Oskar Schindler, durch den Film von Steven Spielberg weltbekannt, verstarb am 9. Oktober 1974. Aus Anlass des 50. Todestages kommt dieser Podcast etwas früher. Wir sprachen mit Ulrike Trautwein, die Oskar Schindler als Kind in Frankfurt kennen lernte. Ihr Vater, der spätere Propst für Frankfurt, Dieter Trautwein, damals Stadtjugendpfarrer, entdeckte den unbekannten Retter der Juden bei Recherchen. Es entwickelte sich eine Freundschaft, von der Ulrike Trautwein berichtet. Vor allem die unendliche Großzügigkeit Schindlers ist ihr in Erinnerung. Aber auch die Melancholie, die ihn umgab. Am 9. Oktober 1974 starb Oskar Schindler in einem Hildesheimer Krankenhaus. Nach der Trauerfeier auf dem Frankfurter Hauptfriedhof und dem Requiem im Frankfurter Kaiserdom wurde Oskar Schindler, seinem Wunsch entsprechend, auf dem katholischen Friedhof am Berg Zion in Jerusalem beigesetzt.
Auf Betreiben von Ursula und Dieter Trautwein wurde eine Straße in Frankfurt nach Oskar Schindler benannt. Leider nur ein „Sträßchen“ wie die Initator:innen bedauernd feststellen. Es steht die Idee und Forderung im Raum, den Bahnhofsvorplatz nach Emilie und Oskar Schindler zu benennen. Die Kommunalpolitik ist gefragt.
Zur Person: Ulrike Trauwein, seit 2011 Generalsuperintendentin für den Sprengel Berlin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
Schindlers letzte Jahre in Frankfurt
Der Retter von 1200 Menschen wäre in diesem Jahr 100 geworden
Mit einigem Herzklopfen, so erinnerte sich später der inzwischen verstorbene Frankfurter Propst Dieter Trautwein, stieg er damals die Treppen im Haus Am Hauptbahnhof 4 hinauf. Trautwein hatte den Namen Oskar Schindler 1966 in Israel entdeckt. In Yad Vashem, der Gedenkstätte für die sechs Millionen während des Nationalsozialismus ermordeten Jüdinnen und Juden, standen dieser Name und der Länderhinweis „Allemagne“ an einem Baum in der „Allee für die andersgläubigen gerechten Helfer“.
Wenig später bekam Trautwein für eine „Werkmappe zur Reformation“ die Geschichte jenes Mannes, der über 1200 Menschen vor dem Tode bewahrt hatte, als literarisches Beispiel geliefert. Als Trautwein, der damals Jugendpfarrer in Frankfurt war, schließlich noch den Hinweis bekam, dass Oskar Schindler keineswegs eine literarische Erfindung, sondern eine höchst reale Person sei, die zudem noch in Frankfurt wohne, machte er sich kurzentschlossen auf den Weg. „Oben im letzten Stock an der letzten Tür rechts war tatsächlich ein kleines handgeschriebenes Schild „Oskar Schindler“, so Trautwein.
„Ich klingelte. Ein Mann öffnete. Ich fragte: ‚Heißen Sie…sind Sie…?’ ‚Ja’, antwortete mein Gegenüber. Ich stellte mich vor, und er ließ mich eintreten. Sofort hielt ich ihm die Druckfahnen hin und fragte: ‚Sagen Sie mir bitte, ob das, was hier steht, mit Ihnen zu tun hat?’ Bald schon gab er mir das Papier zurück und sagte: Ja, das ist meine Geschichte, es stimmt nicht im Einzelnen so genau, aber das Wesentliche ist schon wiedergegeben.“
Wenige Wochen später saß Oskar Schindler beim Evangelischen Jugendtag 1967 im Dominikanerkloster auf dem Podium, um dort nicht nur die – möglicherweise erste – literarische Verarbeitung seiner Rettungstat zu sehen, sondern auch, um aus seinem Leben zu berichten. Auf dem Podium war damals auch Leopold Pfefferberg, einer jener geretteten „Schindler-Juden“. Es war dieser Leopold Page, wie er sich in seiner neuen Heimat Los Angeles nannte, der die Geschichte von Oskar Schindler dem australischen Schriftsteller Thomas Keneally erzählte. Keneally schrieb daraufhin den biografischen Roman „Schindlers Liste“, den Steven Spielberg später verfilmte und durch den der Name von Oskar Schindler und seine Rettungstat, die über 1200 Jüdinnen und Juden vor dem Tod im Konzentrationslager bewahrte, in aller Welt bekannt wurde.
Doch diese Berühmtheit kam erst zwanzig Jahre nach Schindlers Tod im Jahr 1974. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Schindler als eher unbekannter Mann, der in einfachen Verhältnissen lebte, in Frankfurt. Hier versuchte er auch einen wirtschaftlichen Neubeginn, musste aber mit seiner Zementfabrik Konkurs anmelden.
In diesem Jahr, am 28. April, wäre Oskar Schindler hundert Jahre alt geworden. Heute erinnert an ihn in Frankfurt nicht nur eine Ausstellung im Jüdischen Museum, sondern auch eine Bronzetafel an seinem letzten Wohnhaus im Bahnhofsviertel sowie seit 1976 die Oskar Schindler-Straße in Bonames: kein großes Denkmal, wie Dieter Trautwein seinerzeit, kritisierte, sondern „lediglich eine
Kleinstraße am Ortsrand.“
Kurt-Helmuth Eimuth
Zum Weiterlesen: Dieter Trautwein: Oskar Schindler – immer neue Geschichten, Societäts-Verlag.
Oskar Schindler rettet im Nationalsozialismus über 1200 Menschen das Leben. Berühmt wurde er erst nach seinem Tod 1974. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Schindler in Frankfurt, als eher unbekannter Mann, der in einfachen Verhältnissen lebt.
Mit einigem Herzklopfen, so erinnerte sich später der inzwischen verstorbene Frankfurter Propst Dieter Trautwein, stieg er damals die Treppen im Haus Am Hauptbahnhof 4 hinauf. Trautwein hatte den Namen Oskar Schindler 1966 in Israel entdeckt. In Yad Vashem, der Gedenkstätte für die sechs Millionen während des Nationalsozialismus ermordeten Jüdinnen und Juden, standen dieser Name und der Länderhinweis „Allemagne“ an einem Baum in der „Allee für die andersgläubigen gerechten Helfer“.
Wenig später bekam Trautwein für eine „Werkmappe zur Reformation“ die Geschichte jenes Mannes, der über 1200 Menschen vor dem Tode bewahrt hatte, als literarisches Beispiel geliefert. Als Trautwein, der damals Jugendpfarrer in Frankfurt war, schließlich noch den Hinweis bekam, dass Oskar Schindler keineswegs eine literarische Erfindung, sondern eine höchst reale Person sei, die zudem noch in Frankfurt wohne, machte er sich kurzentschlossen auf den Weg. „Oben im letzten Stock an der letzten Tür rechts war tatsächlich ein kleines handgeschriebenes Schild „Oskar Schindler“, so Trautwein.
„Ich klingelte. Ein Mann öffnete. Ich fragte: ‚Heißen Sie…sind Sie…?’ ‚Ja’, antwortete mein Gegenüber. Ich stellte mich vor, und er ließ mich eintreten. Sofort hielt ich ihm die Druckfahnen hin und fragte: ‚Sagen Sie mir bitte, ob das, was hier steht, mit Ihnen zu tun hat?’ Bald schon gab er mir das Papier zurück und sagte: Ja, das ist meine Geschichte, es stimmt nicht im Einzelnen so genau, aber das Wesentliche ist schon wiedergegeben.“
Wenige Wochen später saß Oskar Schindler beim Evangelischen Jugendtag 1967 im Dominikanerkloster auf dem Podium, um dort nicht nur die – möglicherweise erste – literarische Verarbeitung seiner Rettungstat zu sehen, sondern auch, um aus seinem Leben zu berichten. Auf dem Podium war damals auch Leopold Pfefferberg, einer jener geretteten „Schindler-Juden“. Es war dieser Leopold Page, wie er sich in seiner neuen Heimat Los Angeles nannte, der die Geschichte von Oskar Schindler dem australischen Schriftsteller Thomas Keneally erzählte. Keneally schrieb daraufhin den biografischen Roman „Schindlers Liste“, den Steven Spielberg später verfilmte und durch den der Name von Oskar Schindler und seine Rettungstat, die über 1200 Jüdinnen und Juden vor dem Tod im Konzentrationslager bewahrte, in aller Welt bekannt wurde.
Doch diese Berühmtheit kam erst zwanzig Jahre nach Schindlers Tod im Jahr 1974. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Schindler als eher unbekannter Mann, der in einfachen Verhältnissen lebte, in Frankfurt. Hier versuchte er auch einen wirtschaftlichen Neubeginn, musste aber mit seiner Zementfabrik Konkurs anmelden.
Am 28. April 2008 wäre Oskar Schindler hundert Jahre alt geworden. Heute erinnert an ihn in Frankfurt nicht nur eine Ausstellung im Jüdischen Museum, sondern auch eine Bronzetafel an seinem letzten Wohnhaus im Bahnhofsviertel sowie seit 1976 die Oskar Schindler-Straße in Bonames: kein großes Denkmal, wie Dieter Trautwein seinerzeit, kritisierte, sondern „lediglich eine Kleinstraße am Ortsrand.“
Zum Weiterlesen: Dieter Trautwein: Oskar Schindler – immer neue Geschichten, Societäts-Verlag.
Ein mutiger Streiter für die Sache Christi und der Menschen
Der langjährige Propst für Frankfurt Dieter Trautwein ist nach langer, schwerer Krankheit am 9. November im Alter von 74 Jahren gestorben. Trautwein kam 1963 als Stadtjugendpfarrer in die Mainmetropole. Von 1970 bis 1988 war der promovierte Theologe der „erste Pfarrer“ in der Stadt, wie er selbst sagte. Trautweins Name ist mit den Kirchentagen, seinem gesellschaftlichen Engagement und seinem kirchenmusikalischen Schaffen untrennbar verbunden.
Die Vorsitzende des Vorstands des Evangelischen Regionalverbands, Pfarrerin Esther Gebhardt, würdigte Trautwein als Mann, „der vielfältige theologische und kirchenpolitische Impulse“ in der Stadt gab. Unerschrocken und streitbar habe er sich nicht davor gescheut, dort Stellung zu beziehen, wo er sich als Christ herausgefordert sah. Trautwein stritt für eine lebenswerte Stadt, in der die Menschen Vorrang haben. Er gehörte zu den Initiatoren des Römerberg-Bündnisses, das geplante NPD-Aufmärsche auf dem Römerberg verhinderte. Und er kämpfte an der Seite seiner Ehefrau Ursula gegen das südafrikanische Apartheid-Regime. 1987 setzte er sich für den Erhalt der Mauerreste des jüdischen Ghettos am Börneplatz ein. Über Oskar Schindler, den er nach dem Krieg in Frankfurt kennen lernte und unterstützte, handelt sein letztes Buch.
Doch Trautwein wirkte auch nach innen. Schon als Stadtjugendpfarrer entwickelte er neue Gottesdienstformen. 1971 wurde er mit einer Dissertation über den „Lernprozess Gottesdienst“ zum Doktor der Theologie promoviert. Trautwein hat zahlreiche Kirchenlieder komponiert, ins Deutsche übertragen oder bearbeitet. Etliche Lieder prägten die von ihm so geliebten Kirchentage.
Der Dialog zwischen den Konfessionen, aber auch zwischen Christen und Juden lag Trautwein am Herzen. Mehr als 30 Jahre war er Mitglied des Vorstandes der Freunde der Hebräischen Universität Jerusalem.
Die Frankfurter Kirche verliert mit ihm, wie es Gebhardt ausdrückte, einen „freundschaftlichen Ratgeber und einen mutigen Streiter“, aber eben auch einen fröhlichen Christen, dem es stets gelang, Gemeinden mitzureißen. Auch wenn Trauweins Stimme jetzt verstummt ist, so werden seine Lieder weiterhin in den Gemeinden erklingen und auch etwas von der ungeheuren Kraft, Zuversicht und Freude ihres Komponisten spüren lassen. Kurt-Helmuth Eimuth