Tag Archiv für SINUS

Veränderte Sektenlandschaft: Der Selbsthilfeverein „SINUS“ hat sich aufgelöst

von Kurt-Helmuth Eimuth 17. Februar 2018

Der Verein Sekteninformation- und Selbsthilfe Hessen (SINUS) hat sich aufgelöst. „Es bestand die Gefahr, dass wir den Erwartungen von Ratsuchenden nicht mehr gerecht werden konnten“, sagt der Vereinsvorsitzende Conny von Schumann zur Begründung.

Hare Krishna-Gruppe auf der Zeil.  |  Foto: Kurt-Helmuth Eimuth
Hare Krishna-Gruppe auf der Zeil. | Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Vor 25 Jahren war der hessische Selbsthilfeverein „Sinus“ für Menschen, die in problematische weltanschauliche Gruppierungen geraten sind, mit Unterstützung des evangelischen und katholischen Weltanschauungsbeauftragten gegründet worden. Ziel war es, dass Betroffene mit ehemaligen Sektenmitgliedern sprechen konnten. Denn es ist ein Kennzeichen von Sekten, dass sie einen eigenen „Code“ sprechen. Außenstehende verstehen oftmals den Inhalt der Worte nicht, schon gar nicht die Bedeutung im Sekten-Kontext. „Sinus“ war also eine Plattform des Erfahrungsaustauschs unter Betroffenen.

Allerdings hat sich die Szene in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten verändert. Es gibt zwar immer noch die großen Gruppierungen wie Zeugen Jehovas oder Scientology, aber es sind auch zahlreiche kleine Gruppen mit sektenhaftem Charakter entstanden. Der „Sektenmarkt“ ist sehr unübersichtlich: Lebenshilfeangebote, Persönlichkeitsseminare, Jenseitskontakte und Fernheiler kann man etwa jedes Jahr auf der Esoterik-Messe in Frankfurt erleben.

Noch etwas hat sich grundlegend gewandelt: Anders als in den 1970er Jahren, als viele Sekten den Ausstieg aus der Leistungsgesellschaft propagierten, versprechen sie heute Selbstoptimierung und ein besseres Leben innerhalb der Gesellschaft. Selbst Managementseminare sind da nicht ausgenommen. Hinzu kommt, dass sich abstruse Ideologien aller Art wie etwa die der so genannten „Reichsbürger“ über das Internet wunderbar verbreiten lassen.

Doch im Kern geht es immer um die gleiche Frage: Ab wann werden Menschen so manipuliert, dass ihr Tun und Handeln völlig fremdbestimmt sind? Und in letzter Konsequenz: Ist man bereit, um der angeblich „gerechten Sache“ Wille“ anderen Schaden zuzufügen?

Auch bei den jungen Anhängerinnen und Anhängern eines radikalen Salafismus im Islam wirkt dieser Mechanismus. Die Auseinandersetzung mit totalitären Strömungen unter religiösem Vorzeichen ist aktueller denn je, und die Demokratie braucht sie.

Doch diese Auseinandersetzung kann in der ehrenamtlichen Struktur von „Sinus“ nicht mehr geleistet werden. Die Kirchen stehen weiterhin mit ihren Weltanschauungsbeauftragten als Ansprechpartnerinnen zur Verfügung.

„Spinner in Nadelsteifen“: Viel Esoterik in Managementseminaren

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 13. Juli 2015

Der Unternehmensberater Viktor Lau geht hart mit der Personalentwicklungs-Branche ins Gericht. Neun von zehn Führungskräfte-Seminare seien weltanschaulich geprägt und problematisch.

Viktor Lau übt scharfe Kritik an den Angeboten der Fort- und Weiterbildung großer Unternehmen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Schon die Überschrift seines Vortrages ist wenig schmeichelhaft für die Branche der Personalentwicklung: „Spinner in Nadelstreifen“ nennt der Unternehmensberater Viktor Lau zahlreiche Anbieter von Fortbildungsseminaren. Lau war früher bei zwei Banken zuständig für deren Fort- und Weiterbildungsangebote und sollte es deshalb wissen. Neunzig Prozent der Angebote für Führungskräfte seien weltanschaulich gefärbt und durchaus problematisch, so Lau in seinem Vortrag bei der Sekteninformation und Selbsthilfe Hessen (Sinus)  in Frankfurt. Und der Markt ist durchaus beachtlich. Das Deutsche Institut für Wirtschaft schätzt den Umsatz am 30 Milliarden Euro jährlich.

Als Beispiele für solche Angebote nannte Lau etwa das Neurolinguistische Programmieren, die Organisationsaufstellung oder auch zweifelhafte „Typentests“. „Da bohren Menschen mit Halbwissen in der Psyche von Kunden herum.“ Zudem gebe es keine „Menschentypen“. Jeder Mensch sei höchst individuell. Aber die Antworten der Test seien so schön einfach und träfen immer zu. „Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Antworten zum Einen positiv und zum Anderen hinreichend diffus sind.“ Mit diesem Effekt arbeite auch die Astrologie.

Zu den zweifelhaften Psychoprogrammen zählt Lau auch die Transaktionsanalyse, die sich etwa in der Erzieher- und Erzieherinnenausbildung großer Beliebtheit erfreut. Problematisch seien die Instrumente solcher Programme, weil sie meist in den Händen von nicht ausreichend qualifizierten Menschen seien. Wenn beispielsweise in einem Seminar die Erinnerung an ein traumatisches Ereignis wie Vergewaltigung oder der Tod eines nahen Angehörigen  hervorgerufen wird, hätten diese „Pseudotherapeuten“ nicht das Handwerkszeug, um dieser Retraumatisierung zu begegnen.

Ein relativ neuer Trend sei es, Tiere als Co-Trainer einzusetzen. Man glaube, dass diese ein ehrliches, schnelles Feed-Back gäben. So hat eine deutsche Großbank ihre Führungskräfte mit Hilfe von Lamas trainiert.

Mit Blick auf den Trend des Zen-Leadership merkte Lau an, dass hier einige Komponenten aus dem kulturellen Kontext gerissen würden. Überhaupt sei der Anspruch der permanenten Optimierung problematisch: „Was ist mit jenen, die nicht können oder auch nicht wollen?“ Lau forderte, dass das Wir wieder in den Vordergrund gehöre, den Unternehmen seien auch soziale Institutionen. Die gegenwärtige Personalentwicklung wirke dagegen entsolidarisierend.

Viktor Laus Anayse ist als Buch unter dem Titel „Schwarzbuch Personalentwicklung“ erschienen.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 13. Juli 2015 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe Web.

Viele kleine Gruppen mit sektenähnlichen Zügen

Neuer Vorstand für Anti-SektenvereinSinus Vorstand

Nach Ansicht des neuen Vorsitzenden des Anti-Sektenvereins SINUS konnte zwar in den letzten Jahren das Wirken der Großsekten eingedämmt werden, aber es seien weiterhin zahlreiche kleine Anbieter von Heilslehren mit sektenhaften Strukturen unterwegs. „Scientology als totalitäres System ist weitgehend eingedämmt aber es gibt eben viele Anbieter, die eher ihr eigenes Wohlergehen als das ihrer Anhänger im Sinn haben“, sagt der Conny von Schumann, Vorsitzender von SINUS- Sekteninformation und Selbsthilfe Hessen e.V. Als Beispiel benannte der Sozialpädagoge die Angebote des Esoterik-Marktes. Die ebenfalls neu gewählte stellvertretende Vorsitzende Marion Eimuth hob die Bedeutung der Beratungsaktivität von SINUS hervor. SINUS gelingt es, Betroffene und deren Angehörige zu beraten. Dies sei um so erstaunlicher, da der Verein seit zwei Jahrzehnten ausschließlich vom ehrenamtlichen Engagement seiner Mitglieder lebe. Marion Eimuth weiß als Pfarrerin im Schuldienst wie wichtig die Informations- und Aufklärungsarbeit ist.

Evangelisches Frankfurt Februar 2012

 

Sinus Verabschiedung Lemhöfer