Von Kurt-Helmuth Eimuth – 13. Juli 2015
Der Unternehmensberater Viktor Lau geht hart mit der Personalentwicklungs-Branche ins Gericht. Neun von zehn Führungskräfte-Seminare seien weltanschaulich geprägt und problematisch.
Viktor Lau übt scharfe Kritik an den Angeboten der Fort- und Weiterbildung großer Unternehmen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth
Schon die Überschrift seines Vortrages ist wenig schmeichelhaft für die Branche der Personalentwicklung: „Spinner in Nadelstreifen“ nennt der Unternehmensberater Viktor Lau zahlreiche Anbieter von Fortbildungsseminaren. Lau war früher bei zwei Banken zuständig für deren Fort- und Weiterbildungsangebote und sollte es deshalb wissen. Neunzig Prozent der Angebote für Führungskräfte seien weltanschaulich gefärbt und durchaus problematisch, so Lau in seinem Vortrag bei der Sekteninformation und Selbsthilfe Hessen (Sinus) in Frankfurt. Und der Markt ist durchaus beachtlich. Das Deutsche Institut für Wirtschaft schätzt den Umsatz am 30 Milliarden Euro jährlich.
Als Beispiele für solche Angebote nannte Lau etwa das Neurolinguistische Programmieren, die Organisationsaufstellung oder auch zweifelhafte „Typentests“. „Da bohren Menschen mit Halbwissen in der Psyche von Kunden herum.“ Zudem gebe es keine „Menschentypen“. Jeder Mensch sei höchst individuell. Aber die Antworten der Test seien so schön einfach und träfen immer zu. „Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Antworten zum Einen positiv und zum Anderen hinreichend diffus sind.“ Mit diesem Effekt arbeite auch die Astrologie.
Zu den zweifelhaften Psychoprogrammen zählt Lau auch die Transaktionsanalyse, die sich etwa in der Erzieher- und Erzieherinnenausbildung großer Beliebtheit erfreut. Problematisch seien die Instrumente solcher Programme, weil sie meist in den Händen von nicht ausreichend qualifizierten Menschen seien. Wenn beispielsweise in einem Seminar die Erinnerung an ein traumatisches Ereignis wie Vergewaltigung oder der Tod eines nahen Angehörigen hervorgerufen wird, hätten diese „Pseudotherapeuten“ nicht das Handwerkszeug, um dieser Retraumatisierung zu begegnen.
Ein relativ neuer Trend sei es, Tiere als Co-Trainer einzusetzen. Man glaube, dass diese ein ehrliches, schnelles Feed-Back gäben. So hat eine deutsche Großbank ihre Führungskräfte mit Hilfe von Lamas trainiert.
Mit Blick auf den Trend des Zen-Leadership merkte Lau an, dass hier einige Komponenten aus dem kulturellen Kontext gerissen würden. Überhaupt sei der Anspruch der permanenten Optimierung problematisch: „Was ist mit jenen, die nicht können oder auch nicht wollen?“ Lau forderte, dass das Wir wieder in den Vordergrund gehöre, den Unternehmen seien auch soziale Institutionen. Die gegenwärtige Personalentwicklung wirke dagegen entsolidarisierend.
Viktor Laus Anayse ist als Buch unter dem Titel „Schwarzbuch Personalentwicklung“ erschienen.
Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 13. Juli 2015 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe Web.