Tag Archiv für Kita

Nicht-Fachkräfte sollten wenigstens die Betreuung in den Kitas sicher stellen

Irgendwann riss bei ihm die Hutschnur. Dekan Volkhard Guth war es leid Eltern und Bürgermeistern zu erklären, warum das Dekanat Wetterau in seinen elf Kitas Betreuungszeiten einschränken und sogar Gruppen schließen musste. Er schrieb einen offenen Brief an den Hessischen Sozialminister. Darin schlug er vor, auch Nicht-Fachkräfte für die Betreuung einsetzen zu können. Denn für den Kirchenmann ist klar: Lieber eine sicher gestellte Betreuung als eine qualitativ hochwertige Bildungseinrichtung für wenige. Am liebsten natürlich beides. Inwischen denkt die Politik auch in die Richtung, aber der Dekan warnt im Podcast Conny&Kurt. Es dürfe keine Billiglösung mit Hilfskräften, die weniger verdienen, geben. Vielmehr sollten die mitgebrachten Kompetenzen der Nicht-Fachkräfte in die Kita eingebunden und die Nicht-Fachkräfte entsprechend geschult werden. So etwas verändert die gesamte Struktur eines Teams. Dies wird nur mit fachlicher Begleitung zum Erfolg führen. Aber auch die kostet Geld.

Kitas: Gerechte Finanzierung und multiprofessionelle Teams

Die Kitas der Kirchen und aller freien Träger sollten nach Meinung der Leiterin des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Sabine Herrenbrück, Darmstadt, alle gleich gefördert werden. Dafür sprach sich die Sozialpädagogin, die für über 600 Kitas zuständig ist, im Podcast Conny&Kurt aus. Bisher wendet die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) beispielsweise noch 48 Millionen Euro für den Betrieb der Kitas auf, während andere freie Träger zu einhundert Prozent die Kosten erstattet bekommen.

Doch das größte Problem ist der Fachkräftemangel. Die Öffnung der Fachkräfteliste durch das Land Hessen begrüßt Sabine Herrenbrück ausdrücklich. Die Mitarbeit von Ergotherapeut:innen und Logopäd:innen ist für ein Schritt zu multiprofessionellen Teams und nicht nur eine quantitative Erweiterungsoption in der Personalgewinnung, sondern auch eine qualitative Verbesserung. „Es ist gut, wenn noch weitere Menschen mitarbeiten. Wir schulen diese zwei Jahre lang.“ Herrenbrück begründet im Podcast Conny&Kurt warum sie darin keine Deprofessionalisierung des Berufs der Erzieherin sieht. „Ich sehe da eher eine Professionalisierung. Deren Fachlichkeit wird eher gestärkt durch neue Aufgaben, etwa im Anleiten von verschiedenen Professionen im Gruppenalltag.“

Cypermobbing


Konflikte zwischen Heranwachsenden sind normal. Schwierig wird es, wenn sie online
über Beleidigungen, Abwertungen und Ausgrenzungen ausgetragen werden. Cybermob-
bing ist weder räumlich noch zeitlich begrenzt, Inhalte verbreiten sich extrem schnell und
sind nicht kontrollierbar, weil sie von Nutzer:innen gespeichert, verändert und an anderer
Stelle erneut hochgeladen oder weiterversendet werden können.
Viele kennen Mobbing vor allem vom Schulhof oder bei der Arbeit. Dabei werden einzelne
Personen immer wieder schikaniert, gedemütigt und (seelisch) verletzt. Inzwischen wer-
den Beleidigungen, Abwertungen und Ausgrenzungen auch online ausgetragen – das kann in einer Online-Community sein, in der die Kinder und Jugendlichen sich nur über
das Internet kennen, oder auch als Ergänzung in Schule oder Hort.
Oft ist das Mobbing in den Kinderbetreuungseinrichtungen und der Schule nicht vom Cy-
bermobbing zu trennen und eng miteinander verknüpft. Wenn ein peinliches oder demüti-
gendes Video von per Messenger, z.B. im WhatsApp-Klassenchat, verbreitet wird, kommt
es meist auch in der Einrichtung zu Demütigungen und Ausgrenzung. Die Hemmschwelle
beim Cypermobbing ist niedrig, da die Täter:nnen nicht unmittelbar mit der Reaktion der
Opfer konfrontiert sind.
Wie kann man dem Cypermobbing vorbeugen und was kann man tun, wenn es dann doch
passiert?

Kontakt: BEP@eimuth.de

Notbetrieb als Normalfall: Kita-Regelungen stiften viele Unklarheiten

von Kurt-Helmuth Eimuth 5. Mai 2021

Normalbetrieb, Notbetreuung, Ausnahmereglungen – der Betrieb von Kindertagesstätten unter Pandemiebedigungen bleibt weiter kompliziert. Auch im „Notbetrieb“ sind die meisten Einrichtungen voll. Zuhause bleiben meist diejenigen Kinder, für die es besonders wichtig wäre, zu kommen.

Birte Hansen leitet die ökumenische Kita Kaleidoskop im Frankfurter Mertonviertel. | Foto: Rolf Oeser
Birte Hansen leitet die ökumenische Kita Kaleidoskop im Frankfurter Mertonviertel. | Foto: Rolf Oeser

Langsam haben sich Eltern und Erzieher:innen an einen Kindergartenbetrieb unter Pandemiebedingungen gewöhnt. In der zweiten Woche der erneuten Schließung von Kitas nach dem Bundesinfektionsschutzgesetz werden die Regelungen klarer: Eltern müssen über ihre Berufstätigkeit eine Bescheinigung mitbringen. Und doch, so die Leiterin der Ökumenischen Kindertagesstätte Kaleidoskop, Birte Hansen, „ist das Haus nahezu voll“. Hansen vermisst klare Kriterien für die Ausnahmetatbestände für die Notbetreuung. „Es trifft dann immer die gleichen Familien, die solidarisch sind.“

Auch Sabine Herrenbrück, die Leiterin des Fachbereichs Kindertagesstätten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), teilt diese Einschätzung: „Es ist zu beobachten, dass die Kinder, für die der Besuch der Kita besonders wichtig wäre, oft nicht mehr kommen.“

Mit den veränderten Rahmenbedingungen in den Einrichtungen können die meisten Kinder recht gut umgehen, zum Beispiel damit, dass die Erzieher:innen Masken tragen. Aber auch hier zeigt sich, dass die Regelungen nicht klar sind. „Früher konnten die Erzieher:innen selbst entscheiden, ob sie Maske tragen. Jetzt sind sie dazu verpflichtet, können aber im Einzelfall begründet entscheiden, es nicht zu tun.“ Das führt aber nur zu Verunsicherung. Und ist ein Beispiel dafür, wie staatliche Anweisungen häufig nur scheinbar eindeutig sind, in Wirklichkeit aber doch die Verantwortung nach unten abschieben.

Konflikte sind dann fast zwangsläufig. „Die einen Eltern drohen mit Klage, weil Maske getragen wird, die anderen wollen, dass sie unbedingt getragen wird“, berichtet Herrenbrück. Hinzu kommt das, was sie „Appell-Lösungen“ nennt. Etwa wenn es im Schreiben des Sozialministeriums heißt: „Ich appelliere daher erneut, Betreuungsangebote nur zu nutzen, wenn es absolut notwendig ist.“ Appelle sind aber wenig hilfreich, denn sie führen dazu, dass es in die Verantwortung der Einzelnen gestellt wird, ob sie ihre Kinder zuhause betreuen. Inzwischen ist der Kriterienkatalog für den Anspruch auf Notbetreuung so umfangreich, dass praktisch jede Familie irgendwie darunter fallen kann, wenn sie will. Entsprechend gefüllt sind die Kitas trotz formaler „Schließung“, und eben nicht unbedingt mit denjenigen Kindern, die die pädagogische Unterstützung am dringendsten brauchen.

Zur Entspannung hat immerhin beigetragen, dass die Mitarbeiter:innen nun zweimal die Woche getestet werden, bei Birte Hansen im Mertonviertel sogar dreimal. „Das gibt dem Team Sicherheit“, so Hansen. Auch die Impfquote im Kita-Personal ist zumindest in Frankfurt hoch. 75 Prozent der Angestellten in den evangelischen Kitas sind inzwischen wenigstens einmal geimpft.

Trotzdem ist die Belastung für das Personal weiterhin enorm. Das liegt nicht nur an den besonderen Anforderungen. „Die ständigen Wechsel. Kinder rein, Kinder raus. Wie oft mussten die Kitas schon ihre Abläufe umstellen“, kritisiert Herrenbrück, und fügt bedauernd hinzu: „Wir von Trägerseite können ihnen nichts von den Schultern nehmen, da die Vorgaben woanders gemacht werden.“

Unter der derzeitigen Situation litten alle, berichtet Herrenbrück. „Die Kinder leiden unter der Anspannung ihrer Eltern, und bei den Eltern ist die Haut dünner geworden“. Da bleibt nur die Hoffnung auf ein Absinken der Inzidenzzahlen.

Kita-Leiterin Birte Hansen: „Die Tests bringen etwas Sicherheit in den Alltag“

von Kurt-Helmuth Eimuth 3. März 2021

Birte Hansen leitet die ökumenische Kita Kaleidoskop im Frankfurter Mertonviertel. | Foto: Rolf Oeser
Birte Hansen leitet die ökumenische Kita Kaleidoskop im Frankfurter Mertonviertel. | Foto: Rolf Oeser

Erzieher:innen gehören während der Corona-Pandemie zu den am meisten infektionsgefährdeten Berufsgruppen. Doch so langsam bessert sich die Situation – durch regelmäßiges Testen und die Aussicht auf baldige Impfungen. Ein Interview mit der Kita-Leiterin Birte Hansen.

Frau Hansen, Sie leiten die ökumenische Kita Kaleidoskop im Mertonviertel. In Ihrem Team herrschte große Angst vor Infektion. Wie haben Sie Ihr Team geschützt?

Ich habe bereits Anfang Februar Tests gekauft. Eine Mutter, die Ärztin ist, testet uns einmal die Woche. Psychologisch hatte das einen Supereffekt für‘s Team. Ob ich die Tests bezahlt bekomme, ist unklar. Aber das ist mir auch egal.

Ihr Team ist jetzt beruhigt?

Beruhigt vielleicht nicht, aber es hat die Stimmung extrem verbessert. Die Tests bringen etwas Sicherheit in den Alltag.

Wie arbeiten Sie im sogenannten eingeschränkten Regelbetrieb?

Wir haben das Konzept über den Haufen geschmissen und arbeiten jetzt in festen Gruppen. Sowohl die Kinder als auch die Erzieherinnen sind fest zugeordnet.

Eine Abkehr von Ihrem pädagogischen Konzept der offenen Arbeit?

Es ist eben ein Kompromiss. Wir wollen für die Kinder da sein. Dieses Setting beruhigt auch die Erzieherinnen, da sie jetzt nur mit 20 statt mit 60 Kindern arbeiten. Das ist kein Optimum, weder was unsere pädagogische Überzeugung betrifft, noch in epidemiologischer Hinsicht. Aber andere Lösungsansätze finden wir derzeit nicht. Es ist kein großer Unterschied zur vorherigen Notbetreuung, denn da war das Haus fast so voll wie jetzt. Dass es keine Regelung gab, wer Anspruch hat, war schlecht.

Ist die jetzige Regelung zufriedenstellend?

Ich sehe auch, was die Kinder für eine Last haben, wenn sie ihr soziales Leben nicht leben können. Das ist nicht gesund. Bisher hatten wir nur zwei Corona-Fälle bei Kindern in der Einrichtung. Wir hatten also Glück.

Was wünschen Sie sich von der Politik?

Gut, dass wir jetzt geimpft werden können. Lasst es doch zu, dass Impfärzte in die Einrichtung kommen und wir nicht einzeln in das Impfzentrum müssen.

Auf das Evangelium hören

Pfarrerin Marion Eimuth

Reformationsandacht

6.11.00

Orgelvorspiel

Gemeinde: Lied: EG 443, 1-2+6,Aus meines Herzens Grunde

Votum:

ich begrüße Sie herzlich zu dieser Andacht.

Und wir feiern diese Andacht, wie alle unsere Andachten im Namen Gottes,

Gott nimmt uns an, wie wir sind.

Im Namen Jesu Christi

er gibt unserem Leben Richtung und Sinn.

Und im Namen des Heiligen Geistes

Er ruft uns auf den richtigen Weg. Amen

Pfarrerin: Psalm 46 Nr. 725:

Gott ist unsre Zuversicht und Stärke,

eine Hilfe in den großen Nöten, die uns

getroffen haben.

Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt unterginge

Und die Berge mitten ins Meer sänken,

wenngleich das Meer wütete und wallte

und von seinem Ungestüm die Berge einfielen.

Dennoch soll die Stadt Gottes fein lustig

bleiben mit ihren Brünnlein,

da die heiligen Wohnungen des Höchsten sind.

Gott ist bei ihr drinnen, darum wird sie festbleiben;

Gott hilft ihr früh am Morgen.

Die Heiden müssen verzagen und die

Königreiche fallen,

das Erdreich muß vergehen, wenn er

sich hören läßt.

Der Herr Zebaoth ist mit uns,

der Gott Jakobs ist unser Schutz.

Komm her und schauet die Werke des Herrn,

der auf Erden solch ein Zerstören anrichtet,

der den Kriegen steuert in aller Welt,

der Bogen zerbricht, Spieße zerschlägt und Wagen mit Feuer verbrennt.

Seid stille und erkennet, daß ich Gott bin! Ich will der Höchste sein unter den Heiden,

der Höchste auf Erden.

Der Herr Zebaoth ist mit uns,

der Gott Jakobs ist unser Schutz.

Pfarrerin: Gebet

Guter Gott,

wir gedenken deiner Worte und Taten,

mit denen du Menschen Herzen und Gedanken bewegt hast.

Sprich heute zu uns und stärke uns an diesem Tag,

damit neues Leben in uns und durch uns entsteht:

Leben in deiner alt gewordenen Kirche,

Leben in den klein gewordenen Gemeinden,

Leben in der Mitte und an den Rändern

Leben draußen und drinnen.

Dazu sende deinen Heiligen Geist

Amen.

Gemeinde: Lied 341, 1-4 Nun freut ich lieben Christen

Ansprache:

Galater 5, 1:

Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und laßt euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!

Liebe Gemeinde,

Im Mittelpunkt des heutigen Predigttextes steht der Abschnitt: „Befreit zur Freiheit“.

„Wir wollen frei sein, um uns selbst zu finden“, heißt es in einem neuen geistlichen Lied. Auch das Lied von Reinhard Mey ist, denke ich, vielen bekannt: „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“. Und wenn man Leute fragt, was denn wohl der gute Grund ist, evangelisch zu sein, dann sagen sie: die Freiheit – Evangelische Freiheit.

Eigentlich begann alles mit einem Plakat, einigen Hammerschlägen an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg. Am 31. 10. 1517 schlägt der Augustinermönch und Professor für Bibelwissenschaften ein Blatt mit 95 Thesen an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg. Daß diese Hammerschläge nicht nur die Tür, sondern ganz Europa erschüttern werden, das ahnte damals niemand. War dieser Anschlag, doch kein Anschlag auf die römische Kirche, nein, einfach ein Aushang von 95 Thesen zur Frage von Ablaß und Gnade; für die Kollegen an der Uni Wittenberg zum Nachdenken gedacht. Und Wittenberg, das war weiß Gott nicht der Nabel der Welt, ein Provinznest in einer Ecke am Rande des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

Der Anlaß: Ein Dominikanermönch namens Thetzel predigte in den magdeburgischen Nachbarorten Wittenbergs und forderte die Menschen dazu auf, Ablaßbriefe zu kaufen, was ihnen Erlösung aus dem Fegefeuer nicht nur für sich selbst, sondern auch für die verstorbenen Eltern versprach. Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt.

Dagegen richtet sich der Widerstand in Wittenberg. These 79: Zu sagen: Das Ablaßkreuz mit dem Wappen des Papstes, prächtig aufgerichtet, habe die gleiche Geltung wie das Kreuz Christi ist Gotteslästerung.“

Der Protest weitet sich aus:

Im Oktober 1519 verbrennt Luther vor dem Elstertor in Wittenberg das kanonische Recht, welches nach seinem Anspruch göttliches Recht ist. Luther und seine Mitstreiter sagen: Es ist samt und sonders menschliche Erfindung, mehr noch, die Freiheit des Christenmenschen wird durch die Kirche geknebelt.

Ostern 1525: Ein Wagen mit Heringsfässern fährt durch das Stadttor von Wittenberg. In den Fässern sind neun geflohene Nonnen aus dem Kloster Nimbschen. Sie hatten die Lehmwand des Klosters durchbrochen. Draußen warteten zum verabredeten Zeitpunkt die Fluchthelfer. Acht von diesen neun Frauen bringt Luther unter die Haube. Der neunten war der angebotene heiratswillige Kandidat zu geizig.

„Den Luther aber“, sagt sie, „den würde sie wohl nehmen.“ Und Luther willigt ein, obwohl er schon um die 40 ist und damit rechnet, auf dem Scheiterhaufen zu enden. Schließlich war er ja in Bann und Acht. Übrigens bis heute.

Aus der Ehe zwischen einer Nonne und einem Mönch geht das protestantische Pfarrhaus hervor. Die Absage an den Zölibat wird nicht nur theoretisch gefordert, auch praktisch vollzogen. Und fasse ich den Sinn dieser drei kurzen Schlaglichter zusammen. So geht es um Freiheit.

Freiheit von religiöser Ausbeutung. Freiheit des Wortes Gottes gegenüber menschlicher Erfindung und Freiheit des persönlichen Lebens.

Die Mittel der römischen Kirche hatten ausgedient, ihr unbeweglicher Machtapparat war ganz mit sich selbst beschäftigt. Die Privilegien seiner Funktionäre so kostspielig, daß andere dafür hungern mußten. Pfaffenhaß und groß‘ Geschrei, landauf, landab. Es bedurfte nur noch einer Stimme, die es aussprach. Jemand, der innerlich befreit war. Dem die allgegenwärtige Drohung mit dem zornigen und strengen Gott nichts mehr anhaben konnte. Der überzeugt war, daß Kirche etwas anderes sein muß als des Papstes Finanzamt von Gottes Gnaden. Mit Luther war diese Stimme auf dem Plan. Dem äußeren Kampf war eine harte innere Auseinandersetzung vorangegangen, bevor die Fesseln fielen, die auch sein Gewissen gebunden hatten.

Haben wir sie noch die Freiheit Luthers, unseren Glauben ganz von vorn durchzubuchstabieren? Oder sind wir unfähig geworden zur Selbstkritik wie die römische Kirche zur Zeit Luthers? Ein neues Lied wir heben an … doch die neuen Lieder sind alt geworden. Nach Luther kamen die Lutheraner, nach der Reformation die Konfession.

Wir werden Luther nicht gerecht im Nachbeten seiner Worte. Der Vorgang „Reformation“ zwingt zur Selbstklärung: Eine Kirche ohne Entwicklung gerät in die Abwicklung. Auch zur Selbstklärung gegenüber der Reformation selbst. Die Lösungen Luthers können keine Antwort auf den drohenden Konkurs unserer Kirche heute sein. Mehr als seine Lehre brauchen wir sein Erleben.

Die Freiheit von religiöser Bevormundung ist unaufgebbar. Nicht Angst und Furcht vor Gott sollen uns den Atem rauben, der von Paulus verkündigte Gott der Gnade soll uns zum Leben befreien. Luther hat es erlebt und in Worte gefaßt. Die Menschen sind ihm nicht gefolgt, weil sie ihm geglaubt haben. Sie haben ihm geglaubt, weil sie gleiches erlebt haben. Aber ist die Frage nach dem gnädigen Gott noch die zentrale Frage der Menschen, mit denen wir heute zusammenleben?

Viele Menschen erfahren Gott nicht mehr und verabschieden sich. Gott selbst muß zu uns reden, dann geschieht Reformation. Von fremden Erfahrungen kann niemand leben. Luther kann uns nicht aus unserer Sprachlosigkeit erlösen, Gott selbst muß es tun.

Die Frage: katholisch oder evangelisch, oder was ganz anderes? Gehört in die Privatsphäre. Niemand von uns muß mehr fliehen, weil er dieser oder jener Konfession angehört. Wir wohnen, wir arbeiten, wir leben zusammen. An der Basis ist die Ökumene längst vollzogen.

Wie das aussieht möchte ich am Beispiel vom Kindergarten aufzeigen.

Längst haben sich die Kindergärten auf die multireligiöse Wirklichkeit eingestellt. Es ist doch wirklich kein Problem, dass sich in unseren Kindergärten Menschen verschiedener Nationen und verschiedener Religionen begegnen. Wenn es in unserer Gesellschaft soviel Dialog und Begegnung der Nationen und Religionen gäbe wie in den Kindergärten, dann würde kein Politiker so unsägliche Diskussionen wie die um die deutsche Leitkultur führen. Unsere Kindergärten arbeiten beispielhaft.

Aber es sind evangelische Kindergärten. Sie stehen – um es theologisch auszudrücken – in der Nachfolge Jesu. Jesu war ja nun wirklich ein Mensch, der mit allen Gruppen ins Gespräch kam. Gerade er grenzte niemanden aus. Er ging zu den Zöllnern ebenso wie zu den Aussätzigen. Er sprach und diskutierte mit den Pharisäern. Heute würden wir sagen: er pflegte den religiösen Dialog.

Der profilierte interreligiöse Dialog bedarf der religiösen Kontur. Das jeweils eigene Profil ist die Voraussetzung für eine ernsthafte Begegnung. Evangelisches Profil verhindert also nicht die gesellschaftlich notwendige Begegnung, sondern im Gegenteil: Evangelisches Profil befördert den interkulturellen und interreligiösen Dialog. Dies ist in den Kindergärten wie kaum sonst zu sehen. Nirgends sonst leben die Kulturen und Religionen nicht nur nebeneinander, sondern miteinander.

Und nichts anderes machen wir im Kindergartenalltag. Wir nehmen Kinder an, respektieren ihren kulturellen und religiösen Hintergrund, erzählen aber auch von unserer Tradition und laden ein, etwas von dieser evangelischen Lebenshaltung zu spüren.

Evangelisch sein ist für mich im Kern eine Lebenshaltung und eben nicht ein dogmatisches Lehrgebäude.

Evangelisch sein, heißt, etwas zu spüren von der Freiheit sich nur nach der Schrift und nach seinem Gewissen zu richten.

Evangelische Freiheit ist Freiheit, die uns von Christus geschenkt wird. Zum Profil des Evangelischen gehört die Einsicht: Kein Mensch, vor allem keine menschliche Macht, darf Übermacht gewinnen über andere Menschen. Der höchste Platz muß frei bleiben für Gott, damit Menschen Menschen bleiben können.

Darauf hat Luther mit seinen 95 Thesen und seiner Lebensgeschichte uns wieder aufmerksam gemacht. Dass wir auf das Evangelium hören, ist die zentrale Botschaft der Reformation. Und dieses galt 1517 ebenso wie im Jahre 2000. Amen

Gemeinde: Lied 352, 1-4 Alles ist an Gottes Segen

Mitteilungen

Pfarrerin: Fürbittengebet

Guter Gott,

wir bitten dich an diesem Tag für uns und für alle, denen der Mut fehlt, dich zu bekennen.

Schenke die rechten Worte, wenn wir gefragt werden.

Hilf uns zu eindeutigen Taten.

Gib Kraft zu Auseinandersetzungen.

Wehre allen faulen Kompromissen.

Wir bitten dich für uns und alle,

die ihre Freiheit missbrauchen.

Der Maßstab der Freiheit sei deine Liebe.

Sie leitet uns an, den Nächsten zu achten.

So lass uns Grenzen erkennen,

aber auch Grenzen überschreiten.

Schütze alle, die der Willkür ausgeliefert sind.

Stärke alle, die die Knechtschaft bekämpfen.

Fördere in aller Welt Freiheit, die sich deiner Ehre freut.

Wir bitten dich für uns und alle,

die an ihrer Schwäche leiden,

Gib Geduld und Mut.

Zeige dich nahe und verströme deine Liebe.

Richte die Mutlosen auf, und den Verzweifelten gib Aussicht.

Und uns allen deine Gegenwart.

Und was uns noch bedrängt bringen wir vor dich

mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden unseres Gottes:

Der Herr segne dich und behüte dich,

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.

Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und

gebe dir Frieden. Amen.

Lied: EG 421, Verleih uns Frieden

Zeilsheim: Zwei neue Kitas bieten Platz für 140 Kinder

von Kurt-Helmuth Eimuth 20. März 2019

Die evangelische Kirche hat in Zeisheim gebaut. Zwei neue, nahezu baugleiche Kindertagesstätten in Friedenau und Taunusblick wurden jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt. Die modulare Bauweise macht sie effizient und ökologisch zugleich. Zusammen haben sie vier Kita- und zwei Krabbelgruppen.

Effizient und ökologisch zugleich: Die neue evangelische Kita in Zeilsheim Friedenau. Die Schwester-Kita in Taunusblick sieht fast genauso aus. | Foto: Ilona Surrey
Effizient und ökologisch zugleich: Die neue evangelische Kita in Zeilsheim Friedenau. Die Schwester-Kita in Taunusblick sieht fast genauso aus. | Foto: Ilona Surrey

Die beiden Einrichtungen sind fast baugleich: Auf jeweils fast 1000 Quadratmetern können gut siebzig Kinder im Alter zwischen einem und sechs Jahren im den beiden neuen Kitas der Kirchengemeinde Zeilsheim spielen, toben, experimentieren, kochen, forschen oder auch einfach schlafen. In der Lenzenbergstraße in Friedenau sind derzeit 74 Kinder untergebracht, in drei Kita- und einer Krabbelgruppe. In der Kita Taunusblick in der Rombergstraße werden 64 Kinder betreut, hier gibt es zwei Kita- und zwei Krabbelgruppen.

Aufgrund der Modulbauweise, die in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Regionalverband entwickelt wurde, konnten die Kitas schnell und wirtschaftlich gebaut werden, ohne an der Qualität zu sparen, wie Architekt Ferdinand Heide ausführte. Diese Bauweise sei effizient und ökologisch zugleich. Auch die Stadt Frankfurt ist von dem Konzept überzeugt, sie hat es inzwischen auch für sechs ihrer eigenen Kitas übernommen.

Pfarrer Ullrich Matthei hob die Bedeutung von Kitas auch für die Kirchengemeinde hervor. „Wir wollen Kindern mit Respekt begegnen und sie lebendig Gemeinschaft erleben lassen.“ Prodekan Holger Kamlah freute sich, dass zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kitas auch privat im Stadtteil verankert sind. „Wir betreuen Kinder unabhängig von ihrer Herkunft“, so Kamlah, „das Besondere an uns ist, dass wir religiös und zugleich offen sind. Wir bringen unseren Glauben mit in die Arbeit ein, aber in religionssensibler Weise.“

Jede der beiden Kitas kostete 2,6 Millionen Euro, wovon die Evangelische Kirche 500.000 Euro an Eigenmittel aufgebracht hat.

Auch evangelische Besonderheiten begünstigen sexualisierte Gewalt

von Kurt-Helmuth Eimuth 18. März 2019

Die Fälle von sexualisierter Gewalt in kirchlichen Einrichtungen betreffen beide Kirchen. Es gibt Schätzungen, wonach sich ein Drittel der Fälle im kirchlichen Kontext in der evangelischen Kirche abgespielt hat. Wahrscheinlich hat der Missbrauch in der katholischen Kirche strukturelle Gründe. Aber es gibt auch evangelische Besonderheiten, die problematisch sind.

Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins.  |  Foto: Tamara Jung
Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. | Foto: Tamara Jung

Keineswegs segelt die evangelische Kirche bei den Debatten über sexualisierte Gewalt in kirchlichen Einrichtungen im Windschatten der katholischen Kirche. Vielmehr wird ihr vorgeworfen, dass sie selbst im Glashaus sitze, nur eben ihre Verstrickung deutlich leiser bearbeite. Es gibt Schätzungen, wonach sich ein Drittel der Fälle im kirchlichen Kontext in der evangelischen Kirche abgespielt hat.

Wahrscheinlich hat der Missbrauch in der katholischen Kirche strukturelle Gründe. Deutlich stellten Katholiken und Katholikinnen um den Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz in einem offenen Brief einen Zusammenhang her zwischen vorgeschriebenen Lebensformen, sexuellen Tabus und Männerbünden: „Missbrauch in unserer Kirche hat auch systemische Gründe. Die Versuchung des Klerikalismus folgt dem Klerus wie ein Schatten.“

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will in zwei wissenschaftlichen Studien das Ausmaß des Skandals in ihren eigenen Strukturen ergründen. Kirsten Fehrs, Bischöfin der Nordkirche, wo es bereits eine 500 Seiten starke Studie dazu gibt, machte in ihrem Bericht vor der EKD-Synode evangelische Spezifika aus. Problematisch seien zum Beispiel „die unreflektierte Vermischung von Privatem und Dienstlichem, dezentrale Strukturen, die unklar machen, wer für was zuständig ist, fehlende Beschwerdemöglichkeiten.“

Im der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) sind von 1947 bis heute 50 Fälle bekannt geworden, die denen der Verdacht auf sexualisierte Gewalt bestand. Dabei wurden 16 Mal Pfarrer verdächtigt. In 12 Fällen konnten keine Ermittlungen mehr geführt werden, weil die Beschuldigten bereits verstorben waren. Ein Verdacht hat sich als unbegründet erwiesen. Dreimal wurde ein kirchliches Dienstrechts-Verfahren eingeleitet. In den anderen Fällen richteten sich die Anschuldigungen gegen Erzieher, Ehrenamtliche oder Kirchenmusiker. In der Gesamtzahl sind laut EKHN auch alle bekannten Fälle aus Heimen in evangelischer Trägerschaft enthalten.

Bei der Bearbeitung von sexualisierter Gewalt kann sich die evangelische Kirche also strukturell nicht auf den Klerus fokussieren. Sie muss die Mitarbeiterschaft in ihrer ganzen Breite – ob haupt- oder ehrenamtlich – in den Blick nehmen. Mit Hilfe eines neuen Gesetzes gegen Kindeswohlgefährdung und der Vorschrift von erweiterten Führungszeugnissen für Haupt- und Ehrenamtliche sind erste Schritte unternommen worden. Schulungen ergänzen die formalen Anforderungen. Zudem hat die EKHN Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Beschwerden ausgewiesen.

Überall, wo Macht ausgeübt wird, ob in der Psychotherapie, in der Seelsorge, in der Schule oder im Kindergarten, kann diese missbraucht werden. Deshalb gilt es weiterhin wachsam für Anzeichen eines Missbrauchs zu sein. Die Analyse der Vergangenheit kann da wertvolle Hinweise geben.

Rechtsextremismus in der Kita

von Kurt-Helmuth Eimuth 5. Dezember 2018

Kurt-Helmuth Eimuth, Publizist und Erziehungswissenschaftler, kommentiert die aktuelle Debatte über eine Broschüre der Amadeu-Antonio-Stiftung zum Umgang mit rechtsextremen Einflüssen, die sich im Kita-Bereich bemerkbar machen.

Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins.  |  Foto: Tamara Jung
Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. | Foto: Tamara Jung

Die Broschüre „Ene, mene, muh – und raus bist du. Ungleichwertigkeit und frühkindliche Pädagogik“ der Amadeu-Antonio-Stiftung sorgt für Aufregung. Die Stiftung will mit der 60-seitigen Druckschrift für Kindertagesstätten „sensibilisieren für einen kritischen Umgang mit Diskriminierung im frühkindlichen Bildungsbereich“. Anhand konkreter Fallbesprechungen werden Fachkräfte und Erzieherinnen auf Strategien rechter Akteure aufmerksam gemacht und unterstützt, eine Normalisierung rechtsextremer und menschenfeindlicher Einstellungen im frühkindlichen Bildungsbereich entgegen zu wirken. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) hat ein Grußwort beigesteuert und unterstreicht die Notwendigkeit: „Die Kinder von heute werden morgen unsere demokratische Gesellschaft tragen. Deshalb ist es wichtig, die frühkindliche Bildung demokratisch zu gestalten und an Kinderrechten zu orientieren“. Dagegen kann man nichts sagen. Und sicher ist auch richtig, dass die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung und der Anstieg rechtspopulistischer Bewegungen nicht vor der Kita-Tür Halt macht. „Kinder schnappen rassistische Bemerkungen oder antisemitische Einstellungen auf und geben sie weiter“, so die Familienministerin.

Wie diese Empfehlungen im Einzelnen ausgestaltet sind, sorgt jetzt allerdings für gewaltigen Unmut. So enthält die Broschüre angeblich konkrete Hinweise, wie Erzieher Kinder aus angeblich rechtslastigen Familien identifizieren können. Unter der Überschrift „Kinder aus völkischen Familien“ wird das Fallbeispiel eines Geschwisterpaars geschildert, das besonders zurückhaltend ist und wenig von zu Hause oder vom Wochenende erzählt.

„Gleichzeitig gibt es keine sogenannten Disziplinprobleme, diese Kinder scheinen besonders ‚gut zu spuren‘. Außerdem sind traditionelle Geschlechterrollen in den Erziehungsstilen erkennbar: Das Mädchen trägt Kleider und Zöpfe, es wird zu Hause zu Haus- und Handarbeiten angeleitet, der Junge wird stark körperlich gefordert und gedrillt. Beide kommen häufig am Morgen in die Einrichtung, nachdem sie bereits einen 1,5-km-Lauf absolviert haben.“

Nun, man kann sicher darüber diskutieren, ob in dem einen oder anderen Fall nicht zu sehr Stereotypen verwandt werden. Doch insgesamt sind die Ratschläge praxisnah, stellen das Kind in den Mittelpunkt und beziehen schnell die Eltern mit ein. Auch fordert man die Erzieherinnen auf, bei Fällen von Diskriminierung selbst Position zu beziehen. Von einer „staatlichen Handlungsanweisung zur Elternspionage“, so die CDU-Bundestagsfraktion, kann keine Rede sein. Vielmehr geht es den Autoren um eine Form der Erziehungspartnerschaft. Die Kinder dürfen nicht zwischen zwei Erziehungsstilen hin und her gerissen werden. „Aufgabe demokratischer pädagogischer Institutionen sollte es sein, Kinder zu stärken und ihnen in diesem Fall einen alternativen Erfahrungsraum zu ihrem Elternhaus zu eröffnen. Eine Ausgrenzung der betroffenen Kinder ist keine Lösung und ist keinesfalls anzustreben. Vielmehr sollte versucht werden, den Zugang zu den Kindern zu erhalten.“ Und man mag ergänzen: Auch der Zugang zu den Eltern ist deshalb zu erhalten.

Die Kontroverse um die Broschüre zeigt nur eines: Die Vielfältigkeit der Lebensstile, aber auch die gesellschaftliche Polarisierung hat das Arbeiten in einer Kindertagesstätte nicht einfacher gemacht. Und doch ist die Kita der Ort, in dem tagtäglich das Miteinander unterschiedlicher Weltanschauungen und Religionen vermittelt und eingeübt wird. Eine großartige Leistung des Personals und eine gute Basis für unsere Demokratie.

Die Impfdebatte an der Kita-Tür

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 25. Februar 2015

Seit Jahren tobt eine teils ideologisch geführte Debatte über Impfpflichten für Kinder. In diesen Tagen wird sie am Beispiel der Masern wieder heftiger geführt. Und das nicht nur in den Zeitungen, auf Twitter oder am Küchentisch, sondern auch an einem Ort, wo sie viele wohl nicht vermutet hätten: im Aufnahmegespräch in der Kita.

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Rolf Oeser

Darf, muss ein Kind geimpft werden? Und wenn es nicht geimpft ist, bekommt es dann einen Kita-Platz?

Das hessische Kindergesundheitsgesetz legt seit Sommer 2008 fest, dass vor der Aufnahme eines Kindes in einer Kita von den Eltern eine Impfbescheinigung des Kinderarztes vorzulegen ist. Wer das eigene Kind nicht hat impfen lassen, muss dies nicht nur schriftlich erklären, sondern sich auch vom Arzt bescheinigen lassen, dass eine Information über die Folgen erfolgt ist. Auch wird darauf hingewiesen, dass die nicht geimpften Kinder beim Auftreten einer Krankheit wie Masern – auch bei anderen Kindern – vom Besuch der Kita ausgeschlossen werden.

Das ist eine komplizierte Vorschrift, und sie wird oft auf einen falschen Nenner gebracht: Nicht-geimpfte Kinder dürften eine Kita nicht besuchen, wird behauptet. Was eben nicht stimmt.

Aber diese Regelung (auch andere Bundesländer haben ähnliche Vorschriften auf den Weg gebracht) verunsichert, auch wenn sie sicher in guter Absicht getroffen wurde. Dass die Impfquote bei Kindern rückläufig ist, ist ja schon seit langem bekannt. Ein wirksamer Schutz der Bevölkerung ist aber nur nur mit Impfquoten oberhalb der 95 Prozent gewährleistet.

Doch die Politik scheut die Auseinandersetzung über die Frage, ob eine Impfpflicht eingeführt werden soll. Zu stark prallen die Interessen und Ideologien einer Gesellschaft, die sich dem gesunden Leben verschrieben hat, aufeinander. Die einen, oft aus einem alternativen oder anthroposophischen Milieu, warnen vor negativen Folgen von Impfungen, die anderen warnen vor den möglichen Folgen der Erkrankungen.

Zurück bleibt dann eine Kita-Leiterin, die doch beim Aufnahmegespräch eigentlich den Eltern das pädagogische Konzept erläutern will und keine Impfdiskussion führen.

Nein, die Diskussion muss dort geführt werden, wo sie in einer Demokratie hingehört: in den Parlamenten. Deshalb, liebe Politikerinnen und Politiker: Übernehmt die Verantwortung, für die ihr gewählt wurdet. Trefft eine Entscheidung. Und wir, das Volk, werden die Entscheidung mit öffentlicher Auseinandersetzung begleiten. Nur so funktioniert ein Meinungsbildungsprozess. Und nur so kann eine Akzeptanz, auch eine Akzeptanz für das Impfen, erreicht werden.

Das würde vor allem den Kindern helfen – und so nebenbei auch zahlreichen Kita-Leiterinnen.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 25. Februar 2015 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.