Militäreinsatz als kleineres Übel

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 7. September 2014

Eine Trennung nach dem Motto „Hier Welt, da Gott“ kann es nach Meinung des ehemaligen Bischofs der evangelischen Landeskirche in Braunschweig, Friedrich Weber, nicht geben. Bei einem Studientag zur Barmer Theologischen Erklärung in Frankfurt verteidigte er auch den Einsatz militärischer Mittel.

Der Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, Friedrich Weber, hat eine Diskussion über die Legitimität militärischer Gewalt in seinem Vortrag zur Barmer Erklärung auch aus christlicher Sicht angeregt. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Bei einem Studientag zur Barmer Theologischen Erklärung in Frankfurt verteidigte er auch den Einsatz militärischer Mittel und unterstrich eine Stellungnahme der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau: „Christen müssen widersprechen, wenn die Gott gegebene Würde von Menschen verletzt oder gar das Leben von Menschen bedroht wird.“

Angesichts der Gewalt wie der der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ in Syrien und Irak verwies Weber auf eine Erklärung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), deren Präsident er ist: Es könne Situationen geben, in denen ein Staat nicht bereit oder fähig ist, seiner Bevölkerung Schutz und ausreichende Sicherheit zu gewährleisten. Es könnte Situationen geben, wo man feststellt, dass ein Regime einen Völkermord oder andere massive Gräueltaten plant.“

Zwar müssten auch dann nicht-militärische Mittel voll ausgeschöpft werden. Doch „wenn militärische Gewalt die einzig mögliche Antwort zu sein scheint, um solche Situationen zu entschärfen, verlangt sie eine legitime Autorität, um sie einzusetzen, und eine beschränkte Anwendung der Kriterien.“ Der Schutz des Lebens von Menschen vor blanker Gewalt sei eine humanitäre Pflicht und der Einsatz militärischer Mittel könne in solcher Situation das „kleinere Übel“ sein, so Weber.

Zu der Fachtagung aus Anlass des 80. Jahrestages der Barmer Erklärung hatten mehrere evangelische Institutionen, darunter der Evangelische Regionalverband Frankfurt und das Predigerministerium eingeladen. Diese Erklärung vom 31. Mai 1934, die maßgeblich Karl Barth ausgearbeitet hatte, war die zentrale Äußerung der Bekennenden Kirche unter dem Nationalsozialismus. Sie richtete sich gegen das Kirchenregime der so genannten „Deutschen Christen”, die die evangelische Kirche dem Nationalsozialistismus anzugleichen.

Laut Barmer Theologischer Erklärung gilt für die Kirche, dass sie „allein unter Gottes Wort“ steht. Danach bestimmt sich auch ihr Verhältnis zum Staat und die Art und Weise, wie die Kirche in der Welt aktiv wird. Darum, so damals der Theologe Karl Barth, „kann die Kirche auch im totalen Staat keinen Winterschlaf antreten und auch keine Gleichschaltung sich gefallen lassen“.

Die Kirche müsse in der Gesellschaft „auf die Wahrheit Gottes hinweisen“ und auf diese Weise Verantwortung für die Welt übernehmen, betonte auch Friedrich Weber.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 7. September 2014 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe 2014/5 – Oktober, Web.

Frankfurt wächst und wird noch internationaler

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 28. August 2014

Frankfurts Einwohner und Einwohnerinnen sind zunehmend international: Bald haben mehr als die Hälfte aller Menschen, die hier wohnen, einen Migrationshintergrund, so Oberbürgermeister Peter Feldmann beim Presseempfang der Stadt Frankfurt.

Oberbürgermeister Peter Feldmann beim Presseempfang Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Beim Presseempfang der Stadt Frankfurt in der Villa Merton prognostizierte Oberbürgermeister Peter Feldmann, dass die Fünfzig-Prozent-Marke in Kürze genommen werde. Dies bedeute, dass dann mehr als die Hälfte der Einwohner Frankfurts einen Migrationshintergrund haben, also entweder selbst aus dem Ausland zugewandert oder Kinder von Zugewanderten sind. „Für die internationalen Firmen ist das ein Plus“, betonte Feldmann. Wie nicht anders zu erwarten, lobte Feldmann die Attraktivität der Mainmetropole. Allein im letzten Jahr sei die Stadt um 13.000 Menschen gewachsen. In diesem Zusammenhang verwies er auf seinen Vorschlag, vorhandene Ackerflächen zu bebauen.

Mit Bezug auf seinen Arbeitsstil bemerkte Feldmann, dass der Gestaltungswille der Bürgerschaft spürbar sei. Ohne in Fraktionen eingebunden zu sein, könne er sich so der Stadt und den Bürgerinnen und Bürgern widmen. „Das genieße ich“, so der Oberbürgermeister.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 28. August 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Wunschbaum im Park

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 18. Juli 2014

Mit einem „Wunschbaum der Wohnungslosen” beteiligt sich das Howard-Philipps-Haus, eine stationäre Einrichtung für wohnungslose Männer an der Eschenheimer Anlage, an einer Kunstinstallation in den Wallanlagen.

Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Auf zahlreichen großen Bannern stehen in Deutsch und Englisch verschiedene Wünsche wie zum Beispiel „einen Schulabschluss machen“, „zur Ruhe kommen“ oder „einen Grabstein für meine Eltern kaufen“. Die Installation ist eines von insgesamt sechzig Exponaten, die das Historische Museum in dem fünf Kilometer langen Anlagenring aufgestellt hat. Hundert Einzelpersonen und Institutionen haben sich an der Ausstellung beteiligt. Sie ist noch bis zum 21. September zu sehen.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 18. Juli 2014 in der Rubrik Kultur, erschienen in der Ausgabe 2014/4 – Juli, Web.

Dankeskirchengemeinde: „Rundherum erneuert“

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 12. Juli 2014

Zehn Tage lang feiert die Dankeskirchengemeinde in Goldstein die Eröffnung ihres neuen Gemeindezentrums

Stolz hält Archithekt Thomas M. Beha den Plan des neuen Gemeindezentrums in die Höhe. Duch die Panoramaschreiben im Gemeindesaal schaut man direkt auf die Dankeskirche. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Für Thomas M. Beha vom Architekturbüro Frick und Frick war der Neubau des Gemeindezentrums der Evangelischen Dankekirchengemeinde in Goldstein eine Herzensangelegenheit. Begeistert erzählt er, dass er schon auf dieser 50 Jahre alten Rutsche als Kind hinuntersauste. „Wir haben sie erhalten und wieder auf einen Hügel gestellt.“ Gerne erläutert er die Details des Gemeindehauses in dem auch ein fünfgruppiger Kindergarten untergebracht ist. Eine weitere Rutsche hat es ihm und den Kindern angetan. Die in Orange getauchte In-door-Rutsche. Eine Attraktion nicht nur für die Kindergartenkinder. Aber auch die Details im Gemeindesaal mit den in ihrer Verästelung an einen Baum erinnernden Leuchtstäben oder die in den Wandschrank versenkbare mobile Wand.

Beeindruckt vom Bau zeigte sich auch die Vorsitzende des Vorstandes des Evangelischen Regionalverbanmdes, Pfarrerin Esther Gebhardt bei der offiziellen Eröffnung am gestrigen Freitag (11. Juli). Das Gebäude strahle Offenheit für alle aus. „Dieses Haus fällt in den Blick, man sieht, dass hier ein lebendiges Stadtteilleben stattfinden kann,“ sagt Gebhardt. Gemeinehaus und Kita hätten jetzt auch mit Hilfe der Stadt Frankfurt einen Neubau bekommen, die Kirche sei im letzten Jahr renoviert worden. Man könne sagen, „die Gemeinde sei rundherum erneuert“. Der designierte Frankfurter Stadtdekan Achim Knecht betonte, dass in einem Gemeindehaus „immer etwas los sein“ solle: „Das Haus hat offene Türen auch für Menschen anderer Kulturen“.

Auch heute ist die wiederaufgearbeitete Rutsche im idyllischen Außengelände des Kindergartens eine Attraktion. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Eine Gemeinde benötige solche Gebäude, um alle Menschen einzuladen. Diese Offenheit drücke auch das Motto der Festwoche aus, betonte Gemeindepfarrer Walter. Deshab laute das Motto der Festwoche: „Dankes lädt ein“. Informationen zur Festwoche und zu den Vorverkaufsstellen für viele Veranstaltungen, unter www.dankeskirche.de oder Telefon (069) 66 36 85 02.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 12. Juli 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe 2014/5 – Oktober, Web.

Salafismus: Es geht um Gefühle, nicht um die Lehre

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 7. Juli 2014

Große Aufregung in Frankfurt: Ein Jugendhaus schließt, weil Salafisten eine Mitarbeiterin bedrohen. Der Träger, die AWO, wusste sich nicht mehr anders zu helfen. Und wer hat schon in einer solchen Situation ein Patentrezept? Wie soll man mit diesem Phänomen umgehen?

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Rolf Oeser

Weitgehende Ratlosigkeit allerorten. Aus dem Sozialdezernat hört man, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstärkt geschult werden sollen. Man möchte die Mitarbeiterschaft informieren und sensibilisieren. Gut so. Der Träger will verstärkt mit Moschee-Gemeinden zusammenarbeiten und einen interreligiösen Dialog organisieren. Ein gewaltiger Schritt für einen säkularen Träger. Anerkennenswert.

Aber es wird immer noch so getan, als sei das Phänomen ein Problem des Islam. Ja, es gibt Fundamentalisten im Islam. Die Salafisten sind eine dieser Gruppen. Allerdings ist nicht jeder Fundamentalist gewaltbereit oder wird sogar Terrorist.

Dass fundamentalistische Gruppen für ihre Weltsicht werben, ist ein Phänomen, das seit den 1970er Jahren bekannt ist. Damals versuchten Organisationen wie etwa die Krishna-Bewegung oder die Scientology-Organisation, die auch als „Jugendreligionen“ bezeichnet wurden, hierzulande Fuß zu fassen. Aufklärung half damals, und hilft sicher auch heute.

Humanistische Religion, autoritäre Religion

Doch kein Jugendlicher sucht eine Ideologie. Es war der Frankfurter Psychologe Erich Fromm, der damals die Unterscheidung zwischen humanistischer und autoritärer Religion vornahm.

Autoritäre Religion sei gekennzeichnet durch die Vorstellung, dass eine höhere Macht Anspruch auf Verehrung und Anbetung, aber auch auf Gehorsam der Menschen habe. Wesentliches Element der autoritären Religion sei die Unterwerfung unter eine jenseitige Macht, die allerdings meisten von einem irdischen Führer direkt ausgeübt werden könne.

Bei der humanistischen Religion hingegen, so Fromm, bestehe das religiöse Erlebnis „in der Empfindung des Einsseins mit dem All, gegründet auf die Beziehung zur Welt.“ Selbstverwirklichung, nicht Unterwerfung, wolle der Mensch in dieser Art von Religion erreichen: „Die vorwiegende Stimmung ist Freude, während sie in autoritären Religionen in Kummer und Schuldgefühl besteht.“

Sozialform ist unabhängig von der Dogmatik

Ob eine konkrete Sozialform von Religion in diesem Sinne autoritär oder humanistisch ist, ist also völlig unabhängig von der Dogmatik, die darin gilt. Autoritäre Religionserscheinungen gibt es in sämtlichen Weltreligionen.

Jugendliche suchen Geborgenheit, Halt, Anerkennung und Sicherheit. Dass der Salafismus unter Jugendlichen Erfolg hat, ist kein theologisches sondern ein soziales Problem. Es geht um Gefühle, nicht um die Lehre. Erst wenn diese Jugendlichen in eine Kultur eingebettet sind, die ihnen Sicherheit gibt, wird sich das Problem wirklich lösen. Schule, Jugendarbeit aber vor allem das Elternhaus sind hier gefragt.

Bis dahin bleibt nur die Aufklärung. Sie ist jedoch ein schwaches Mittel, wenn das Gefühl der Anerkennung fehlt.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 7. Juli 2014 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe 2014/4 – Juli, Web.

Zwei neue Kitas für Fechenheim

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 5. Juli 2014

Gleich zwei neue Kitas konnte die Evangelische Gemeinde Fechenheim in Betrieb nehmen. Die Kita Mainstrolche zog aus beengten Verhältnissen in einen Neubau und die Kita Sonnenschein erhielt einen Erweiterungsbau.

Der Erweiterungsbau der Kita Sonnenschein bietet Platz für 40 Kinder von 0 bis 3 Jahren Foto: Kurt-Helmuth Eimuth
Stadtrat Jan Schneider hob in seiner Rede zur Eröffnung der beiden Kita-Neubauten die Bedeutung der guten Kooperation der Stadt mit den Trägern hervor. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Stadtrat Jan Schneider freute sich bei der Eröffnung über die gelungenen Neubauten der Kindertagesstätten. Insbesondere der in Modulbauweise errichtete Bau der Kita Mainstrolche hatte es dem Frankfurter Dezernenten für Reformprojekte angetan. Will doch die Stadt diesen im Auftrag des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt entwickelten Typ an sechs Standorten nachbauen, da er durch Qualität und Preis überzeugt. Denn, so Schneider, der Ausbau gehe weiter. In den nächsten Jahren sollen jedes Jahr tausend neu Kinderbetreuungsplätze entstehen. Auch deshalb müsse man darauf achten kostengünstiger zu bauen, so Schneider. Er versprach, das eingesparte Geld für den Kita-Ausbau zu verwenden. „Wir sparen nicht an, sondern für die Kindertagesstätten.“

Die Vorsitzende des Vorstandes des Evangelischen Regionalverbandes, Pfarrerin Esther Gebhardt, betonte, dass es die Aufgabe der ganzen Gesellschaft sei Kinder zu fördern. „Wir haben eine gemeinsame Verantwortung für die heranwachsende Generation“, sagte Gebhardt.

Die neue KiTa Mainstrolche wurde von Architekt Ferdinand Heide aus Fechenheim entworfen. Die Kosten für den Neubau, in dem sechs Kindergruppen untergebracht sind, liegen bei etwa 2,6 Millionen Euro. Gut drei Millionen Euro wurden für den konventionell errichteten viergruppigen Erweiterungsbau der KiTa Sonnenschein investiert. Hier hat Architekt Michael von Törne aus Darmstadt den Neubau stilvoll an das vorhandene Ensemble angeschlossen; den in den Sechzigerjahren entstandenen Komplex Kindertagesstätte und Gemeindezentrum Glaubenskirche hatte er in den Jahren 1996/97 neu gestaltetet. Gemeinsam ist den Gebäuden ein großzügiges Raumgefühl und viel Helligkeit. Jede Kindergruppe kann einen großen und einen kleinen Raum nutzen und verfügt über einen eigenen Sanitärraum. Gekocht wird täglich frisch, eine aufwändige Belüftungsanlage sorgt stets für gute Luft. Das Außengelände konnte im Vergleich zu den Möglichkeiten in der Innenstadt großzügig ausfallen.

Umgeben von reichlich Grün, der Neubau der Kita Mainstrolche Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Die evangelische Kirchengemeinde Fechenheim ist Trägerin von drei Kindertagesstätten mit über achtzig hauptamtlichen Angestellten. „In dem von Armut und einem hohen Migrantenanteil geprägten Stadtteil sieht die Gemeinde die Übernahme der Trägerschaft als Beitrag zur Integration und als Teil ihres sozial-diakonischen und Bildungs-Auftrags“, so Pfarrer Wilfried Steller.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 5. Juli 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Katharina von Bora

Traum von einer geschlechtergerechten Welt

Andacht,

Kurt-Helmuth Eimuth

23.6.2014

Orgel

Lied: EG 124, Nun bitten wir den Heiligen Geist

Votum:

In Gottes Namen wollen wir beginnen

Gott ist allen Zweifelnden, Verzagten und Suchenden besonders nah.

In Jesu Namen wollen wir beginnen,

denn Jesus ließ diese Nähe Ausgestoßene, Verachtete, Verzweifelte spüren.

In der Hoffnung auf das Geschenk des Heiligen Geistes wollen wir beginnen,

um Mut und Ideen bitten, heute diese Nähe weiterzugeben.

Amen.

Psalm 119, Nr. 748

Lied: EG 193 Erhalt uns Herr bei Deinem Wort

Ansprache:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

In dieser Woche war auch der Equal Pay Day Er markiert die Gehaltsdifferenz, wenn auch nur symbolisch, und zeigt: Der Unterschied auf dem Lohnzettel zwischen Männern und Frauen in Deutschland ist groß, laut Statistischem Bundesamt liegt er bei 22 Prozent

Auch zu Zeiten der Bibel hatten Männer das Sagen – in der Gesellschaft wie in den Schreibstuben. So kommt es, dass nur wenige Geschichten rebellischer Frauen in der Bibel vorkommen. Prophetinnen, Hebammen, Richterinnen: Sie alle fristen ein Schattendasein im Buch der Bücher. So erging es lange Zeit auch Waschti. Erst vor einigen Jahren entdeckten jüdische Feministinnen die couragierte Königin wieder. Mit der ebenfalls klugen, aber letztlich doch folgsamen Esther wird sie Frauen zum Vorbild. »Ich schlage vor, dass Waschti wieder auf den Thron gesetzt wird«, schlägt etwa die Feministin Mary Gendler vor. In ihr würden sich »Schönheit gemildert durch Charme, Stolz gedämpft durch Demut, Unabhängigkeit kontrolliert durch herzliche Treue, Mut, Würde« zeigen.

Auch die evangelische Tradition hat hier übrigens Nachholbedarf. In seiner Schrift »Vom ehelichen Leben« empfahl Martin Luther Ehemännern, deren Frauen nicht parierten: „Lass dir eine Esther geben und die Waschti fahren, wie der König Ahasveros tat.“

Ich entdeckte die Reihe über selbstbewusster Frauen der Bibel im bayerischen Sonntagsblatt und beziehe mich im folgenden auf die Gedanken von Uwe Birnstein, Theologe und Journalist, der mit seinem Berliner Kommunikationsbüro Margot Käßmann unterstützt.

Zu Zeiten der Bibel hatten die Männer das Sagen? Ja, ganz klar, in Israel und allen anderen Reichen des Nahen Orients. Doch gab es vereinzelt auch Frauen, die den Männern die rote Karte zeigten. Vorbildhaft in diesem Sinne ist die persische Königin Waschti. Die Rebellion gegen ihren Gatten kostete sie die Ehe und viel Ehre – brachte ihr aber hohes Ansehen in Frauenkreisen, bis heute.

Buch Esther Kapitel 1,1

Der König Ahasveros verstößt seine Gemahlin

Zu den Zeiten des Ahasveros, der König war vom Indus bis zum Nil über hundertundsiebenundzwanzig Länder,

2als er auf seinem königlichen Thron saß in der Festung Susa,

3im dritten Jahr seiner Herrschaft, machte er ein Festmahl für alle seine Fürsten und Großen, die Heerführer von Persien und Medien, die Edlen und Obersten in seinen Ländern,

4damit er sehen ließe den herrlichen Reichtum seines Königtums und die köstliche Pracht seiner Majestät viele Tage lang, hundertundachtzig Tage.

5Und als die Tage um waren, machte der König ein Festmahl für alles Volk, das in der Festung Susa war, vom Größten bis zum Kleinsten, sieben Tage lang im Hofe des Gartens beim königlichen Palast.

6Da hingen weiße, rote und blaue Tücher, mit leinenen und scharlachroten Schnüren eingefasst, in silbernen Ringen an Marmorsäulen. Da waren Polster, golden und silbern, auf grünem, weißem, gelbem und schwarzem Marmor.

7Und die Getränke trug man auf in goldenen Gefäßen, von denen keins wie das andere war, königlichen Wein in Menge nach königlicher Weise.

8Und man schrieb niemand vor, was er trinken sollte; denn der König hatte allen Vorstehern in seinem Palast befohlen, dass jeder tun sollte, wie es ihm wohlgefiele.

9Und die Königin Waschti machte auch ein Festmahl für die Frauen im königlichen Palast des Königs Ahasveros.

10Und am siebenten Tage, als der König guter Dinge war vom Wein, befahl er Mehuman, Biseta, Harbona, Bigta, Abagta, Setar und Karkas, den sieben Kämmerern, die vor dem König Ahasveros dienten,

11dass sie die Königin Waschti mit ihrer königlichen Krone holen sollten vor den König, um dem Volk und den Fürsten ihre Schönheit zu zeigen; denn sie war schön.

12Aber die Königin Waschti wollte nicht kommen, wie der König durch seine Kämmerer geboten hatte.

Da wurde der König sehr zornig, und sein Grimm entbrannte in ihm.

13Und der König sprach zu den Weisen, die sich auf die Gesetze verstanden – denn des Königs Sachen mussten vor alle kommen, die sich auf Recht und Gesetz verstanden;

14unter ihnen aber waren ihm am nächsten Karschena, Schetar, Admata, Tarsis, Meres, Marsena und Memuchan, die sieben Fürsten der Perser und Meder, die das Angesicht des Königs sehen durften und obenan saßen im Königreich –:

15Was soll man nach dem Gesetz mit der Königin Waschti tun, weil sie nicht getan hat, wie der König durch seine Kämmerer geboten hatte?

16Da sprach Memuchan vor dem König und den Fürsten: Die Königin Waschti hat sich nicht allein an dem König verfehlt, sondern auch an allen Fürsten und an allen Völkern in allen Ländern des Königs Ahasveros.

17Denn es wird diese Tat der Königin allen Frauen bekannt werden, sodass sie ihre Männer verachten und sagen: Der König Ahasveros gebot der Königin Waschti, vor ihn zu kommen; aber sie wollte nicht.

18Dann werden die Fürstinnen in Persien und Medien auch so sagen zu allen Fürsten des Königs, wenn sie von dieser Tat der Königin hören; und es wird Verachtung und Zorn genug geben.

19Gefällt es dem König, so lasse man ein königliches Gebot von ihm ausgehen und unter die Gesetze der Perser und Meder aufnehmen, sodass man es nicht aufheben darf, dass Waschti nicht mehr vor den König Ahasveros kommen dürfe und der König ihre königliche Würde einer andern geben solle, die besser ist als sie.

20Und wenn dieser Erlass des Königs, den er geben wird, bekannt würde in seinem ganzen Reich, welches groß ist, so würden alle Frauen ihre Männer in Ehren halten bei Hoch und Niedrig.

21Das gefiel dem König und den Fürsten und der König tat nach dem Wort Memuchans.

22Da wurden Schreiben ausgesandt in alle Länder des Königs, in jedes Land nach seiner Schrift und zu jedem Volk nach seiner Sprache, dass ein jeder Mann der Herr in seinem Hause sei.

Waschti hatte eine gute Partie gemacht, würde man heute sagen: Ihr Mann Ahasveros war König »vom Indus bis zum Nil«. Die 127 Länder seines Reichs regierte er von der Festung Susa aus.

Soviel Macht will gefeiert werden. In seinem dritten Amtsjahr lud er »alle seine Fürsten und Großen, die Heerführer von Persien und Medien, die Edlen und Obersten« zum Festmahl der Superlative ein: 180 Tage sollte die große Sause dauern.

Als die Prominenz abgereist war, öffnete Ahasveros die Fest(ungs)tore für das Volk. Sieben Tage lang durften die einfachen Männer und Frauen im aufwendig geschmückten Hofgarten feiern.

Das Fest wurde zum Saufgelage, Freiwein für alle. Der »königliche Wein« wurde in »goldenen Gefäßen« serviert, »man schrieb niemand vor, was er trinken sollte; denn der König hatte allen Vorstehern in seinem Palast befohlen, dass jeder tun sollte, wie es ihm wohlgefiele.«

Königin Waschti hatte offensichtlich kein Interesse an solchen Trinkorgien. Sie hatte sich selbst Frauen eingeladen und feierte mit ihnen zur selben Zeit im Palast. Die Stimmung des wohl eher beschaulichen Fests wurde empfindlich gestört, als sieben Mitarbeiter ihres Mannes vor ihr standen mit dem Auftrag, sie »mit ihrer königlichen Krone« zu holen, »um dem Volk und den Fürsten ihre Schönheit zu zeigen; denn sie war schön.«

Waschti wollte diesen Wunsch ihres trunkenen Mannes nicht erfüllen – was den wiederum »sehr zornig« machte. »Sein Grimm entbrannte in ihm« so stark, dass er sich mit juristischen Beratern zusammensetzte und Konsequenzen überlegte.

Die Männer schaukelten sich hoch in ihrer selbstherrlichen Stimmung gegen die Königin. Waschti habe sich »nicht allein an dem König verfehlt, sondern auch an allen Fürsten und an allen Völkern in allen Ländern des Königs Ahasveros«, meinte einer. Würde Waschtis Verhalten »allen Frauen bekannt werden«, könnte das Schule machen, »sodass sie ihre Männer verachten und sagen: Der König Ahasveros gebot der Königin Waschti, vor ihn zu kommen; aber sie wollte nicht.«

Nicht auszudenken: Dann würden »die Fürstinnen in Persien und Medien auch so sagen zu allen Fürsten des Königs, wenn sie von dieser Tat der Königin hören; und es wird Verachtung und Zorn genug geben.«

Am Ende empfehlen die Berater dem König die Scheidung. So könnte er seine unbequeme Frau loswerden und eine, »die besser ist als sie«, zur Königin machen. Diese Strafe hätte denn auch Signalcharakter für die anderen First Ladies des Reichs: Sie werden dann »ihre Männer in Ehren halten bei Hoch und Niedrig«.

Gesagt, getan: Waschti wird entthront. Über ihr weiteres Geschick ist nichts bekannt. Ahasveros sucht sich in seinem Harem eine neue Frau, seine Wahl trifft die Jüdin Esther.

Die Erzählung stammt aus dem Jahre 480 vor Christus und doch sind die Verhaltensmuster uns 2500 Jahre später immer noch vertraut, zu sehr vertraut. Doch sollte uns dies nicht entmutigen. Lassen Sie uns gemeinsam weiter bauen an einer gerechten – auch geschlechtergerechten Welt.

Amen

Lied: EG, 362, Eine feste Burg

Mitteilungen:

Gebet:

Luthers Mogensegen 815

Mit den Worten, die Jesus uns gelehrt hat, beten wir:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme,

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib unsheute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Segen unseres Gottes:

Gott, segne uns und behüte uns

Gott schütze unser Leben und bewahre unsere Hoffnung.

Gott, lass dein Angesicht leuchten über uns,

dass wir leuchten für andere.

Gott, erhebe dein Angesicht auf uns und halte uns fest

im Glauben, dass das Leben stärker ist als der Tod. Amen.

Lied: EG 421, Verleih uns Frieden gnädiglich

15 Jahre Warten hat sich gelohnt

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 15. Juni 2014

Fünfzehn Jahre habe er Briefe geschrieben und gebeten die Kindertagesstätte in der Bornheimer Eichwaldstraße zu sanieren, sagt berichtete Pfarrer Thomas Diemer. Und nun ist es Wirklichkeit geworden: Für bald eine Million Euro wurde die alte Kita der Wartburggemeinde umgebaut. 

Die Gruppenräume sind jetzt lichtdurchflutet. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Im Zuge des Umbaus wurden die Raumzuschnitte verändert, und durch den Anbau eines separaten Treppenhauses entstanden lichtdurchflutete Raumerweiterungen für die 57 Kinder. Elektrik und Sanitäranlagen sind ebenfalls erneuert worden.

Mit großem Stift verdeutlichte Pfarrer Thomas Diemer, dass er jahrelang in Briefen um die Sanierung der Kita bat. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Lärmschutzplatten, helles Licht, klare Linien und bunte Farben prägen nun die Einrichtung. Während der Bauarbeiten von 14 Monaten fanden die Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren mit ihren Erzieherinnen in den  Räumen der kurz zuvor eröffneten Krabbelstube „Kirchwiese“, ebenfalls in der Trägerschaft der Wartburggemeinde, Unterschlupf.

Der Bedarf an Betreuungsplätzen ist im dicht bebauten Bornheim groß, deshalb wollte auch die Stadt Frankfurt die Betreuungsplätze an dieser Stelle erhalten. Da die Kita in einer auch als Wohnhaus genutzten geschlossenen Bebauung liegt, war der Umbau aufwändig. So mussten alle Materialien für das neue Treppenhaus mittels Kran über das Haus gehoben werden.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 15. Juni 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Pröpstin würdigt gesellschaftliches Engagement

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 9. Juni 2014

Trotz großer Hitze kamen am Pfingstmontag wieder viele Menschen zum Internationalen Ökumenischen Pfingstfest auf dem Römerberg und ins Dominikanerkloster.

Trotz sengender Sonne versammelten sich auf dem Römerberg etwa 1500 Gottesdienstbeucherinnen und -besucher. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Pröpstin Gabriele Scherle machte in ihrer Predigt am Pfingstmontag auf dem Frankfurter Römerberg Mut sich als Christen und Christinnen zu engagieren so wie es die Gottesdienstgemeinde in Cantate Domino im Norden Frankfurts beim letzten Reformationsfest getan habe. Die Gemeinde hatte 22 afrikanische Flüchtlinge aufgenommen.

Pröpstin Scherle wörtlich „Auch wenn damit der zivilisatorische Bruch nicht geschlossen wird, aus dem sich die Flüchtlingsströme dieser Erde speisen, so ist damit doch ein Zeichen gesetzt worden. So wie das in diesen Tagen immer mehr evangelische und katholische Gemeinden tun und verfolgten Menschen Kirchenasyl gewähren.“ Und sie fügte hinzu: „Wir Christen erwarten eine Welt, in der alle Menschen aus Nord und Süd, aus Ost und West dasselbe Bürgerrecht haben und an Gottes gedecktem Tisch Platz nehmen.“

Scherle benannte in diesem Zusammenhang den Beschluss der Synode der Evangelischee Kirche in Hessen und Nassau „im Hören auf das Wort Gottes nur heterosexuelle, sondern auch schwule und lesbische Paare in Traugottesdiensten zu segnen.“

Pröpstin Gabriele Scherle rief in ihrer Pfingstpredigt auf dem Frankfurter Römerberg zum gesellschaftlichen Engagement auf. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Auch im Jahre 2014 gäbe es genügend Grund zur Angst. „Das gilt nicht nur für den eigenen Lebensentwurf, der durch Krankheit, durch Verlust der Arbeit oder durch eine Trennung jederzeit zerbrechen kann.“ Mit Blick auf die Krisenherde dieser Welt führte Scherle aus: „Die Situation in der Ukraine ist bedrohlich. Und die Leichtfertigkeit, mit der Politiker und Wählerinnen die zivilisierende Macht Europas zersetzen ebenso. Es braucht nicht viel, dass auch unser Leben ver-rückt wird. Wir haben Grund zur Angst.“

Auch Christinnen und Christen dürften Angst haben, aber sie sähen ihren Trost in der Macht Gottes über den Tod. „Das ist der Geist, der die Jerusalemer am ersten Pfingsten so ergriffen hat, dass sie für verrückt gehalten wurden.“ Scherle rief den rund 1500 Gottesdienstbesuchern zu: „Diese Erinnerung, liebe Pfingstgemeinde, sollte Grund genug sein, uns auch heute nicht von unserer Angst bestimmen zu lassen.“

Scherle erinnerte an den Mut der wenigen evangelischen Christen, die in der Barmer Theologische Erklärung 1934 gegen die Ideologie des Nationalsozialismus Stellung bezogen.

Gemeinsam mit den zahlreichen ausländischen Gemeinden feierte man nach dem Gottesdienst im Dominikanerkloster weiter. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 9. Juni 2014 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe Web.

Geschenk des Himmels

Von Sabine Fröhlich – 6. Juni 2014

„Was Pfingsten bedeutet? – Weiß ich nicht!“ sagt eine Freundin. Kurze Denkpause. „Es gibt keine Geschenke.“ Vermutlich sehen das viele Menschen ähnlich. Pfingsten lässt sich schlecht für den Konsum vermarkten. Dabei ist die Pfingstgeschichte spannend und vielsagend.

Die biblische Pfingstgeschichte beginnt in Angst und Isolation und endet mit Freiheit, Inspiration und Begegnungsfreude. Nach der Hinrichtung Jesu am Kreuz stehen seine Jüngerinnen und Jünger noch unter Schock. Sie trauern, auch um ihre zerschlagenen Hoffnungen. Und sie haben Angst – Angst, als vermeintliche Unruhestifter ebenfalls von den Römern verhaftet und unter Anklage gestellt zu werden.

Im Obergeschoss eines Hauses in Jerusalem halten sie sich deshalb versteckt. Sie brauchen ein Wunder, damit es weitergehen kann. Und das Wunder kommt: Der heilige Geist fährt als brausender Wind vom Himmel herab und bringt Luft und Licht in die dunkle Kammer und in die schweren Herzen.

Als Feuerzunge über jedem ihrer Häupter nimmt ihr neu entfachter Lebensmut Gestalt an. Sie lösen sich aus der Starre, öffnen Fenster und Türen und rufen ihre Freude laut heraus, so dass es jeder hören kann.

Und verstehen! Jerusalem hat sich zum jüdischen Wochenfest wieder mit Pilgern und Pilgerinnen aus vielen Ländern gefüllt. Und sie alle verstehen die Predigerinnen und Prediger Jesu in ihren jeweils eigenen Sprachen. Die Begeisterung derer, die kurz vorher noch ängstlich im Verborgenen geblieben waren, ist so groß, dass manche sie für betrunken halten. Aber das sind sie nicht. Sie sind beflügelt von dem Gespür neuer Möglichkeiten und beseelt von der Freude gelungener Mitteilung.

Die Pfingstgeschichte ist also eine Mut-Mach-Geschichte, sie erzählt von der ungeheuren Wandlungskraft des Geistes. Vielleicht ist sie auch deshalb so wenig bekannt, weil der heilige Geist als Gottesvorstellung eher abstrakt und schlecht zu fassen scheint. Oft wird er mit „frischem Wind“ in Verbindung gebracht, es ist eine Kraft und Energie, die die gesamte Welt bewegt und belebt. Sie türmt Meere auf, verändert Landschaften und wohnt zugleich in jedem Lebewesen, in jedem Menschen.

Der Pfingstmontag wird in Frankfurt jedes Jahr international gefeiert, mit einem Open-Air-Gottesdienst um 11 Uhr auf dem Römerberg und anschließendem Fest im Dominikanerkloster am Börneplatz. Am Pfingstsonntag, 8. Juni, ist in fast allen Kirchen Gottesdienst. Wer auch da im Freien feiern will, geht um 9.30 Uhr auf den Pfingstberg, wer hochkarätige Musik von Bach liebt, ist um 10 Uhr in der Katharinenkirche an der Hauptwache richtig. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Der Atem, ohne den wir nach kurzer Zeit sterben müssten, verbindet uns unmittelbar mit dieser göttlichen Kraft. Wie bei den ersten Jüngerinnen und Jüngern, so kann es auch heute geschehen, dass Menschen Gottes Geist in ihrem Inneren wahrnehmen, dass ihre geistigen und seelischen Kräfte belebt werden. Der heilige Geist steht dafür, wie Gott den Menschen in ihrem Alltag begegnet. Das kann im Blick eines anderen Menschen sein, in einem Regenschauer, in einem Lied oder einem Buch. Der heilige Geist ist keineswegs abstrakt, sondern konkret, in den vielen kleinen Dingen des Lebens.

Außerdem macht dieses Bild für das Göttliche auch Platz für weibliche Vorstellungen von Gott. Im Hebräischen heißt „Geist“ nämlich „Ruach“, ein weibliches Wort, das auch als „die Geistkraft“ übersetzt wird. Sie nimmt in der Bibel als weibliche Gestalt der Weisheit einen Platz an Gottes Seite ein. Die heilige Geistkraft durchbricht mit Schwung und Farbigkeit die ansonsten oft eher von männlichen Bildern geprägten Gottesvorstellungen. Auch in einer Taube mit ihren flirrenden Bewegungen der Flügel wird die göttliche Geistkraft häufig dargestellt: ein Bild dafür, dass das Geistliche „unfassbar“ ist – im doppelten Sinn des Wortes.

Sie ist unfassbar, aber machtvoll, diese Geistkraft. Wer von ihr beflügelt ist, öffnet Türen, geht auf andere zu, versteht Dinge, die vorher völlig unverständlich waren, bringt Luft und Licht in die Erstarrungen der Welt und des Lebens. Es stimmt also: An Pfingsten gibt es keine Geschenke aus dem Kaufhaus. Dafür gibt es aber ein Geschenk des Himmels, eines, das uns Menschen jederzeit geschenkt werden kann. Wir müssen nur dafür offen sein.