von Kurt-Helmuth Eimuth 18. März 2020
Entschleunigen heißt für viele von uns das Zauberwort der Stunde. Vor allem Menschen aus Risikogruppen bleiben jetzt am besten ganz zuhause. Unser Redakteur hat aufgeschrieben, wie es ihm damit ergeht.
Ich sitze im Homeoffice. Termine werden weitgehend abgesagt, nur gelegentlich aufgeregte Anrufe. Lässt sich aber klären. Wir haben uns eine Art Quarantäne verordnet, da wir zur Hochrisikogruppe gehören. Ja, wir sind alt, jedenfalls über 60, und chronische Erkrankungen liegen auch vor.
Den Kühlschrank habe ich gefüllt, so dass wir hoffentlich 14 Tage durchhalten ohne Einkaufen, ohne direkte Begegnung mit Menschen. Es wird das gute alte Telefon benutzt, sehen kann man sich auch über Skype und kommunizieren auch über facebook. Nun muss jeden Tag überlegt werden, was gekocht wird. Momentan ist die Auswahl noch groß, aber es werden andere Zeiten kommen. Bei den Konserven war ich spät. Sie sind nicht unser Ding. Noch haben wir frisches Gemüse im Angebot.
Vor Hamsterkäufen warnte nicht nur unsere Landwirtschaftsministerin. Ist eine Vorratshaltung für 14 Tage hamstern oder Vorsorge? Und hatte nicht das Volk ein feines Gespür als die Rede davon war, dass dieses Virus doch so ähnlich sei wie eine Grippe? Nein es geht und ging nicht um Panik, aber die jetzigen Maßnahmen waren schon damals abzusehen und in China anzusehen.
Die Menschen haben Angst. Ministerpräsident Armin Laschet spricht davon, dass es um Leben und Tod geht. Danke für die deutlichen Worte. Ja, darum geht es. Und es fühlt sich auch so an. Es ist ein Krieg gegen ein Virus. Läden schließen, Ausgangssperren werden erwogen, Reservisten mobilisiert. Notlazarette geplant. Ist das eine gefühlte Generalmobilmachung?
Die Arbeit lässt sich organisieren. Sicher, sie wird öfter unterbrochen. Aber man kann, wenn man ein Arbeitszimmer hat, konzentriert arbeiten. Anders sieht es wohl bei einer fünfköpfigen Familie aus. Wie sollen da die Kinder Aufgaben machen und die Eltern noch gleichzeitig arbeiten? Werden sie dann eher Spätabends den PC anwerfen, wenn die Kinder im Bett sind?
Soziale Distanz ist gefordert. Gut und richtig. Den heutigen Friseurtermin haben wir abgesagt. Wäre eh nichts geworden, sagte mir die Chefin am Telefon, da die Friseurin zuhause bleiben musste, um ihr Kind zu betreuen. Das ist die brutale Kehrseite der Medaille.
Unsere Logopädin, die viermal die Woche kam, haben wir abbestellt. Taten auch viele andere. Zudem ist sie alleinerziehende Mutter einer Sechsjährigen. Was soll sie jetzt tun? Ihre Einnahmen sind weggebrochen. So geht es weiteren zwei Millionen Soloselbstständigen.
In Krisen braucht der Mensch Beistand. Menschliche Nähe tut gut und trotz allem Gottes Nähe zu spüren, beruhigt. Deshalb ist es hart, dass gerade hier auch die Vorsichtsmaßnahmen greifen. Aber es muss sein. Es kann ja nicht Gottes Wille sein, sich zu infizieren. Gottesdienste als Corona-Partys sind sicher nicht Gottes Wille. Mein katholischer Freund Lutz Lemhöfer machte mich auf die Heilige Corona aufmerksam. „Diese frühchristliche Märtyrerin wird in Niederbayern sogar teilweise mit Wallfahrten verehrt. Und sie ist Schutzheilige gegen Seuchen! Freilich auch für Schatzgräber und (Veganer bitte weghören) für den Stand der Metzger.“ Manchmal haben es die Katholiken doch einfacher als die Protestanten.
Und was ist mit all denen, die im Supermarkt, bei der Müllabfuhr oder im Krankenhaus für unser Wohlergehen sorgen. Es sind gerade die, die oft wenig in der Lohntüte haben, die jetzt plötzlich systemrelevant sind. Corona lehrt uns, was wirklich wichtig ist. Ja, sie haben unseren Dank und unsere Anerkennung verdient, auch nach der Corona-Krise.
Corona stellt uns alle vor ganz neue Herausforderungen. Neue Formen des Miteinanders und der Solidarität entstehen. Und das ist doch ein gutes Zeichen.