Musik „handgemacht“

Kurt-Helmuth Eimuth. Foto: Ilona Surrey

Man meint, dass es die Gethsemanegemeinde nicht erwarten kann. „Weihnachts-Ansingen“ – so ist das alljährliche Weihnachtskonzert am Dritten Advent im Nordend betitelt, am 14. Dezember, um 17 Uhr in der Eckenheimer Landstraße 90. Vor den bereits im Altarraum aufgestellten Weihnachtsbäumen musiziert dann das Gethsemane-Quartett, der Flötenkreis spielt als längeres Werk das Magnificat von Johann Pachelbel, und der Chor singt passend zum 25. Jahr des Mauerfalls ein Lied von Klaus Heizmann mit dem Text „Es war ein Tag der großen Wende“. Das ist Musik handgemacht, von Menschen, denen das Musizieren Freude bereitet, und die mit ganzem Herzen bei der Musik und dem bevorstehenden Fest sind. Und natürlich gibt es im Anschluss Tee und Plätzchen im neuen Gemeindesaal.

Von Bockenheim in den Dschihad

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 22. November 2014

Warum werden Jugendliche aus Frankfurt fanatische Islamkämpfer und ziehen in den Krieg? Diskussion beim „Salon am Kirchplatz“ in der Gemeinde Bockenheim.

Ilyas Mec hat für die ARD die Dokumentation „Sterben für Allah?“ gedreht. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

„Von Bockenheim in den Dschihad“ – dieser Titel fasst die Geschichte des 16-jährigen Enes zusammen. Ein Jugendlicher aus dem Stadtteil, dessen Schicksal Ilyas Mec in einem halbstündigen Film dokumentiert hat. „Das Thema hat hier große Betroffenheit ausgelöst, weshalb wir heute aufklären wollen“, sagte Pfarrer Rüdiger Kohl zu Beginn des Abends. Das geschehe aber nicht in einer überheblichen Haltung: „Jede Religion kann missbraucht werden.“

Christamaria Weber vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten führte aus, dass inzwischen zehn Frankfurter als Kämpfer gestorben sind. Vierzig Personen seien derzeit ausgereist, 18 davon seien durch die salafistische Koranverteilungs-Kampagne „Lies!“ angeworben worden. So erschreckend das sei, ist es doch nur ein winziger Teil der insgesamt 84?000 Muslime und Musliminnen, die in Frankfurt leben.

Radikalisierung geht extrem schnell

In der Diskussion wurde vor allem über die möglichen Motive der jungen Menschen diskutiert. „Was bewegt Menschen, sich einer Ideologie des Todes anzuschließen?“ fragte Ilona Klemens, Pfarrerin für interreligiösen Dialog. „Der Prozess der Radikalisierung geht so schnell, dass selbst Angehörige überrascht sind“, erläuterte der Filmemacher Mec. Es gebe in den Biografien fast immer Bereiche, wo diese jungen Menschen Orientierung brauchen. So habe Enes nach der Scheidung seiner Eltern „so eine Art Ersatzfamilie gesucht“. Es gebe aber auch den Salafismus als eine Art jugendlicher Protestkultur.

Christamaria Weber vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten konnte auf die Präventionsmaßnahmen der Stadt und des Landes hinweisen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Der in Frankfurt vor fünf Jahren gegründete Rat der Religionen, dem neun Religionsgemeinschaften angehören, hat in einem Positionspapier den „religiös begründeten Extremismus“ bereits verurteilt. Trotzdem forderte Mec, die Moscheegemeinden mehr in die Pflicht zu nehmen.

Deutlich wurde, dass eine Ursache für die Attraktivität extremistischer Gruppen unter Jugendlichen die Erfahrung der Ausgrenzung ist. Gerade Jugendliche, die bereits in zweiter und dritter Generation in Deutschland leben, seien auch aufgrund ihrer Bildung hier hoch sensibel, sagte Christamaria Weber. So wurde eine deutsche Willkommenskultur gefordert. Weber verwies auf die Anstrengungen der Stadt: Sie bietet Schulungen für Lehrkräfte an, hat eine Beratungsstelle eröffnet und plant Maßnahmen zur Stärkung der Jugendarbeit in Moscheegemeinden.

Der Film „Sterben für Allah?“ von Ilyas Mec ist noch in der ARD-Mediathek zu finden.

„Gott nicht für Gewalt missbrauchen“

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 1. November 2014

Beim zentralen Reformationsgottesdienst in der Katharinenkirche an der Hauptwache kritisierte der evangelische Frankfurter Stadtdekan Achim Knecht den Missbrauch von Religion.

Erstmals stand Stadtdekan Achim Knecht auf der Kanzel der Frankfurter Katharinenkirche. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

„Wir erleben im Nahen Osten, wie im Namen der Religion Gewalt verübt wird“, sagte Knecht in seiner Predigt. Die Gruppe „Islamischer Staat“ (IS) nehme Gott in Anspruch, um seine brutale Gewalt zu legitimieren.

Der Stadtdekan mahnte: „Menschen sollten sich nicht anmaßen den Willen Gottes auf ihrer Seite zu haben. Wir brauchen Gott nicht nachzuhelfen.“ Knecht forderte ein solidarisches Miteinander. Allerdings gäbe es keine Patentrezepte für das Zusammenleben in einer Gesellschaft.

Der neue evangelische Stadtdekan, der im September sein Amt angetreten hat, predigte erstmals in der Katharinenkirche. Wie Pröpstin Gabriele Scherle ankündigte, wird er künftig das zentrale Reformationsgedenken in Frankfurt verantworten.

Auszeichnung für Engagement gegen religiös-totalitäre Gruppen

Von Redaktion – 29. Oktober 2014

Der Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“, Kurt-Helmuth Eimuth, erhält für sein ehrenamtliches Engagement in der Sekteninformation und Selbsthilfe Hessen (SINUS) den Ehrenbrief des Landes Hessen.

Frankfurt: Kurt-Helmuth Eimuth Portrait Foto aufgenommen am 01.10.2013 Foto: Rolf Oeser

Kurt-Helmuth Eimuth erhält den Ehrenbrief des Landes Hessen. Foto: Rolf Oeser

Der ehemalige Weltanschauungsbeauftragte des Evangelischen Regionalverbandes gehört zu den Gründungsmitgliedern von SINUS. Der Verein berät und informiert seit zwanzig Jahren Angehörige und ehemalige Mitglieder von religiös-totalitären Gruppen wie Scientology oder auch verschiedenen Guru-Bewegungen.

„Gerade in einer Zeit der Auseinandersetzung mit dem Salafismus zeigt sich die Notwendigkeit einer solchen Arbeit, denn es gibt in der Motivation, sich solchen Gruppen anzuschließen, viele Parallelen“, sagt Eimuth. Nach seiner Erfahrung schlössen sich junge Menschen solchen Gruppen an, da zum einen ihr Ego dadurch subjektiv aufgewertet werde und zum anderen sie für ihr derzeitiges Leben keine Perspektive sähen. Hier ein Kommentar, den Eimuth darüber vor kurzem schrieb.http://www.evangelischesfrankfurtarchiv.de/2014/07/salafismus-ist-ein-soziales-problem/

Kurt-Helmuth Eimuth studierte in Frankfurt Erziehungswissenschaften, Theologie und Soziologie. Für Aufsehen sorgte vor allem seine Analyse der Situation der Kinder, die in Sekten aufwachsen. Hauptberuflich verantwortet Eimuth heute den Arbeitsbereich Kindertagesstätten des Diakonischen Werks des Evangelischen Regionalverbandes.

Der Ehrenbrief wird ihm am Donnerstag, 6. November, um 11 Uhr von Oberbürgermeister Peter Feldmann im Frankfurter Römer überreicht.

Mahnende Glocke der Erlöserkirche in Oberrad

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 22. Oktober 2014

Die „kleine“ Glocke im Hof der Erlösergemeinde am Melanchthonplatz lädt zum Gedenken ein: Wie halb Oberrad wurde auch die Glocke im Zweiten Weltkrieg förmlich zerrissen. Jetzt mahnt sie stumm.

Sie wurde bei der Bombardierung Oberrads 1943 zerstört und mahnt jetzt im Hof der Erlösergemeinde gegen den Krieg: die kleine Glocke der alten Erlöserkirche.
Foto: Anne-Elisabeth Eimuth

Sie wurde bei der Bombardierung Oberrads 1943 zerstört und mahnt jetzt im Hof der Erlösergemeinde gegen den Krieg: die kleine Glocke der alten Erlöserkirche. Foto: Anne-Elisabeth Eimuth

Kirchenglocken sind imponierende Klangkörper. Man hört sie weithin. Nur zu sehen sind sie meist nicht, dazu müsste man in der Regel zahlreiche Treppen bis in die Kirchturmspitze erklimmen.

Nicht so in Oberrad. Im Hof der Erlösergemeinde am Melanchthonplatz ist eine zu sehen – beeindruckend, obgleich es sich nur um die „kleine“ Glocke handelt. Sie lädt zum Gedenken ein: Wie halb Oberrad wurde auch die Glocke im Zweiten Weltkrieg förmlich zerrissen.

Als am 4. Oktober 1943 die westliche Hälfte von Oberrad durch Brandbomben in Schutt und Asche gelegt wurde, brannte auch die in den Jahren 1912 bis 1914 erbaute frühere Erlöserkirche aus. Wenige Wochen später, am 18. März 1944, wurden Kirchenschiff und Turm mittels Sprengbomben in einen Steinhaufen verwandelt.

Die beschädigte „kleine Glocke“ diente dann bis zum Wiederaufbau der Erlöserkirche im Jahr 1956 als Geläut einer provisorischen Notkirche. Da sie nicht mehr geschwungen werden konnte, wurde sie mit einem Klöppel geschlagen.

Anschließend hat man die Glocke dann im Innenhof aufgestellt und ihr eine Inschrift gegeben: „1914 – 1956 – Ich rief zu Gott in zwei Kriegen, Not und Hungerszeit, jetzt mahn’ ich stumm“.

Kita-Erweiterung am Bornheimer Hang

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 11. Oktober 2014

Der Kindergarten der Evangelischen Nord-Ost Gemeinde hat heute seine neuen Räume offiziell in Betrieb genommen. Sogar Oberbürgermeister Peter Feldmann war gekommen.

Oberbürgermeister Peter Feldmann lobte das Engagement des Investors und der Evangelischen Nord-Ost Gemeinde. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Der Oberbürgermeister betonte die Bedeutung der Kinderbetreuungseinrichtungen für die Stadt. „Da wo Familien wohnen, müssen beide Eltern arbeiten. Deshalb brauchen wir qualifizierte Kindertagesstätten“, so Feldmann. da der Zuzug nach Frankfurt anhalte, benötige die Stadt ständig eine größere Anzahl von Kita-Plätzen „und vor allem Kitas, die besser ausgestattet sind.“

Den Kita der Nord-Ost Gemeinde hat die Justizbau-Genossenschaft für 750.000 € erweitert. Nun bietet die Einrichtung Platz für 40 Kinder von 0 bis 6 Jahren. Durch einen Anbau konnte die Grundfläche von 112 Quadratmeter auf 260 Quadratmeter mehr als verdoppelt werden.

Hell und angenehm groß sind die neuen Räume der Kita. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Dankbar für den Frieden sein

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 4. Oktober 2014

Hilflos, sprachlos und atemlos verfolgt man derzeit die Nachrichten. Kann es wirklich sein, dass die Welt 100 Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs und 75 Jahre nach dem deutschen Überfall auf Polen so aus den Fugen gerät? Hat denn niemand etwas gelernt?

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Rolf Oeser

Überall scheint es „bewaffnete Konflikte“ zu geben, wie Krieg oft verniedlichend genannt wird: Gaza, der schon so lange andauernde Kampf zweier Völker, die seit Generationen ineinander verhakt sind. Syrien und Irak, die schreckliche Invasion von Terroristen, die einen Gottesstaat errichten wollen. Die inzwischen nicht mehr heimliche Annexion der Ukraine. Gewalt, Tod und Vertreibung sind die Folge des Krieges. Alleine in Syrien sollen sechs Millionen Menschen auf der Flucht sein. Vierzig „gewaltsame Auseinandersetzungen“, also Kriege, soll es derzeit auf der Welt geben.

Angesichts all dieser Gewalt können wir in Deutschland dankbar auf die letzten Jahrzehnte zurückschauen. Dankbar als Nachkriegsgeneration, dass wir in Frieden aufgewachsen sind und bis heute leben. Dankbar auch für ein geeintes Europa. Viele haben es im Sommerurlaub genossen: Ob man von Deutschland aus nach Schweden, Österreich oder Ungarn fährt – man muss schon genau aufpassen, um zu bemerken, wann man die Staatsgrenze passiert. Europa ist zusammengewachsen, und das ist gut so.

Das Erntedankfest am 5. Oktober ist ein guter Anlass, uns an all das zu erinnern. Dank zu sagen für den Frieden, der immer und überall die erste Voraussetzung für ein Leben in Freiheit, Wohlstand und seelischer Unverletztheit ist. Deshalb muss Friedenspolitik in allen internationalen Konflikten immer die höchste Priorität haben. Über den Weg, wie bedrohten Menschen zu helfen ist, ist zu diskutieren. Die Völkergemeinschaft muss die Terroristen des IS stoppen. Und dabei gerät man immer in ein moralisches Dilemma: Wenn man militärisch eingreift, wird man schuldig, wenn man dem Massenmord tatenlos zuschaut, wird man es ebenfalls.

Wichtig ist jedoch, bestmöglich die Verantwortung zu übernehmen und sich Entscheidungen niemals leicht zu machen. Die Debatte muss intensiv, aber ohne Häme geführt werden. Und es darf keine isolierte Diskussion über militärische Maßnahmen sein, sondern sie muss immer einhergehen mit der Frage, wie wir als Deutsche humanitär helfen können. Die Aufnahme von Flüchtlingen zum Beispiel ist eine solche humanitäre Maßnahme. Und zwar eine, die wir sofort umsetzen können.

Die EF-Redaktion

Frankfurt, 30.09.2014, Gruppenfoto der Redaktion Evangelisches Frankfurt Foto: Rolf Oeser

Von links nach rechts: Stephanie von Selchow, Kurt-Helmuth Eimuth, Wilfried Steller, Antje Schrupp, Ralf Bräuer, Anne Lemhöfer. Foto: Rolf Oeser

Kurt-Helmuth Eimuth (E-Mail)

  • Pädagoge und Publizist
  • geboren 1954 in Frankfurt am Main
  • Studium der Erziehungswissenschaften, der Ev. Theologie und Soziologie
  • seit 1998 für die Herausgabe im Sinne des Presserechts verantwortlich, hautberuflich Leiter des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten im Diakonischen Werk für Frankfurt des Evangelischen Regionalverbandes

Dr. Antje Schrupp (E-Mail)

  • Journalistin und Politologin
  • geboren 1964 in Weilburg
  • Studium der Ev. Theologie, Philosophie und Politikwissenschaft in Frankfurt
  • seit 1989 Redakteurin bei der Ev. Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt
  • seit 2000 geschäftsführende Redakteurin bei “Evangelisches Frankfurt”

Ralf Bräuer (E-Mail)

  • Pfarrer und Kommunikationswirt
  • geboren 1961 in Braunschweig
  • Studium der Ev. Theologie in Marburg, Mainz und Frankfurt
  • 1993-1996 Pfarrer in der Ev. Dornbuschgemeinde
  • 1997-2001 Projektmanager bei der Kommunikationsinitiative “Brücken bauen” der EKD
  • seit 2002 Leiter der Evangelischen Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt am Main

Anne Lemhöfer

  • Journalistin und Soziologin
  • geboren 1978 in Frankfurt am Main
  • Studium der Soziologie und Skandinavistik in Frankfurt und Falun (Schweden)
  • 2005 Volontariat bei der Frankfurter Rundschau
  • seit 2007 FR-Redakteurin mit den Schwerpunkten Hochschule, Kultur und Reportage sowie freie Autorin  für den Reiseteil der ZEIT, die Magazine NEON und Publik Forum und andere

Stephanie von Selchow

  • Journalistin und Bibliothekarin
  • geboren 1963 in Essen
  • Studium der Germanistik, Hispanistik in Bonn und Salamanca
  • 1991-1993 Volontariat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Econ-Verlag Düsseldorf
  • seit 1995 freie Journalistin mit Schwerpunkt Kinderliteratur, Literatur und soziale Themen
  • seit 2006 Aufbau und Leitung der Grundschulbibliothek der Europäischen Schule Frankfurt
  • Herbst 2010: Verkürzte bibliothekarische Lehre mit Abschluss FaMI (Fachangestellte Medien- und Informationsdienste

Wilfried Steller (E-Mail)

  • Pfarrer
  • geboren 1953 in Alsfeld/Oberhessen
  • 1972 bis 1979: Studium der Evangelischen Theologie in Marburg und Tübingen
  • 1980 bis 1983: Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Augsburg
  • 1984 bis 1985: Vikar in der Ev. Dornbuschgemeinde Frankfurt
  • 1985 bis 1987: Pfarrer in der Ev. Weißfrauengemeinde Frankfurt
  • seit 1987 Pfarrer der Ev. Glaubenskirchengemeinde Frankfurt, seit 2007 Kirchengemeinde Fechenheim

Weitere Autorinnen und Autoren

  • Doris Stickler
  • Susanne Schmidt-Lüer
  • Anne-Rose Dostalek
  • Lieselotte Wendl
  • Joachim Schreiner
  • Regina Busch
  • Gisela Pagés
  • Silke Kirch

Fotografinnen & Fotografen

  • Rolf Oeser
  • Ilona Surrey

Wenn Betteln organisiert wird, ist das für Städte ein Problem

von Kurt-Helmuth Eimuth 29. September 2014

„Bild“ spricht vom „Bettlerkrieg“ auf der Zeil. Es gebe ein Gerangel um die besten Plätze, und selbst Passanten würden angegriffen. In Norwegen will man das Betteln gar ganz verbieten. Städte wissen sich gegen das organisierte Betteln offenbar nicht anders zu helfen.

Nicht alle betteln freiwillig, manche werden abends abkassiert. Wie hoch das Ausmaß der organisierten Ausbeutung ist, ist jedoch Spekulation. Foto: Rolf Oeser
Nicht alle betteln freiwillig, manche werden abends abkassiert. Wie hoch das Ausmaß der organisierten Ausbeutung ist, ist jedoch Spekulation. Foto: Rolf Oeser

Das Geben von Almosen gehört schon immer zur christlichen Tradition, die Unterstützung der Armen ist gute Praxis auch im Judentum und im Islam. Menschen in Not gilt es zu unterstützen, ihnen soll man helfen, da sind sich alle Religionen einig.

In der Folge – sozusagen die Kehrseite der Medaille – fordern arme Menschen die „milden Geben“ auch selbst ein, sie betteln. Dies und selbst die Zurschaustellung von Elend müsse man ertragen, urteilte in den 1970er Jahren das Verfassungsgericht. Der Bettler, der stumm an der Ecke sitzt, dürfe nicht vertrieben werden.

Der schweizerische Reformator Johannes Calvin hingegen setzte erstaunlicherweise schon vor 500 Jahren in Genf ein striktes Verbot des Bettelns durch. Jeder müsse von seiner Arbeit leben können, meinte Calvin. Und wenn das nicht gegeben sei, müsse er Zuwendungen bekommen. Deshalb wird in jedem Gottesdienst mit dem Klingelbeutel für diakonische Aufgaben gesammelt. Gottesdienst feiern und an die Armen denken gehören also untrennbar zusammen.

Doch spätestens seit Brechts Dreigroschenoper ist bekannt, dass Betteln eben auch organisiert wird. „Manche müssen das Geld, dass sie erbetteln, abgeben“, sagt Bettina Bonett, Straßensozialarbeiterin bei der Obdachlosenhilfe „Weser 5“. „Neulich habe ich beobachtet, wie ein Typ zwei Frauen richtig verfolgt hat, damit sie ihm das Geld geben“, erzählt sie.

„Zahlen über das Ausmaß des organisierten Bettelns gibt es nicht, nur subjektive Empfindungen“, sagt Ralph Rohrer vom Frankfurter Ordnungsamt. Doch immer mehr Zeitungen haben in letzter Zeit über das Phänomen berichtet: Die Banden seien straff organisiert, holten Menschen aus osteuropäischen Staaten mit falschen Versprechungen in den Westen, die dann in den Fußgängerzonen systematisch zum Betteln eingesetzt würden. Der Gewinn sei beträchtlich. Es wird geschätzt, dass jeder Bettler, jede Bettlerin 100 Euro am Tag einbringen muss. Die Banden operierten europaweit.

„Geben Sie nur dem Bettler ihres Vertrauens etwas“, rät Rohrer. Der Mann vom Ordnungsamt meint jene, die schon seit Jahren am selben Platz sitzen, die sozusagen persönlich bekannt sind. Oder man verweist an das Diakoniezentrum „Weser 5“. Für 1,50 Euro bekommt man dort ein Mittagessen. Bettina Bonett verteilt statt Geld manchmal Essensgutscheine.

Dank

Andacht,

29.9.2014

Orgel

Lied: EG 334, 1-3, 6 Danke

Votum:

In Gottes Namen wollen wir beginnen

Gott ist allen Zweifelnden, Verzagten und Suchenden besonders nah.

In Jesu Namen wollen wir beginnen,

denn Jesus ließ diese Nähe Ausgestoßene, Verachtete, Verzweifelte spüren.

In der Hoffnung auf das Geschenk des Heiligen Geistes wollen wir beginnen,

um Mut und Ideen bitten, heute diese Nähe weiterzugeben.

Amen.

Psalm 118, Nr. 747

Lied: EG 508 Wir pflügen

Ansprache:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

vor einigen tagen rief mich ein Kirchenvorsteher an und fragte: Kann ich an den Zaun Ihrer Krabbelstube ein Plakat der EKHN hängen? Die Danksekunde. Bei Ihnen ist es der ideale Standort für das Plakat.“

Natürlich kann er. Keine Frage, auch wir unterstützen die Impulskampagne der EKHN. Und doch fragte ich. Sagen Sie mal ist das denn wirkungsvoll. Die Antwort: Doch, doch wir sind schon mehrfach angesprochen worden.

Selbst der Kirchenpräsident hat zur Eröffnung der Dank-Aktion am Frankfurter Hauptbahnhof Äpfel verteilt.

Die Impulspost zum Thema Danken hat da vielleicht doch etwas aufgegriffen, was im Alltag oft verschwindet. Innehalten, dankbar zurückschauen, um Kraft für die neuen Aufgaben zu finden.

Bei Twitter finden sich zu der Aktion Einträge wie:

Danke Gott, dass Du uns gleichermaßen liebst – Hautfarbe und sozialer Hintergrund spielen bei Dir keine Rolle.

Lasst uns Fremde willkommen heißen, auf dass sie keine Fremden bleiben

Schenke Menschen mit Deinen Worten Kraft und Trost. Glaube an sie, so wie Gott an Dich glaubt!

„Es gibt so viele Dinge im Leben, für die wir dankbar sein können“, sagt Kirchenpräsident Volker Jung und zählt auf: „Die Natur, unsere Nahrung, ein Leben in Freiheit, Familie, Freunde, Beruf, Zeit, in der es uns gutgeht, und vieles mehr. Das alles feiern wir mit dem Erntedankfest. Selbst wenn die meisten Menschen heute nicht mehr selbst säen und ernten, gibt es viele Gründe zu sagen: Gott sei Dank!“

Viele Menschen kennen noch das traditionelle Tischgebet: „Alle guten Gaben, alles, was wir haben, kommt, o Gott, von dir. Wir danken dir dafür.“ Solche Dankgebete gehören für viele zum Essen wie Löffel oder Gabel. Die Menschen, die sie sprechen, sagen damit: Wir verdanken unser Leben letztlich nicht uns selbst, sondern Gott.

Oft fehlt uns die Zeit, manchmal fehlen uns auch die richtigen Worte, um uns zu bedanken. Dabei braucht es eigentlich nur eine Sekunde, um „Danke“ zu sagen. Jeder Tag hat 86.400 Sekunden und bietet ebenso viele Augenblicke und Anlässe, sich zu bedanken. Deshalb heißt die neue Aktion der EKHN „Danksekunde“.

Den meisten von uns geht es gut, Hunger ist – Gott sei Dank! – kein Thema. Für die Ernte zu danken liegt nahe, weil Nahrung, Früchte und Lebensmittel für alle vorhanden sind. Wir sind reich, wir können dankbar sein und sagen Dank.

Gleichzeitig wirft dieser Dank aber auch Fragen auf: Wo und unter welchen Bedingungen werden die Güter produziert, die wir verbrauchen? Wie nachhaltig leben wir eigentlich? Welche Folgen hat unser Lebensstil? Die großen Herausforderungen für die Zukunft rücken in unser Blickfeld. Jeder einzelne Mensch ist ein Teil des Ganzen und kann ein Teil der Lösung werden. Es hat Folgen, wenn wir bewusst leben, an die Mitmenschen und die Natur denken. Wir können „Danke“ sagen, um damit Chancen und Freude mit anderen zu teilen.

Aber noch etwas vergessen wir oft. Wir als Nachkriegsgeneration sind im Frieden aufgewachsen. Wir haben keinen Krieg erleben müssen.

Hilflos, sprachlos und atemlos verfolgt man derzeit die Nachrichten. Kann es denn wirklich sein, dass die Welt einhundert Jahre nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges, 75 Jahre nach dem Überfall auf Polen, so aus den Fugen gerät? Hat denn niemand etwas gelernt?

Überall scheint es „bewaffnete Konflikte“, wie Krieg verniedlichend oft genannt wird, zu geben: Gaza, der ewige Kampf zweier Völker, seit Generationen ineinander verhakt; Syrien, die schreckliche Invasion von Terroristen, die einen Gottesstaat errichten wollen; und dann die gar nicht mehr heimliche Annexion der Ukraine. Gewalt, Tod und Vertreibung sind die Folge. Alleine in Syrien sollen 6 Millionen Menschen auf der Flucht sein. Vierzig gewaltsame Auseinandersetzungen, also Kriege soll es derzeit auf der Welt geben.

Angesichts solcher Gewalt können wir Deutschen dankbar auf die letzten Jahrzehnte zurückschauen. Dankbar als Nachkriegsgeneration, dass wir in Frieden aufwachsen und leben können. Nicht zuletzt hat dieses dem Land einen noch nie dagewesenen Wohlstand beschert.

Dankbar auch für ein geeintes Europa. Wer in diesem Sommer im Urlaub war, wird dieses grenzenlose Europa womöglich genossen haben. Ob nach Schweden, Österreich oder Ungarn. Man muss schon genau aufpassen, um festzustellen, wann man die Staatsgrenze überschreitet. Europa ist zusammengewachsen. Und das ist gut so.

Mit dem Erntedankfest kommt die Zeit, dass wir daran erinnert werden, uns auch einmal dankbar umzuschauen. Danke für die Jahrzehnte des Friedens. Er ist die Grundlage für ein Leben in Freiheit, in Wohlstand und in seelischer Unverletztheit.

Friedenspolitik muss immer die höchste Priorität haben. Wir spüren, dass Deutschland sich immer weniger heraushalten kann. Die Diskussionen über den Weg, bedrohten Menschen zu helfen ist im Gange und muss auch geführt werden. Die Terroristen der ISIS muss die Völkergemeinschaft stoppen. Die Mittel, die hierzu nötig sind, werden unterschiedlich eingeschätzt. Das moralische Dilemma für Christinnen und Christen ist unlösbar: Wenn man militärisch eingreift wird man schuldig, schaut man dem Massenmord tatenlos zu, wird man es auch. Dietrich Bonhoeffer lebte und erlebte dieses Dilemma. Er fasste es in diesem Satz zusammen: „Die Sünde zu vermeiden, kann die größte Schuld sein.“ und an andere Stelle formulierte er: „Nachfolge Jesu kann auch heißen: aus Nächstenliebe schuldig werden.“

Doch bei allen aktuellen Entscheidungen darf man es sich nicht einfach machen. Intensiv und ohne Häme muss die Debatte geführt werden. Aber es darf keine isolierte Diskussion über militärische Maßnahmen sein. Sie muss immer einher gehen mit der Frage, wie können wir humanitär helfen? Auch die Aufnahme von Flüchtlingen ist eine solche humanitäre Maßnahme. Und die können wir sofort umsetzen.

Es ist eine Bereitschaft in Bevölkerung zu spüren hier zu helfen. Diese Stimmung müssen alle verantwortlichen Kräfte stützen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns dankbar in diese Woche gehen. Bei aller Anstrengung und Mühe – ja sicher auch gelegentlich auch Ärger – dankbar für das, was wir gemeinsam als evangelische Kirche in dieser Stadt darstellen.

Lied 560

Mitteilungen:

Geburtstage

Gebet:

Christus, wir danken für das Angebot,

mit dir deinen Weg zu gehen.

Schenke uns Kraft und Ausdauer für ein mutiges Leben,

das deinen Spuren nachgeht.

Ermutige uns, wenn wir den Weg nach unten scheuen

und den leidvollen Erfahrungen ausweichen wollen.

Wir brauchen Kraft an jedem Tag.

Wir brauchen festen Grund,

wenn unser Vertrauen missbraucht wird und der Glaube wankt.

Gib uns Gelassenheit, vor dem Unabänderlichen nicht zu fliehen,

sondern es tapfer anzunehmen.

Gib uns Klarheit, das Machbare zu erkennen

und ihm eine menschenfreundliche Gestalt zu geben.

Gib uns Vertrauen,

dann wird jede Lebensstufe, im Glück wie im Leid,

zum fruchtbaren Land,

auf dem Glaube, Liebe und Hoffnung wachsen.

Wir bitten nicht nur für uns.

Wir bitten auch für die Menschen,

die in der Nähe und in der Ferne in Mühen und Sorgen leben,

ungesehen und unbeachtet:

für die Traurigen und Enttäuschten,

für Menschen, die alleinstehen.

Wir bitten für die Opfer von Krieg und Gewalt in aller Welt.

Lass die Politikerinnen und die Machthaber

Wege zum Frieden suchen und finden.

Lass immer mehr Menschen zum Werkzeug deines Friedens werden.

Und was uns noch bewegt, bringen wir vor dich mit den Worten, die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Segen unseres Gottes:

Gott, segne uns und behüte uns

Gott schütze unser Leben und bewahre unsere Hoffnung.

Gott, lass dein Angesicht leuchten über uns,

dass wir leuchten für andere.

Gott, erhebe dein Angesicht auf uns und halte uns fest

im Glauben, dass das Leben stärker ist als der Tod. Amen.

Lied: EG 425, 1-3 Gib uns Frieden