Tag Archiv für Pandemie

Notbetrieb als Normalfall: Kita-Regelungen stiften viele Unklarheiten

von Kurt-Helmuth Eimuth 5. Mai 2021

Normalbetrieb, Notbetreuung, Ausnahmereglungen – der Betrieb von Kindertagesstätten unter Pandemiebedigungen bleibt weiter kompliziert. Auch im „Notbetrieb“ sind die meisten Einrichtungen voll. Zuhause bleiben meist diejenigen Kinder, für die es besonders wichtig wäre, zu kommen.

Birte Hansen leitet die ökumenische Kita Kaleidoskop im Frankfurter Mertonviertel. | Foto: Rolf Oeser
Birte Hansen leitet die ökumenische Kita Kaleidoskop im Frankfurter Mertonviertel. | Foto: Rolf Oeser

Langsam haben sich Eltern und Erzieher:innen an einen Kindergartenbetrieb unter Pandemiebedingungen gewöhnt. In der zweiten Woche der erneuten Schließung von Kitas nach dem Bundesinfektionsschutzgesetz werden die Regelungen klarer: Eltern müssen über ihre Berufstätigkeit eine Bescheinigung mitbringen. Und doch, so die Leiterin der Ökumenischen Kindertagesstätte Kaleidoskop, Birte Hansen, „ist das Haus nahezu voll“. Hansen vermisst klare Kriterien für die Ausnahmetatbestände für die Notbetreuung. „Es trifft dann immer die gleichen Familien, die solidarisch sind.“

Auch Sabine Herrenbrück, die Leiterin des Fachbereichs Kindertagesstätten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), teilt diese Einschätzung: „Es ist zu beobachten, dass die Kinder, für die der Besuch der Kita besonders wichtig wäre, oft nicht mehr kommen.“

Mit den veränderten Rahmenbedingungen in den Einrichtungen können die meisten Kinder recht gut umgehen, zum Beispiel damit, dass die Erzieher:innen Masken tragen. Aber auch hier zeigt sich, dass die Regelungen nicht klar sind. „Früher konnten die Erzieher:innen selbst entscheiden, ob sie Maske tragen. Jetzt sind sie dazu verpflichtet, können aber im Einzelfall begründet entscheiden, es nicht zu tun.“ Das führt aber nur zu Verunsicherung. Und ist ein Beispiel dafür, wie staatliche Anweisungen häufig nur scheinbar eindeutig sind, in Wirklichkeit aber doch die Verantwortung nach unten abschieben.

Konflikte sind dann fast zwangsläufig. „Die einen Eltern drohen mit Klage, weil Maske getragen wird, die anderen wollen, dass sie unbedingt getragen wird“, berichtet Herrenbrück. Hinzu kommt das, was sie „Appell-Lösungen“ nennt. Etwa wenn es im Schreiben des Sozialministeriums heißt: „Ich appelliere daher erneut, Betreuungsangebote nur zu nutzen, wenn es absolut notwendig ist.“ Appelle sind aber wenig hilfreich, denn sie führen dazu, dass es in die Verantwortung der Einzelnen gestellt wird, ob sie ihre Kinder zuhause betreuen. Inzwischen ist der Kriterienkatalog für den Anspruch auf Notbetreuung so umfangreich, dass praktisch jede Familie irgendwie darunter fallen kann, wenn sie will. Entsprechend gefüllt sind die Kitas trotz formaler „Schließung“, und eben nicht unbedingt mit denjenigen Kindern, die die pädagogische Unterstützung am dringendsten brauchen.

Zur Entspannung hat immerhin beigetragen, dass die Mitarbeiter:innen nun zweimal die Woche getestet werden, bei Birte Hansen im Mertonviertel sogar dreimal. „Das gibt dem Team Sicherheit“, so Hansen. Auch die Impfquote im Kita-Personal ist zumindest in Frankfurt hoch. 75 Prozent der Angestellten in den evangelischen Kitas sind inzwischen wenigstens einmal geimpft.

Trotzdem ist die Belastung für das Personal weiterhin enorm. Das liegt nicht nur an den besonderen Anforderungen. „Die ständigen Wechsel. Kinder rein, Kinder raus. Wie oft mussten die Kitas schon ihre Abläufe umstellen“, kritisiert Herrenbrück, und fügt bedauernd hinzu: „Wir von Trägerseite können ihnen nichts von den Schultern nehmen, da die Vorgaben woanders gemacht werden.“

Unter der derzeitigen Situation litten alle, berichtet Herrenbrück. „Die Kinder leiden unter der Anspannung ihrer Eltern, und bei den Eltern ist die Haut dünner geworden“. Da bleibt nur die Hoffnung auf ein Absinken der Inzidenzzahlen.

In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod

Kurts Kommentar zur Pandemiebekämpfung

Ein Mut-Mach-Buch zur Pandemie

von Kurt-Helmuth Eimuth 2. Februar 2021

Elisabeth Lukas und Reinhardt Wurzel zeigen die Schwierigkeiten und Probleme der Corona-Pandemie, machen aber gleichzeitig Mut, die eigenen Ressourcen zu mobilisieren.

Elisabeth Lukas / Reinhardt Wurzel: Pandemie und Psyche. Wege zur Stärkung der seelischen Immunität, Verlag Neue Stadt, 18 Euro.
Elisabeth Lukas / Reinhardt Wurzel: Pandemie und Psyche. Wege zur Stärkung der seelischen Immunität, Verlag Neue Stadt, 18 Euro.

Es ist kein klassisches Ratgeberbuch, das die Leser:innen mit Rat erschlägt. Vielmehr haben Elisabeth Lukas und Reinhardt Wurzel ein ebenso behutsames wie informatives Werk über die psychischen Folgen der Pandemie geschrieben. Es basiert auf der Erkenntnis des österreichischen Neurologen und Psychiaters Viktor E. Frankl, wonach ein Schicksalsschlag nur durch die Aktivierung der eigenen Ressourcen zu überwinden ist. Lukas und Wurzel beschreiben die menschlichen Seelenzustände wissenschaftlich fundiert, aber dennoch verständlich. Eine besondere Leichtigkeit gewinnt das Buch durch die dialoghafte Form der Textzusammenstellung.

Autorin und Autor geben nicht einfach kluge Tipps, sie beschreiben die Wirklichkeit mit einer besonderen Empathie. Selbst die Angst vor dem Tod wird benannt: „Machen wir und nichts vor: Wir haben kein ewiges (irdisches) Leben zu verlieren.“ Trost bietet die Gewissheit, dass jeder Mensch Spuren auf der Welt hinterlässt. „Das Geschehene wird schließlich mit unserem Lebensende nicht ausradiert.“ Wohltuend ist, dass in dem Buch keine weltanschauliche Verortung zu finden ist.

Selbst beim Thema Homeschooling sieht Lukas eine positive Seite: „Ich denke, dass unsere Kinder in der jetzigen Zeitspanne bei allen unbestreitbaren, oft großen Problemen für sie selbst wie die Familien etliches lernen. Sie lernen auf eine neue Weise Solidarität, Zusammenhalt, Verzicht, Selbstdisziplin, Rücksichtnahme“.

Hier ist ein Lese-Mut-Mach-Buch entstanden, das die Schwierigkeiten und Probleme zeigt, aber eben Mut macht, die eigenen Ressourcen zu mobilisieren. Und klar gibt es zum guten Schluss auch eine Liste mit Tipps.