Tag Archiv für Gewalt

Evangelische Kirche will Fachstelle zur sexualisierten Gewalt aufbauen

Kirchenpräsident Volker Jung nimmt zu aktuellen Fragen im Podcast Stellung

Das Thema sexualisierte Gewalt ist nicht nur ein Thema für die katholische, sondern auch für die evangelische Kirche. Darauf weist der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Volker Jung im Podcast Conny & Kurt, der am Donnerstag, 21. Juli erschien, hin. „Ich gehe davon aus, dass es weniger Fälle bei uns gibt“, sagt Jung und verweist darauf, dass man in den letzten zehn Jahren schon viel getan habe. Jung kündigte an, dass man eine Fachstelle sexualisierte Gewalt aufbauen wolle. „Wir müssen uns fragen, gibt es auch systemische Ursachen.“

In dem Podcast nimmt Jung auch zur umstrittenen kirchlichen Trauung des Finanzministers Stellung. „Grundlinie ist, dass es nicht geht“, aber sicher könne man als Gemeindepfarrerin aus seelsorgerlichen Gründen zu einem anderen Ergebnis kommen. Kritisch sieht Jung die Inszenierung dieser Hochzeit.

Jung sieht die Zukunft der Kirche sowohl in der Mitgliederorientierung als auch in der Gemeinwesenorientierung: „Wir wollen das Zusammenleben vor Ort fördern.“ Dazu wolle man mit anderen wie etwa Vereinen stärker zusammenarbeiten. Die neue Kooperation der Gemeinden in Nachbarschaftsräumen sieht der Kirchenpräsident als Bereicherung. Seine Grunderfahrung habe er in seiner ersten Pfarrstelle im Gruppenpfarramt gemacht. Die Menschen hätten von unseren Pfarrerinnen und Pfarrern gesprochen. Eine Identifikation sei also vorhanden gewesen.

Zur Info: Die EKHN hat 1,4 Millionen Mitglieder in Mittel- und Südhessen und in einem Teil von Rheinland-Pfalz.

Evangelische Kirche arbeitet Misshandlung von Heimkindern auf

von Kurt-Helmuth Eimuth 27. Juni 2018

Heimerziehung im Nachkriegdeutschland bedeutete oftmals Schläge, Isolierung, Falschmedikation und Demütigung. Die evangelische Kirche hat Betroffenen zugehört, Dokumente zusammengetragen und Fachleute befragt. Eine Wanderausstellung und ein Film fassen die Ergebnisse zusammen.

Kinderheim der Diakonie in Hephata, Treysa: Aufnahme aus den 1960er Jahren. | Foto: Dietmar Wegewitz/Flickr.com (cc by-sa)
Kinderheim der Diakonie in Hephata, Treysa: Aufnahme aus den 1960er Jahren. | Foto: Dietmar Wegewitz/Flickr.com (cc by-sa)

Die Situation in den Kinderheimen der 1950er und 1960er Jahren war vielerorts geprägt von Brutalität und Demütigung, auch in den Heimen der evangelischen Kirche. „Es gab Heime, die waren nicht schlimm und es gab Heime, die waren schlimm“, so die Historikerin Anette Neff von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). 

Die Landeskirche hat vor sechs Jahren begonnen, die Geschichte der Heimkinder in der Nachkriegszeit aufzuarbeiten. Daraus sind jetzt eine Wanderausstellung und ein 80-minütiger Dokumentarfilm entstanden. Doch besteht auch weiterhin die Möglichkeit, sich als Betroffener oder Betroffene an die Kirche zu wenden. Film und Ausstellung sollen ermutigen, das Gespräch zu suchen. Denn dass Betroffene zu Wort kommen, ist der Schlüssel der Aufarbeitung. 

„Das Gespräch und die Anerkennung waren wichtig“, konstatiert Petra Knötzele, die Leiterin des Aufarbeitungsprojektes. Und genau so ist der Film „Kopf Herz Tisch³“ von Filmemacherin Sonja Toepfer konzipiert. Interviews  mit Betroffenen, mit ehemaligen Heimkindern,  werden Aussagen von Verantwortlichen und Fachleuten gegenübergestellt. Auf erklärende Kommentare verzichtet der Film ganz. Die Schilderungen der Zeitzeugen und Zeitzeuginnen werden allenfalls mit eingeblendeten Originaltexten ergänzt. 

So entsteht ein facettenreiches Bild einer dunklen Zeit, in der Machtausübung gegenüber Kindern gang und gäbe waren. Demütigung, Schläge, Medikamente, Isolierung und all jene schrecklichen Dinge, die man eher in einem Folterzentrum vermutet als in einem Kinderheim.

Der Film dokumentiert auf erschreckende Weise, dass Handlungsmuster der Vorkriegszeit wie etwa die Einteilung in „gesund und krank“ oder „normal und abweichend“ auch noch in den 1960er Jahren gängig waren. Diese Denkmuster reichten weit in der Geschichte zurück, wurden dann aber im Nationalsozialismus auf die Spitze getrieben. „Die Nazis haben dann das Töten hinzugefügt“, erläutert Neff. Die Historikerin weist aber auch darauf hin, dass solche Unterscheidungen in Bezug auf den Wert des menschlichen Lebens im Grundsatz auch bis heute gemacht werden, zum Beispiel bei Abtreibungen wegen einer Behinderung des Kindes. 

Auch die Medizin hat in zahlreichen Fällen, die der Film dokumentiert, eine unrühmliche Rolle gespielt. Einer der Zeitzeugen, der Kinderarzt und Psychiater Hans von Lüpke, bescheinigt der Medizin ein veraltetes Denkmodell. „Erst kommt die Organmedizin, dann das Psychische“, kritisiert er. Dabei hänge beides wechselseitig miteinander zusammen. 

Heute setze sich die Kirche dafür ein, dass überall dort, wo Menschen in Abhängigkeit untergebracht sind, ob im Kinder- oder im Altenheim, eine respektvolle und menschliche Haltung eingenommen werde, sagt Petra Knötzele. Deshalb sollen die Ausstellung und der Film auch in der pädagigischen und pflegerischen Aus- und Fortbildung eingesetzt werden. Der Film kann demnächst auch als DVD gerkauft werden, der Erlös soll dann ehemaligen Heimkindern zugute kommen. 

Todesstrafe

„Dekade zur Überwindung von Gewalt“

2.4. 2001 Heilig Geist

Kurt-Helmuth Eimuth

Orgelvorspiel

Eingangslied:

EG 445, 1-3 + 5

Gott des Himmels

Votum:.

Im Namen Gottes feiern wir diese Andacht

Gott ist der Grund unseres Lebens.

Jesus Christus ist seinen Weg konsequent gegangen.

Und Gottes Geist begleitet und ermutigt uns in Höhen und Tiefen.

Psalm: 43 Nr. 724

Gott, schaffe mir Recht

Und führe meine Sache wider das unheilige Volk

Und errette mich von den falschen und bösen Leuten!

Denn du bist der Gott meiner Stärke:

Warum hast du mich verstoßen?

Warum muß ich so traurig gehen,

wenn mein Feind mich dränget?

Sende dein Licht und deine Wahrheit,

daß sie mich leiten

und bringen zu deinem heiligen Berg

und zu deiner Wohnung,

daß ich hineingehe zum Altar Gottes,

zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist,

und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.

Was betrübst du dich, meine Seele,

und bist so unruhig in mir?

Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken,

daß er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

Gebet:

Christus, erbarme dich aller Menschen

die zu deinem Kreuz kommen mit ihrem Kreuz:

in Lebensüberdruß und Todesangst,

gekrümmt unter Schmerzen,

verlassen, entmutigt und ohne Hoffnung,

verwundet und zerrissen,

aufgerieben, leer, verzweifelt.

Nimm dich derer an,

die dagegen kämpfen, daß Menschen gekreuzigt

werden wie du:

Lebe du in ihnen als langer Atem und weite

Aussicht,

als Findigkeit und List,

als Stärke, die sich nicht hart macht,

als Liebe zu allem Lebendigen,

als heitere Bescheidenheit.

Laß unser Unterscheidungsvermögen wachsen,

damit wir immer genauer in Erfahrung bringen,

welche Kreuze wir zerbrechen – und welche wir

tragen müssen. Amen.

Lied: EG 96, 1-3 Du schöner Lebensbaum

Andacht:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Rings um den Erdball wächst die Sorge über die zunehmende Gewalt. Nachrichten über kriegerische Konflikte, Fremdenfeindlichkeit, Gewalt gegen Frauen und Kinder, Brutalität in Video und Fernsehen halten uns

in Atem. Der Ökumenische Rat der Kirchen hat durch die Ausrufung der weltweiten „Dekade zur Überwindung von Gewalt“ die Dringlichkeit dieser Aufgabe in den Mittelpunkt seiner Arbeit gerückt. Auch in Deutschland ist Gewalt eine zentrale Herausforderung für die Kirchen.

Gewalt gibt es in unseren Häusern und Familien:

Noch immer halten zwei Drittel aller Eltern körperliche Strafen für ein legitimes Mittel der Erziehung. Gewalt gegen Frauen und der sexuelle Missbrauch von Kindern gehören zu den Schattenseiten unserer Gesellschaft.

Rassistisch und antisemitisch motivierte Gewalt gibt es mitten unter uns:

Deutschland war in den zurückliegenden Monaten leider Schauplatz von zahlreichen Gewaltakten gegen Menschen anderer Hautfarbe oder von Attacken gegen jüdische Gotteshäuser. Trotz zahlreicher von den Kirchen mit getragener Initiativen konnten wir dieses Problem noch immer nicht mit spürbarem Erfolg bekämpfen.

Gewalt gibt es zwischen Völkern:

Die Bilder vom Kosovo-Krieg sind uns noch gegenwärtig, die Eskalation der Gewalt in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten hat bis an den Rand eines Krieges geführt. In diesen wie in anderen Konflikten, zum Beispiel in Indonesien, wird immer wieder auch versucht, Religion für andere Interessen zu instrumentalisieren.

Wie wenig Gespür für Gewaltverherrlichung in den Medien da ist, zeigt sich gerade in den Vereinigten Staaten. Wir bereiten uns auf die größte Show des Jahres vor“ – wird ein Manager des amerikanischen Fernsehsenders CBS in den Medien zitiert. Damit meint der Mann nicht die Steuben-Parade in New York, sondern die Absicht der großen US-Fernsehketten, am 16. Mai live von der Hinrichtung des Mörders Timothey McVeigh im Bundesgefängnis von Terra Haute (Indiana) zu berichten. Aber nicht nur Berichterstattung im Umfeld der Hinrichtung wird geplant, sondern auch die Hinrichtung selber soll live in die amerikanischen Wohnzimmer übertragen werden, wenn es den TV-Gesellschaften gelingt, vor den US-Gerichten die Zustimmung dafür zu erstreiten. Noch ist die Entscheidung nicht gefallen. Bereits eine Woche vor der Hinrichtung wollen die TV-Stationen mit Sondersendungen aus dem Zuchthaus beginnen. Live wollen Kamera-Teams aus den Wohnzimmern von Angehörigen der von McVeigh Ermordeten senden, im Hof des Gefängnisses sollen Reportageplätze mit Ton-Direktschaltung in den Hinrichtungsraum eingerichtet werden. Angeblich will das US-Justizministerium die Live-Übertragung der Hinrichtung selber verhindern, denn, so die makabre Begründung, „wir haben kein Interesse daran, mit Live-Übertragungen in Amerikas Wohnzimmer Abscheu und eine Diskussion um die Todesstrafe auszulösen“. Aber genau dies sollte man sich wünschen!

Eine Debatte um die Abschaffung der Todesstrafe im Sinne der bereits 1948 von der UN-Generalversammlung verabschiedeten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Zu deren 50. Jahrestag hat der Rat der EKD 1998 unter anderem erklärt: „Der Vollzug der Todesstrafe ist eine besonders drastische und zudem unheilbare Weise, die Menschenrechte zu verachten. Dies gilt auch und erst recht für zivilisierte Staaten. Dies alles macht deutlich: Es muss mehr geschehen, es muss sich etwas in den Köpfen verändern. Wir brauchen eine Kultur der Gewaltfreiheit. Sie muss eingeübt werden, zuhause im Wohnzimmer, auf dem Schulhof, in Stadt und Land ebenso wie in der internationalen Politik. Der Ökumenische Rat der Kirchen erinnert uns mit der Ausrufung der Dekade an diese Aufgabe. Sie ist nicht leicht und wir werden sie einem Jahrzehnt nicht abschließen können. Wer sich für die Überwindung von Gewalt einsetzt, ist kein weltfremder Träumer.

Der Kampf für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ist seit 1948 nicht ohne Erfolg geblieben. Aber angesichts einer immer noch erschreckend hohen Zahl von Hinrichtungen muss er unvermindert fortgesetzt werden.“ Und vielleicht führt die in diesem Jahr begonnene „Dekade zur Überwindung von Gewalt“ des Weltkirchenrates dazu, dass die Diskussion um die Todesstrafe nicht verstummt und dass denen, die schon lange auf eine Abschaffung hinarbeiten – auch in Amerika – neuer Mut gemacht wird, in ihrem Bemühen nicht nachzulassen.

Lied: EG 96, 4-6 Du schöner Lebensbaum

Mitteilungen

Gebet:

Christus, wie schwer ist uns selbst noch im Leid einen Sinn zu entdecken.

Könnten wir es doch.

Du hast die Bitterkeit angenommen,

den Spott ertragen,

die Schmerzen erduldet.

Du hast den Zweifel ausgehalten,

Gott vertraut,

und so die Frucht reifen lassen, der wir bedürfen.

Christus, lehre uns festhalten an der Güte Gottes.

Erbarme dich aller, für die wir dich bitten.

Für die Menschen, die vom Krieg bedroht und verfolgt sind

Für die Kranken und die, die sie pflegen

Für die Sterbenden und die, die bei ihnen wachen

Für die Menschen, die ihre Heimat verlassen und ein Zuhause suchen bei uns

Für uns, wenn sich unsere Herzen und Sinne verhärten

In Not und Schmerz

Christus, lehre uns festhalten an der Güte Gottes,

in den Zeiten der Freude,

in den Zeiten der Not,

in der Stunde des Todes.

Und was uns noch bedrängt bringen wir vor dich mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Möge Gott dich segnen und behüten

Möge Gottes Angesicht auf dich leuchten

Und dir Gnade geben.

Mögen Gottes Augen über dir leuchten und

Dir Frieden bringen.

Lied: EG 421 Verleih uns Frieden