Tag Archiv für Gottvertrauen

Kinder brauchen Religion

Andacht, 24.9.12

Kurt-Helmuth Eimuth

Lied: EG 443, 1,2,4

Votum:

Wir feiern unsere Andacht im Namen Gottes

der Quelle allen Lebens,

im Namen Jesu Christi,

Grund unserer Hoffnung,

und im Namen des Heiligen Geistes,

Spenderin von Trost und Kraft.

Amen

Psalm 146, Nr. 757

Lied: 302, 1-3, Du meine Seele singe

Ansprache:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

neulich in einem Kirchenvorstand diskutierten wir über die Religionspädagogik. Gibt es denn überhaupt für so ganz kleine Kinder in den Krabbelstuben eine Religionspädagogik? Kann man so kleine Kindern, etwas vom christlichen Glauben vermitteln?

In einer schon weitgehend säkularisierten Gesellschaft wird diese Frage ganz anders gesttellt. Darf man in der Erziehung überhaupt Religion vermitteln? Braucht es Religion in der Erziehung? Oder ist dieses nicht eine unzulässige Indoktrination?

Doch was ist Erziehung und was ist Indoktrination? Kinder lernen durch Nachahmung. Sie machen einfach das, was die Erwachsenen auch machen. So lernen sie – wie von selbst – ihre Muttersprache. Sie entschlüsseln grammatikalische Gesetzmäßigkeiten und formen den Klang der Silben nach. Eine Leistung, die das menschliche Gehirn in späteren Jahren nicht mehr vollbringt.

Aber nicht nur Wissen wird durch Nachahmung gelernt. Auch Einstellungen und Verhaltensmuster. Wenn es in einer Familie laut zugeht, wird das Kind auch zum Schreien neigen. Und wenn in einer Familie über „die Ausländer“ gelästert wird, wird das Kind Ayse und Yussuf in der Grundschule mit Vorurteilen begegnen.

Erziehung ist also niemals wertfrei, sondern immer wertevermittelnd. Erziehung ist immer Erziehung zu einem Ziel, beispielsweise dem respektvollen Umgang miteinander. Und Kinder achten akribisch darauf, dass Regeln eingehalten werden. Dies beginnt bei der roten Ampel. Mit Recht rufen die Kinder „Rotgänger – Totgänger“, wenn Erwachsene die rote Ampel ignorieren. Und die Schweißperlen auf der Stirn des Vaters kennen viele, wenn bei der Fahrkartenkontrolle im Zug die Tochter bei der Frage nach ihrem Alter schwindeln soll.

Die Vermittlung des Wertekanons erfolgt also über das beispielhafte Verhalten der Eltern. Umso mehr, als die Eltern in den ersten Jahren in den Augen ihrer Kinder unfehlbar sind. Wenn also die Eltern bestimmte Essgewohnheiten haben, sei es aus religiösen und ökologischen Gründen, so sind diese auch für das Kind Gesetz.

Kinder wachsen in einer Welt auf, die auch von religiösen Traditionen und Werthaltungen geprägt ist. Dies ist unvermeidlich. Wenn das Kind in der Moschee ein Bayramfest erlebt, so gehört es eben zur erlebten Welt des Kindes. Dabei geben vor allem die Eltern ihre eigenen Überzeugungen und Lebensweise an die Kinder weiter. Dies ist notwendig und keineswegs eine Form der Indoktrination. Erst später in der Pubertät kann sich das Kind hiervon absetzen und auch zur Religion eine eher eigenständige Meinung sich bilden.

Religion kann auch in der Kindheit nicht ausgeblendet werden. Sie gehört zur kindlichen Erlebniswelt. Die Begleitung der Kinder, auch in ihrem religiösem Erleben und in ihren Sinnfragen ist daher notwendig und keine Indoktrination. Diese Grundorientierung gibt dem Menschen Halt und Haltung für sein ganzes Leben. Der Trend ist schon seit vielen Jahren ablesbar. Immer mehr Kinder werden von ihren Eltern nicht mehr einer Religion oder einer Religionsgemeinschaft zugeordnet. „Sie oder er soll später einmal selbst entscheiden“, so das Argument. Sie sollen quasi ohne Religion aufwachsen um sich später einmal eine auszusuchen. Eine Vorstellung, die einer gängigen Vorstellung der Konsumgesellschaft folgt. Der mündige Verbraucher, die mündige Verbraucherin benötigt etwas, beispielsweise einen Kühlschrank, erstellt ein Bedarfsprofil und sucht sich dann das für sie oder ihn passende Produkt aus. Doch was schon in der schönen Welt des Konsums nicht funktioniert, soll ausgerechnet bei der Religion klappen?

Religion ist sicherlich Dogmatik, ist eine Lehre von den letzten Dingen. Religion ist aber auch und vor allem Gefühl. Und Praxis, Lebenspraxis. Religion ist Orientierung. Und gerade Kinder benötigen klare Regeln. Regeln, die ihnen Orientierung geben. Wenn beim Gebet die Hände gefaltet werden, dann ist dies in der von den Eltern praktizierten Form zu tun. Und es fällt ihnen sofort auf, wenn dies Kinder anders machen. Dies bedarf dann der Erklärung.

Und natürlich begegnen Kinder Religion auf Schritt und Tritt. Die großen Feste Weihnachten, Ostern und Pfingsten prägen die Gesellschaft und vor allem die Kinderwelt. Gibt es den Nikolaus? Wer war Sankt Martin? Und kommt das Christkind oder der Weihnachtsmann? Fragen, die unmittelbar die Welt der Kinder berühren. Dazu gehört auch die Frage muslimischer Kinder, warum zu ihnen an Weihnachten das Christkind nicht kommt.

Aber nicht nur die materielle Welt ist religiös geprägt. Auch Erzählungen vermitteln Werte, auch christliche Werte. Schauen wir uns doch mal die Handlungen in den Märchen an. Faszinierend an Märchen sind ja nicht nur die handelnden zauberhaften Figuren, sondern eben auch die Gewissheit, dass das Gute siegt. Es gibt eine klare Wertvorstellung. In den Märchen ist eben nicht der Ehrliche der Dumme, sondern im Gegenteil. Er wird oftmals reich belohnt. Moral und Wertvorstellungen bilden sich im Kontext religiöser Überzeugungen aus. Die Pflicht Armen etwas abzugeben, kennen alle drei großen Buchreligionen. Solche Werthaltungen lernen Kinder – wie alles andere auch – vor allem durch Nachahmung.

Und dann sind da noch die großen Fragen des Lebens, die existentiellen Fragen: Gibt es ein Leben nach dem Tod? Gibt es einen Gott? Sieht mich Gott und wie sieht Gott überhaupt aus? Hier sind die Erwachsenen gefordert. Kinder sind – so die Auffassung der Religionspädagogik – kleine Philosophen und kleine Theologen. Mit ihnen kann und muss man theologisieren. Man muss sich dem kindlichen Denken stellen – und damit auch den Fragen, die man selbst hat. Gibt es ein Leben nach dem Tod? Warum lässt Gott Krieg zu?

Aufwachsen ohne Religion? Kaum vorstellbar. Religion ist Teil kindlicher Lebenswirklichkeit. Aber sie ist noch mehr. Sie ist der Grund des Vertrauens in die Eltern, in die Welt. Für das kleine Kind sind die Eltern Gott. Sie können alles, sie machen alles. In diesem Urvertrauen in die Welt sehen Entwicklungspsychologen und Religionspädagogen die Wurzel einer späteren religiösen Bindung.

Und wer mit diesem Vertrauen aufwächst, auch in eine Religion hineinwächst, kann später aufgrund rationaler Überlegungen sicher auch begründen warum er oder sie Hindu, Christ, Moslem oder Atheist ist.

Sicher gibt es in unseren Krabbelstuben auch religiöse Riten. Es wird vor dem Essen gebetet, es wird gesungen und das Kirchenjahr ist präsent. Doch die eigentliche Religionspädagogik geschieht in der täglichen Beziehung zwischen Kind und Erzieherin. Die Kinder spüren, dass sie Vertrauen dürfen, dass sie verlässlich ist. In den Krabbelstuben wird dadurch nichts geringeres als die Basis für eine spätere religiöse Bindung gelegt. Man kann also die Frage nach der Religionspädagogik in den Krabbelstuben nur bejahen. Im täglichen Miteinander erleben Kinder, dass sie in dieser Welt willkommen sind, dass sie den Menschen Vertrauen können. So können sie womöglich selbst Gottvertrauen erlangen. In Jesus Sirach 2,6 heißt es: Vertrau auf Gott, er wird dir helfen, hoffe auf ihn, er wird deine Wege ebnen.

Lied: EG: 302, 4, 5, 8

Mitteilungen:

Geburtstage

Gebet:

Wir danken dir, Gott

Dein Wort spricht uns frei,

es nimmt uns die Angst und gibt uns neue Zuversicht.

Wir bitten dich:

Lass es wurzeln und wachsen,

blühen, reifen und Frucht bringen in uns allen.

Wir denken an unsere Kinder,

an die Freude, die sie uns bringen,

an die Sorgen, die sie uns aufladen.

Erhalte ihnen die Offenheit, die Lust zu lernen.

Hilf Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrern,

hilf allen, die erziehen und ausbilden,

dass sie das ihnen geschenkte Vertrauen nicht enttäuschen, nicht missbrauchen.

Wir denken an die Menschen, die in der Mitte, stehen:

Bewahre sie davor, sich zu überfordern

und sich überfordern zu lassen.

Gib ihnen Selbstvertrauen und Gelassenheit.

Hilf ihnen, immer weiter zu lernen,

Neues, Ungewohntes zu wagen

und Altes, Bewährtes zu verteidigen.

Wir denken an die Alten in unserer Mitte,

an alle, die mit dem Gefühl kämpfen,

nutzlos und überzählig zu sein.

Zeige ihnen, wo sie gebraucht werden,

wo sie anderen helfen können mit ihrer Erfahrung, mit Rat und Tat.

Lehre sie, sich am Leben zu freuen,

die Zeit zu nutzen, die ihnen geschenkt ist.

Dir vertrauen wir uns an, durch Jesus Christus.

Und was uns noch bewegt, bringen wir vor dich mit den Worten, die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden

unseres Gottes:

Der Herr segne dich und behüte dich,

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und

gebe dir Frieden. Amen.

Lied: EG 171, 1-4, Bewahre uns Gott

Euer Herz erschrecke nicht

Andacht

  1. 1. 2010

Lied: EG 443, Aus meines Herzens Grunde 1+2, 6+7,

Votum:

Im Namen Gottes kommen wir zusammen.

Gott nimmt uns an, wie wir sind.

Jesus gibt unserem Leben Richtung und Sinn.

Gottes Geist ruft uns auf den richtigen Weg.

Psalm: 84, Nr. 734

Lied: EG 72, O Jesu Christe, wahres Licht 1- 3 + 5

Ansprache:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

„Euer Herz erschrecke nicht – glaubt an Gott und glaubt an mich“ – so lautet die Losung, die uns für das neue Jahr 2010 mit auf den Weg gegeben ist.

Das ist eine wunderbare Zusage. Und obgleich uns der Alltag schon längst eingeholt hat, so stehen wir doch erst am Beginn eines neuen Jahres. Ein Jahr mit vielen Unbekannten, aber auch ein Jahr voller Hoffnung. Wird alles gut wird oder kommt doch Schweres auf uns zu.

Gerade wir in der Kirche diskutieren ja schon seit Jahren, dass die Rahmenbedingungen schwerer werden. Die Kirchensteuereinnahmen gehen massiv zurück, die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt.

Die Jahreslosung für 2010 ist zuallererst eine Ermutigung: nicht erschrecken! Habt keine Angst! Mit Gottvertrauen sollen wir in das neue Jahr gehen: Glaubt an Gott und glaubt an mich.

Hört sich vielleicht etwas naiv an, doch erdet uns dieser Satz. Es hängt nicht alles von mir ab. Es gibt auch noch eine andere Macht, die Macht, die den Tod überwindet, die Kraft, die uns alle trägt.

Kirchenpräsident Volker Jung hat hier im Dominikanerkloster darauf hingewiesen, dass eben nicht alles von uns abhängt. Aus Anlass der Einführung eines Qualitätsentwicklungssystems unter dem Signet Qualitätsfacetten, was künftig das Facettenkreuz ergänzt, wies der Kirchenpräsident darauf hin, dass eben der Mensch nicht perfekt ist. Auch ein Qualitätsentwicklungsprozess wird daran nichts ändern. Gleichwohl sind wir dazu angehalten das Beste zu tun, uns selbst ständig zu überprüfen und Abläufe zu optimieren. Aber Gott Lob, perfekt sind wir und werden wir nicht.

„Alles wird gut!“ Dieser Satz von Nina Ruge stand wohl auf zahlreichen Weihnachtskarten. Ein schöner Satz, dem man gerne zustimmen würde. Doch wird alles gut? Ist das die christliche Botschaft der Jahreslosung?

„Euer Herz erschrecke nicht – glaubt an Gott und glaubt an mich“

Auf wundersame Weise wollen wir ja, dass alles gut wird. Wir haben uns bis vor kurzem noch ein Frohes Neues Jahr gewünscht. „Alles wird gut!“ Ist das die christliche Botschaft, die uns die Jahreslosung mitgibt? Eine Hoffnung ist das schon. Alles soll gut werden! Ein neues Jahr beginnt. Da wünschen sich viele Menschen, dass die Sorgen unserer Welt irgendwie aufgehoben sein könnten.

Aber leider ist eben nicht alles gut. Wir haben allen Grund, zu erschrecken.

Da gibt es im reichen Europa Armut. 2010 ist das Europäische Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung in den 27 Mitgliedsländern der Europäischen Union sowie in Norwegen und Island. Die Schirmherrschaft für die Aktion hat in Deutschland die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Landesbischöfin von Hannover, Margot Käßmann übernommen.

Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Ursula von der Leyen wird in der Presse so zitiert: „Eine wohlhabende Gesellschaft muss umtreiben, dass bestimmte Gruppen auf Dauer von Armut gefährdet sind: Menschen mit Migrationshintergrund, Alleinerziehende, Personen ohne Berufsabschluss. Es ist fatal, wenn sich Erfahrungen des Scheiterns und der Ohnmacht über Generationen hinweg in den Köpfen eingraben. Deswegen müssen wir allen von Armut betroffenen Menschen auch etwas zutrauen. Sie brauchen zum einen konkrete Angebote und Unterstützung, die sie in die Lage versetzen, auf Dauer auf eigenen Beinen zu stehen. Das kann für die Alleinerziehende der Kitaplatz sein, der ihr Arbeit ermöglicht oder für einen Jugendlichen das nachgeholte letzte Lehrjahr. Unverzichtbar ist jedoch eine zweite Komponente, damit die Brücke raus aus der Armut trägt: Das sind Menschen, die – häufig im Ehrenamt – Betroffene bestärken und vor dem Straucheln bewahren, wenn neue Hindernisse auftauchen. Die Schlüsselbegriffe heißen Zuwendung, Bildung und Teilhabe. Das Europäische Jahr unter dem Motto ‚Mit Neuem Mut‘ soll in diesem Sinne ein starkes Signal geben.“

Die Schirmherrin, Margot Käßmann ergänzt: „Armut und soziale Ausgrenzung sind eng verbunden; beide beschädigen das Selbstwertgefühl der Betroffenen. Besonders besorgniserregend ist es, wenn Kinder keine Hoffnung haben, aus der Armut herauszukommen. Ich hoffe, dass das Europäische Jahr 2010 gegen Armut und soziale Ausgrenzung hilft, dass unsere Gesellschaft dafür ein Bewusstsein entwickelt und Wege findet, wie vor allem Kinder faire Startchancen für ihren Weg ins Leben bekommen. Armut bedeutet oft mangelnde Teilhabemöglichkeiten an der Gesellschaft. Ich wünsche mir, dass wir in einer solidarischen Gesellschaft Chancengerechtigkeit für alle erreichen.“

Es war die Ratsvorsitzende selbst, die durch eine kurze Passage in ihrer Neujahrspredigt nicht nur auf einen weiteren Missstand hingewiesen, sondern auch eine notwnedige Diskussion in Gang gesetzt hat. Käßmann äußerte sich zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Offenbar kannten viele ihrer männlichen Kritiker den Wortlaut der Predigt nicht.

Wörtlich sagte Käßmann am Neujahrstag in der Dresdner Frauenkirche: „Nichts ist gut in Afghanistan. All diese Strategien, sie haben uns lange darüber hinweggetäuscht, dass Soldaten nun einmal Waffen benutzen und eben auch Zivilisten getötet werden. Das wissen die Menschen in Dresden besonders gut! Wir brauchen Menschen, die nicht erschrecken vor der Logik des Krieges, sondern ein klares Friedenszeugnis in der Welt abgeben, gegen Gewalt und Krieg aufbegehren und sagen: Die Hoffnung auf Gottes Zukunft gibt mir schon hier und jetzt den Mut von Alternativen zu reden und mich dafür einzusetzen. Manche finden das naiv. Ein Bundeswehroffizier schrieb mir, etwas zynisch, ich meinte wohl, ich könnte mit weiblichem Charme Taliban vom Frieden überzeugen. Ich bin nicht naiv. Aber Waffen schaffen offensichtlich auch keinen Frieden in Afghanistan. Wir brauchen mehr Fantasie für den Frieden, für ganz andere Formen, Konflikte zu bewältigen. Das kann manchmal mehr bewirken als alles abgeklärte Einstimmen in den vermeintlich so pragmatischen Ruf zu den Waffen. Vor gut zwanzig Jahren haben viele Menschen die Kerzen und Gebete auch hier in Dresden belächelt….“ Soweit Margot Käßmann.

Nein, es ist nicht alles gut. Aber trotzdem müssen wir nicht deprimiert oder mit gesenktem Haupt ins neue Jahr gehen. „Seht auf und erhebt eure Häupter“ heißt es in der Bibel.

Aber ja doch! Wir glauben an den auferstandenen Christus und nicht an einen Toten. Wir haben Hoffnung für diese Welt und über diese Welt hinaus. Deshalb können wir die Spannung aushalten zwischen Erschrecken und Gottvertrauen, zwischen Ängsten und Mut zur Weltverbesserung. Wir können fröhlich feiern, ohne Fassaden. Denn unser Glaube blendet Leid und Kummer in der Welt nicht aus!

Hören wir also! Gehen wir unseren Weg – von Gottvertrauen getragen. Unser Leben steht unter der Zusage: „Euer Herz erschrecke nicht!“ Das leben wir, davon singen wir, darauf vertrauen wir auch am Beginn eines neuen Jahres, am Beginn einer neuen Woche. Das ist eine ganz eigene Melodie für unser Leben und eine ganz andere Hoffnung, auf die wir bauen.

So wünsche ich Ihnen allen ein gesegnetes Neues Jahr.

Amen.

Lied: EG 369, Wer nur den lieben Gott lässt walten 1-3, 7

Mitteilungen:

Gebet:

Gott, du Licht der Welt

lass deinen Stern auch in unserem Leben aufgehen,

damit wir erfahren, dass unsere Suche keine Irrfahrt ist,

sondern ein Heimweg zu dir.

Zeige uns auch in diesem neuen Jahr,

wo wir dich finden können, wo du uns nahe kommst.

Lass dein Licht in unser Leben scheinen,

damit wir uns selbst annehmen können, so wie wir sind

und dann auch unsere Mitmenschen.

So bitten wir dich auch für das, was uns am Herzen liegt:

für das, was uns in diesen Tagen beschäftigt hat,

für die Menschen, die uns nahe stehen

und auch für die, mit denen wir es nicht leicht haben.

Gott, hilf uns, dich in unseren Schwestern

und Brüdern wiederzuerkennen.

Lass uns achtgeben auf Menschen, die unsere Hilfe brauchen.

Wir bitten dich für diejenigen,

die Dunkelheit in ihrem Leben erfahren,

für die Einsamen und Kranken,

für die Enttäuschten und Verbitterten,

für alle, die sich selbst im Wege stehen

und ihre Hoffnungen begraben haben:

schenke ihnen neue Zuversicht.

Gott, dein Licht will sich ausbreiten.

Lass es auch unter uns hell werden.

Und was uns noch bewegt, bringen wir vor Dich

mit den Worten, die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Segen unseres Gottes:

Gott segne und behüte uns,

Gottes Licht wärme uns,

Jesus Christus leuchte unseren Weg aus,

Heiliger Geist, lichte unser Leben

Gehet hin in Frieden. Amen.

Wie lieblich ist der Maien

8.5.2006, Heilig Geist

Kurt-Helmuth Eimuth

Orgelvorspiel

Eingangslied: EG 503, 1 – 3, 14 Geh aus mein Herz

Votum:

Wir feiern diese Andacht im Namen Gottes,

Gott ist uns nahe – immer und überall,

im Namen Jesu Christi

So sind wir geliebt

und im Namen des Heiligen Geistes

So sind wir verbunden als Schwestern und Brüder.

Psalm – 100, Nr. 740

Lassen Sie uns gemeinsam Psalm 100 beten

Gemeinde: Lied: EG 501, 1+2

Predigt:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wahrscheinlich haben Sie das Wochenende ebenso genossen wie ich. Es gab ja Sonne satt. Nach dem langen Winter ist es sehr angenehm, ein paar Sonnenstrahlen auf der Haut zu spüren oder sich an der Farbe der Tulpen zu erfreuen. Das graue und triste Wetter ist vielen von uns auf das Gemüt geschlagen und nahm den Schwung für vieles – auch für die Gartenarbeit. Die Sehnsucht nach Frühling, nach dem Leben draußen, den Vögeln, den Pflanzen und der Wärme steckt in uns Menschen. Und in den Liedern, besonders zum Monat Mai kommt, dieses zum Ausdruck. Da gibt es nicht nur so schöne Lieder wie „Komm lieber Mai, und mache die Bäume wieder grün“ oder „Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus“, auch im Gesangbuch findet sich ein Loblied auf den Mai und die erwachende Natur.

Martin Brehm hat schon 1606 die eben gesungenen Verse gedichtet: Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottes Güt‘, dass sich die Menschen freuen, weil alles grünt und blüht. Die Tier sieht man jetzt springen mit Lust auf grüner Heid, die Vöglein hört man singen, die loben Gott mit Freud.“

Eine große Dankbarkeit und ein ehrfürchtiges Staunen über die Natur schwingen in diesem Vers mit.

Das Staunen über Gottes Schöpfung ist auch eines jener Werte, auf die sich eine Gesellschaft einigen kann. Die Achtung vor dem Leben ist unabdingbare Voraussetzung für das Zusammenleben. Politisch versuchte man ja gemeinsam mit den beiden christlichen Kirchen ein Bündnis für Erziehung zu schmieden. Leider politisch ungeschickt, lud man nur die Kirchen ein. Über die Kritik an dieser Vorgehensweise ging leider der Inhalt des Bündnisses verloren. Margot Käsmann weist in ihrer Begründung auf die Werte desChristentums hin: Sie leitet dies in ihrem Statement mit einer Frage ein:

„Zu welchen Werten aber erziehen wir unsere Kinder? Das müssen wir als Gesellschaft klären, auch um deutlich zu machen, in welche Gemeinschaft, mit welchen Grundüberzeugungen wir Zuwanderer integrieren wollen. Die Antwort des Christen, der Christin lautet zuallererst: es geht um Gottvertrauen, Nächstenliebe und Verantwortung. In der Weitergabe des Glaubens werden auch Werte und Lebenshaltung vermittelt. Ich denke etwa das höchste Gebot „Du sollst Gott über alle Dinge lieben und deinen Nächsten wie dich selbst“. Auch die 10 Gebote sind für uns auch heute ein guter Leitfaden für Erziehung, für Nächstenliebe, Respekt vor der Würde des anderen und Achtung von Grenzen.“

Gottvertrauen, Nächstenliebe und Verantwortung. Mit diesen drei Begriffen umreist die Bischöfin die Haltung einer Christin, eines Christen. Verantwortung zu übernehmen auch für diese wunderbare Schöpfung Gottes, wann könnte dieses augenfälliger werden als jetzt am Beginn der Wachstumsperiode?

Und man kann gar nicht anders, als einzustimmen in den Jubel des Textdichters. Einzustimmen in die Freude, dass nach der Dunkelheit und der Kälte das Leben immer wieder erwacht. Einstimmen in das Lob, dass Gott uns in seiner Güte die wunderbaren Gaben der Erde schenkt: Das Grün der Bäume, das Rot und Gelb der Blumen, das Zwitschern der Vögel. Einstimmen in den Dank für das, was wir Menschen an der Natur haben und wofür wir Verantwortung tragen. Es ist ein zeitloser Jubel an den Mai und seine Freuden.

Gottes Wirken auf uns kann und will uns verändern, der Mai, der Frühling kann in unser Leben dringen.

In der dritte Strophe heißt es:

Herr, laß die Sonne blicken / ins finstre Herze mein,
damit sich’s möge schicken, fröhlich im Geist zu sein,
die größte Lust zu haben / allein an deinem Wort,
das mich im Kreuz kann laben / und weist des Himmels Pfort.

Dass Gottes Wort – Evangelium vom Leben, Sterben und Auferstehen Jesu Christi – irgendwie Bedeutung für uns hat- das glauben oder ahnen wir.

Wie sagt Jesus im Matthäusevangelium: „Kommt her zu mir, die Ihr mühselig und beladen seid – ich will Euch erquicken.“

Und so hat Martin Brehm schon 1606 das Erwachen der Natur mit dem Wirken des Wortes Gottes gleichgesetzt.

Ich wünsche uns, dass wir diesen schönen Monat genießen können, sei es im eigenen Garten, in dem es wieder sprießt und blüht, sei es auf den Spaziergängen im Wald und in den Parks, wo alles zu neuem Leben erwacht – oder einfach im Straßencafe.

Ich wünsche uns aber auch, dass wir nicht vergessen, dass Gott uns das alles schenkt – jedes Jahr und immer wieder neu, damit unser Gemüt sich freut, dass wir aufleben können und dass das Leben eine Lust ist.


Amen.

Gemeinde: Lied: EG 501, 3+4

Mitteilungen

Gebet

Gott,

Du bist bei uns zu allen Zeiten unseres Lebens

auch wenn wir das manchmal nicht spüren.

Du genießt mit uns Tage, prall und lebenssatt

wie der Sommer

und du trägst mit uns Tage, karg und kalt

wie der Winter.

Deshalb bitten wir dich für alle

die von sich selbst

und ihren Gefühlen abgeschnitten sind –

lass sie neu entdecken, was sie ängstigt

und was ihnen Spaa macht,

damit sie ihr Leben erfüllend gestalten können;

für alle, die nur noch an sich selbst denken und nicht mehr sehen, was um sie herum geschieht –

lass sie erfahren, dass auch sie andere Menschen brauchen,

um glücklich zu sein

und dass sie selbst für andere

wichtige Wegbegleiterinnen und – begleiter werden können;

für uns alle, die wir oft so tun, als könnten wir ewig leben –

lass uns erkennen, wie wenig selbstverständlich und kostbar jeder einzelne Lebenstag ist,

damit wir uns nicht immer wieder auf morgen vertrösten lassen, sondern sensibel werden für das, was uns schon heute Glück und Erfüllung schenken kann.

Und was uns noch bedrängt bringen wir vor dich mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden und Segen unseres Gottes:

Der Herr segne dich und behüte dich.

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der Herr hebe sein Angesicht auf dich

und gebe dir Frieden. Amen.

Lied: 421 Verleih uns Frieden

Prüfungsangst

6.5.2002

Fachschule für Sozialpädagogik

Andacht

L: Lasst uns von Gottes Macht singen und des Morgens rühmen seine Güte

G: Amen

Lied

455: Morgenlicht leuchtet

L: Herr, tue meine Lippen auf,

G: Dass mein Mund deinen Ruhm verkündige.

L: Gott, gedenke mein nach deiner Gnade,

G: Herr, erhöre mich mit deiner treuen Hilfe.

Psalm

121, Nr. 749

Lesung

Die Tageslosung steht beim Propheten Micha Kapitel 5, Vers 4:

Er wird der Friede sein

Ansprache

Den Frieden Gottes wünschen wir uns während des Gottesdienstes. Leider wird uns in den letzten Monaten bewusst, dass Friede keine Selbstverständlichkeit ist. Meine Generation, die gottlob keinen Krieg erlebte, hat schon gar keinen Gedanken mehr an Krieg verschwendet. Krieg war nur woanders. Hier lebte man in Frieden. In den letzten Monaten und Jahren ist uns bewusst geworden, dass dieses eben nicht selbstverständlich ist. Plötzlich gibt es wieder mitten in Europa Krieg und auch deutsche Soldaten sind, wenn auch im Auftrag der Weltgemeinschaft, im Einsatz.

Doch Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Frieden ist auch eine Einstellung. Wir sprechen davon, dass man seinen inneren Frieden gefunden hat. Man ist dann im Reinen mit sich selbst.

Der Prophet Micha erinnert uns daran, dass man schlecht einfach so mit sich im Reinen sein kann. Micha weist uns darauf hin, dass unser Friede in Gottes Hand liegt. Wir brauchen nicht alleine für unseren Seelenfrieden zu kämpfen, nein Gott wird uns helfen. Wir können ganz darauf vertrauen.

Auch der eben gesungene 121ste Psalm berichtet von diesem Gottvertrauen. Er lässt deinen Fuß nicht wanken, er, der dich behütet, schläft und schlummert nicht. Gott ist also bei uns, auch in schwieriger Zeit.

Und wir alle sind ja heute morgen so ein wenig in schwieriger Zeit. Es stehen Prüfungen an. Die Lehrer und Lehrerinnen zittern, dass alles glatt gehen möge und die Studierenden hoffen, dass all ihr Wissen nachher in der Prüfung auch präsent ist, dass es abgerufen werden kann.

Sicher wäre es theologisch falsch, zu behaupten, dass der Ausgang der Prüfung etwas darüber Aussage, dass Gott anwesend oder abwesend ist. Nein, so lässt sich Gott nicht vereinnahmen. Das wäre ja so, als wollten wir Gott auf die Probe stellen. Klappt die Prüfung, dann gibt es ihn, versage ich, dann ist eben dieser Gott Schuld.

Nein, so einfach ist es nicht. Gottvertrauen ersetzt nicht das eigene Lernen. Aber es hilft in den Situationen, in denen ich versage. Die Gewissheit, dass auch und gerade hier Gott bei mir ist, diese Gewissheit spendet Kraft.

Nun wünsche ich uns zwar viel Gottvertrauen, aber hoffe doch auch, dass wir uns dessen nicht unbedingt bewusst werden müssen. Mögen alle in den Prüfungen ihre Ziele erreichen.

Lied:

639, Wenn das Brot das wir teilen

Lasst uns beten:

Gott, du bist die Quelle unseres Lebens

Duhast uns unsere Würde gegeben,

du liebst uns wie ein Vater,

du kümmerst dich um uns wie eine Mutter.

Manchmal spüren wir, dass wir dein Ebenbeld sind.

Du willst, dass wir Leben in Fülle haben.

Wir bitten dich um deine Kraft,

die uns ermutigt zum Leben,

die uns verbindet in Gemeinschaft untereinander

und uns freimacht für eigene Wege.

Du Gott ohne Grenzen,

vor dir wollen wir

unsere Gedanken und Träume ernst nehmen.

Mit dir sehnen wir uns nach Gerechtigkeit und Frieden für unsere Welt und für unser Zusammenleben.

Damit aus Anklagen neues Leben wachsen kann,

darum bitten wir dich.

Wenn du, Gott, uns hilfst,

dann werden wir uns nicht zerstreiten,

dann können wir als deine Töchter und Söhne

auf dieser Erde den Himmel säen.

Dann wird aus unserer Wüste ein Garten des Lebens.

Gott, lass in unserem Tun und Reden,

in unseren Träumen und in unserem alltäglichen Leben

deine Kraft wirksam sein.

Gemeinsam beten wir, wie Jesus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel

geheiligt werde dein Name,

dein Reich komme,

dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

L: Lasst uns preisen den Herrn.

G: Gott sei ewig Dank

L:Es segne und behüte uns Gott,

der Allmächtige und Barmherzige,

Vater, Sohn und Heiliger Geist.

G: Amen

17. Sonntag nach Trinitatis 29.9.96

Michaelistag, Hebr. 1,7.13-14

Pfarrerin Marion Eimuth

Orgelvorspiel

Gemeinde: Eingangslied: EG 437, 1-3

Pfarrerin: Psalm 91:

Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt

und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt,

der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und

meine Burg,

mein Gott, auf den ich hoffe.

Denn er errettet dich vom Strick des Jägers

und von der verderblichen Pest.

Er wird dich mit seinen Fittichen decken,

und Zuflucht wirst du haben unter seinen

Flügeln.

Seine Wahrheit ist Schirm und Schild,

daß du nicht erschrecken mußt vor dem Grauen

der Nacht,

vor den Pfeilen, die des Tages fliegen,

vor der Pest, die im Finstern schleicht,

vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt.

Denn der Herr ist deine Zuversicht,

der Höchste ist deine Zuflucht.

Es wird dir kein Übel begegnen,

und keine Plage wird sich deinem Hause nahen.

Denn er hat seinen Engeln befohlen,

daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen,

daß sie dich auf den Händen tragen

und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.

Über Löwen und Ottern wirst du gehen

und junge Löwen und Drachen niedertreten.

„Er liebt mich, darum will ich ihn erretten;

er kennt meinen Namen, darum will ich ihn schützen.

Er ruft mich an, darum will ich ihn erhören; ich bin bei ihm in der Not,

Ich will ihn herausreißen und zu Ehren bringen.

Ich will ihn sättigen mit langem Leben

und will ihm zeigen mein Heil“.

Kommt , laßt uns anbeten:

Gemeinde: Ehr sei dem Vater und dem Sohn..

Pfarrerin: Sündenbekenntnis:

Gott, himmlischer Vater, du kennst uns, dir vertrauen wir uns an: Oft sind wir nur auf uns selbst bedacht und sehen nicht die Menschen, die uns entgegenkommen. Oft sind wir nur von uns selbst überzeugt und achten nicht auf die Worte, mit denen du uns weiterhilfst. Oft sind wir nur von der Hektik des Alltags bestimmt und übersehen die Momente, in denen sich der Himmel öffnet. So bitten wir: Öffne du unsere Ohren und Herzen, hilf uns zu achten auf die Menschen, auf dein Wort, auf deine Liebe.

„Herr, erbarme dich!“

Gemeinde: Herre, Gott, erbarme dich,

Christe, erbarme dich,

Herre Gott, erbarme dich!

Pfarrerin: Gandenwort:

Weil Gottes gute Mächte uns behüten und bewahren auf unseren Wegen, stimmen wir ein in das Lob:

„Ehre sei Gott in der Höhe:“

Gemeinde: Allein Gott in der Höh sei Ehr

und Dank für seine Gnade, darum daß nun

und nimmermehr uns rühren kann kein

Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat;

nun ist groß Fried ohn Unterlaß, all Fehd

hat nun ein Ende.

Pfarrerin: Gebet

Gott des Himmels und der Erde,

in vielfältiger Weise kommst du uns nahe,

schenkst uns deine Liebe und Gnade.

Laß deine Engel bei uns sein,

daß sie uns begleiten auf unserem Weg,

daß sie uns Freude schenken

und neue Möglichkeiten zeigen.

Laß uns durch sie deine Nähe erfahren.

Amen.

Pfarrerin: 1. Schriftlesung:

Josua 5, 13-15

Und es begab sich, als Josua bei Jericho war, daß er seine Augen aufhob und gewahr wurde, daß ein Mann ihm gegenüberstand und ein bloßes Schwert in seiner Hand hatte. und Josua ging zu ihm und sprach zu ihm: Gehörst du zu uns oder zu unsern Feinden? Er sprach: Nein, sondern ich bin der Fürst über das Heer des Herrn und bin jetzt gekommen. Da fiel Josua auf sein Angesicht zur Erde nieder, betete an und sprach zu ihm: Was sagt mein Herr seinem Knecht? Und der Fürst über das Heer des Herrn sprach zu Josua: Zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn die Stätte, darauf du stehst, ist heilig. Und so tat Josua.

Halleluja

Gemeinde: Halleluja, Halleluja, Halleluja

Gemeinde: Lied, 346, 1+3+4

Pfarrerin: 2. Schriftlesung:

Mt. 18, 1-5.10

Zu derselben Stunde traten die Jünger zu Jesus und fragten: Wer ist doch der Größte im Himmelreich? Jesus rief ein Kind zu sich und stellte es mitten unter sie und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. Wer nun sich selbst erniedrigt und wird wie dies Kind, der ist der Größte im Himmelreich. Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf. Seht zu, daß ihr nicht einen von diesen Kleinen verachtet. denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen allezeit das Angesicht meines Vaters im Himmel.

„Ehre sei dir Herr!“

Gemeinde: Lob sei dir o Christe!

Pfarrerin und Gemeinde:

Laßt uns Gott loben und preisen mit dem Bekenntnis unsers Glaubens:

Ich glaube an Gott, den Vater,

den Allmächtigen,

den Schöpfer des Himmels und der Erde;

und an Jesus Christus,

seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn,

empfangen durch den Heiligen Geist,

geboren von der Jungfrau Maria,

gelitten unter Pontius Pilatus,

gekreuzigt, gestorben und begraben,

hinabgestiegen in das Reich des Todes,

am dritten Tage auferstanden von den Toten,

aufgefahren in den Himmel;

er sitzt zur Rechten Gottes,

des allmächtigen Vaters;

von dort wird er kommen,

zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist,

die heilige, christliche Kirche,

Gemeinschaft der Heiligen,

Vergebung der Sünden

Auferstehung der Toten

und das ewige Leben. Amen.

Gemeinde: Lied 331, 1-3+5+10

Pfarrerin: Predigt:

Hebr. 1, 7.13-14

Von den Engeln spricht er zwar: „Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen“,

Zu welchem Engel aber hat er jemals gesagt: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache?“

Sind sie nicht allesamt dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die das Heil ererben sollen?

Liebe Gemeinde,

Heute ist Michaelistag, der Tag des Erzengels Michael. Übersetzt heißt er: „wer (ist) wie Gott?“

Michael wurde zum Schutzpatron des deutschen Volkes, daher später „der deutsche Michel“. Luther hat das Fest des Erzengels Michael hochgeschätzt.

In einer Überlieferung heißt es: „er ist der Schlüsselbewahrer des Himmelreiches, nimmt die Gebete der Menschen entgegen und trägt die guten Werke der Frommen zu Gott empor“.

Der Tag an dem dem Engel Michael, eben Michaelis, gedacht wird, ist Grund genug, auch heute an diesem Sonntag über das Wirken der Engel nachzudenken.

Sicherlich kennen viele von Ihnen den Abendsegen aus Engelbert Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“:

Abends, will ich schlafen gehn,

vierzehn Engel um mich stehn:

zwei zu meinen Häupten,

zwei zu meinen Füßen,

zwei zu meiner Rechten,

zwei zu meiner Linken,

zweie, die mich decken,

zweie, die mich wecken,

zweie, die mich weisen,

zu Himmels Paradeisen!

Für Kinder ist die Welt voller Geheimnisse und Wunder. Sie können mehr sehen und erfahren, weil für sie alles möglich ist und die Welt noch nicht festgelegt. Die meisten haben das verlernt, als sie erwachsen wurden. Vernünftig und aufgeklärt trauen wir den kleinen Wundern des Alltags nicht mehr – und so sind auch die Engel in Vergessenheit geraten.

Doch in der Bibel wird viel erzählt von Gottes Engeln, immer wieder begegnen Menschen ihnen – von den Anfängen bis zu den Visionen des Johannes. Engel lassen die Menschen erfahren, was Gott ihnen Gutes bringt: Sie helfen und schützen, sie bringen Menschen auf den Weg und trösten. Sie gehen mit auf dem Weg des Volkes Israel durch die Wüste, und ein Engel sagt Maria die Geburt Jesu an. Dabei spielt es keine Rolle, wie die Engel aussehen, ja, das kann sogar sehr verschieden sein: Sichtbar oder unsichtbar, manchmal in der Gestalt von Menschen erscheinen sie. Im Hebräerbrief wird knapp zusammengefaßt, was sich über die Engel sagen läßt: „Sind sie nicht allesamt dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die das Heil ererben sollen?“

Dem Schreiber des Hebräerbriefes kommt es darauf an: Engel gelten nichts für sich, sie gehen ganz auf in ihrem Auftrag: Als dienstbare Geister bringen sie Gottes Güte unter die Menschen: Engel helfen und begleiten Menschen, Engel kündigen Neues an.

So sind die Engel nicht faßbar, nicht dingfest zu machen. Und doch läßt sich ihr Wirken erfahren: Wie sie uns schützen und ermutigen, wie sie uns Gottes Liebe nahebringen. Darum möchte ich von den Engeln nicht allgemein reden, sondern ihre Spuren im Alltag und in der Bibel suchen; von vier solcher Spuren will ich erzählen.

„Sie sind ein Engel“, sagte die alte Frau und sah ihre Nachbarin freudestrahlend an. Die war gerade hereingekommen mit einer schweren Einkaufstasche. Seit die Frau nach ihrer Operation nicht mehr so gut gehen konnte, war sie darauf angewiesen, daß ab und an jemand für sie einkaufen ging. Schön, daß ihre Nachbarin dazu Zeit hatte.

Du bist ein Engel – meist ist ein solcher Satz wohl einfach so, halbernst, dahingesagt. Und doch: Mindestens in unserer Sprache haben sie sich gehalten. Menschen, die uns helfen, die uns Gutes tun, werden als Engel bezeichnet. Mein Engel wird die Geliebte genannt, und die Helferinnen im Krankenhaus heißen rosa Engel. Hinter solchen Worten verbirgt sich vermutlich oft mehr: ein Wissen darum, daß die Engel nicht ausgestorben sind, daß ihre Spuren mitten in unserer modernen Welt zu finden sind. Es gibt eine Sehnsucht danach, auch heute Gottes Engel zu begegnen.

Wie das geschehen kann, dazu gibt der Hebräerbrief einen Hinweis: „Vergeßt die Gastfreundschaft nicht; denn dadurch haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt.“ Gastfreundschaft, das ist auch die Freundlichkeit gegenüber Fremden. Menschen aus anderen Ländern und Kulturen freundlich aufzunehmen, das ist nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit, denn hier wird gesagt: „Dadurch haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt.“ Wie eintönig verliefe unser Leben, wären da nicht die Begegnungen mit unbekannten Menschen. Sie weiten den Horizont und zeigen, wie bunt und vielfältig das Leben sein kann. In der Begegnung öffnet sich die Welt der Engel.

Müde war der Prophet Elia. Einfach müde und enttäuscht. Darum zog er sich zurück, ganz allein in die Wüste. Von den Menschen wollte er nichts mehr wissen. Und auch von Gott nicht. So legte er sich, es konnte ihn nichts mehr halten. Er wollte nur noch Ruhe, schlafen, sterben. Es ist genug, sprach er, so nimm nun, Herr, meine Seele.

Wer weiß, wie lange er so gelegen hat und geschlafen. Auf einmal erwachte er. Der Duft von frisch gebackenem Brot hatte ihn aufgeweckt: Oder war es ein Engel, der gesagt hatte: Steh auf und iß? Er richtete sich auf und schaute um sich. Fladenbrot lag da, und daneben stand ein Krug voll frischen Wassers. Elia merkte, wie seine Lebensgeister sich wieder regten. Noch hielt ihn aber seine Müdigkeit, und er legte sich wieder schlafen. Und wieder spürte er, wie ein Engel ihn anrührte und sagte: Steh auf und iß! Denn du hast einen weiten Weg vor dir. Und da aß Elia vom Brot, trank Wasser und ging los – auf den Weg ins Leben.

Der Engel hat ihn auf den Weg gebracht. Ein Bote Gottes, der ins Leben zurückruft. Er ist da – im richtigen Moment. Als Elia ganz am Ende ist, gefangen in seiner Depression. Ohne Mut und Hoffnung. Da ist der Engel bei ihm und rührt ihn an. Er läßt Elia nicht fallen in die Schatten des Todes, sondern holt ihn heraus. Mit Hilfe des Engels kommt Elia wieder auf die Beine, seine Verzweiflung wandelt sich in neuen Mut, und der Engel zeigt ihm: Du bist noch nicht am Ende, du hast noch viel vor dir.

Wie gut, daß es Engel gibt. Sie zeigen uns die Möglichkeiten des Lebens, gerade wenn alle Wege verschlossen scheinen. Der Schmerz kann allen Lebensmut verzehren. Die Engel zeigen uns, daß das Leben noch viele Möglichkeiten für uns bereithält, von denen wir noch gar nicht wissen.

„Der hat aber einen Schutzengel gehabt“ – heißt es. Nach einem gefährlichen Unfall ist er noch einmal glimpflich davongekommen, es hätte ganz anders ausgehen können. Aber das ist wohl meistens nur schnell dahingesagt, das mit dem Schutzengel. Wer glaubt denn wirklich, daß es ein Schutzengel war? Immerhin, in solchen Worten kommt wohl eine Sehnsucht zum Ausdruck – nach dem, was wir als Kinder einfach so glauben konnten: daß wir nicht alleingelassen sind in den Gefahren des Lebens. Die Sehnsucht, daß unser Leben in guten Händen ist.

Für Martin Luther war das selbstverständlich. In seinem Morgengebet heißt es: „Dein heiliger Engel sei mit mir, daß der böse Feind keine Macht an mir finde.“ So sollte jeder Tag beginnen: mit der Bitte, daß Gottes Engel bei uns ist. Der kann uns begleiten und trösten, der bietet uns Schutz und öffnet uns die Augen, für den Himmel über uns und in uns. Der Engel, den Luther meint, ist die gute Macht Gottes, die jedem persönlich gilt. Gott ist für uns unverfügbar, und doch ist seine Liebe erfahrbar im Engel, der uns begleitet. So wie ein Kind begleitet und geführt wird von der Hand der Mutter oder des Vaters, so geht im Engel Gott mit ins.

Das ist freilich keine Garantie für ein sorgenfreies Leben; so, als könnte uns nichts passieren, weil die Schutzengel schon auf uns aufpassen. Aber im Vertrauen auf Gottes Engel kann ich wissen: Ich bin nicht allein auf den Wegen des Lebens. Ich bleibe behütet im Auf und Ab des Alltags. Trotz aller Probleme, Gefahren und Auforderungen: Ich bleibe geborgen im Schutz des Engels Gottes. In dem eben gehörten Psalm heißt es: „Gott hat seinen Engeln befohlen, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen“.

Meistens singen oder musizieren Engel. So jedenfalls hat es den Anschein, wenn man sich ältere Darstellungen von Engeln ansieht. Warum werden Engel so oft singend und musizierend dargestellt? habe ich mich gefragt; und ich glaube: Die Musik der Engel ist wie eine Melodie mitten in der Nacht. Mitten in einer Welt voll Streit und Haß ertönt leise diese Melodie von Frieden und Hoffnung, von Gottes Reich. Die Musik der Engel verrät uns: Es gibt noch mehr als das, was wir sehen; wir bleiben gehalten von Gottes Kraft. Dietrich Bonhoeffer hat das in seiner Haft in einem Brief an seine Braut so zum Ausdruck gebracht:

„Deine Gebete, gute Gedanken, Worte aus der Bibel, längst vergangene Gespräche, Musikstücke und Bücher – das alles gewinnt Leben und Realität wie nie zuvor. Es ist eine große unsichtbare Welt, in der man lebt. An ihrer Realität gibt es keinen Zweifel. Wenn es in dem alten Kirchenlied von den Engeln heißt: zwei, um mich zu decken; zwei, um mich zu wecken – so ist diese Bewahrung durch gute unsichtbare Mächte am Morgen und in der Nacht etwas, das Erwachsene heute genau so brauchen wie die Kinder. Darum sollst du nicht denken, ich wäre unglücklich.“

Wohlgemerkt, das schreibt Bonhoeffer wenige Monate vor seiner Hinrichtung. Die Schrecken von Bombennächten und Naziterror bestimmen seine Tage; und doch weiß er mitten im Leid um die andere Dimension des Lebens. Mitten im Unfrieden der Welt bleibt leise die Musik der Engel.

Amen.

Gemeinde: Lied 142, 1+2+5+6

Pfarrerin: Abkündigungen

Gemeinde: Lied 170 und Kollekte

Pfarrerin: Fürbittengebet

Guter Gott,

Schöpfer alles Sichtbaren und Unsichtbaren,

der du uns nahe kommst in deinen Boten, den Engeln,

wir bitten dich:

für alle, die einsam oder allein sind: daß sie Nähe erfahren;

für die, die um einen geliebten Menschen trauern: daß sie Trost finden;

für die Kranken in der Nähe und in der Ferne: daß sie Kraft bekommen;

für die Verzweifelten, die aufgeben wollen: daß sie wieder Mut schöpfen;

für alle, die leiden unter den Ungerechtigkeiten: daß sie Recht erfahren;

für alle, die sich nach einem besseren Leben sehnen: daß sie Leben in Fülle finden.

Laß deine Engel unter uns gegenwärtig sein:

Und was uns noch bedrängt bringen wir vor dich

mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden

unseres Gottes:

Der Herr segne dich und behüte dich,

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und

gebe dir Frieden. Amen.

Orgelnachspiel

Gottvertrauen

Pfarrerin Marion Eimuth

10.11.1996

Predigt, 1. Thess.5,1-6

Drittletzter Sonntag im Kirchenjahr

Die Gnade Jesu Christi, des Herrn, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Liebe Gemeinde,

Immer wieder tauchen die alten quälenden Fragen auf: Wer bin ich? Woran soll ich glauben? Was ist richtig und falsch? Was soll ich tun? Woher komme ich und wohin gehe ich? Es sind die Fragen nach dem Sinn des Lebens. Die Antworten darauf werden von den Kirchen erwartet.

Antworten der gleichen Art wurden auch von Paulus erwartet, der in Thessalonich eine Gemeinde gegründet hatte und zwar schon recht früh. Nachdem Paulus in Philippi große Mißhandlungen erlitten hatte, hat er den Mut in Thessalonich die frohe Botschaft weiter zu predigen. Zur Gemeinde zählten gottesfürchtige Griechen, vor allem auch vornehme Damen der Stadt.

Paulus hatte den Thessalonichern das bevorstehende Kommen Christi verkündigt. Nun, da Paulus weitergereist ist erwarten sie die Wiederkunft Jesu noch zu ihren Lebzeiten. Aber schon einige Jahre waren vergangen und etliche Gemeindeglieder bereits gestorben.

Die Sorge der Thessalonicher mußte brieflich verhandelt werden. Sie fragen Paulus:

Wann kommt Jesus denn nun? Unsere lieben Verstorbenen haben seine Wiederkunft nicht erlebt – sind sie dann von dem Heil, das Jesus uns bringen wird, ausgeschlossen? Und werden wir ihn empfangen können, oder sind auch wir von der Seligkeit ausgeschlossen, wenn wir vorher sterben?

Auf diese Fragen anwortet Paulus:

1. Thess. 5, 1-6

Über Zeit und Stunde, Brüder und Schwestern, brauche ich euch nicht zu schreiben. Ihr selbst wißt genau, daß der Tag des Heern kommt wie ein Dieb in der Nacht. Während die Menschen sagen: Friede und Sicherheit! kommt plötzlich Verderben über sie wie die Wehen über eine schwangere Frau, und es gibt kein Entrinnen. Ihr aber, Brüder und Schwestern, lebt nich im Finstern, so daß euch der Tag nicht wie ein Dieb überraschen kann. Ihr alle seid Söhne und Töchter des Lichts und Söhne und Töchter des Tages. Wir gehören nicht der Nacht und nicht der Finsternis. Darum wollen wir nicht schlafen wie die anderen, sondern wach und nüchtern sein.

Das Entscheidende sind nicht Zeit und Stunde.

Entscheidend ist der Glaube, zu dem ihr gekommen seid, und die Hoffnung auf Gott. Mit Liebe beantwortet er die Fragen seiner Gemeinde: Ihr seid zu dem Glauben an Christus gekommen, das ist eine Hoffnung, die über Zeiten und Stunden hinausgeht.

Ihr habt den Glauben, daß Christus gestorben und auferstanden ist. In diesem Glauben sind eure Angehörigen gestorben.

Dieser Glaube macht euch und eure verstorbenen Angehörigen unverbrüchlich zu Kindern des Lichts. Die Auferstehung Christi ist grenzenlos, sie umfaßt auch eure Toten. In diesem Glauben bleibt, lebt darin, festigt euch darin. Dann kann Jesus wiederkommen, wann er will und wie er will – ihr seid immer schon mit ihm verbunden. Bleibt auf eurem Weg.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, daß die Fragen der Thessalonicher uns nicht mehr betreffen. Wem macht es das Herz schwer, daß er Jesus zu seinen Lebzeiten vielleicht nicht mehr begegenen wird? Doch diese Fragen und die Antwort des Paulus beinhalten ein menschliches Grundthema, ein christliches Grundthema, das auch uns betrifft.

Da hat etwas begonnen, z.B. die Arbeit für das Reich Gottes, aber das Reich Gottes ist unendlich fern. Wir leben und arbeiten für Ziele, aus unserem Glauben heraus, auf Gottes Wort hin, aber die Erfüllung, der „Erfolg“ bleibt aus. Unsere Fragen könnten vielleicht so lauten:

Wann endlich verändert sich denn etwas hin zu Friede und Gerechtigkeit? Wann fruchtet unsere Arbeit mit den Kindern- und Jugendlichen. Wann gelingt es uns, die Ohren für die Probleme der Obdachlosen zu öffnen – anstatt wie hier in Frankfurt eine „Gefahrenabwehrverordnung“ zu erlassen.

Wann kommt Gottes Reich? Wie kann es gelingen, daraufhin zu leben angesichts ausbleibender „Erfolge“, ausbleibender Veränderungen?

Das Reich Gottes ist kaum wahrnehmbar, leben wir Christinnen und Christen wirklich in einer begründeten Hoffnung?

Gerade zur Jahrtausendwende macht sich wieder eine Angst vor dem Weltuntergang breit. Da kommen eine Vielzahl von neuen religiösen Gruppen auf, die sich dieser Endzeitstimmung bemächtigen. Versprechen das Heil und Überleben nur in ihrer jeweiligen Gruppe und nutzten die Ängste der Menschen schamlos aus.

Doch bereits Tausend Jahre zuvor gab es das auch schon einmal. Damals hat man Zeichen des nahen Endes gesammelt und das eigene Leben im Licht dieser Endzeichen gedeutet. In der damaligen Frömmigkeit drückte sich die Endzeitfurcht auch dadurch aus, daß man möglichst viele gute Werke tun wollte: Höchste Aktivität und baldige Erwartung des Jüngsten Tages schließen sich nicht aus.

„Über Zeit und Stunde brauche ich euch nicht zu schreiben“, so Paulus.

Das ist manchmal ganz schön schwer, so völlig auf sein Gottvertrauen und auf die Hoffnung verwiesen zu sein, eine Hoffnung, die nicht sieht, die unabhängig ist von „Erfolg“, von sichtbarer Erfüllung.

„Der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht“. Völlig überraschend, unberechenbar.

Manchmal ist der Tag Gottes heute. Heute, wenn Mauern fallen. Heute, wenn Versöhnung gelingt. Heute, wenn ein Mensch endlich aus seiner Trauer heraustritt. Heute, wenn ein Durchbruch gelingt, plitisch, seelisch, gesundheitlich…

Heute ist Gottes Tag, wo wir hier Gottesdienst feiern, sichtbares Zeichen der Gegenwart Gottes in dieser Welt. Und wie gering auch immer unser Christsein gegenüber der Finsternis dieser Welt sein mag: es ist doch Gottes Anwesenheit in dieser Welt. Durch uns hindurch. Gott kommt, wann und wie er will. In kleinen Ereignissen, in großen Umwälzungen. In kleinen Leuten, seltener in großen Leuten. Wann Gottes Reich ganz und gar verwirklicht sein wird – da müssen wir uns dieselbe Antwort gefallen lassen wie die Thessalonicher. Ihr seid Kinder des Lichts. Bleibt auf eurem Weg. Festigt euren Glauben. Zeit und Stunde sind unwichtig. Ihr seid doch sowieso mit Gott verbunden.

Einer, der sich mit Gott auch in der Gefangenschaft im Konzentrationslager verbunden fühlte, war Dietrich Bonhoeffer.

Wer bin ich? Sie sagen mir oft,

ich träte aus meiner Zelle,

gelassen und heiter und fest

wie ein Gutsherr aus seinem Schloß.

Wer bin ich? Sie sagen mir oft,

ich spräche mit meinen Bewachern

frei und freundlich und klar,

als hätte ich zu gebieten.

Wer bin ich? Sie sagen mir auch,

ich trüge die Tage des Unglücks

gleichmütig, lächelnd und stolz,

wie einer, der Siegen gewohnt ist.

Bin ich das wirklich,

was andere von mir sagen?

Oder bin ich nur das,

was ich selbst von mir weiß?

unruhig, sehnsüchtig, krank,

wie ein Vogel im Käfig,

ringend nach Lebensatem,

als würgte mir einer die Kehle,

hungernd nach Farben, nach Blumen,

nach Vogelstimmen,

dürstend nach guten Worten,

nach menschlicher Nähe,

zitternd vor Zorn über Willkür

und kleinlichste Kränkung,

umgetrieben vom Warten auf große Dinge,

ohnmächtig bangend um Freunde

in endloser Ferne,

müde und leer zum Beten, zum Denken,

zum Schaffen,

matt und bereit,

von allem Abschied zu nehmen?

Wer bin ich? Der oder jener?

Bin ich denn heute dieser

und morgen ein anderer?

Bin ich beides zugleich?

Vor Menschen ein Heuchler

und vor mir selbst

ein verächtlich, wehleidiger Schwächling?

Oder gleicht, was in mir noch ist,

dem geschlagenen Heer,

das in Unordnung weicht

vor schon gewonnenem Sieg?

Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.

Wer ich auch bin, du kennst mich,

Dein bin ich, O Gott!

Bonhoeffer hat diesen Text im Gefängnis und kurz vor seinem Tod geschrieben. Er ist fern von seinen Freunden und seiner Arbeit, zurückgeworfen auf die Frage Wer bin ich? Und Bonhoeffer antwortet: „Wer ich auch bin, du weißt es.“ Das ist Glaube und das ist die große Erwachsenheit diese Frage sich selber unbeantwortet zu lassen.

Und so stürzt Bonhoeffer sich im Gebet aus dieser Frage in den freien Fall: Dein bin ich, o Gott. Und er hofft, daß er nicht in eisige Abgründe fällt. Er hofft, daß sein Name aufgeschrieben ist im Buch des Lebens, auch wenn er ihn selber noch nicht kennt.

Das ist genau der Glaube, den Paulus sich wünschte. Paulus lehrt uns auch in ausweglosen Situationen Gottvertrauen zu haben. Bonhoeffer hatte es.

Amen.