Kinderglaube stärkt für's Leben

Evangelisches Frankfurt: April 2004 · 28. Jahrgang · Nr. 2

„Brauchen Kinder Religion?“ –

150 Fachleute diskutierten in Frankfurt

Kinder & Kirche, Bild: Paul M. Walsh, Wikimedia

„Wohnt Gott im Wind?“ oder „Warum lebe ich, wenn ich doch eines Tages sterben muss?“ Kinder stellen religiöse Fragen. Aber wer gibt ihnen Antworten? Bei einer Fachtagung im Frankfurter Dominikanerkloster, die die Stiftung Ravensburger Verlag veranstaltete, diskutierten gut 150 Fachleute über die Frage „Brauchen Kinder Religion?“ Im Grunde waren sie sich einig: Ein gesunder Kinderglaube stärkt für’s ganze Leben. Der evangelische Religionspädagoge Friedrich Schweitzer sprach sogar von einem „Recht des Kindes auf religiöse Erziehung“. In einer immer kompli zierter werdenden Welt suchten Kinder vermehrt nach Orientierungshilfen. Religiöse Frühförderung müsse deshalb den gleichen Rang haben wie Frühenglisch, Sportförderung oder Medienerziehung. Schweitzer geht jedoch davon aus, dass religiöse Erziehung künftig eher schwieriger als einfacher wird. Viele Eltern seien bei religiösen Fragen ihrer Kinder verunsichert und wüssten oft nicht, wie sie antworten sollen. Der katholische Religionspädagoge Albert Biesinger wünscht sich deshalb mehr „religiöse Elternkompetenz“. Allerdings sieht er in der Distanz vieler Eltern zu einer traditionellen Frömmigkeit auch eine Chance. Die 20- bis 40-Jährigen heute gingen meist unbefangener an religiöse Themen heran als noch die Generation vor ihnen. Viele von ihnen hätten keinerlei Erfahrungen mit Religion gemacht – und also auch keine negativen. Oft werde den Eltern in spiritueller Hinsicht auch zu wenig zugetraut, kritisierte Biesinger: „Warum wird eigentlich die religiöse Erziehung so kompliziert gemacht?“ Vielleicht ist es ja wirklich so einfach: Kinderbibel aufschlagen, gemeinsam anschauen, und schon ist man im Gespräch. Der Berliner Sozialpädagoge Richard Münchmeier wies jedoch darauf hin, dass die Eltern heute nicht mehr der selbstverständliche Garant einer religiösen Erziehung seien, sondern sich ihre Prägekraft mit vielen anderen „Erziehungsmächten“ teilen. Zudem gelte Religion heute als etwas durch und durch Privates und damit als nachrangig gegenüber den vermuteten Anforderungen in Ausbildung und Beruf, an denen sich viele Eltern bei der Erziehung immer mehr orientieren. Der Tübinger Psychiater Gunther Klosinski unterstrich die positive Wirkung von Religion. Religiöse Erziehung und eine religiöse Einstellung förderten ein positives soziales Verhalten. So sei etwa das Bild vom „Schutzengel“ aus entwicklungspsychologischer Sicht für Kinder sehr hilfreich. Klosinski wies aber auch auf die Gefahren einer streng moralisierenden Religion hin. „Wenn Religion zum Austragungsort sozialer und psychischer Konflikte wird, dann wird sie missbraucht.“ Nicht nur die Eltern seien für die Vermittlung einer religiösen Entwicklung von Bedeutung, sondern vor allem auch die Großeltern. Mit ihrem Vorbild könnten sie etwas von ihrer Glaubenspraxis weitergeben.
Kurt-Helmuth Eimuth
Evangelisches Frankfurt: April 2004 · 28. Jahrgang · Nr. 2

Der Baum

Sr Ulrike

23.2.2004

Begrüßung:

Eröffnung:

1. Person:

Ich zünde ein Licht an im Namen des Schöpfers.

Er hat die Welt erleuchtet und den Atem des Lebens

In mich gehaucht.

2. Person:

Ich zünde ein Licht an im Namen des Sohnes.

Er hat die Welt errettet und seine Hand nach

Mir ausgestreckt.

3. Person:

Ich zünde ein Licht an im Namen des Geistes.

Er umfasst die Welt und segnet mein Leben

Mit Verlangen.

4. Person:

Drei Lichter als Zeichen für die Trinität der Liebe:

Gott über uns, Gott neben uns, Gott unter uns:

Der Anfang, das Ende, Das Ewige.

Lied: 181.6 laudate omnes gentes

Gruß:

Gesegnet ist der Mensch,

der sich auf Gott verlässt.

Er ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt,

der seine Wurzeln zum Bach hinstreckt.

Er fürchtet sich nicht in der Hitze,

und seine Blätter bleiben grün.

Er sorgt sich nicht im dürren Jahr,

sondern bringt Früchte zu jeder Zeit.

(Jeremia 17, 7+8)

Psalm 31 gesungen, Frau Franken und Frau Knauf

Meditation:

Der Baum ist ein religiöses Symbol in fast allen Kulturen: Es gibt den Weltenbaum, wir kennen den siebenarmigen Leuchter, die Menorah, den Lebensbaum, den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen. Die Germanen sahen den Baum als Wohnung der Götter, z.B. die Wodans-Eiche, die Bonifazius fällte. Ein Baum war Treffpunkt des Dorfes. Bäume waren Wegweiser, Bäume galten als Glücksbringer, und auch wir haben im Weihnachts- und Maibaum noch den Gebrauch des Festbaumes.

Bäume sind mehr als einfache Pflanzen. Menschliche Lebenserfahrung hat sich mit dem Erleben von Bäumen verbunden. Es gibt die Sitte, bei der Geburt eines Kindes einen Baum zu pflanzen. Manche Menschen meinen im Wald eher dem Göttlichen zu begegnen als in unseren Gottesdiensten. Von Bäumen geht etwas aus. Die meisten Menschen tragen das Bild ihres Lebensbaumes in sich.

Der Baum, fest verwurzelt im Erdreich, aufgewachsen zum Licht, sich ausstreckend, beharrlich, Jahr für Jahr, ist Symbol für Stärke, für Festigkeit und Beharrlichkeit, für Gegründetsein. Im Grünwerden, im Sichverfärben, Kahlwerden und Neuentsprießen ist der Baum Symbol für Leben und Wandlung, für Werden und Vergehen. Das Atmen der Blätter spendet Sauerstoff für uns. Der Baum gibt Schatten und Feuchtigkeit, Erquickung und sorgt für den Ausgleich unseres Klimas und des Wasserhaushalts der Erde. Blüten und Früchte des Baumes erfreuen unser Auge und Herz, sie schmecken und nähren uns, wir empfinden Lust, wir genießen sie.

Sie liebe Sr. Ulrike empfinde ich oftmals wie einen solchen Baum. Sie sind lebendig und doch merkt spürt man etwas von ihren tiefen Wurzeln. Wie ein Baum, so verwöhnen auch sie uns oft mit süßen Früchten. Wenn wir uns ausgelaugt und matt vorkommen, da spenden Sie uns schon ein Glas Wasser.

Schwester Ulrike, so ein runder Geburtstag hat ja immer viele Facetten. Da kann man etwas Bilanz ziehen, neue Pläne schmieden und vor allem Freunde treffen. Für uns, für mich ist dieser Geburtstag ein guter Anlass Ihnen öffentlich zu danken, Dank zu sagen für all die tägliche Mühe, die sie sich geben, die sie sich mit uns geben, Dank zu sagen für die gemeinsame Sorge um die Schule, Dank zu sagen für Ihren Einsatz im Internat. Kurz: An allen Ecken und Enden spüren wir etwas von Ihrem Einsatz. „Ihr sollt ein Segen „ lautete das Motto des Ökumenischen Kirchentages in Berlin. Sie liebe Schwester Ulrike sind ein Segen, ein Segen für die Schule, für das Frankfurter Diakonissenhaus, für uns alle.

Die Verheißung unseres Textes lautet: Wir müssen kein Baum in der Wüste sein, kein kranker Baum. Wir haben unser Lebenssystem, das uns gesund erhalten kann. Wir sollen sein wie ein Baum am lebendigen, gesunden Wasser. Gott ist das Strömen in der Tiefe unseres Seins, die Lebenskraft, die immer neues Werden und Wandlung schafft. Ich muss sie nicht aus mir selbst schaffen. Ich bin geschaffen, um mein Leben zu empfangen von Gott und von ihm darf ich etwas weitergeben; dass ich bin wie dieses lebendige Gefüge des Baumes, das ist Gottes Gabe.

Lied: 599, Selig seid ihr

Gebet:

Mein Baum,

der Baum meines Lebens,

wachsen möchte er auf fruchtbarem Erdreich,

tief seine Wurzeln gründen,

aus der Tiefe schöpfen die Kraft,

die er braucht, um lebendig zu bleiben,

zum Sprießen und Grünen,

sich zu belauben,

zu blühen und Früchte zu tragen.

Aber so vieles scheint vergeblich

An Mühe, Arbeit und Leiden

Und auch an Lachen,

und was mir zukommt an Begegnung,

an Freude und Glück,

scheint schnell zu verfliegen.

Lass mich gegründet sein in mir,

tiefer noch, in dir, mein Gott!

Und was uns noch bedrängt bringen wir vor dich

mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Lied: 170 Komm Herr segne uns

Dankesworte Sr. Ulrike

Segen:

Gott gehe dir voraus, Schwester und Bruder,

und zeige dir den rechten Weg,

Gott sei nahe bei dir

Und lege seinen Arm um dich.

Gott sei hinter dir,

dich gegen alle dunkle Macht zu bewahren.

Er sei unter dir,

dich aufzufangen, wenn du fällst.

Er sei neben dir,

dich zu trösten, wenn du traurig bist.

Gott sei in dir,

dich zu heilen.

Er sei um dich her,

dich zu schützen in der Angst.

Er sei über dir

Wie die Sonne am Himmel

Und stärke dich mit seiner Kraft.

Amen.

Chor: O happy day

Dem Zappelphilipp kann geholfen werden

Evangelisches Frankfurt November 2003

Dem Zappelphilipp kann geholfen werden

Paul war ein liebenswertes, aufgewecktes Kind. Dass man mit ihm kaum in ein Restaurant gehen konnte, irritierte die Eltern zunächst nur wenig. Kinder sind halt lebhaft. Beim Übergang vom Kindergarten zur Schule gab es dann die ersten Probleme, doch Dank einer engagierten Lehrerin kam Paul glimpflich durch die Grundschulzeit. Natürlich fiel auf, dass er sehr unruhig und lebhaft war und kaum auf seinem Stuhl sitzen konnte. Auch zuhause war Paul extrem anstrengend. Das Einhalten von Regeln war nicht seine Stärke, ständig musste sich alles um ihn drehen.
Der Start ins Gymnasium war eine halbe Katastrophe. Der Mathelehrer empfahl die Realschule. Schließlich gingen die Eltern mit Paul zu einem Intelligenztest.
Ergebnis: Paul ist überdurchschnittlich begabt. Der Besuch bei einer Kinderneurologin brachte Klarheit: Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS) oder auch ADHS (Aufmerksamkeits-Hyperaktivstörung). Für Wolfgang Schrödter von der Psychologischen Beratungsstelle Höchst ist Paul kein Einzelfall. „Eigentlich“, so der Psychologe, sind wir seit mehr als 30 Jahren damit befasst.“ Es habe schon immer Kinder gegeben, die besonders unruhig sind. Seit der Diskussion um ADS beziehungsweise ADHS suchen Eltern verstärkt Beratungsangebote auf. Für Wolfgang Schrödter ist eine sorgfältige Diagnose wichtig. Die Familiengeschichte etwa oder Komplikationen bei der Geburt.
„Der Konflikt muss nicht da liegen, wo er zu liegen scheint“, weiß Schrödter. Da schickt etwa ein Lehrer ein Kind in die Beratungsstelle, weil es immer so unruhig ist. Aber ist das vielleicht nur die gesunde Reaktion auf einen langweiligen Unterricht? Auch bei der Frage, ob ADHS medikamentös behandelt werden sollte, ist Schrödter vorsichtig. Oft werde das Beruhigungsmittel Ritalin ohne fundierte Diagnose verschrieben. „Die internationalen Zahlen legen den Verdacht nahe, dass weit über den Bedarf verschrieben wird.“ Doch im Einzelfall könne eine medikamentöse Therapie durchaus angebracht sein. Die Psychologische Beratungsstelle Höchst ist unter Telefon 3399980 zu erreichen.
Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt November 2003

Der Generationenkrieg

Das 4. Gebot mahnt nicht nur, sondern es hat auch eine ganz praktische Konsequenz: Wer heute Vater und Mutter auf das finanzielle Abstellgleis schiebt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Kinder in einigen Jahren mit ihm ebenso verfahren.Das 4. Gebot mahnt nicht nur, sondern es hat auch eine ganz praktische Konsequenz: Wer heute Vater und Mutter auf das finanzielle Abstellgleis schiebt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Kinder in einigen Jahren mit ihm ebenso verfahren. - Foto: wikimedia/Pmikkola

Möglicherweise ist nicht mehr viel von der Bibel bekannt, aber der Satz „Du sollst Vater und Mutter ehren“, also das 4. Gebot, hat sich in das kollektive Gedächtnis eingebrannt. Es steht als moralischer Imperativ, der auch für Nicht-Christen Bedeutung hat. Mit gutem Grund.
Seit die Großfamilie nicht mehr für den würdevollen Lebensabend der Alten sorgt, tritt die staatliche Rente als solidarischer Ersatz ein. Unumstritten schien, dass diejenigen, die lange gearbeitet haben, in Würde und ohne Armut alt werden können. Dass es heute weitgehend keine Altersarmut gibt und die medizinische Versorgung die Lebenserwartung ständig steigen lässt, ist ein hohes Gut.
Doch jetzt, bei steigenden Sozialausgaben und sinkenden Steuereinnahmen, wird dieser Konsens aufgekündigt. Es wird nach der Generationengerechtigkeit gefragt, manche Beobachter sprechen sogar schon vom Generationenkrieg. In der Tat tobt ein Verteilungskampf zwischen Alten und Jungen. Falsche Alternativen werden aufgemacht: Mehr Bildung oder mehr Rente? Mehr Kinderbetreuung oder Hüftgelenke auch für 85-Jährige? Eine unsägliche Debatte.
Das 4. Gebot mahnt nicht nur, sondern es hat auch eine ganz praktische Konsequenz: Wer heute Vater und Mutter auf das finanzielle Abstellgleis schiebt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Kinder in einigen Jahren mit ihm ebenso verfahren.

Kurt-Helmuth Eimuth
Evangelisches Frankfurt Oktober 2003

Nein, Herr Koch

Roland Koch, CDU

Kommentar

Der Vorgang ist ohne Beispiel: Da wird gestrichen und gekürzt nach Gutsherrenart. Was gestern noch gefördert wurde, ist heute überflüssig. Die „Giftliste“ trifft Bereiche, die der CDU schon immer eher ein Dorn im Auge waren: Frauenförderung oder die Arbeit mit Migranten. Wirklich überraschend ist das nicht.
Schon eher verwunderlich ist der Umgang der Christdemokraten mit den freien Trägern, mit der Kirche. Sie waren bisher der Garant für eine qualifizierte soziale Arbeit. Und sie verließen sich auf die staatlichen Zuwendungen. Diese Zuwendungen sind keine Subventionen kirchlicher Arbeit, sondern im Gegenteil: Das soziale Engagement gesellschaftlicher Gruppen, hier der Kirche, erspart es dem Staat, selbst tätig zu werden, und spart zudem Geld, denn die Kirche legt ja immer noch etwas dazu.
Doch dieses Prinzip funktioniert nur, wenn es eine vertrauensvolle Basis für die Zusammenarbeit gibt. Wer kurzfristig Kürzungen in diesem Ausmaß beschließt, zieht zahlreichen Trägern den Teppich unter den Füßen weg. Einige Einrichtungen werden schließen, andere ihr Angebot einschränken. Auf die Folgen wurde schon vielfältig hingewiesen. Tatsächlich steht nichts Geringeres als der soziale Frieden auf dem Spiel. Angesichts dieser Dimension sind die Folgen für die Kirche eher kleine, nichts desto trotz aber ärgerlich. Denn die Kirchen tragen das unternehmerische Risiko. Sie haben Räume angemietet und Personal eingestellt. Schließlich hat man auch eine Verantwortung der Mitarbeiterschaft gegenüber. Wie radikal die Regierung Koch vorgeht, zeigt sich am Flughafen. Der Vertrag zum Betrieb des Flughafensozialdienstes, den beide Kirchen gemeinsam betreiben, wurde zum Jahresende einseitig gekündigt. Nein, Herr Koch, so geht man nicht mit Partnern um!
Nach dieser Erfahrung wird die Kirche ihre Arbeit neu ausrichten müssen. Möglicherweise wird man sich davon verabschieden, mit Hilfe des Staates immer neue Projekte anzugehen und seine Arbeit ständig auszuweiten. Bisher schielte man auch auf die Refinanzierungsmöglichkeiten. Wird Erziehungsberatung gefördert, wird sie angeboten, wird Mediation gefördert, wird eben diese ins Programm genommen. Künftig wird man stärker exemplarisch arbeiten und sich verstärkt fragen: Was ist unser kirchlicher Auftrag, was kann nur die Kirche anbieten? Im Management nennt man einen solchen Prozess die Konzentration auf das Kerngeschäft. So gesehen liegt eben in jeder Krise auch eine Chance.

Kurt-Helmuth Eimuth
Evangelisches Frankfurt: Oktober/November 2003 · 27. Jahrgang · Nr. 7

Kreuz als Segenszeichen

2.7.03

Fachschule für Sozialpädagogik

Orgelvorspiel

Wir feiern die Andacht

im Namen Gottes

Gott ist uns nahe – immer und überall,

im Namen Jesu Christi

So sind wir geliebt,

und im Namen des Heiligen Geistes

So sind wir verbunden als Schwestern und Brüder.

Lied 599

Gebet

Aus der Unruhe unserer Tage kommen wir zu dir

Um bei dir Ruhe zu finden. Wir sind unruhig um das Leben,

dass es gelingt und dass es recht wird.

Gib uns die Ruhe zum Leben,

dass wir heimkehren können zu dir und zu uns selbst. –

Aus der Unruhe unserer Herzen kommen wir zu dir,

um bei dir Ruhe zu finden.

Unser sehnsüchtiges Herz treibt uns vorwärts,

hierhin und dorthin, um ja nicht zu verpassen, was wichtig ist,

und das Wesentliche zu ergreifen.

Lass uns deine Barmherzigkeit fühlen,

dass wir mit uns selbst barmherzig werden. –

Aus der Unruhe unserer Zeit kommen wir zu dir,

um bei dir Ruhe zu finden.

Unsere Welt stürzt nach vorne,

das macht uns unsicher über unseren Weg.

Und die vielen Informationen helfen uns nicht zur Orientierung.

Sei du selbst unsere Mitte,

und durch dein Wort erleuchte uns unsere Welt. Amen.

Solo

Ansprache

Liebe Schülerinnen und Schüler,

Liebe Eltern,

verehrte Gäste

Wenn Pater Anselm Grün ein Kind tauft, lädt er Eltern und Paten ein, als Zeichen des Schutzes ein Kreuz auf die Stirn des Täuflings zu zeichnen. Wenn der brasilianische Fußballprofi Giovanne Elber vom FC Bayern München eine starke Szene hat oder ein Tor erzielt, schlägt er wie im Reflex ein Kreuz vor dem Trikot und auch Erik Zabel sah man beim Zeitfahren der Tour de France das Kreuz schlagen. Es ist dasselbe Ritual in sehr unterschiedlichen Szenarien. Ein Ritual als Zustimmung zum Sein.

Mögen manche und mancher den Verlust von Religion in der Welt empfinden, das Kreuz behauptet sich, nicht nur auf Kirchentürmen und Altären, sondern, diesem und jenem Gerichtsurteil zum Trotz, in den Schulen und in den Herrgottswinkeln der Kneipen, in der Kunst, in der Mode wie in der Sprache. Menschen sind kreuzanständig oder kreuzbrav, kreuzunglücklich oder kreuzvergnügt. Sie tragen ihr Kreuz, kriechen zu Kreuze oder machen drei Kreuze hinter jemandem her, den sie fürchten wie der Teufel das Weihwasser.

Als modischer Schnickschnack sind Kreuze allgegenwärtig: als Halskette oder auf lederbekleideter Männerbrust, in Bronze, Silber, Gold, mit Steinen oder auch mal in die Haut geritzt: Kreuz ist in, Mann und Frau tragen es wie einen Talisman, gedanken- und vielleicht auch ahnungslos. Sie würden dies weniger unbekümmert tun, fiele ihnen wieder ein, dass an einem Pfahl mit Querbalken im Altertum Schwerverbrecher und Aufständische durch Aufhängen oder Annageln grausam hingerichtet wurden und dass der Tod oft erst nach langem Leiden durch Erschöpfung oder den Zusammenbruch des Kreislaufs eintrat.

Auch Jesus aus Nazareth endet so. Ein Schild nennt als Grund der Strafe, dass er der König der Juden sein wollte. Genug für die jüdische Geistlichkeit und für die römischen Herrscher, ihn als politischen Terroristen abzuurteilen. Schon daß Jesus sagt, er sei Gottes Sohn, bringt sie gegen ihn auf. Er wird geschlagen, bespuckt, verhöhnt und stirbt einen qualvollen Tod. Er wird um Träume für alle, die gehofft hatten, Jesus werde Israel erlösen, sie vom Joch der Besatzer befreien und vielleicht auch vom wirtschaftlichen Elend. Die Jünger stieben in Panik auseinander, mit Jesus endet alle Hoffnung am Kreuz. Zurück bleiben Hilflosigkeit, Ratlosigkeit und Enttäuschung.

Doch das kann nicht alles gewesen sein. Was hätte dies mit Segen zu tun? Und was mit Zuversicht? Warum also ist das Kreuz zum Markenzeichen für die Kirche und für den christlichen Glauben geworden? „Die ersten Christen“, schreibt der Theologe Günter Hegele, „glaubten, da im Sterben Jesu mehr geschehen ist als das Scheitern eines Idealisten. Er hatte ein neues Verhältnis zu Gott und der Menschen untereinander gepredigt und gelebt: Jeder ist von Gott geliebt. Keine Schuld, keine Vorschriften sollen dem mehr entgegenstehen. Es ist eine einmalige, im Grunde unerklärbare und unvergleichbare Tatsache der Geschichte, daß nach dem Tod Jesu am Kreuz der Glaube an ihn zu einer weltweiten und Jahrtausende dauernden Bewegung wurde. Die alles verändernde Grunderfahrung, daß Jesus lebt, wurde den Vorstellungen der damaligen Zeit entsprechend als Auferstehung oder Auferweckung bezeichnet.“ Tod wandelt sich in Leben, Scheitern in Durchbruch und Anfang.

Doch am Leben sein heißt noch nicht leben. Dazu braucht es der vielen, die sich den zahllosen physischen und psychischen Möglichkeiten Menschen auch heute noch zu „kreuzigen“ entgegenstellen. Dazu braucht es den langen Atem der Hoffnung und die kräftigen Arme der Liebe.

Dort, wo wir zu unterscheiden lernen, welche Kreuze wir zerbrechen können und welche wir tragen müssen, wird das Kreuzsymbol zum Segenszeichen. Ich hoffe und wünsche uns allen, dass wir alle in diesem Sinne, ein Segen für unsere Mitmenschen, für die Umwelt, ja für die Welt zu sein.

Solo

Gebet

Irischer Segen von 1642

Und alles was uns noch bewegt, bringen wir vor dich mit den Worten, die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Lied 170

Brentanobad statt Ballermann!

Den Deutschen sitzt das Geld längst nicht mehr so locker. In Zeiten von Arbeitslosigkeit und sinkenden Einkommen tragen sie es lieber auf die Bank, als es in Mallorca auszugeben. Auch die Angst vor Krankheiten oder Terroranschlägen lässt die Reiselust schwinden. Die Alternative: Balkonien. Etwa ein Viertel der Deutschen wird seinen Urlaub in diesem Jahr zu Hause verleben. Statt Ballermann also Brentanobad? Na gut. Aber auch das will geplant sein.
Zwar sieht die Tourismusindustrie nach dem Ende des Irak-Krieges wieder erste Hoffnungsschimmer am Horizont, doch vom Rekordjahr 2001 ist man noch Lichtjahre entfernt. Die Buchungen im Mai lagen um 13 Prozent unter denen des Vorjahres, Ende April betrug der Rückstand sogar 16 Prozent. Die Reiseunlust trifft die erfolgsverwöhnte Reisebranche hart. Bisher war auf die Deutschen Verlass. In Krisenzeiten sparten sie zuerst beim Essen, kauften weniger Kleidung und schoben die Anschaffung neuer Möbel um Jahre hinaus. Doch inzwischen hat die Flaute auch die Reisebranche erreicht. Offenbar reisen die Deutschen nicht mehr so viel, und wenn sie reisen, dann bleiben sie in Deutschland. Auch der Urlaub zuhause ist wieder eine Alternative. Doch auch das will geplant sein. Der Urlaub in „Balkonien“ sollte nicht einfach so nebenbei stattfinden. Denn sonst drohen die schönsten Tage des Jahres zum psychischen Belastungstest für die ganze Familie zu werden. Auch darin unterscheidet sich der Urlaub in den eigenen vier Wänden nicht von einer Fernreise. Also nix wie ran an die Planung: Spätestens 14 Tage vor dem Urlaubsbeginn sollte sich die ganze Familie zusammensetzen und die Interessen klären: Was erwarten die Kinder, was die Eltern von den Ferien? Welche Möglichkeiten gibt es in der Umgebung (Baggersee, Freizeitpark, Konzerte, Museen?) Welche Wünsche lassen sich realisieren? Und: Sollen alle Aktivitäten gemeinsam gemacht werden, oder gibt es Tage, an denen die Kinder oder Eltern etwas getrennt unternehmen wollen? Sollen Freunde besucht werden oder kommen Opa und Oma zu Besuch?

Bild
Ob Toben und Spielen mit der ganzen Familie im Schwimmbad oder eine gemütliche Lesestunde am Main – bei wochen­ langem Dauersonnenschein ist Urlaub in Frankfurt durchaus eine Alternative. – Fotos: Maranhão

Wenn man im Urlaub wegfährt, dann erkundet man am Tag der Ankunft am Reiseziel meist erst einmal die Umgebung. Spätestens beim ersten Abendessen stellt sich dann das Gefühl ein: So, jetzt beginnt der Urlaub, jetzt sind wir angekommen, jetzt geht es los. Eine solche deutliche Markierung ist auch für den Urlaub in Balkonien hilfreich: Zum Beispiel kann das ein kleines Gartenfest sein oder der Besuch von Freunden. Auf jeden Fall aber sollte dieser Auftakt etwas Außergewöhnliches sein, der erste Urlaubstag zuhause muss sich vom Alltag unterscheiden. Urlaub in Balkonien muss nicht unbedingt heißen, dass man seine Wohnung nicht verlässt. Es kann aber heißen, dass man seine eigenen vier Wände wieder neu entdeckt: Kleine Verschönerungsarbeiten oder das Umstellen der Möbel können hier hilfreich sein. Auch der Balkon oder die Terrasse haben in jenen Wochen, die ja bekanntlich die schönsten des Jahres sein sollen, ein besonderes Augenmerk verdient. Hier etwas Grünes und dort noch ein Schaukelstuhl können Urlaubsgefühle intensivieren. Als Tourist in der Ferne nimmt man meistens sofort Kurs auf die nächste Kirche, das nächste Museum. Man will ja schließlich Neues sehen und entdecken. Warum also nicht mal Kirchen und Museen in Frankfurt besuchen? Wie wäre es mit dem Museum für Moderne Kunst? Oder mit einem Besuch bei Winnetou im Filmmuseum? Selbst eine Stadtrundfahrt kann ein Erlebnis sein, wenn auch kein billiges. Also gilt es Informationen zu sammeln. Die Tourismusinformation am Römerberg ist hier die erste Adresse. Nachdem die Erwartungen geklärt, Informationen gesammelt sind, kommt die Qual der Wahl. Auch hier muss das Budget bedacht werden. Schließlich können Eintrittspreise oder selbst die Bockwurst und Getränke im Freizeitpark deutlich in der Urlaubskasse zu Buche schlagen. Selbst der regelmäßige Schwimmbadbesuch mit einer kalten Cola und einem Eis geht ins Geld. Auch hier hilft gute Planung – und für den Besuch im heimischen Schwimmbad lässt sich eine gefüllte Kühltasche besser organisieren als an fernen Stränden. Böse Überraschungen für den Geldbeutel kann es auch beim Einkehren in Gartenwirtschaften und Restaurants geben. Schließlich sind die Preise in der Gastronomie nach der Euroeinführung explodiert. Aber: Wer rechtzeitig ein „Balkonienbudget“ festlegt, wird sich hinterher nicht ärgern und kann seine Heimatstadt in vollen Zügen genießen. Und wird feststellen: es gibt wirklich viel zu sehen.
Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Juli 2003

Der Übergang zu etwas Neuem

Konfirmation und was dann? Oft wünschen sich Pfarrer und Pfarrerinnen oder auch die Eltern, dass die Jugendlichen nach der Konfirmandenzeit weiter in der Kirche aktiv bleiben. Doch dies klappt, trotz vieler attrak tiver Angebote, in den wenigsten Fällen.
Früher erfüllte die Konfirmation einen klaren gesellschaftlichen Zweck: Jungen und Mädchen wurden zunächst im Katechismus unterwiesen und dann in die Gemeinde aufgenommen. Die Konfirmation stand also für den Übergang vom Kindes- in das Erwachsenenalter. Sie ist ein so genannter „Passageritus“, bei dem die feierlich gekleideten Kinder mit einem Rosmarinsträußchen am Kragen aus der Schule „ins Leben hinaus konfirmiert“ wurden. Das zeigte sich zum Beispiel in einer neuen Kleiderordnung: Von nun an trugen die Jungen lange Hosen, die Mädchen die ersten Schuhe mit höheren Absätzen, in ländlichen Gebieten durften sie zum ersten Mal die ortsübliche Tracht der Ledigen anziehen. Und: Seit der Konfirmation wurde man mit „Sie“ angesprochen.
Für die Paten war der Übergang vom Kind zur Frau oder zum Mann oft teuer: mit Goldschnitt verzierte Bibeln, fein gestickte Hemden oder auch lebende Tiere, die den Grundstock für das spätere Auskommen bilden sollten, gab es als Geschenk. Noch immer gehören Geschenke zur Konfirmation – auch wenn es heute nicht mehr die Ziege ist. Und es gibt ein großes Fest: In manchen Gemeinden konfirmiert man inzwischen sogar samstags. Das entfernt zwar die Konfirmation von der Gemeinde, ist aber enorm praktisch für die große Familienfeier.
Doch die Konfirmandinnen und Konfirmanden werden immer jünger und die Ausbildung junger Menschen dauert immer länger. Deshalb markiert dieser Passageritus heute in den allermeisten Fällen nicht mehr den Eintritt in das Berufsleben, sondern fällt mit einer anderen Lebensphase zusammen: der Pubertät. Die Konfirmation ist also zwar immer noch ein öffentliches Signal dafür, dass die Kindheit nun vorbei ist. Aber das heißt nicht mehr, dass man dann erwachsen ist. Gerade zu dieser Entwicklungsphase der Pubertät gehört nämlich die Absetzbewegung von allem, was etabliert ist. Jugendliche mit 13, 14 Jahren wollen anders sein als die Erwachsenen, sie kleiden sich anders, haben „null Bock“, wollen eigene, neue Wege finden. In dieser Lebensphase hat es die Kirche als etablierte Institution extrem schwer.
Es kommt deshalb gar nicht so sehr darauf an, die jungen Leute nach der Konfirmation irgendwie in der Kirche zu halten. Wichtiger ist, ihnen Raum zu geben für ihre Suche nach einem eigenen Lebensstil. Evangelische Jugendhäuser sind zum Beispiel solche Orte. Wenn junge Menschen nach der Konfirmation erst einmal auf Distanz gehen, heißt das nicht, dass sie aus der Kirche „hinauskonfirmiert“ werden. Denn viele junge Erwachsene engagieren sich nach einer Zeit der Distanz später doch wieder.
Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt: Juni 2003 · 27. Jahrgang · Nr. 4

In jedem Tod liegt ein Anfang

Andacht

2.4.2003

L: Lasst uns von Gottes Macht singen und des Morgens rühmen seine Güte

G: Amen

Lied 445, 1-5

L: Herr, tue meine Lippen auf,

G: Dass mein Mund deinen Ruhm verkündige.

L: Gott, gedenke mein nach deiner Gnade,

G: Herr, erhöre mich mit deiner treuen Hilfe.

Psalm 122

Lesung

Der Wochenspruch steht im Johannesevangelium Vers 12, Kapitel 24:

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

Ansprache

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

Die sieben Wochen vor dem Osterfest nennen wir wie selbstverständlich „Passionszeit“. Für die Jünger und Jüngerinnen, die Jesus auf dem Weg nach Jerusalem begleiteten, war der Gedanke an das Leiden und Sterben ihres Lehrers und Meisters sicherlich fern.

Die Ankündigung Jesu, dass sich bei seiner Reise nach Jerusalem die Weissagungen der Propheten über ihn, den Menschensohn, erfüllen sollten, werden die Jünger und Jüngerinnen sicherlich ganz anders verstanden haben, als sie es an Karfreitag miterlebten und miterleiden mussten. Die großartigen Hoffnungen, die sie in Jesus gesetzt haben, waren damit zerstört.

Die Vollendung des göttlichen Willens an Jesus von Nazareth ist nicht die Verherrlichung, wie sie einem siegreichem Feldherrn zuteil wird., sondern der Tod am Kreuz. Nicht der Sieg über die anderen zugunsten der eigenen „Partei“, sondern die Hingabe und der Verlust des eigenen Lebens um den Erhalt des Lebens aller anderen.

Es ist die Vollendung, die die Menschen nicht in Sieger und Verlierer teilt, sondern es am Ende mit allen gut macht.

Macht der Tod einen Sinn? Der Tod ist grausam. Dies wird uns in diesen Tagen bewusst. Ein Krieg tobt und wir sind live via Fernsehen dabei. Ein völkerrechtlich nicht legitimierter Angriffskrieg möchte man hinzufügen. Aber es ist keineswegs der einzige Krieg auf Erden. Die Menschheit hat immer noch nicht gelernt ihre Konflikte gewaltfrei zu lösen.

Der Tod – für uns Menschen ist er unbegreifbar und oft genug eine Anfechtung. Dies war auch für Paulus so. Doch die ersten Gemeinden und Paulus hatten ein wie wir heute sagen würden Aha-Erlebnis: Jesus starb, damit wir leben. So sagt es die Wochenlosung: Erst wenn das Weizenkorn stirbt bringt es viel Frucht. In jedem Tod liegt ein Anfang. Der Dichter Johann Jakob Rambach hat es so ausgedrückt:

„Du hast zu deinem Kind und Erben, mein lieber Vater, mich erklärt, du hast die Frucht von deinem Sterben, mein lieber Heiland, mir gewährt…“

und er endet mit den Worten:

„Du willst in aller Not und Pein, o guter Geist, mein Tröster sein“.

Amen. Lassen Sie uns nun diesen Text gemeinsam singen.

Lied: 200, 2, 4 und 6

Lasst uns beten:

Jesus Christus,

du hast den Widerspruch

zwischen Jubel und Ablehnung,

zwischen Glanz und Elend

in deinem Leben und Leiden durchgehalten.

Doch in uns herrscht Zerrissenheit.

Wir fürchten das Leiden.

Wir versuchen ihm auszuweichen

Und passen uns lieber herrschenden Meinungen an.

Du aber bist dir

In deiner Liebe zu uns treu geblieben.

Darum bitten wir dich für alle,

die fasziniert sind von den Versprechungen der Macht, dass sie sich nicht verführen lassen.

Wir bitten dich für alle,

die durch Vorurteile und Schwarzmalerei verhärtet sind,

dass ihre Herzen von deiner Liebe aufgetaut werden.

Wir bitten dich für die Einflussreichen und Mächtigen,

dass sie von deiner Ohnmacht lernen,

und für die Ohnmächtigen,

dass sie deine Macht erfahren.

Wir bitten dich für alle Kriegsparteien,

beschütze sie und gib ihnen und den verantwortlichen Einsicht in ihr kriegerisches Tun.

Schenke uns deinen Geist,

den Geist deiner unwiderstehlichen Liebe,

dass wir im Blick auf dich leben können.

Gemeinsam beten wir, wie Jesus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel

geheiligt werde dein Name,

dein Reich komme,

dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

L: Lasst uns preisen den Herrn.

G: Gott sei ewig Dank

L:Es segne und behüte uns Gott,

der Allmächtige und Barmherzige,

Vater, Sohn und Heiliger Geist.

G: Amen

Vor 20 Jahren: Das schreckliche Ende eines Pfingstausflugs

Vor 20 Jahren Das schreckliche Ende eines Pfingstausflugs

FAZ

20.05.2003 ·  Sie waren befreundet, kannten sich aus der Jugendarbeit. „Er hat uns gefragt, ob wir mitkommen wollen“, erinnert sich Pfarrer Kurt-Helmuth Eimuth. In den Spessart mitkommen, am Pfingstsonntag bei herrlichem Wetter einen Ausflug ins Grüne machen.

Sie waren befreundet, kannten sich aus der Jugendarbeit. „Er hat uns gefragt, ob wir mitkommen wollen“, erinnert sich Pfarrer Kurt-Helmuth Eimuth. In den Spessart mitkommen, am Pfingstsonntag bei herrlichem Wetter einen Ausflug ins Grüne machen. Aber es ging nicht, die Schwiegereltern waren da. Eimuth wollte nicht glauben, was er abends erfuhr. „Es war unfaßbar, schrecklich, traurig.“ Weil er es nicht glauben konnte, rief er beim Flughafen an, fragte nach. Aber es stimmte. Der Ausflug hatte ein furchtbares Ende genommen. Aus buchstäblich heiterem Himmel war ein Kampfflugzeug abgestürzt, hatte Martin Jürges, dem Pfarrer der Gutleutgemeinde, seiner Frau, seinen zwei Kindern, seiner Mutter und seiner Nichte den Tod gebracht.

Eine Familie wurde ausgelöscht, von einem Moment auf den anderen. Es geschah am 22.Mai vor zwanzig Jahren. Vor zwanzig Jahren, das war die Zeit der Aufrüstung und der Friedensbewegung. „Frieden schaffen ohne Waffen“, lautete die Forderung auf ungezählten lila Tüchern. Auch Martin Jürges wollte mit solchen Tüchern am Kirchentag teilnehmen. Sie lagen schon bereit. Ausgerechnet die Familie eines Friedenskämpfers wurde in Friedenszeiten von den Trümmern eines explodierten Kampfflugzeugs getötet. Jedes Unglück ist schrecklich. Aber dieses hatte eine große Symbolkraft.

Flugzeug fiel wie eine Bombe vom Himmel

Der 22.Mai 1983: Im Stadtwald am Oberforsthaus feierten die Frankfurter, wie immer, schon am Pfingstsonntag Wäldchestag. Auf der Rhein-Main Air Base war Tag der offenen Tür. Flugvorführungen standen auf dem Programm, zum Beispiel jene des 439.Geschwaders der kanadischen Luftwaffe mit dem Namen „Tiger“. Am frühen Nachmittag stiegen die vier Starfighter auf. Ihre Piloten sollten keine akrobatischen Mätzchen vollführen, sondern militärische Routine-Formationen fliegen. Eine fünfte Maschine sollte im Abstand von 45 Sekunden der Vierer-Gruppe folgen. Doch die fiel wie eine Bombe auf den Autobahnzubringer, auf dem die Familie Jürges in ihrem hellblauen Kombi unterwegs war.

Bis heute ist die Ursache des Unglücks – der Pilot konnte sich mit dem Schleudersitz retten – nach den Worten von Polizeisprecher Franz Winkler nicht bekanntgeworden. Er hatte damals Dienst. „Das war schon heftig.“ Winkler hat es nicht vergessen, wie nach und nach die Nachricht von den Toten zu ihm drang. Martin Jürges wäre jetzt 60 Jahre alt, seine Mutter Erna 97 Jahre, seine Frau Irmtraud 58 Jahre, sein Sohn Jan 31 Jahre, seine Tochter Katharina 21 Jahre, seine Nichte Gesine Wagner, sie starb knapp drei Monate später an ihren Brandverletzungen, 39 Jahre.

Einig schon vor der Zwangsvereinigung

Karsten Petersen, weiland Pfarrer der Weißfrauengemeinde im Bahnhofsviertel, saß zu Hause, als am späten Nachmittag das Telefon klingelte. Auch er konnte es nicht glauben. Kollegen kamen, alle waren fassungslos, der Gedenkgottesdienst tags darauf in der Gutleutgemeinde wurde verabredet. Pfarrer Petersen hielt die Predigt. Beruflich hatten er und Jürges ohnehin ein Team gebildet, alles besprachen sie miteinander, den Konfirmandenunterricht ebenso wie den Auftritt im Ortsbeirat („Wir waren immer da.“) Man habe sich stets etwas Besonderes einfallen lassen müssen. Das habe Martin Jürges auch so gefallen. Heute sind die Gutleut- und die Weißfrauengemeinde „zwangsvereinigt“. Das verlangt Kirchenpolitik in Zeiten, in denen es auch der evangelischen Kirche nicht mehr so gut geht. „Wir waren damals schon vereinigt, zumindest auf der Pfarrer-Ebene“, sagt Petersen. Martin Jürges hatte das Schicksal aber nur gut zwei Jahre in der Gutleutgemeinde gegeben.

Die Matthäusgemeinde ist nun als Dritte im Bunde. Zu dritt haben sie sich den schönen Namen „Hoffnungsgemeinde“ gegeben. Er hätte Martin Jürges gefallen, ihm, dem Hoffnungsträger für die Bewohner eines problematischen Viertels, der immer einer der ersten war, der sich öffentlich – das konnte er gut – zur Wehr setzte, wenn er meinte, auch nur einen Hauch von Ausländerfeindlichkeit zu spüren, oder wenn die Stadtväter nicht einsehen wollten, daß mehr getan werden müßte für die Leute eines sozial schwierigen Stadtteils. Da konnte er hartnäckig sein, kam er schon einmal unangemeldet in die Zeitungsredaktion. „Gutleut: Symbol der Hoffnung“. So lautete das Motto des Schweigemarsches am Tag, als die Familie Jürges zu Grabe getragen wurde.

„Da fehlt einer“

Schon als Stadtjugendpfarrer – er war es zehn Jahre lang – hat sich Jürges mit der Stadt oder mit Kirchenoberen angelegt. Manchen waren seine Positionen zu links. Die Jugendlichen aber schätzten ihn. Roland Frischkorn war in jenen Tagen DGB-Jugendsekretär und Jürges‘ Nachfolger als Vorsitzender des Stadtjugendrings. Heute ist er bei einer Wohnungsbaugesellschaft. Er trifft sich immer noch gelegentlich mit seinen Nachfolgern im Amt. Und irgendwann kommt dann der Punkt, an dem die ins Alter gekommenen Jugendvertreter von einst sagen: „Da fehlt einer.“

„Es geht nicht aus den Köpfen derer, die es damals miterlebt haben“, sagt Pfarrer Petersen. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn der Starfighter nur ein paar hundert Meter weiter abgestürzt wäre. Hunderttausende – die Amerikaner sprachen von 400000 – schauten den Flugvorführungen zu, Tausende feierten im Stadtwald. Seitdem gibt es in Frankfurt keine Flugschau mehr. Die Stadt entging knapp einer Katastrophe. Auch deswegen geht das Unglück nicht aus den Köpfen derer, die es miterlebt haben.

CORNELIA VON WRANGEL