, mal rundgefasst, mal dick gerahmt, mal Glas und Draht pur, „immer vom selben Optiker“. Sein Ansatz blieb über die Jahre Haltung zeigen – und Engagement für die Menschen. Aufgrund der Corona-Krise fällt der Abschiedsempfang für Eimuth aus, ansonsten wäre von beidem sicher in mancherlei Ansprache die Rede gewesen. So berichtet er per Handyaufnahme von seiner Berufsvita. Zu Hause hat er sie aufgenommen. Das Bücherregal quillt über, CDs reihen sich ein, dazwischen sitzt aus Plüsch die Maus, bekannt aus der nach ihr benannten Sendung. Passt alles.

Eine wilde Lockenpracht trug Kurt-Helmuth Eimuth zu den Zeiten, als er nach dem Zivildienst in der Evangelischen Kirchengemeinde Cantate Domino vom Frankfurter Stadtjugendpfarrer Martin Jürges gewonnen wurde. 1976, schon vor dem Pädagogik-Diplom, das er 1982 ablegte, begann Kurt-Helmuth Eimuth sich vom Nordend aus einzumischen „für Kinderrechte, für Jugendliche“. Eher im Alternativmilieu sei er angesiedelt gewesen, die Rockergangs, auf die er im Umfeld von Cantate Domino stieß, seien nicht so seins gewesen, bekennt er offen.

Kurz bevor er 2001 zur Erzieherinnenschule wechselte, betreute Eimuth noch seitens der Evangelischen Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt einen Auftritt beim Deutschen Evangelischen Kirchentag, der damals ebenfalls am Main stattfand. Gerne erinnert er sich an das Bühnenprogramm an der Hauptwache „und als Highlight eine Oldtimer Straßenbahn, die wir extra haben umspritzen lassen und mit der wir moderierte Stadtrundfahrten zwischen Messegelände und Zoo machten“. Neu zu denken, das hilft ihm bis heute.

Seine Frau Marion, eine Theologin, mit der Eimuth seit 39 Jahren verheiratet ist, erlitt vor fünf Jahren einen Schlaganfall. Beider Bereitschaft die Welt neu zu gestalten, andere Wege einzuschlagen, sich nicht zurückzuziehen, kam ihnen in den vergangenen Jahren zugute. Ihr gemeinsames Ziel: Die „Kommunikation mit dem Evangelium ermöglichen, Glauben erfahrbar zu machen“.

Gemeinsam haben die zwei einige Pläne, wenn der offizielle Dienst jetzt endet. Aber auch die Evangelische Kirche in Frankfurt und Offenbach muss nicht ganz auf Kurt-Helmuth Eimuth verzichten: neben Lehraufträgen in der Erzieherinnenausbildung sowie an der Hochschule und Ehrenämtern, zum Beispiel im Vorstand des Institutes für Medienpädagogik und Kommunikation Hessen e.V., wird er der Mitgliederzeitung der hiesigen Kirche, dem Evangelischen Frankfurt und Offenbach, kurz EFO-Magazin, als Redakteur erhalten bleiben. Und sich gewiss weiter mit Geschichten und Kommentaren einmischen.

Sechs Monate Elterngeld plus Arbeitplatzgarantie!

von Kurt-Helmuth Eimuth 11. Mai 2020

Alle möglichen Branchen bekommen wegen der Corona-Epidemie Hilfen, aber Familien gehen leer aus. Das Hin und Her rund um Schul- und Kita-Öffnungen und die selbstverständliche Erwartung vor allem an Mütter, Kinderbetreuung, Home-Schooling und eigene Berufstätigkeit unter einen Hut zu bringen, zerrt an den Nerven. Für radikale Krisen braucht es radikale Lösungen! Ein Kommentar.

Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins.  |  Foto: Tamara Jung
Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. | Foto: Tamara Jung

Die Sache ist vertrackt. Schulen und Kitas wurden geschlossen, von heute auf morgen mussten Eltern ihre Kinder selbst betreuen, ohne die üblichen Netzwerke aus Babysittern oder Großeltern. Gleichzeitig sollten sie aber weiter in ihrem Beruf arbeiten. Ein Tanz auf vielen Hochzeiten in wenigen Zimmern.

Es wird jetzt klar, dass die institutionelle Betreuung von Kindern längst eine Grundvoraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg ist, sowohl der Einzelnen als auch der Gesellschaft. Mit Corona ist dieses System aber zusammengebrochen.

In den kommenden Monaten wird es kein Zurück zur Normalität geben. Hier und da werden Klassen im Schichtbetrieb unterrichtet, werden Prüfungen abgehalten und Schulflure als Einbahnstraße markiert. Aber ist das die Lösung? Hilft es Eltern im Homeoffice, wenn eine Woche Schule ist und dann eine Woche wieder nicht?

Eine radikale Krise braucht radikale Lösungen. Warum nicht die Schulen bis nach den Sommerferien schließen und die Zeit nutzen, um ganz neue, angemessene Unterrichtskonzepte zu entwickeln! Corona böte die Möglichkeit, Lehrpläne zu entrümpeln und andere Unterrichtsmethoden einzuführen. Gleichzeitig sollte man nicht die Eltern, meist sind es ja die Mütter, zwangsweise als Hilfslehrerinnen rekrutieren. Es gab doch schon mal eine Zeit, in der zwei Unterrichtsjahre auf eineinhalb zusammengestaucht wurden: als mit zwei Kurzschuljahren 1966 und 1967 der Schuljahresbeginn in Deutschland synchronisiert wurde.

Lasst also Kindern und Eltern diese Zeit, um fürs Leben zu lernen statt für die Schule. Gemeinsames Spielen, Lesen, Kochen und Reden können ein Gewinn sein. Aber dafür müssen die Eltern natürlich Zeit haben. Alle Lobbygruppen schreien zurzeit: Wir auch! Nur die Eltern hört man kaum. Sie klagen manchmal, aber immer noch viel zu leise.

Es wäre an der Zeit, hier ein Zeichen zu setzen. Wie wäre es mit einem Corona-Elterngeld für sechs Monate bei gleichzeitiger Arbeitsplatzgarantie? Auf diese Weise könnten auch Familien mit Kindern der Corona-Zeit etwas abgewinnen

Sechs Monate Elterngeld plus Arbeitplatzgarantie!

von Kurt-Helmuth Eimuth 11. Mai 2020

Alle möglichen Branchen bekommen wegen der Corona-Epidemie Hilfen, aber Familien gehen leer aus. Das Hin und Her rund um Schul- und Kita-Öffnungen und die selbstverständliche Erwartung vor allem an Mütter, Kinderbetreuung, Home-Schooling und eigene Berufstätigkeit unter einen Hut zu bringen, zerrt an den Nerven. Für radikale Krisen braucht es radikale Lösungen! Ein Kommentar.

Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins.  |  Foto: Tamara Jung
Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. | Foto: Tamara Jung

Die Sache ist vertrackt. Schulen und Kitas wurden geschlossen, von heute auf morgen mussten Eltern ihre Kinder selbst betreuen, ohne die üblichen Netzwerke aus Babysittern oder Großeltern. Gleichzeitig sollten sie aber weiter in ihrem Beruf arbeiten. Ein Tanz auf vielen Hochzeiten in wenigen Zimmern.

Es wird jetzt klar, dass die institutionelle Betreuung von Kindern längst eine Grundvoraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg ist, sowohl der Einzelnen als auch der Gesellschaft. Mit Corona ist dieses System aber zusammengebrochen.

In den kommenden Monaten wird es kein Zurück zur Normalität geben. Hier und da werden Klassen im Schichtbetrieb unterrichtet, werden Prüfungen abgehalten und Schulflure als Einbahnstraße markiert. Aber ist das die Lösung? Hilft es Eltern im Homeoffice, wenn eine Woche Schule ist und dann eine Woche wieder nicht?

Eine radikale Krise braucht radikale Lösungen. Warum nicht die Schulen bis nach den Sommerferien schließen und die Zeit nutzen, um ganz neue, angemessene Unterrichtskonzepte zu entwickeln! Corona böte die Möglichkeit, Lehrpläne zu entrümpeln und andere Unterrichtsmethoden einzuführen. Gleichzeitig sollte man nicht die Eltern, meist sind es ja die Mütter, zwangsweise als Hilfslehrerinnen rekrutieren. Es gab doch schon mal eine Zeit, in der zwei Unterrichtsjahre auf eineinhalb zusammengestaucht wurden: als mit zwei Kurzschuljahren 1966 und 1967 der Schuljahresbeginn in Deutschland synchronisiert wurde.

Lasst also Kindern und Eltern diese Zeit, um fürs Leben zu lernen statt für die Schule. Gemeinsames Spielen, Lesen, Kochen und Reden können ein Gewinn sein. Aber dafür müssen die Eltern natürlich Zeit haben. Alle Lobbygruppen schreien zurzeit: Wir auch! Nur die Eltern hört man kaum. Sie klagen manchmal, aber immer noch viel zu leise.

Es wäre an der Zeit, hier ein Zeichen zu setzen. Wie wäre es mit einem Corona-Elterngeld für sechs Monate bei gleichzeitiger Arbeitsplatzgarantie? Auf diese Weise könnten auch Familien mit Kindern der Corona-Zeit etwas abgewinnen.

Hass und Gewalt nicht nur im Fußball

von Kurt-Helmuth Eimuth 2. März 2020

Wie kann es sein, dass erwachsene Menschen andere erniedrigen, deren Menschenwürde so mit Füßen treten? Hatten sie nie Ethik- oder Religionsunterricht? Andere verächtlich zu machen, sie zu beschimpfen, ihnen negative Eigenschaften zuzuordnen, das alles entspringt dem gleichen Gedankenmuster: „Wir sind besser als die, die müssen weg“. Ein Muster, das sich in totalitären Herrschaftssystemen findet.

Foto: Tevarak Phanduang / unsplash
Foto: Tevarak Phanduang / unsplash

Fußball ist ein tolles Spiel. Es begeistert Millionen und vereint Menschen gleich welcher Nationalität, welchen Milieus oder Geschlechts. Jedenfalls die meisten Menschen.

Die Aktionen gegen den Sponsor des TSG Hoffenheim Dietmar Hopp in der Fußballbundesliga lassen einen aber ratlos zurück. Der Milliardär und Mitbegründer des Softwarekonzerns SAP hat den Aufstieg des Dorfvereins in die Bundesliga mit mehreren hundert Millionen finanziert. Er wurde zur Zielscheibe als Symbol für die Kommerzialisierung des Fußballs. Soweit kurz die Hintergründe, über die sich sachlich diskutieren lässt.

Doch was treibt Menschen dazu, kollektiv große Plakate mit Beleidigungen herzustellen und diese dann im Stadion zu entrollen? Unter anderem eines mit dem Konterfei Hopps im Kreis eines Fadenkreuzes. Wie kann es sein, dass zahlreiche Menschen ein meterlanges Plakat mit diesen Beleidigungen halten. Wo ist hier der Respekt vor dem Gegenüber, vor dem anderen Menschen?

Seit Antony Yeboah Anfang der 1990er Jahre in Frankfurt spielte, kennen wir den Rassismus in den Stadien. Dieser ist zum Glück weniger geworden, aber es gibt ihn noch immer, wie der Vorfall beim Drittligaspiel zwischen Preußen Münster und den Würzburger Kickers kürzlich zeigte. Ein Mann hatte in der Schlussphase in Richtung des Kickers-Verteidigers Leroy Kwadwo Affenlaute gemacht. Daraufhin hatten andere Zuschauer auf den Mann gezeigt, sodass Ordner ihn ausfindig machen konnten.

Die Reaktion der großen Mehrheit gibt Hoffnung, ob in München oder Münster. Und doch ist zu fragen, wie kann es sein, dass erwachsene Menschen andere so erniedrigen, deren Menschenwürde so mit Füßen treten? Hatten sie nie Ethik- oder Religionsunterricht?

Die Vorfälle in den Stadien zeigen ebenso wie die Morde von Hanau, dass Ausgrenzung und Rassismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Die sprachlichen Entgleisungen einiger rechter Politiker verschieben dabei auch das Denken. Andere verächtlich zu machen, sie zu beschimpfen, ihnen negative Eigenschaften zuzuordnen, das alles entspringt dem gleichen Gedankenmuster: „Wir sind besser als die, die müssen weg“. Ein Muster, das sich in totalitären Herrschaftssystemen findet.

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dieser erste Satz des Grundgesetzes scheint heute nicht mehr überall selbstverständlich zu sein. Dabei ist genau dieser Satz die große zivilisatorische Leistung der modernen Gesellschaft. Wir leben in Achtung und Respekt miteinander, und bei Konflikten werden gegebenenfalls Gerichte angerufen.

Anscheinend müssen wir alle verstärkt daran arbeiten, dafür ein Bewusstsein zu wecken. Elternhaus und Schule sind hier gefordert.

Aktuell bleibt aber nur, denen, die die Würde anderer verletzen, zumindest das Zuschauen bei Fußballspielen zu untersagen. In England hat man mit lebenslangen Stadionverboten wohl gute Erfahrungen gemacht.

Auch evangelische Besonderheiten begünstigen sexualisierte Gewalt

von Kurt-Helmuth Eimuth 18. März 2019

Die Fälle von sexualisierter Gewalt in kirchlichen Einrichtungen betreffen beide Kirchen. Es gibt Schätzungen, wonach sich ein Drittel der Fälle im kirchlichen Kontext in der evangelischen Kirche abgespielt hat. Wahrscheinlich hat der Missbrauch in der katholischen Kirche strukturelle Gründe. Aber es gibt auch evangelische Besonderheiten, die problematisch sind.

Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins.  |  Foto: Tamara Jung
Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. | Foto: Tamara Jung

Keineswegs segelt die evangelische Kirche bei den Debatten über sexualisierte Gewalt in kirchlichen Einrichtungen im Windschatten der katholischen Kirche. Vielmehr wird ihr vorgeworfen, dass sie selbst im Glashaus sitze, nur eben ihre Verstrickung deutlich leiser bearbeite. Es gibt Schätzungen, wonach sich ein Drittel der Fälle im kirchlichen Kontext in der evangelischen Kirche abgespielt hat.

Wahrscheinlich hat der Missbrauch in der katholischen Kirche strukturelle Gründe. Deutlich stellten Katholiken und Katholikinnen um den Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz in einem offenen Brief einen Zusammenhang her zwischen vorgeschriebenen Lebensformen, sexuellen Tabus und Männerbünden: „Missbrauch in unserer Kirche hat auch systemische Gründe. Die Versuchung des Klerikalismus folgt dem Klerus wie ein Schatten.“

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will in zwei wissenschaftlichen Studien das Ausmaß des Skandals in ihren eigenen Strukturen ergründen. Kirsten Fehrs, Bischöfin der Nordkirche, wo es bereits eine 500 Seiten starke Studie dazu gibt, machte in ihrem Bericht vor der EKD-Synode evangelische Spezifika aus. Problematisch seien zum Beispiel „die unreflektierte Vermischung von Privatem und Dienstlichem, dezentrale Strukturen, die unklar machen, wer für was zuständig ist, fehlende Beschwerdemöglichkeiten.“

Im der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) sind von 1947 bis heute 50 Fälle bekannt geworden, die denen der Verdacht auf sexualisierte Gewalt bestand. Dabei wurden 16 Mal Pfarrer verdächtigt. In 12 Fällen konnten keine Ermittlungen mehr geführt werden, weil die Beschuldigten bereits verstorben waren. Ein Verdacht hat sich als unbegründet erwiesen. Dreimal wurde ein kirchliches Dienstrechts-Verfahren eingeleitet. In den anderen Fällen richteten sich die Anschuldigungen gegen Erzieher, Ehrenamtliche oder Kirchenmusiker. In der Gesamtzahl sind laut EKHN auch alle bekannten Fälle aus Heimen in evangelischer Trägerschaft enthalten.

Bei der Bearbeitung von sexualisierter Gewalt kann sich die evangelische Kirche also strukturell nicht auf den Klerus fokussieren. Sie muss die Mitarbeiterschaft in ihrer ganzen Breite – ob haupt- oder ehrenamtlich – in den Blick nehmen. Mit Hilfe eines neuen Gesetzes gegen Kindeswohlgefährdung und der Vorschrift von erweiterten Führungszeugnissen für Haupt- und Ehrenamtliche sind erste Schritte unternommen worden. Schulungen ergänzen die formalen Anforderungen. Zudem hat die EKHN Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Beschwerden ausgewiesen.

Überall, wo Macht ausgeübt wird, ob in der Psychotherapie, in der Seelsorge, in der Schule oder im Kindergarten, kann diese missbraucht werden. Deshalb gilt es weiterhin wachsam für Anzeichen eines Missbrauchs zu sein. Die Analyse der Vergangenheit kann da wertvolle Hinweise geben.