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„Jesus ist mein Erlöser, Trump mein Präsident“ – Warum weiße Evangelikale einen unmoralischen Bewerber unterstützen

Sie tragen ihre Botschaft auf ihren Kleidern. Ob Baseballkappe oder T-Shirt. „Jesus ist mein Erlöser, Trump mein Präsident“. Die Evangelikalen sind bei der bevorstehenden US-Wahl ein nicht zu unterschätzender Faktor. Die weißen Evangelikalen machen etwa 14 Prozent der US-Bevölkerung aus. Und sie wählen überwiegend (80 Prozent) Trump. Wie kommt es, dass ein durch und durch unmoralischer Kandidat für das Amt des US-Präsidenten sich ausgerechnet auf eine Gruppe verlassen kann, die ein enges Moralverständnis kennzeichnet. Der Experte Martin Fritz von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen identifiziert als Schlüsselfrage die Auseinandersetzung um die Zulassung von Abtreibung. „Das ist das verbindende Element bei konservativen Katholiken, Evangelikalen und Mormonen“, sagt Fritz. Seit das höchste US-Gericht diese 1973 zugelassen hat, kämpft die Religiöse Rechte für ein Abtreibungsverbot. So lässt sich auch die religiöse Überhöhung Trumps erklären. Er führt Amerika aus dem vermeintlichen gottlosen Sumpf hinaus in eine bessere Zukunft, er befreit Amerika von Dämonen. Individuelle Verfehlungen sind vor diesem Ziel zweitrangig.

Zur Person: PD Dr. theol. Martin Fritz, Referent der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Berlin, für Grundsatzfragen, Strömungen des säkularen und religiösen Zeitgeistes, Evangelikalismus und pfingstlich-charismatisches Christentum

Toleranz und klare Kante – Zum Umgang mit dem Rechtschristentum

Die neue Rechte hat auch eine religiöse Seite. Im Umgang mit ihr empfiehlt Martin Fritz, Referent bei der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin, nicht nur scharfe Kante zu zeigen. Das verschärfe nur die Polarisierung, sagt er im Podcast Conny&Kurt. Er fordert Toleranz gegenüber konservativen Positionen. Man müsse feststellen, dass die Liberalisierungsprozesse der letzten Jahre schon rasant waren. Da wurden nicht alle mitgenommen. Gleichzeitig wendet Fritz sich gegen eine billige Polemik mit der etwa Peter Hahne, eine Leitfigur des christlichen Rechtspopulismus, die Hallen fülle. Fritz: „Das ist billig. Die Besucher:innen erwärmen sich am Feuer der erhitzten Rede. Eine billige Rhetorik.“ Der Rechtspopulismus bediene sich der konservativen Themen. „Auf den ersten Blick gibt es kaum genuin rechte Themen, sie stammen aus dem Reservoir konservativer Theologie.“ Etwa wenn sie sich auf eine Schöpfungsordnung in Bezug auf die Stellung der Frau beriefen. Allerdings komme bei den rechten Christ:innen ein aggressiver Grundton hinzu, der dann auch christliche Inhalte verändere. „Die Kulturkampfstellung höhlt das Christentum aus, so dass man es nicht wiedererkennt.“

PD Dr. Martin Fritz leitet das Referat für Grundsatzfragen, Strömungen des säkularen und religiösen Zeitgeistes, Evangelikalismus und pfingstlich-charismatisches Christentum der EZW in Berlin. Zu seinen Themenschwerpunkten gehören neben neurechtem Christentum und religiösem Pluralismus auch fundamentalistische Strömungen. Er publizierte zahlreiche Bücher und Aufsätze zu diesen Themenbereichen und leitet verschiedene wissenschaftliche Projekte