„Danke Gutleutkirche, du wirst mir fehlen!“

Frankfurt, Gutleutstraße, unweit des Baseler Platzes. Nebenan der Hauptbahnhof, gegenüber die alte Gutleutkaserne. Kein Wohlfühlort. Obwohl hier im Hofgut einst die guten Leute wohnten. Dieser „hoff der gouden louden” war ein Aussätzigen-Hospiz, das 1283 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Die guten Leute waren einer mittelalterlichen Tradition folgend, jedoch nicht die Menschen, die sich um die Leprösen kümmerten, sondern die Leprösen selber, da sie ihren Helfern den Weg in den Himmel ebneten.

An diesem voradventlichen Samstagnachmittag waren über 70 Personen gekommen, um sich von ihrer Gutleutkirche zu verabschieden. Sie soll in einem letzten Gottesdient „entwidmet“ werden.

1958 wurde die Kirche in die Häuserzeile eingepasst. Und doch überragt ein Kirchturm die Dächer der umliegenden Häuser. Erst auf den zweiten Blick fällt sie daher auf und der Eingangsbereich ist sicher mit heutigen Mitteln freundlicher zu getsalten.

Hochmodern ihr Raumangebot, aus heutiger Sicht. Denn der Gemeindesaal wurde gleich über den Gottesdienstraum gelegt und auch das Gemeindebüro fand in der neu gegründeten Gemeinde seinen Platz. Zudem fanden noch Wohnungen im Gebäude Platz.

So schlicht wie der Baukörper auch der Innenraum. Drei Stufen zum Altarraum, Holzkreuz, links Lesepult, rechts Kanzel, beide gleich, aus hellem Holz gestaltet. Die Altarwand bilden kleine graue Steinriegel, aus denen auch das Taufbecken gefertigt ist. Wie viele Kinder wurden hier getauft, wie viel Ehen geschlossen, wie viele Trauergottesdienste gehalten? Es müssen etwa 7000 Gottesdiensten in diesen fast sechs Jahrzehnten gewesen sein, rechnet Dekan Horst Peter Pohl in seiner Predigt vor.

Zwei Pfarrer, die hier gewirkt haben erwähnt er. Martin Jürges, der mit seiner Familie durch den Absturz eines Starfighters am Pfingstmontag 1983 ums Leben kam. Die Erinnerung und das Entsetzen ist in der Gemeinde immer noch wach, obwohl Jürges nur wenige Jahre hier Dienst tat. Nebenan, vor dem Behördenzentrum, haben sie den Platz nach Familie Jürges benannt. Und da ist Johannes Herrmann, „der Helfer aus vollstem Herzen“, wie die Frankfurter Rundschau einst titelte. Über ein Jahrzehnt hat er hier gewirkt, hat den Gemeindesaal zur Kaffeestube Gutleut umgebaut. Hier können alle Esssen – wer bezahlen kann, zahlt drei Euro. Achtzig Essen, so wird mir später mein Tischnachbar erzählen, waren es an diesem Samstagmittag. Draußen ist es kalt und hier wird frisch gekocht. Die Fürsorge für die Armen wurde der Schwerpunkt der Gemeindearbeit.

Eine Entwidmung ist ein Abschiedsgottesdienst. Die Trauer ist zu spüren, auch wenn Pfarrerin Jutta Jekel betont, dass es doch ein Neuanfang sei. Immerhin wird nebenan in der Hafenstraße 34 Stunden später ein nagelneues Gemeindezentrum in Betrieb genommen. „Aber das ist keine Kirche“, erschallt es halblaut aber doch deutlich vernehmbar als auch Dekan Pohl auf diesen Umstand hinwies. Theologisch unmissverständlich und doch einfühlsam formuliert er, der hier zum ersten und zum letzten Mal predigt: „Gott braucht keine Häuser, aber wir brauchen sie.“ Und fügt an: „Wir können doch froh sein, wenn Menschen ihre Kirche lieben!“

Zunächst werden die Dinge benanntund gesammelt, die mitgenommen werden: Der Kelch, die Bibel, das Gesangbuch und auch die Maria aus der Weihnachtskrippe. Und dann werden nacheinander Altar, Kanzel, Lesepult und Taufbecken mit weißen Tüchern verhüllt. Nein, hier sollen keine Möbel während der Sommerfrische vor dem Staub geschützt werden. Es ist unumkehrbar. Die Gutleutkirche gibt es nicht mehr. An gleicher Stelle wird die Stadt Frankfurt ein Jugendhaus bauen. Das braucht das Viertel dringend.

Es wird noch lange dauern, bis alle gelernt haben, mit ihrer Wehmut zu leben. Doch es hat sich viel verändert. Die Gemeinden Weißfrauen, Gutleut und Matthäus haben zur Hoffnungsgemeinde fusioniert. Am Westhafen ist ein neues, schickes und nicht billiges Viertel entstanden, das Europaviertel, teils zur Gemeinde gehörend wird gerade gebaut und das Westend wird wieder stärker Wohnquartier. Künftig wird der Gottesdienst immer um 11 Uhr in der Matthäuskirche sein und alle 14 Tage um 9.45 Uhr in den neuen Räumen in der Hafenstraße.

Das vorherrschende Gefühl drückte eine Kirchenvorsteherin so aus: „Danke Gutleutkirche, du wirst mir fehlen!“

Kurt-Helmuth Eimuth, Evangelisches Frankfurt Dezember 2012

Endzeitsekten: Nichts ist schöner als der Tod

von Kurt-Helmuth Eimuth 17. Dezember 2012

Auch in modernen Zeiten gab es immer wieder Endzeitsekten, die darauf hoffen, dass im Jenseits eine bessere Welt existiert – wobei natürlich nur die eigene Anhängerschaft in den Genuss des Paradieses kommt.

Weltuntergangszenarien faszinieren die Menschen. Foto: Ig0rZh / Fotolia.com
Weltuntergangszenarien faszinieren die Menschen. Foto: Ig0rZh / Fotolia.com

Am bekanntesten sind wohl die Zeugen Jehovas. Sie glauben, dass Jesus Christus im Jahr 1914 unsichtbar wiedergekehrt ist und die Herrschaft über das „Königreich Gottes“ im Himmel in Form einer „theokratischen Regierung“ übernommen hat. Die nun angebrochenen „letzten Tage“ sollen eine unbestimmte Zeit andauern und dann in einem globalen, von Gott durch Jesus Christus geführten Endzeitkrieg gipfeln. Sie, die Zeugen stehen in diesem Krieg unter dem besonderen Schutz „Jehovas“.  Als Zeitpunkt wurden die Jahre 1914, 1925 und 1975 genannt – heute nennen die Zeugen Jehovas keine konkreten Jahreszahlen mehr.

Suizid-Übungen im Urwaldcamp

„Wenn man uns nicht in Frieden leben lässt, so wollen wir jedenfalls in Frieden sterben. Der Tod ist nur der Übergang auf eine andere Ebene.“ Mit diesen Worten soll Sekten-Chef Jim Jones den Selbstmord und Mord von 912 Menschen am 18. November 1978 in Guyana begründet haben. Oft hatten es die Anhänger und Anhängerinnen in ihrem Urwald-Camp geprobt – Suizid-Übungen waren üblich. Nachdem die Sekte in die Kritik der Öffentlichkeit gerückt war, machte Jones ernst. Zuerst wurde den Kindern das Gift eingeflößt oder gespritzt, dann tranken die Erwachsenen die Giftbecher. Wer fliehen wollte, wurde von Wachen erschossen.

Ähnliches passierte auch in der Schweiz. Am 5. Oktober 1994 wurden dort 53 Tote gefunden. Fünf weitere Mitglieder der weltweit verbreiteten „Sonnentempler“ wurden in Kanada tot aufgefunden. In den nächsten drei Jahren wurden weitere 21 Menschen ermordet oder nahmen sich das Leben. Die Sektenführer Luc Jouret und Joseph di Mambro predigten ihren Anhängern und Anhängerinnen, dass eine erlösende Reise sie zum Planeten Sirius führen wurde, damit sie dort wiedergeboren werden und eine neue Menschheit begründen. Allerdings schwand die Macht der Sektenführer, als sich herausstellte, dass sie gespendetes Geld für einen aufwändigen Lebensstil veruntreuten und dass sie bei so genannteten „Meister-Erscheinungen“ mit Tricks gearbeitet hatten.

Auch die japanische Aum-Sekte begründete 1995 ihren Terroranschlag auf die Tokoyer U-Bahn mit dem bevorstehenden Weltuntergang. Zwölf Menschen kamen bei dem Anschlag ums Leben, über 5000 wurden verletzt.

Ausgezeichnete Betreuung

Evangelische Kindertagesstätten arbeiten erfolgreich – Acht Einrichtungen zertifiziert

Ob nun Betreuung von Kindern mit Schwerstbehinderungen, internationale Kochkurse oder das Projekt „Männer in die Kitas“. Die evangelische Kindertagesstätten setzen Akzente, acht von ihnen wurden jetzt zertifiziert.

Innenstadt. Dieses Jahr haben sich in Frankfurt acht weitere evangelische Kindertagesstätten zertifizieren lassen. Bei einer Festveranstaltung in der Weißfrauen-Diakoniekirche wurden die Urkunden überreicht. Qualitätsmanagement bedeute Verbindlichkeit, Kontinuität und Transparenz, sagte der Leiter des Diakonischen Werkes für Frankfurt, Pfarrer Dr. Michael Frase. „Die Eltern wissen, wie gearbeitet wird. Das schafft Vertrauen.“

Die evangelischen Einrichtungen sind erfolgreich und setzen Akzente. Der Matthäushort der Hoffnungsgemeinde im Westend bietet neben der intensiven Hausaufgabenbetreuung Theater-, Musik- und Tanzateliers. Hier haben die Kinder zum Beispiel auch einen Film gedreht. Die Kita Versöhnung der Gemeinde Frieden und Versöhnung im Gallus feiert jeden Freitagmorgen um neun Uhr einen Gottesdienst, „mit oder ohne Pfarrer“. Die Johannis-Kita der Gemeinde Bornheim hat sich seit über 15 Jahren auf Integration und Inklusion spezialisiert und betreut selbst Kinder mit Schwerstbehinderungen. Im Kinder- und Familienzentrum der Riederwalder Philippusgemeinde hat man ein internationales Kochprojekt auf die Beine gestellt, und die Kita im Apfelviertel der Preungesheimer Kreuzgemeinde holte unter dem Motto „Männer in die Kitas“ 13 Erzieher ins Team. Herausforderungen und Aktivitäten sind so vielfältig wie die Großstadt Frankfurt und immer „orientiert an den jeweiligen Bedürfnissen der Kinder und Familien“, so der Leiter des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten bei der Diakonie Frankfurt, Kurt-Helmuth Eimuth.

Die Qualitätsstelle beim Diakonischen Werk stellt sicher, dass alle Kitas ein funktionierendes Qualitätsmanagement-System besitzen. Die Standards werden jedes Jahr überprüft. 73 der 80 Einrichtungen befinden sich im Qualifizierungsprozess, insgesamt 24 sind bereits zertifiziert. (red)

FNP Artikel vom 23. November 2012, 03.21 Uhr (letzte Änderung 23. November 2012, 05.05 Uhr)

 

Qualität setzt sich durch

Kurt-Helmuth Eimuth in der Diakoniekirche Weißfrauen

Kindertagesstätten sind bei der Qualitätsentwicklung Vorreiter in der evangelischen Kirche in Frankfurt. Dieses Jahr haben sich acht weitere Kitas nach der Norm DIN EN ISO 9001: 2008 zertifizieren lassen. Bei einer Festveranstaltung in der Weißfrauen Diakoniekirche am Montag, 19. November, wurden die Urkunden überreicht. Qualitätsmanagement bedeute Verbindlichkeit, Kontinuität und Transparenz, sagte der Leiter des Diakonischen Werks für Frankfurt am Main, Pfarrer Michael Frase. „Die Eltern wissen, wie gearbeitet wird. Das schafft Vertrauen.“

Die evangelischen Einrichtungen sind erfolgreich und setzen Akzente. Der Matthäushort der Hoffnungsgemeinde im Westend bietet neben der intensiven Hausaufgabenbetreuung Theater-, Musik- und Tanzateliers. Hier haben die Kinder sogar einen Film gedreht. Die Kita Versöhnung der Gemeinde Frieden und Versöhnung im Gallusviertel feiert jeden Freitag morgens um neun einen Gottesdienst, „mit oder ohne Pfarrer“. Die Johanniskita der Gemeinde Bornheim hat sich seit über 15 Jahren auf Integration und Inklusion spezialisiert und betreut selbst Kinder mit Schwerstbehinderungen. Im Kinder- und Familienzentrum der Riederwalder Philippusgemeinde hat man ein internationales Kochprojekt auf die Beine gestellt, und die Kita im Apfelviertel der Preungesheimer Kreuzgemeinde hat unter dem Motto „Männer in die Kitas“ 13 Erzieher ins Team geholt. Herausforderungen und Aktivitäten sind so vielfältig wie die Großstadt Frankfurt und immer „orientiert an den jeweiligen Bedürfnissen der Kinder und Familien“, so der Leiter des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten beim Diakonischen Werk, Kurt-Helmuth Eimuth.

Die Qualitätsstelle beim Diakonischen Werk stellt sicher, dass alle Kitas ein funktionierendes Qualitätsmanagement-System besitzen. Bei Audits durch die externe Zertifizierungsgesellschaft Procumzert werden die Standards jedes Jahr überprüft. 73 der 80 Einrichtungen beim Diakonischen Werk befinden sich im Qualifizierungsprozess, insgesamt 24 sind bereits zertifiziert.

Barbara Kernbach Kita-aktuell Nov. 2012

Anna Tardos: „Sie sind auf einem guten Weg“

Kurt-Helmuth Eimuth beim Fachtag am 16. November 2012 in der Frankfurter Heiliggeistkirche

Anna Tardos: „Sie sind auf einem guten Weg“
Fachtag
des Diakonischen Werks: Bildungs- und Lernprozesse

Über 500 Erzieherinnen kamen zum diesjährigen Fachtag des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten des Diakonischen Werks für am Freitag, 16. November in die Heiliggeistkirche neben dem Dominikanerkloster. Sie wollten die Kinderpsychologin Anna Tardos, Budapest, hören. Tardos, Tochter der ungarisch-österreichischen Ärztin Emmi Pikler, die bereits vor dem Zweiten Weltkrieg ein revolutionäres Konzept für den Umgang mit Kleinkindern entwickelte, führt die Arbeit ihrer Mutter weiter und leitet das Budapester Pikler-Institut. Emmi Piklers Ansatz ist mittlerweile international anerkannt.

 

Das Diakonische Werk „hat sich diese grundsätzlichen Überlegungen schon sehr früh zu eigen gemacht“, sagte der Leiter des Bereiches Kindertagesstätten, Kurt-Helmuth Eimuth. Besonders mit der Eröffnung der ersten evangelischen Krabbelstube vor rund zehn Jahren seien sie „in den Fokus der Pädagogik gerückt.“ Die diakonischen U3-Einrichtungen orientieren sich inzwischen prinzipiell an Pikler: Achtsamkeit, Respekt, Vertrauen. Werte, die einen Bogen schlagen zu Religion, erläuterte Eimuth. „Für das kleine Kind sind die Eltern Gott. Sie können alles, sie machen alles.“ Grundlage für Urvertrauen. „Emmi Pikler hat uns einen Weg gezeigt, wie wir Kindern dieses Vertrauen mitgeben können. Ob beim Wickeln, Essen oder Schlafengehen, unsere Haltung zum Kind ist nicht nur pädagogisch begründet, sondern praktizierte Religionspädagogik.“ Aufwachsen ohne Religion? Kaum vorstellbar.

 

Diese „besondere Haltung“ ist es auch, die Eltern, gleich welchen weltanschaulichen Hintergrunds, von der evangelischen Kirche erwarten, so die Erfahrung der Leiterin der Krabbelstube Benjamin, Andrea Gottschalk. Ein Kamerateam und die Filmemacherin Heide Breitel haben die Einrichtung in Sachsenhausen besucht. Die Dokumentation „Schlüssel zum Leben“, die beim Fachtag vorgeführt wurde, vermittelt einen Eindruck vom Alltag und der Arbeitsweise in den Krabbelstuben. „Kommunikation ist das A und O. Wir reden unglaublich viel. Alles wird sprachlich begleitet“, erklärte Gottschalk. Freie Bewegung und freies Spielen, vorbereitete Umgebung, sehr sensibles Umgehen, Reinfühlen, Reindenken: alles wichtige Stichworte aus dem Pikler-Repertoire. „Die Bedürfnisse der Kinder werden ganz groß geschrieben.“

 

Anna Tardos war angetan von diesem Praxisbeispiel. „Meine Mutter hatte eine Vision. Das verwirklichen Sie hier in Frankfurt. Sie sind auf dem Weg.“ Emmi Piklers Schriften waren „kämpferisch“ und seien in ihrer Zeit, vor dem Zweiten Weltkrieg, als „provozierend“ empfunden worden. „Aber auch heute, 80 Jahre später, ist es noch Pionierarbeit.“ Die Gesellschaft, die Eltern forderten messbare, sichtbare Ergebnisse, sagt Tardos und stellt dagegen den programmatischen Buchtitel „Lass mir Zeit“. Man stellt das Kind nicht auf, wenn es von allein noch nicht sicher stehen kann. Man setzt es nicht hin, wenn es nicht sitzen kann. Man „bringt“ ihm das Laufen nicht „bei“. Das Kind wächst auf ohne Angst, in Frieden und Harmonie mit sich selbst und der Umwelt. Es ist die Vision von einem „neuen Typ Kind“. Das geht nur mit der entsprechenden Haltung, man möchte sagen Reife, von Eltern und Pädagogen: echtes menschliches Zusammensein, Wärme, Freude, zärtlicher Umgang und ehrliches Interesse anderen gegenüber. „In jedem Kind ist eine neue Persönlichkeit versteckt.“

 

Dann räumt Anna Tardos noch auf mit „einem der Missverständnisse, wenn man nach Pikler arbeitet“, nämlich: Kinder lernen nur aus sich selbst. Dritter Eckpfeiler neben „Begleiten“ und „Sicherheit geben“ sei die die „führende Verantwortung“. Es sei eine „Kunst“, Selbstständigkeit zu ermöglichen, die Entwicklungsstufe richtig einzuschätzen, nicht zu wenig und nicht zu viel zu erwarten. „Führende Verantwortung“ auch im sozialen Erlebnis, in der Begegnung. Das bedeutet, Grenzen setzen, in Konfliktsituationen nicht überzeugen wollen, nicht zu viel erklären, bestimmt Nein sagen, aber freundlich, nicht abwertend, liebevoll.

 

Anna Tardos fühlte sich wohl beim Diakonischen Werk in Frankfurt, in einer von Wertschätzung und Rücksichtnahme geprägten Atmosphäre. „Es ist so nett bei Ihnen“, sagte sie und prägte gleich ein neues Wort: „so piklerisch.“

Barbara Kernbach in Kita-aktuell Nov. 2012/Foto Oeser

 

Frankfurter Antworten auf die Gretchenfrage

Buchpräsentation: Frankfurter Antworten auf die Gretchenfrage

Gestern abend präsentierte die Redaktion von “Evangelisches Frankfurt” im Dominikanerkloster das Buch “Frankfurter Antworten auf die Gretchenfrage”.

Bei der Buchpräsentation im Dominikanerkloster: Autorin Antje Schrupp (vorne rechts) hat für die Mitgliederzeitung “Evangelisches Frankfurt” 17 Menschen aus verschiedenen Religionen und Glaubensgemeinschaften interviewt. Die Idee, daraus eine Buchveröffentlichung zu machen, hatte der Leiter der Redaktion von “Evangelisches Frankfurt”, Kurt Helmuth Eimuth (vorne Mitte). Foto: Rolf Oeser

Selten habe ihr eine journalistische Aufgabe so viel Spaß gemacht wie diese Interviewreihe, sagte Autorin Antje Schrupp bei der Vorstellung des Buches “Frankfurter Antworten auf die Gretchenfrage”. Der Dialog zwischen Menschen, die aus verschiedenen religiösen Gemeinschaften kommen, führe nicht zu einer Verwässerung von Glaubenswahrheiten, sondern im Gegenteil zu einem besseren Verständnis nicht nur der anderen, sondern auch der eigenen Überzeugungen. Sie hoffe, mit diesem Buch auch einen Anstoß dafür zu geben, dass Menschen wieder häufiger miteinander darüber sprechen, woran sie glauben und was ihnen an Religion wichtig ist.

Pfarrerin Esther Gebhardt, die Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes, in dessen Schriftenreihe das Buch erschienen ist, sagte, sie freue sich darüber, dass die religiöse Vielfalt der Stadt nun in solch einem Bändchen zugänglich gemacht wurde. Grußworte überbrachten Pfarrerin Ilona Klemens als Geschäftsführerin vom Frankfurter Rat der Religionen, dem die meisten der Interviewten angehören, sowie Stadträtin Renate Sterzel vom Magistrat der Stadt Frankfurt.

Foto: Rolf Oeser

Das Buch kostet 12,80 Euro und ist über den Buchhandel, an der Pforte des Dominikanerklosters (Kurt-Schumacher-Straße 23) oder per Mail an karin.schlicht@ervffm.de erhältlich.

evangelisches Frankfurt 30.10.2012

Der soziale Riss wird breiter

Die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland wird größer. Die Diakonie fordert deshalb armutsfeste Mindestlöhne und Rente.

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von “Evangelisches Frankfurt”. Foto: Rolf Oeser

Die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland wird größer. Dieser Befund des Entwurfes des Armuts- und Reichtumsberichtes der Bundesregierung ist nicht überraschend. Immer mehr Vermögen wird vererbt, immer weniger wird durch Erwerbsarbeit erwirtschaftet. Die Konsequenz: Diejenigen, die über Kapitalvermögen verfügen, werden reicher – trotz Finanzkrise.

Die anderen schauen in die Röhre. Die reichsten zehn Prozent der Deutschen besitzen inzwischen mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens, der unteren Hälfte der Haushalte bleibt gerade mal ein Prozent. Wer von Arbeit leben muss, ist dem Arbeitsmarkt ausgeliefert. Zwar ist die Zahl der Arbeitslosen zurückgegangen, doch die Zahl der „atypischen“ Beschäftigungsverhältnisse, also Teilzeitstellen und Minijobs, hat sich von 20 auf 25 Prozent erhöht.

Niedriglohn heute führt zu Niedrigrente morgen

Für die ältere Generation besteht derzeit noch kein erhöhtes Armutsrisiko, aber selbst die Bundesregierung sorgt sich über die Auswirkungen solcher atypischen Beschäftigungsverhältnisse auf die Rente. Der Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks in Hessen und Nassau (DWHN) Wolfgang Gern fordert deshalb: „Es ist längst überfällig, dass der Zusammenhang von Niedriglohn heute und Niedrigrente morgen öffentlich wahrgenommen wird.“

Es sei unverständlich, dass die Zunahme prekärer Beschäftigung im ersten Hessischen Sozialbericht als „positiv“ im Sinne einer erfolgreichen Senkung der Arbeitslosenquote gedeutet werde, so Gern. Dadurch werde das Problem der Altersarmut heruntergespielt. Eine „insgesamt reiche Gesellschaft“ wie Deutschland müsse politisch für „armutsfeste“ Mindestlöhne und Mindestrente für alle Menschen sorgen.

Immerhin: Kinderbetreuungsplätze werden mehr

Positiv ist zu vermerken, dass der Armutsbericht der Bundesregierung eine deutliche Zunahme von Kinderbetreuungsplätzen konstatiert. Die Plätze für Kinder ab einem Jahr haben sich demnach seit 2006 auf mehr als 500?000 verdoppelt. Auch gehen heute doppelt so viele Jungen und Mädchen in die Ganztagsbetreuung einer Grundschule. Allerdings merkt selbst der Bericht kritisch an, dass trotz der Investitionen die eingesetzten Mittel für die frühkindliche Bildung und Betreuung von Kindern unter sechs im internationalen Vergleich „immer noch weit unterdurchschnittlich“ sind. Mit 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liege man deutlich hinter anderen Ländern zurück. In Ländern wie Dänemark oder Schweden betrage dieser Anteil, so die Regierungsanalyse, das Dreifache.

Ob dieser Zahlen warnen Beobachter vor einem Auseinanderfallen der Gesellschaft. Es bleiben zwei große Aufgaben: Bildung und Alterssicherung. Es wird da-rauf ankommen, Kapitaleinkünfte an den Bildungskosten zu beteiligen, und es müssen Wege gefunden werden, Altersarmut zu vermeiden.

Kurt-Helmuth Eimuth, evangelisches Frankfurt 15.10.2012

Gräber auch für Arme: Eine Lösung ist in Sicht

„Umsonst ist nur der Tod- und auch der kostet noch.“ Dieser Spruch, so leicht im Scherz dahingesagt, wird im Ernstfall für viele Menschen zur bitteren Wahrheit: Friedhofsgebühren und Grabpflege belasten das Budget.

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von “Evangelisches Frankfurt”. Foto: Rolf Oeser

Eine traditionelle Beerdigung kann gut und gern über 5000 Euro kosten. Hinzu kommt, dass Familienmitglieder heute oft nicht mehr am selben Ort leben. Also bleibt die Frage, von wem und wie das Grab gepflegt wird, wenn Sohn oder Tochter in Hamburg oder München wohnen.

Nach langer Auseinandersetzung mit den zuständigen städtischen Ämtern liegt nun für Frankfurt ein Vorschlag auf dem Tisch, der eine preiswerte Bestattungsform als Alternative zur üblichen Grabstätte ermöglichen soll.

Ausweg aus Finanzsorgen war bisher oft die anonyme Bestattung

Bislang wählten nämlich viele Menschen als Ausweg aus dem finanziellen Dilemma eine anonyme Bestattung. Dabei wird der Verstorbene ohne Hinweis auf den Namen auf einer Wiese beigesetzt. So wirklich „anonym“ war das allerdings nicht immer, denn meist kannten die Angehörigen den Ort der Bestattung durchaus, was ihnen erlaubte, dort zu trauern, einen Ort der Erinnerung zu haben, oder auch einen Pfarrer zur Beerdigung dazu zu holen.

Um jedoch auch den Wunsch mancher Verstorbenen nach echter Anonymität zu erfüllen, wurde verfügt, dass bei einer anonymen Beisetzung keine Angehörigen mehr anwesend sein dürfen und auch sonst niemand die Beisetzung begleiten kann – auch kein Pfarrer. Als Alternative bietet die Stadt das so genannte „Rasenreihengrab“ an, eine Rasenfläche mit einer im Boden eingelassenen Namenstafel. Eine Grabbepflanzung oder das Ablegen von Blumen ist auch dort nicht möglich, dafür ist ein Gedenkplatz angelegt.

“Geld darf nicht über die Form der Beerdigung entscheiden”

Doch die für ein Rasenreihengrab vorgeschriebene Steinplatte ist mit 400 Euro auch nicht eben billig, wie Pfarrer Holger Kamlah, der die evangelische Kirche in der Frankfurter Friedhofskommission vertritt, zu bedenken gibt: „Es gibt Menschen in Frankfurt, die sich das nicht leisten können, so sehr sie es sich vielleicht auch wünschen.“ Er findet, es sei „nicht akzeptabel, wenn die finanziellen Möglichkeiten der Angehörigen mit darüber entscheiden, ob eine christliche Beerdigung mit Begleitung zum Grab möglich ist.“

Der Kompromiss, der sich nun nach langen Verhandlungen abzeichnet, ist einfach: Die Stadt besteht nicht mehr auf der Steinplatte.

Wie notwendig es ist, Alternativen zum traditionellen Grab zu finden, zeigt ein Rundgang über die Frankfurter Friedhöfe: Immer mehr Gräber sind ungepflegt, einfach weil die Angehörigen sich nicht darum kümmern können, zum Beispiel, weil sie weggezogen oder selbst erkrankt sind. Eine Dauergrabpflege durch eine Gärtnerei kostet mehrere hundert Euro im Jahr – das ist für viele Familien zu viel.

“Trauerhaine” als Alternative zum Grab, das gepflegt werden muss

Aber auch dafür gibt es Alternativen. Auf dem Friedhof in Westhausen etwa steht ein „Trauerhain“ zur Verfügung. Er bietet die Möglichkeit einer Bestattung in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Baum, ist also sozusagen eine städtische Variante der immer beliebter werdenden Friedwälder. Dabei wird eine kompostierbare Urne bei einem Baum vergraben und am Baum ein Schild mit dem Namen des Verstorbenen angebracht. Während Friedwälder in der Regel naturbelassene Areale sind, ist der Trauerhain in Westhausen ein Teil des Friedhofs und wird entsprechend gepflegt. 2013 soll ein weiterer Trauerhain auf dem Parkfriedhof Heiligenstock eröffnet werden. Sich schon zu Lebzeiten mit dem Thema auseinanderzusetzen, ist auf jeden Fall sinnvoll.

kurt-Helmuth Eimuth, Evangelisches Frankfurt 15.10.2012

Kinder brauchen Religion

Andacht, 24.9.12

Kurt-Helmuth Eimuth

Lied: EG 443, 1,2,4

Votum:

Wir feiern unsere Andacht im Namen Gottes

der Quelle allen Lebens,

im Namen Jesu Christi,

Grund unserer Hoffnung,

und im Namen des Heiligen Geistes,

Spenderin von Trost und Kraft.

Amen

Psalm 146, Nr. 757

Lied: 302, 1-3, Du meine Seele singe

Ansprache:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

neulich in einem Kirchenvorstand diskutierten wir über die Religionspädagogik. Gibt es denn überhaupt für so ganz kleine Kinder in den Krabbelstuben eine Religionspädagogik? Kann man so kleine Kindern, etwas vom christlichen Glauben vermitteln?

In einer schon weitgehend säkularisierten Gesellschaft wird diese Frage ganz anders gesttellt. Darf man in der Erziehung überhaupt Religion vermitteln? Braucht es Religion in der Erziehung? Oder ist dieses nicht eine unzulässige Indoktrination?

Doch was ist Erziehung und was ist Indoktrination? Kinder lernen durch Nachahmung. Sie machen einfach das, was die Erwachsenen auch machen. So lernen sie – wie von selbst – ihre Muttersprache. Sie entschlüsseln grammatikalische Gesetzmäßigkeiten und formen den Klang der Silben nach. Eine Leistung, die das menschliche Gehirn in späteren Jahren nicht mehr vollbringt.

Aber nicht nur Wissen wird durch Nachahmung gelernt. Auch Einstellungen und Verhaltensmuster. Wenn es in einer Familie laut zugeht, wird das Kind auch zum Schreien neigen. Und wenn in einer Familie über „die Ausländer“ gelästert wird, wird das Kind Ayse und Yussuf in der Grundschule mit Vorurteilen begegnen.

Erziehung ist also niemals wertfrei, sondern immer wertevermittelnd. Erziehung ist immer Erziehung zu einem Ziel, beispielsweise dem respektvollen Umgang miteinander. Und Kinder achten akribisch darauf, dass Regeln eingehalten werden. Dies beginnt bei der roten Ampel. Mit Recht rufen die Kinder „Rotgänger – Totgänger“, wenn Erwachsene die rote Ampel ignorieren. Und die Schweißperlen auf der Stirn des Vaters kennen viele, wenn bei der Fahrkartenkontrolle im Zug die Tochter bei der Frage nach ihrem Alter schwindeln soll.

Die Vermittlung des Wertekanons erfolgt also über das beispielhafte Verhalten der Eltern. Umso mehr, als die Eltern in den ersten Jahren in den Augen ihrer Kinder unfehlbar sind. Wenn also die Eltern bestimmte Essgewohnheiten haben, sei es aus religiösen und ökologischen Gründen, so sind diese auch für das Kind Gesetz.

Kinder wachsen in einer Welt auf, die auch von religiösen Traditionen und Werthaltungen geprägt ist. Dies ist unvermeidlich. Wenn das Kind in der Moschee ein Bayramfest erlebt, so gehört es eben zur erlebten Welt des Kindes. Dabei geben vor allem die Eltern ihre eigenen Überzeugungen und Lebensweise an die Kinder weiter. Dies ist notwendig und keineswegs eine Form der Indoktrination. Erst später in der Pubertät kann sich das Kind hiervon absetzen und auch zur Religion eine eher eigenständige Meinung sich bilden.

Religion kann auch in der Kindheit nicht ausgeblendet werden. Sie gehört zur kindlichen Erlebniswelt. Die Begleitung der Kinder, auch in ihrem religiösem Erleben und in ihren Sinnfragen ist daher notwendig und keine Indoktrination. Diese Grundorientierung gibt dem Menschen Halt und Haltung für sein ganzes Leben. Der Trend ist schon seit vielen Jahren ablesbar. Immer mehr Kinder werden von ihren Eltern nicht mehr einer Religion oder einer Religionsgemeinschaft zugeordnet. „Sie oder er soll später einmal selbst entscheiden“, so das Argument. Sie sollen quasi ohne Religion aufwachsen um sich später einmal eine auszusuchen. Eine Vorstellung, die einer gängigen Vorstellung der Konsumgesellschaft folgt. Der mündige Verbraucher, die mündige Verbraucherin benötigt etwas, beispielsweise einen Kühlschrank, erstellt ein Bedarfsprofil und sucht sich dann das für sie oder ihn passende Produkt aus. Doch was schon in der schönen Welt des Konsums nicht funktioniert, soll ausgerechnet bei der Religion klappen?

Religion ist sicherlich Dogmatik, ist eine Lehre von den letzten Dingen. Religion ist aber auch und vor allem Gefühl. Und Praxis, Lebenspraxis. Religion ist Orientierung. Und gerade Kinder benötigen klare Regeln. Regeln, die ihnen Orientierung geben. Wenn beim Gebet die Hände gefaltet werden, dann ist dies in der von den Eltern praktizierten Form zu tun. Und es fällt ihnen sofort auf, wenn dies Kinder anders machen. Dies bedarf dann der Erklärung.

Und natürlich begegnen Kinder Religion auf Schritt und Tritt. Die großen Feste Weihnachten, Ostern und Pfingsten prägen die Gesellschaft und vor allem die Kinderwelt. Gibt es den Nikolaus? Wer war Sankt Martin? Und kommt das Christkind oder der Weihnachtsmann? Fragen, die unmittelbar die Welt der Kinder berühren. Dazu gehört auch die Frage muslimischer Kinder, warum zu ihnen an Weihnachten das Christkind nicht kommt.

Aber nicht nur die materielle Welt ist religiös geprägt. Auch Erzählungen vermitteln Werte, auch christliche Werte. Schauen wir uns doch mal die Handlungen in den Märchen an. Faszinierend an Märchen sind ja nicht nur die handelnden zauberhaften Figuren, sondern eben auch die Gewissheit, dass das Gute siegt. Es gibt eine klare Wertvorstellung. In den Märchen ist eben nicht der Ehrliche der Dumme, sondern im Gegenteil. Er wird oftmals reich belohnt. Moral und Wertvorstellungen bilden sich im Kontext religiöser Überzeugungen aus. Die Pflicht Armen etwas abzugeben, kennen alle drei großen Buchreligionen. Solche Werthaltungen lernen Kinder – wie alles andere auch – vor allem durch Nachahmung.

Und dann sind da noch die großen Fragen des Lebens, die existentiellen Fragen: Gibt es ein Leben nach dem Tod? Gibt es einen Gott? Sieht mich Gott und wie sieht Gott überhaupt aus? Hier sind die Erwachsenen gefordert. Kinder sind – so die Auffassung der Religionspädagogik – kleine Philosophen und kleine Theologen. Mit ihnen kann und muss man theologisieren. Man muss sich dem kindlichen Denken stellen – und damit auch den Fragen, die man selbst hat. Gibt es ein Leben nach dem Tod? Warum lässt Gott Krieg zu?

Aufwachsen ohne Religion? Kaum vorstellbar. Religion ist Teil kindlicher Lebenswirklichkeit. Aber sie ist noch mehr. Sie ist der Grund des Vertrauens in die Eltern, in die Welt. Für das kleine Kind sind die Eltern Gott. Sie können alles, sie machen alles. In diesem Urvertrauen in die Welt sehen Entwicklungspsychologen und Religionspädagogen die Wurzel einer späteren religiösen Bindung.

Und wer mit diesem Vertrauen aufwächst, auch in eine Religion hineinwächst, kann später aufgrund rationaler Überlegungen sicher auch begründen warum er oder sie Hindu, Christ, Moslem oder Atheist ist.

Sicher gibt es in unseren Krabbelstuben auch religiöse Riten. Es wird vor dem Essen gebetet, es wird gesungen und das Kirchenjahr ist präsent. Doch die eigentliche Religionspädagogik geschieht in der täglichen Beziehung zwischen Kind und Erzieherin. Die Kinder spüren, dass sie Vertrauen dürfen, dass sie verlässlich ist. In den Krabbelstuben wird dadurch nichts geringeres als die Basis für eine spätere religiöse Bindung gelegt. Man kann also die Frage nach der Religionspädagogik in den Krabbelstuben nur bejahen. Im täglichen Miteinander erleben Kinder, dass sie in dieser Welt willkommen sind, dass sie den Menschen Vertrauen können. So können sie womöglich selbst Gottvertrauen erlangen. In Jesus Sirach 2,6 heißt es: Vertrau auf Gott, er wird dir helfen, hoffe auf ihn, er wird deine Wege ebnen.

Lied: EG: 302, 4, 5, 8

Mitteilungen:

Geburtstage

Gebet:

Wir danken dir, Gott

Dein Wort spricht uns frei,

es nimmt uns die Angst und gibt uns neue Zuversicht.

Wir bitten dich:

Lass es wurzeln und wachsen,

blühen, reifen und Frucht bringen in uns allen.

Wir denken an unsere Kinder,

an die Freude, die sie uns bringen,

an die Sorgen, die sie uns aufladen.

Erhalte ihnen die Offenheit, die Lust zu lernen.

Hilf Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrern,

hilf allen, die erziehen und ausbilden,

dass sie das ihnen geschenkte Vertrauen nicht enttäuschen, nicht missbrauchen.

Wir denken an die Menschen, die in der Mitte, stehen:

Bewahre sie davor, sich zu überfordern

und sich überfordern zu lassen.

Gib ihnen Selbstvertrauen und Gelassenheit.

Hilf ihnen, immer weiter zu lernen,

Neues, Ungewohntes zu wagen

und Altes, Bewährtes zu verteidigen.

Wir denken an die Alten in unserer Mitte,

an alle, die mit dem Gefühl kämpfen,

nutzlos und überzählig zu sein.

Zeige ihnen, wo sie gebraucht werden,

wo sie anderen helfen können mit ihrer Erfahrung, mit Rat und Tat.

Lehre sie, sich am Leben zu freuen,

die Zeit zu nutzen, die ihnen geschenkt ist.

Dir vertrauen wir uns an, durch Jesus Christus.

Und was uns noch bewegt, bringen wir vor dich mit den Worten, die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden

unseres Gottes:

Der Herr segne dich und behüte dich,

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und

gebe dir Frieden. Amen.

Lied: EG 171, 1-4, Bewahre uns Gott

US-Wahlen: Die Religion des Kandidaten Mitt Romney

Seit klar ist, dass bei den Präsidentschaftswahlen im November Mitt Romney gegen den amtierenden US-Präsidenten Barack Obama antritt, interessiert sich die Welt für die Religion des Kandidaten: Romney ist Mormone.

Auch in Hessen ist die „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“, so der offizielle Name, seit 1953 als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt und somit den großen Kirchen rechtlich gleichgestellt. Trotzdem weiß man hierzulande wenig über diese Glaubensgemeinschaft, der im Rhein-Main-Gebiet immerhin 3000 Menschen angehören. Allenfalls ist da die Sache mit der Vielehe, die sie angeblich praktizieren – in Wirklichkeit ist Polygamie auch bei den Mormonen längst verboten.

Gründer der Mormonen war Joseph Smith (1805-1844)

Nach ihrem Selbstverständnis sind die „Heiligen der letzten Tage“ Christen. Religionswissenschaftlich gelten sie aber eher als eine Neuoffenbarung. Ihr Gründer war Joseph Smith (1805-1844), der als junger Mann eine Vision hatte: Ihm soll ein Engel erschienen sein, Sohn eines gewissen „Mormon“, der im 5. Jahrhundert als Prophet in Amerika gewirkt habe. Der Engel zeigte Smith vergrabene Goldplatten mit altertümlichen Schriftzeichen, die er mit Hilfe einer „Prophetenbrille“ entschlüsselte. Auf diese Weise, so die Legende, entstand das Buch Mormon.

Der Mormonen-Tempel auf dem Temple Square in Salt Lake City. Die ersten Mormonen in Utah bauten ihn 1853 bis 1893. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Smith gründete dann in Fayette/New York die „Kirche Jesu Christi“. Nach Reibereien mit der alteingesessenen Bevölkerung wurden die Mormonen jedoch immer wieder vertrieben. Smith selbst wehrte sich durchaus handgreiflich, zum Beispiel zerstörte er die Redaktionsräume eines Kritikers. Er wurde in das Bezirksgefängnis gebracht, das eine aufgebrachte Menschenmenge jedoch stürmte: Smith wurde gelyncht.

Sein Nachfolger an der Spitze des Apostelkollegiums wurde Brigham Young, der einen Treck nach Westen organisierte. Rund 15?000 Anhängerinnen und Anhänger der jungen Kirche erreichten 1847 das Salzseetal der Rocky Mountains: „Das ist der Ort“, soll Young ausgerufen haben, als er das Tal erblickte. In einer beachtlichen Aufbauleistung haben die Mormonen Salt Lake City, ja den gesamten Bundesstaat Utah, aufgebaut. Als Teil der USA wurde er erst anerkannt, als die Religionsgemeinschaft im Jahr 1890 offiziell von der Praxis der Vielehe Abstand nahm.

Kein Kaffee, kein Alkohol, kein Tabak

Die Tatkraft der Mormonen ist auch heute noch unübersehbar. Ihr Bildungsstand ist hoch, und ihre Gesundheit ist überdurchschnittlich gut – die „Heiligen der letzten Tage“ verzichten völlig auf Kaffee, Tee, Alkohol und Tabak.

In ihrem Heimatstaat Utah gehören zwei Drittel der Bevölkerung von 2,7 Millionen dieser Kirche an. Insgesamt gibt es in den USA sechs Millionen Mormonen. An ihrer Spitze steht derzeit der 84-jährige Thomas S. Monson. Er wird als Prophet verehrt, der von Gott Offenbarung und Inspiration empfängt. Der „Temple Square“, das Hauptquartier der „Latter Day Saints“, bildet das Zentrum von Salt Lake City. Von hier aus wird die Organisation, deren Vermögen auf 30 Milliarden Dollar geschätzt wird, gesteuert. Die Kirche betreibt neben Verlagen, Fernseh-Sendern, Schulen und einer Universität auch ein weltweites Sozialprogramm: Lebensmittel, in eigenen Fabriken und Farmen produziert, werden über teils eigene Supermärkte, die so genannten Bishop‘s Stores, an Arme verteilt.

Problematisch: die rassistischen Wurzeln der Kirche

Problematisch sind die eindeutig rassistischen Wurzeln der LDS-Kirche. So wurde die Diskriminierung der amerikanischen Urbevölkerung lange Zeit historisch legitimiert: Ursprünglich seien zwei Stämme in die USA gekommen, die gottesfürchtigen Nephiten und die gottlosen Lamaniten. Letztere seien mit dunkler Hautfarbe „bestraft“ worden. Bis 1978 wurden Nachfahren der amerikanischen Ureinwohner ganz offiziell als Menschen zweiter Klasse eingestuft. Erst ein Gerichtsbeschluss änderte das. Ähnlich erging es den Schwarzen: Männer mit afrikanischen Vorfahren durften bis 1978 keine Priester werden (Frauen sowieso nicht). Hier war es jedoch kein Gerichtsbeschluss, sondern eine neue Offenbarung des damaligen Mormonenapostels, der die offizielle Linie änderte.

Für Spekulationen sorgen auch die Tempelrituale – denn sie sind geheim. Nicht-Kirchenmitglieder dürfen das Innere eines Tempels nicht betreten, das gilt auch für den Tempel in Friedberg. Berichten zufolge erinnern die Rituale an die von Freimaurern, ergänzt um esoterische Einflüsse. Es gibt etwa eine „Totentaufe“, die dazu dient, Menschen aus früheren Epochen nachträglich in die Kirche der Mormonen aufzunehmen. Das Ritual wird an einem lebenden Stellvertreter, der ein Namenschild des Verstorbenen um den Hals trägt, vollzogen. Auch Martin Luther wurde so die zweifelhafte Ehre zuteil, Mormone zu werden.

Bis heute zeichnen sich die Mormonen durch ein sehr konservatives Familienverständnis aus, wozu eine rigide Rollenaufteilung zwischen den Geschlechtern und ein schikanöser Umgang mit Homosexuellen gehört. Doch dabei stehen die Mormonen in den USA Seite an Seite mit den meisten fundamentalistischen Christinnen und Christen. Wohl auch deshalb stören sich nur wenige an der Religion des Präsidentschafts-Kandidaten.

Kurt-Helmuth, Evangelisches Frankfurt September 2012