Evangelischsein ist eine Lebenshaltung

Kurt-Helmuth Eimuth

Reformationsandacht

Fachschule für Sozialpädagogik

30.10.2001

Orgelvorspiel

Gemeinde: Eingangslied: EG 362, 1-4 Ein feste Brug

Votum:

ich begrüße Sie herzlich zu dieser Reformationsandacht.

Wir feiern diese Andacht im Namen Gottes,

Gott nimmt uns an, wie wir sind.

Im Namen Jesu Christi

er gibt unserem Leben Richtung und Sinn.

Und im Namen des Heiligen Geistes

Er ruft uns auf den richtigen Weg. Amen

Lassen Sie uns im Wechsel den Psalm 143 beten. Er steht im Liederbuch unter der Nummer 755

Gebet

Guter Gott,

wir gedenken deiner Worte und Taten,

mit denen du Menschen Herzen und Gedanken bewegt hast.

Sprich heute zu uns und stärke uns an diesem Tag,

damit neues Leben in uns und durch uns entsteht:

Leben in deiner alt gewordenen Kirche,

Leben in den klein gewordenen Gemeinden,

Leben in der Mitte und an den Rändern

Leben draußen und drinnen.

Dazu sende deinen Heiligen Geist

Amen.

Gemeinde: Lied 341, 1-4 Nun freut euch lieben Christen

Predigt:

Predigttext:

Ich lese aus dem 5. Kapitel des Galaterbriefes die Verse 1-6

Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und laßt euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen! Siehe, ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr euch beschneiden laßt, so wird euch Christus nichts nützen. Ich bezeuge abermals einem jeden, der sich beschneiden läßt, daß er das ganze Gesetz zu tun schuldig ist. Ihr habt Christus verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt, und seid aus der Gnade gefallen. Denn wir warten im Geist durch den Glauben auf die Gerechtigkeit, auf die man hoffen muß. Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe tätig ist.

Liebe Gemeinde,

Im Mittelpunkt des heutigen Bibeltextes steht der Abschnitt: „Befreit zur Freiheit“.

„Wir wollen frei sein, um uns selbst zu finden“, heißt es in einem neuen geistlichen Lied. Auch das Lied von Reinhard Mey ist, denke ich, vielen bekannt: „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“. Und wenn man Leute fragt, was denn wohl der gute Grund ist, evangelisch zu sein, dann sagen sie: die Freiheit – Evangelische Freiheit.

Eigentlich begann alles mit einem Plakat, einigen Hammerschlägen an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg. Am 31. 10. 1517 schlägt der Augustinermönch und Professor für Bibelwissenschaften ein Blatt mit 95 Thesen an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg. Daß diese Hammerschläge nicht nur die Tür, sondern ganz Europa erschüttern werden, das ahnte damals niemand. War dieser Anschlag, doch kein Anschlag auf die römische Kirche, nein, einfach ein Aushang von 95 Thesen zur Frage von Ablaß und Gnade; für die Kollegen an der Universität Wittenberg zum Nachdenken gedacht. Und Wittenberg, das war weiß Gott nicht der Nabel der Welt, ein Provinznest in einer Ecke am Rande des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

Der Anlaß: Ein Dominikanermönch namens Thetzel predigte in den magdeburgischen Nachbarorten Wittenbergs und forderte die Menschen dazu auf, Ablaßbriefe zu kaufen, was ihnen Erlösung aus dem Fegefeuer nicht nur für sich selbst, sondern auch für die verstorbenen Eltern versprach. „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt“.

Dagegen richtet sich der Widerstand in Wittenberg. In These 79 stellt Luther klipp und klar fest: Zu sagen: Das Ablaßkreuz mit dem Wappen des Papstes, prächtig aufgerichtet, habe die gleiche Geltung wie das Kreuz Christi, ist Gotteslästerung.“

Offenbar trifft Luther den Geist der Zeit. Der Protest weitet sich aus:

Im Oktober 1519 verbrennt Luther vor dem Elstertor in Wittenberg das kanonische Recht, welches nach seinem Anspruch göttliches Recht ist. Luther und seine Mitstreiter sagen: Es ist samt und sonders menschliche Erfindung, mehr noch, die Freiheit des Christenmenschen wird durch die Kirche geknebelt.

Ostern 1525: Ein Wagen mit Heringsfässern fährt durch das Stadttor von Wittenberg. In den Fässern sind neun geflohene Nonnen aus dem Kloster Nimbschen. Sie hatten die Lehmwand des Klosters durchbrochen. Draußen warteten zum verabredeten Zeitpunkt die Fluchthelfer. Acht von diesen neun Frauen bringt Luther unter die Haube. Der neunten war der angebotene heiratswillige Kandidat zu geizig.

„Den Luther aber“, sagt sie, „den würde sie wohl nehmen.“ Und Luther – so die Überlieferung – willigt ein, obwohl er schon um die 40 ist und damit rechnet, auf dem Scheiterhaufen zu enden. Schließlich war er ja in Bann und Acht. Übrigens bis heute.

Aus der Ehe zwischen einer Nonne und einem Mönch geht das protestantische Pfarrhaus hervor. Die Absage an den Zölibat wird nicht nur theoretisch gefordert, auch praktisch vollzogen. Und fasse ich den Sinn dieser drei kurzen Schlaglichter zusammen. So geht es um Freiheit.

Freiheit von religiöser Ausbeutung. Freiheit des Wortes Gottes gegenüber menschlicher Erfindung und Freiheit des persönlichen Lebens.

Die Mittel der römischen Kirche hatten ausgedient, ihr unbeweglicher Machtapparat war ganz mit sich selbst beschäftigt. Die Privilegien seiner Funktionäre so kostspielig, daß andere dafür hungern mußten. Pfaffenhaß und groß‘ Geschrei, landauf, landab. Es bedurfte nur noch einer Stimme, die es aussprach. Jemand, der innerlich befreit war. Dem die allgegenwärtige Drohung mit dem zornigen und strengen Gott nichts mehr anhaben konnte. Der überzeugt war, daß Kirche etwas anderes sein muß als des Papstes Finanzamt von Gottes Gnaden. Mit Luther war diese Stimme auf dem Plan. Dem äußeren Kampf war eine harte innere Auseinandersetzung vorangegangen, bevor die Fesseln fielen, die auch sein Gewissen gebunden hatten.

Haben wir sie noch die Freiheit Luthers, unseren Glauben ganz von vorn durchzubuchstabieren? Oder sind wir unfähig geworden zur Selbstkritik wie die römische Kirche zur Zeit Luthers? Ein neues Lied wir heben an … doch die neuen Lieder sind alt geworden. Nach Luther kamen die Lutheraner, nach der Reformation die Konfession.

Wir werden Luther nicht gerecht im Nachbeten seiner Worte. Der Vorgang „Reformation“ zwingt zur Selbstklärung: Eine Kirche ohne Entwicklung gerät in die Abwicklung. Auch zur Selbstklärung gegenüber der Reformation selbst.

Eine Wechselwirkung, die im heutigen Soazialmanagement gerade wiederentdeckt wird. Im Prozeß der Qualitätsentwicklung heißt dieser reformatorische Prozeß: Stillstand ist Rückschritt. Organisationen – auch Schulen – müssen ständig auf die sich verändernden Anforderungen regieren und sich in der Folge ständig verändern.

Aber zurück zu Martin Luther: Er hat uns auf die zentrale Botschaft des christlichen Glaubens hingewiesen. Der christliche Gott ist ein befreiender und keiner der den Menschen klein macht und mit lauter Angst füllt.

Gestern rief mich eine Kindertagesstättenleiterin an und fragte um Rat, da sich Eltern einer christlichen Gemeinde darüber beschwert haben, dass sie mit den Kindern Haloween feiere. Schließlich erscheine in diesen Masken der Satan. Keine Frage, für diese Eltern ist dies eine reale Bedrohung ihrer Seele. Doch die Botschaft des Evangeliums verstehe ich so, dass wir uns eben frei machen können von solchen Ängsten.

Die Freiheit von religiöser Bevormundung ist unaufgebbar. Nicht Angst und Furcht vor Gott sollen uns den Atem rauben, der von Paulus verkündigte Gott der Gnade soll uns zum Leben befreien. Luther hat es erlebt und in Worte gefaßt. Die Menschen sind ihm nicht gefolgt, weil sie ihm geglaubt haben. Sie haben ihm geglaubt, weil sie gleiches erlebt haben. Aber ist die Frage nach dem gnädigen Gott noch die zentrale Frage der Menschen, mit denen wir heute zusammenleben?

Viele Menschen erfahren Gott nicht mehr und verabschieden sich. Gott selbst muß zu uns reden, dann geschieht Reformation. Von fremden Erfahrungen kann niemand leben. Luther kann uns nicht aus unserer Sprachlosigkeit erlösen, Gott selbst muß es tun.

Die Frage: katholisch oder evangelisch, oder was ganz anderes? Gehört in die Privatsphäre. Niemand von uns muß mehr fliehen, weil er dieser oder jener Konfession angehört. Wir wohnen, wir arbeiten, wir leben zusammen. An der Basis ist die Ökumene längst vollzogen.

Längst haben sich die Kindergärten auf die multireligiöse Wirklichkeit eingestellt. Es ist doch wirklich kein Problem, dass sich in unseren Kindergärten Menschen verschiedener Nationen und verschiedener Religionen begegnen. Wenn es in unserer Gesellschaft soviel Dialog und Begegnung der Nationen und Religionen gäbe wie in den Kindergärten, dann sähe diese Welt anders aus.

Aber es bleiben evangelische Kindergärten. Sie stehen – um es theologisch auszudrücken – in der Nachfolge Jesu. Jesu war ja nun wirklich ein Mensch, der mit allen Gruppen ins Gespräch kam. Gerade er grenzte niemanden aus. Er ging zu den Zöllnern ebenso wie zu den Aussätzigen. Er sprach und diskutierte mit den Pharisäern. Heute würden wir sagen: er pflegte den religiösen Dialog.

Der profilierte interreligiöse Dialog bedarf der religiösen Kontur. Das jeweils eigene Profil ist die Voraussetzung für eine ernsthafte Begegnung. Evangelisches Profil verhindert also nicht die gesellschaftlich notwendige Begegnung, sondern im Gegenteil: Evangelisches Profil befördert den interkulturellen und interreligiösen Dialog. Dies ist in den Kindergärten wie kaum sonst zu sehen. Nirgends sonst leben die Kulturen und Religionen nicht nur nebeneinander, sondern miteinander.

Evangelisch sein ist für mich im Kern eine Lebenshaltung und eben nicht ein dogmatisches Lehrgebäude.

Evangelisch sein, heißt, etwas zu spüren von der Freiheit sich nur nach der Schrift und nach seinem Gewissen zu richten.

Evangelische Freiheit ist Freiheit, die uns von Christus geschenkt wird. Zum Profil des Evangelischen gehört die Einsicht: Kein Mensch, vor allem keine menschliche Macht, darf Übermacht gewinnen über andere Menschen. Der höchste Platz muß frei bleiben für Gott, damit Menschen Menschen bleiben können.

Darauf hat Luther mit seinen 95 Thesen und seiner Lebensgeschichte uns wieder aufmerksam gemacht. Dass wir auf das Evangelium hören, ist die zentrale Botschaft der Reformation. Und dieses galt 1517 ebenso wie im Jahre 2001. Amen

Gemeinde: Lied 572,

Abkündigungen

Pfarrerin: Fürbittengebet

Guter Gott,

wir bitten dich an diesem Tag für uns und für alle,

denen der Mut fehlt, dich zu bekennen.

Schenke die rechten Worte, wenn wir gefragt werden.

Hilf uns zu eindeutigen Taten.

Gib Kraft zu Auseinandersetzungen.

Wehre allen faulen Kompromissen.

Wir bitten dich für uns und alle,

die ihre Freiheit missbrauchen.

Der Maßstab der Freiheit sei deine Liebe.

Sie leitet uns an, den Nächsten zu achten.

So lass uns Grenzen erkennen,

aber auch Grenzen überschreiten.

Schütze alle, die der Willkür ausgeliefert sind.

Stärke alle, die die Knechtschaft bekämpfen.

Fördere in aller Welt Freiheit, die sich deiner Ehre freut.

Wir bitten dich für uns und alle,

die an ihrer Schwäche leiden,

Gib Geduld und Mut.

Zeige dich nahe und verströme deine Liebe.

Richte die Mutlosen auf, und den Verzweifelten gib Aussicht.

Den Sterbenden schenke Vertrauen

Und uns allen deine Gegenwart.

Und was uns noch bedrängt bringen wir vor dich

mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Den Segen Gottes begleite uns diesen Tag. Er wird heute nicht zugesprochen sondern zugesungen

170 Komm Herr segne uns

Religiöse Erziehung für Kinder

Vortrag zum Elternabend in Wiesbaden, Bergkirchengemeinde (23.10.2001)

Marion Eimnuth, Pfarrerin und Dipl.-Religionspädagogin

Religion gehört zum Menschen wie Essen und Trinken, Lachen und Weinen. Ob in der Werbung oder in der Popmusik, überall werden religiöse Symbole verwandt. Die Sehnsucht des Menschen nach einer Antwort auf die existenzstiftenden Fragen ist nach wie vor aktuell.

Kinder haben ein Recht auf Religion. Diese These vertritt der Tübinger Theologe und Pädagoge Friedrich Schweitzer.

Dieser These möchte ich nachgehen. Was heißt dies für Eltern und Erzieherinnen und Erzieher?

Vieles, was angeblich zum Schutz des Kindes geschieht, scheint in Wahrheit eher die Erwachsenen in Schutz zu nehmen – beispielsweise vor Fragen nach dam Tod, den die Erwachsenen am liebsten verschweigen und der den Kindern doch begegnet, oder vor Fragen nach Krankheit, nach Trennung von geliebten Menschen, nach Schmerz und Einsamkeit.

Man kann von fünf großen Fragen der Kinder sprechen, die zum Aufwachsen der Kinder aufbrechen. Das sind Fragen, die entweder die Kinder an uns richten oder mit denen wir uns selbst bei der Erziehung konfrontiert sehen. Es sind große Fragen, weil sie zumindest potentiell nach einer religiösen Antwort verlangen.

Die erste Frage:

Wer bin ich und wer darf ich sein? Die Frage nach mir selbst

Heute wird der Selbstwerdung des Kindes einen hohen Stellenwert eingeräumt. Es wird von einer „Identitätsbildung“ als einer zentralen Entwicklungsaufgabe gesprochen. Dabei sind zwei Aspekte wichtig:

Die eigene Aktivität des Kindes und die unterstützende Anerkennung des Kindes durch andere. Die Selbstwerdung des Kindes ist eine Frage des Vertrauens und damit auch eine Frage der Verlässlichkeit oder Vertrauenswürdigkeit der Menschen und der Welt, in der das Kind aufwächst.

Auch wenn das Kind nicht ausdrücklich fragt „Wer bin ich?“, bekommt es doch Antworten durch seine ganze Umwelt, den Eltern, den Erzieherinnen, den Freundinnen und Freunden.

Doch nicht alles, was das Kind sein will wird ihm zugesprochen. Trotzphasen und Wutanfälle sind hier deutliche Zeichen dafür, dass es nicht nur darum geht, wer ich bin, sondern eben auch darum, wer ich sein darf.

Gerade eine Erziehung die an der Selbstverwirklichung interessiert ist, muss nach dem Grund fragen. Und genau an diesem Punkt greifen alle bloß sozialen Betrachtungsweisen der kindlichen Selbstwerdung zu kurz. Sie stehen in der Gefahr, das Kind überhaupt zu einem bloßen Produkt seiner Umwelt zu machen.

Zugespitzt und provozierend formuliert: Wo die Eltern keine Instanz anerkennen, die über ihnen steht und vor der sie sich selbst verantworten müssen, wird die Erziehung unfrei.

Natürlich kann auf der anderen Seite aber auch eine falsch verstandene religiöse Erziehung höchst unfrei machen.

Die zweite Frage:

Warum musst du sterben? Die Frage nach dem Sinn des Ganzen

Die Frage nach Tod und Sterben stellen alle Kinder früher oder später.

Was bedeutet der Tod für unser Leben? – Wie auch immer wir diese Frage beantworten, und selbst wenn wir sie nicht beantworten und beiseite schieben, ganz unvermeidlich geben wir damit zu erkennen, wo für uns der Sinn dieses Lebens liegt.

Der Umgang mit dem Tod entscheidet mit darüber, wie wir leben.

Bei dem polnisch-jüdische Pädagogen Janusz Korczak findet sich das Recht des Kindes auf seinen Tod. – was ist damit gemeint? Korczak erläutert es so: „Aus Furcht, der Tod könnte uns das Kind entreißen, entziehen wir es dem Leben; um seinen Tod zu verhindern, lassen wir es nicht leben“. Tod und Leben des Kindes gehören demnach zusammen. Für heute würde dies bedeuten, dass ein Kind nur wirklich leben kann, wenn die Erwachsenen auch seine Wahrnehmung des Todes und seine Erfahrungen mit Tod und Sterben mit begleiten.

Die Sinnfragen der Kinder beziehen sich auf das, was nach dem Tod kommt.

Nicht-religiöse Antworten auf die Frage nach dem Tod und Sterben sind sicher möglich, aber ob sie dem Kind wirklich weiterhelfen, bleibt offen.

Sicher kann man sagen, dass die Antwortend der Religionen hier eine wichtige Hilfe sein können und dass sie den Fragen des Kindes weit näher kommen, als dies beispielsweise für naturwissenschaftliche Erklärungen behauptet werden kann.

Christliche Antworten auf diese Fragen sind sicherlich, die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, dass mit dem Tod nicht alles zu Ende ist. Wer tot ist kann sich geborgen bei Gott fühlen. Dies gibt Hoffnung. Dies kann ein Kind trösten, wenn z.B. das Meerschwein gestorben ist, stellt sich eben diese Frage genauso, wie wenn der Opa stirbt. Sind dann beide bei Gott?

Die dritte Frage:

Wo finde ich Schutz und Geborgenheit? Die Frage nach Gott

Kinder in unserem Kulturkreis stoßen fast zwangsläufig auf das Wort Gott, selbst wenn sie nicht religiös erzogen werden.

In Kunst und Architektur, in Musik und Literatur, in Geschichte und Politik – in allen diesen Bereichen ist immer wieder von Gott die Rede. Aber brauchen Kinder auch eine religiöse Antwort?

Kinder erfahren ihre Eltern und Bezugspersonen als allmächtige Quellen von Zuwendung und Versorgung. Bei ihnen finden sie Wärme, Schutz und Geborgenheit. Solche Erfahrungen sind mehr als das, was einfach von außen zu sehen ist:

Dadurch machen Kinder schon in der frühesten Zeit ihres Lebens Erfahrungen, die eine religiöse Dimension besitzen und die als Anfänge des Gottesbildes angesehen werden können.

Das Kind erfährt hier nicht nur einzelne Gefühle oder gar Stimmungen, sondern es geht vielmehr um Gefühle, die die gesamte Existenz des Kindes berühren.

Die Erfahrungen, die Kinder machen, die Beziehungen zu ihren Eltern übertragen sie unbewusst auf ihre Beziehung und ihre Vorstellung von Gott.

Fühlen sie sich von ihren Eltern angenommen, können sie auch glauben, dass Gott sie annimmt. Gottes Liebe erhält ihren Ausdruck durch die streichelnde Mutter oder den streichelnden Vater, die das Kind auf den Arm nehmen und auf Fragen eingehen.

Wenn Kinder also nach Gott fragen, müssen wir zuerst versuchen zu verstehen, warum es ihnen geht und welche Vorstellungen sie selber mit ihrer Frage verbinden. Wenn wir dabei Bilder für Gott brauchen ist es wichtig, dass Kinder nicht auf ein Bild festgelegt werden.

Gott ist wie die Sonne, hell, wärmend, schön. Oder: Gott ist wie der Wind – man sieht ihn selber nicht, man sieht nur, was er in Bewegung bringt.

Da fragt ein Kind z.B. was Gott denn zum Abendbrot gegessen hat. Die Eltern antworten, dass Gott nicht isst, weil er keinen Körper hat. „Was?“ ruft das Kind überrascht: „Gehen seine Beine denn bis zum Hals?“

Kinder wachsen schnell. Ebenso schnell verändern sich ihre Gedanken und Fragen.

Wenn wir mit ihnen zusammen nach Gott suchen, dann sollten wir darauf achten, dass ihr Gott mit ihnen wachsen kann. Wir sollten uns davor hüten, sie festzulegen auf ihre Vorstellungen von gestern. Wir sollten uns davor hüten, ihnen unsere Vorstellungen überzustülpen.

Es ist besser, wenn Kinder zu viele Bilder – statt zu wenig haben. Ein Kind kann gar nicht zu viele Bilder von Gott haben.

Wenn Kindern keine religiöse Sprache angeboten bekommen, verbinden sie dann ihre Erfahrungen mit anderen Gestalten aus der Welt der Medien – etwa wie He-Man? Oder bleiben solche Erfahrungen als unkontrollierte Stimmung zwischen Weltschmerz und Euphorie?

Die vierte Frage:

Warum soll ich andere gerecht behandeln? Die Frage nach dem Grund ethischen Handelns

Diese Frage ist eng mit dem Aufwachsen der Kinder verbunden. Denn Kinder stellen uns Erwachsene vor diese Frage: Warum eigentlich erwarten wir von ihnen, dass sie andere nicht verletzen, dass sie sich fair verhalten und niemand benachteiligen, vielleicht sogar für Schwache eintreten usw.?

Wer Kindern zu erklären versucht, warum dies besser sei, stößt bald auf Grenzen.

Es sind eher die Erwachsenen, die den Kindern ihr Weltbild, ihre Lebenseinstellung, ihre ethische Einstellung nahe legen.

Weil andere Menschen, Tiere oder auch die Dinge in bestimmter Weise wahrgenommen werden, sind sie auch rücksichtsvoll zu behandeln. Weil sie geachtet werden, soll ihnen auch achtsam begegnet werden usw. Hier sind die Motive für ethische Erziehung: Lebenseinstellungen und Lebenshaltungen, Bilder und Deutungen der Welt. 

Ethisches Handeln im christlichen Sinne beinhaltet Diakonie. Sozial Ausgegrenzte, behinderte und arme Menschen sollen integriert werden. So wie Jesus immer für die Ausgegrenzten da war, zu ihnen ging, sie als Menschen achtete, als Geschöpfe Gottes, so eben sollen auch wir unser Handeln danach ausrichten.

Die fünfte Frage:

Warum glauben manche Kinder an Allah? Die Frage nach der Religion der anderen

Schon im Kindergarten kommt es zu ersten Begegnungen mit anderen Religionen und Konfessionen. Auch hier müssen Kinder mit ihren Fragen begleitet werden.

Eine Begleitung der Kinder bei interreligiösen Begegnungen wird dann aber nicht nur die Einsicht in die religiöse Vorstellungen der anderen einschließen – sie wird auch auf die Fragen achten müssen, die dabei für das Kind selbst aufbrechen können. Wenn Kinder wissen sollen, warum manche Kinder an Allah glauben, so schließt dies auch die Frage nach dem Glauben der eigenen Familie ein: „Und was sind wir? Was glauben wir?“

Zum christlichen Umgang gehört Toleranz. Deshalb ist es nicht nur eine rechtliche Vorschrift, dass in der evangelischen Kindertagesstätte Kinder aller Religionen aufgenommen werden. Es ist vielmehr ein Gebot christlicher Nächstenliebe und Gastfreundschaft,  auf die Bedürfnisse anderer Religionen einzugehen. Als besonderer Teil der Gemeinde ist der Kindergarten der Ort, an dem sich viele Nationen, Religionen und Konfessionen treffen und miteinander leben. Hier praktizieren Kinder Toleranz, lernen andere religiöse Traditionen und Riten kennen und üben den verständnisvollen Umgang mit dem „Fremden“.

Zum Aufwachsen der Kinder gehören diese fünf Fragen und sie verlangen nach einer religiösen Antwort. Religiöse Erziehung ist nicht bloß ein Interesse von Kirche, sondern eine wichtige Dimension aller Erziehung..

Die Angst, dass religiöse Erziehung zur „Gottesvergiftung“ führen könne, ist weit verbreitet. In aller Regel geht es um eine unfreie Erziehung, die sich auf Gott beruft, um das Kind in subtiler Weise zu kontrollieren und zu manipulieren. Am bekanntesten ist die Vermittlung von Strafängsten (Der liebe Gott sieht alles!). „Gottesvergiftung“ steht symbolisch für eine religiöse Erziehung mit Gott als allmächtiger Überwachungs- und Beurteilungsinstanz, die von Erwachsenen mehr oder weniger bewusst eingesetzt wird.

Die gesunde Entwicklung des Kindes ist offenbar auch dann bedroht, wenn nicht zuviel, sondern zuwenig religiös erzogen wird und wenn religiöse Erfahrungen sprachlos bleiben und nicht mehr mit anderen geteilt werden können. Neben die „Gottesvergiftung“ stellen wir deshalb als Zweites die nicht weniger ernst zu nehmende Warnung vor einem religiösen „Kaspar Hauser“-Syndrom.  Kaspar Hauser steht auch hier für das Kind, dem die elementare Unterstützung und Begleitung seines Aufwachsens vorenthalten bleibt. Es steht für das Kind, das nicht zur Sprache findet, weil andere nicht zu ihm und nicht mit ihm sprechen.

Für die Kinder kommt es darauf an, was sie bei uns kennen lernen, weniger in den Antworten auf ihre Fragen, als vielmehr in der Weise, wie wir selber und mit ihnen zusammen leben. Es kommt darauf an, ob sie uns als Fragende, Suchende, für das unsichtbar „Göttliche“ um uns und in uns offene Frauen und Männer erleben. Es kommt darauf an, ob wir unsere Kinder sogar erfahren lassen, dass ihre Fragen uns selber wieder in Bewegung setzen und Anstöße geben.

Biblische Geschichten sind Hoffnungsgeschichten, die für die Selbstwerdung des Kindes eine elementare Bedeutung gewinnen können, weil sie eine hoffnungsvolle Zukunft eröffnen.

Christliche Feste, Beten und Singen, kleine Rituale und besondere Gottesdienste für Kinder und ihre Familien lassen etwas von christlicher Spiritualität erleben.

„Hallo, Mister Gott…“ ist der Titel eines Buches, der die Geschichte von Anna erzählt, einer fünfjährigen, die Fynn, ein Mathematikstudent in den Londoner Docks aufgelesen hat und nun bei ihm und seiner Mutter lebt.

Bei ihren Gesprächen kommen sie immer wieder auf Mister Gott. Anna hat oft die richtigen Einfälle, so auch hier zu Gottes Liebe.

„Fynn, du hast mich lieber als irgendwer sonst, und ich hab dich auch lieber als irgendwer sonst. Aber mit Mister Gott ist das anders. Siehst du Fynn, Leute lieben von außen rein, aber Mister Gott liebt dich innen drin und kann dich von innen küssen, darum ist es anders. Mister Gott ist nicht wie wir. Wir sind bloß ein bisschen wie er. Aber nicht sehr viel.“

Sie sehen, Anna, braucht keine weisen Definitionen zum Gottesbegriff. Gnade, Liebe, Gerechtigkeit sind doch nur schwache Stützen das Unbeschreibbare zu beschreiben. Anna brauchte solche Stützen nicht.

Halloween: Kritik von kirchlicher Seite

Halloween drängt auf den Markt. Ein Blick in die Schaufenster genügt: Kaum ist es Herbst geworden, lugen ausgehöhlte Kürbisse mit Fratzengesichtern, Gespenster und Hexen, Spinnen und Skelette aus allen Ecken. Halloween, das Fest der Fabel- und Gruselwesen, drängt seit einigen
Jahren immer stärker aus Amerika auf den alten Kontinent. In Deutschlan hat das weltliche Spektakel jedoch heftige geistliche Konkurrenz: Der evangelische Reformationstag am 31. Oktober, die katholischen Feste Allerheiligen (1. November) und Allerseelen (2. November) sind ernstem Gedenken gewidmet. In katholischen Gegenden gehört der Besuch auf dem Friedhof zum Auftakt des düsteren Monats November, werden die Gräber geschmückt und Ewige Lichter entzündet. Aber auch Halloween, eigentlich „All Hallow´s Eve“, das in der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November
inzwischen sogar mit Kostümpartys und Gespenstershows gefeiert wird, hängt mit dem Gedenken an die Toten zusammen. Allerheiligen hat, wie viele christliche Feste, einen heidnischen Ursprung: Schon die Druiden wollten in dieser Nacht die Grenze zwischen Lebenden und Toten aufgehoben wissen. Zum
Ende des Sommerhalbjahres sollte das Leben nun für ein halbes Jahr die Macht an den Tod, den Winter, abgeben. Schon früh sah die christliche Kirche eine Chance, diesen heidnischen Feiertag in das Gedenken an die Gemeinschaft der Heiligen umzuwidmen. 837 verfügte Papst Gregor IV., dass die Christen an diesem Tag ihre Toten ehren sollten. Seither wird Allerheiligen und Allerseelen an den ersten beiden Novembertagen begangen. Die Iren brachten den keltisch-christlichen Brauch schließlich nach Amerika, wo er bald einen fröhlicheren Akzent bekam. Die spielerische, eher lustige Kehrseite des
Umgangs mit dem Tod, sicherte Halloween in Amerika schon früh einen festen Platz im Jahresreigen. So beschreibt es der aus den USA stammende Frankfurter Pfarrer Jeffrey Myers. Aus manchen christlichen Kreisen in Deutschland ist dagegen Kritik an dem heidnischen Treiben zu hören, wie der langjährige Sprecher der evangelischen Kirche in Frankfurt, Kurt-Helmuth Eimuth, weiß. Denn nicht nur das katholische Allerheiligen, auch der Reformationstag muss sich gegen den Verkaufsschlager Halloween behaupten. „Das Fest der Reformation ist sperriger, der Anlass liegt quer zu
Verhaltensmustern der Spaßgesellschaft“, begründet Eimuth die Ablehnung. Der Reformator Martin Luther soll am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Wittenberger Schlosskirche genagelt haben. Doch das für den deutschen Protestantismus so wichtige Ereignis ist durchaus umstritten. Viele
Historiker bezweifeln, dass Luther tatsächlich zu Hammer und Nagel griff. Belegt ist allein, dass Luther an diesem historischen Tag Briefe an seine Vorgesetzten schrieb, in denen er den Ablasshandel anprangerte. Diesen Briefen legte er, quasi als Diskussionsgrundlage, seine 95 Thesen bei. So
ist der Reformationstag in den Augen seiner Kritiker nicht der richtige Tagfür eine angelsächsische Variante des deutschen Faschings. Dieser hat ebenso heidnische und christliche Wurzeln, als letztes Aufbäumen vor der strengenFastenzeit bis Ostern. Doch für Pfarrer Myers ist es keine Frage, dass man
auch hier zu Lande fröhlich in den November starten darf. Die Fantasie-Welt, die Freude am Verkleiden, das Gemeinschaftsgefühl beim Kürbisschnitzen, aberauch die Gespräche über Angst und Vertrauen seien „gesund und munter in dieser besonderen Nacht“. Und Protestant Eimuth empfiehlt mit einem
Schmunzeln auch Christen die Teilnahme am Geistertreiben: „Schließlich ist die Nacht lang und die Reformationsgottesdienste beginnen schon am frühen Abend.“

von Doris Wiese-Gutheil Frankfurt/Main (dpa/lhe)

Oktober 2001

Die Kirche hat Chancen

Verabschiedung als Leiter der Evangelischen Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt am 28. August 2001

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

liebe Gäste,

viel Musik und wenige Worte sind versprochen. Dabei soll es auch bleiben.

Doch danken will ich Ihnen allen. Für die freundlichen Worte, für die gemeinsame Zeit in der Arbeit und natürlich für das wunderschöne Fest hier heute Abend im neu gestalteten Innenhof.

Lassen Sie mich stellvertretend einige Personen vorstellen und nennen, die den Weg meiner Berufstätigkeit begleiteten.

Da sind zunächst aus der Sektenarbeit die Mitglieder von Sinus, der Sekteninformation und Selbsthilfe Hessen, da ist Lutz Lemhöfer, der Katholege – mit dem ich so manchen weltanschaulichen Doppelpaß gespielt habe. Zu nennen auch Frau Habermann, die auf geniale Weise das Thema ihrer alten und neuen Wirkungsstätte, der Evangelischen Arbeitsstelle für Weltanschauungsfragen und des Ev. Frauenbegegenungszentrums, in einer Diplomarbeit verband. Ihnen, liebe Frau Habermann, auch von hier aus noch einmal herzlichen Glückwunsch.

Zu nennen auch die Herren und Damen der Medien, die fair mit der evangelischen Kirche umgegangen sind – auch wenn uns manche Kritik nicht schmeckte.

Zu danken habe ich dem Beirat der Ev. Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere Ihnen Frau Babbe, für die wohlwollende Begleitung.

Für das ehrliche Miteinander im ökumenischen Kontext habe ich Ihnen Herr Tillmann zu danken – auch dafür das beim Geld die Freundschaft nicht aufhörte. Ein wirklich besonderes Miteinander entwickelte sich mit der Katholischen Medienarbeit mit Ulrich Fischer, der heute Abend seiner Dienstpflicht auf der Funkausstellung in Berlin nachkommt. Extra aus Hauptstadt gekommen ist Stephanie Pieper. Liebe Stephanie: es war wirklich ein tolles Miteinander. Und so manche Idee haben wir gemeinsam geboren und  auch später umgesetzt. Blindes Vertrauen und der Wille, die beiden Kirchen in dieser Stadt zu profilieren, trieben uns an.

Vertrauen brachte mir auch der Arbeitsbereich Kindertagesstätten entgegen. Ich weiß, liebe Gerlinde Lindemann, dass unsere Radaktionssitzungen für dich zunächst etwas befremdlich waren, aber Du warst offen für neue Wege, auch wenn sie anfänglich kritisch beäugt wurden.

Die Redaktion des Evangelischen Frankfurts ist in den letzten Jahren den eingeschlagenen Kurs der Modernisierung des Blattes nicht nur mitgegangen, sondern hat ihn selbst vorangetrieben. Und das ich weiter in der Redaktion mitwirken kann, ist für mich tröstlich, denn so ganz kann ich es ja doch nicht lassen.

Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Regionalverband muß ich danken. An vielen Stellen begegnete mir Offenheit – auch Offenheit für Sonderwünsche. Ob Personalabteilung oder Organisation und Wirtschaft, ob Bau- oder EDV-Abteilung, ob Poststelle oder Druckerei. Es wurde ein Weg zur Erfüllung unserer Wünsche gefunden. Kollegial auch die Zusammenarbeit mit dem Regionalbüro und dem Büro der Vorsitzenden. Frau Stickel-Jäger machte auch mal Unmögliches möglich und half aus, wenn ich mal wieder irgendein Papier vergraben hatte.

Besonderen Dank schulde ich dem Gesamtvorstand, dem geschäftsführenden Vorstand – und da darf ich Sie Herr Telschow miteinschließen –  und besonders der Vorsitzenden. Es war ein Grundvertrauen vorhanden, die meine Arbeit trug und auch manche herbe Kritik  – auch das gab es – ertragen lies.

Ein Gesicht haben Sie, Frau Pötter und Sie Herr Holtz, der Frankfurter evangelischen – und inzwischen ja auch der katholischen – Kirche gegeben. Ihr Design-Konzept, ihre Plakat-Ideen und ihre Einfühlungsvermögen in unsere Wünsche sind Garant für die wirkungsvolle Visualisierung der evangelischen Kirche in der Stadt.

Den Kolleginnen und Kollegen in der EKHN habe ich zu danken. Da wuchs in diesen vier Jahren etwas zusammen, was zusammengehört.

Und natürlich muß ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Evangelischen Öffentlichkeitsarbeit bedanken. Wie hat doch der große deutsche Philosoph Berti Voigts so richtig festgestellt: Der Star ist das Team. Diese banale Weisheit gilt auch in diesem Falle. Ohne Ihr weit über das zu erwartende Maß hinausgehendes Engagement  wäre vieles nicht machbar gewesen. Herr Schmitt erledigte viele Sonderwünsche am PC, Frau Reuter bewunderte ich für ihre Geduld beim endlosen Hinterhertelefonieren, Herr Albers verdanken wir einen wirklich akuraten Pressedienst und manch andere ehrenamtliche Handreichung. Herr Mühl frischt Internet und interne Kommunikation auf. Künftig werde ich Kirche Intern mit anderen Augen lesen. Aber Frau Diehl bei einem bin ich mir ganz sicher: Ihre Texte werden weiterhin genüßlich zu lesen sein. Frau Krüger, sie sind mir nicht nur eine große Stütze gewesen sondern sie sind auch so etwas wie das Herz der Öffentlichkeitsarbeit. Besonders freue ich mich, dass Du Antje dich bereit erklärt hast, einzuspringen. Du wickelst nicht nur Angefangenes ab, sondern treibst die Projekte voran. Das erleichtert mir mein Ausscheiden.

Die evangelische Kirche hat vielfältige Chancen ihre Botschaft an den Mann und die Frau zu bringen. Und wenn alle um der gemeinsamen Sache Willen an einem Strang ziehen, werden noch viele Kräfte entfaltet werden können. Wir haben diese Chance, wir müssen sie nur nutzen.  Dazu wünsche ich dem Verband Gottes Segen.
Kurt-Helmuth Eimuth, 28. August 2001

Evangelisch – ein Wettbewerbsvorteil

Marion Eimuth

„Evangelisch“ – ein Wettbewerbsvorteil


Im Wettstreit der Kindertagesstätten ist die fundierte religionspädagogische Praxis und die evnagelische Verortung ein Wettbewerbsvorteil.
in: Kirchenvorstand konkret hrsg. Ernst-Georg Gäde Frankfurt 2001
Spener-Verlag ISBN 3-930206-63-3

Pfarrer, Rabbis, Detektive …

Lutz Lemhöfer / Kurt-Helmuth Eimuth (Hrsg.)

Pfarrer, Rabbis, Detektive …

Forum – Streifzüge durch die Welt der Religionen

Bd. 17. Frankfurt a.M.: Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik 2001, 75 S., 9,80 DM, ISBN 3-932194-37-3
Ueber Religion im Kriminalroman informiert ein neues Taschenbuch der Reihe „Forum – Streifzuege durch die Welt der Religionen“, das vom Leiter der Evangelischen Oeffentlichkeitsarbeit, Kurt-Helmuth Eimuth, und dem Weltanschauungsbeauftragten des katholischen Bistums Limburg, Lutz Lemhöfer, herausgegeben wird. Unter dem Titel „Pfarrer, Rabbis, Detektive“ sind auf 75 Seiten Informationen, Analysen und Lesetipps gesammelt. Lutz
Lemhöfer porträtiert die Frankfurter Krimi-Buchhandlung „Die Wendeltreppe“ und analysiert religioese Protagonisten und religioese Fragestellungen in Romanen vom Katholiken Gilbert K.Chesterton bis zur Juedin Faye Kellerman. Insbesondere neue Autorinnen, die religiöse Themen verarbeiten, stellt die bayerische Oberkirchenrätin (demnächst Regionalbischoefin) Susanne Breit-Kessler vor. Im Interview mit Lutz Lemhoefer gibt die Pfarrfrau und
Krimi-Autorin Annette Doebrich Einblick in ihre Arbeit. Rezensionen unter dem verheissungsvollen Titel „Elfmal lesenswert“ runden den Band ab.
Kriminalromane, so meint Lutz Lemhoefer, hätten nicht selten eine theologische Struktur. Schliesslich gehe es um Schuld und Sühne, Recht und Unrecht. Solche untergründig religiösen Fragen interessierten Menschen völlig unabhängig von kirchlicher Bindung.

Braune Flecken in der Esoterik

Kurt-Helmuth Eimuth / Lutz Lemhöfer (Hrsg.)

Braune Flecken in der Esoterik

Der Antisemitismus der Alternativen

Reihe FORUM – Band 18
Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik, Frankfurt am Main
64 Seiten, 9,80 DM

Rechtsradikalismus zeigt sich heute in vielfacher Gestalt. Er kommt nicht nur mit Bomberjacken und Springerstiefeln bei dröhnender Marschmusik daher, sondern auch im bunten Flattergewand der Alternativen. Die „sanfte Verschwörung“ des New Age (so die Kult-Autorin Marylin Ferguson) entpuppt sich bisweilen als alter bräunlicher Wein in neuen Schläuchen. Da wird der nationalsozialistische Judenmord als selbst verschuldetes Schicksal verharmlost; da feiern alte Verschwörungsmythen von den finsteren Machenschaften (meist jüdischer) „Illuminaten“ fröhliche Urstände; da wird in Teilen der Jugendkultur die Nazi-Ästhetik spielerisch vereinahmt und genutzt. Jenseits konkreter politischer Macht- und Parteistrukturen zeigt sich hier eine höchst bedenkliche kulturelle Entwicklung. Rechtes Gedankengut wird wieder schick und in Kreisen diskursfähig, die angesichts von kahl geschorenen Schlägertrupps die Nase rümpfen würden. Ihre Lektüre finden sie nicht in der „Deutschen National- und Soldatenzeitung“, sondern auf der Esoterikmesse. Das Geraune über den tieferen Sinn trübt den Blick für das, was offen zu Tage liegt.
Diesen „Antisemitismus der leisen Töne“ stellt dieses Heft in einigen Vertretern und Strömungen exemplarisch vor. Es will damit einen Beitrag leisten zur Aufklärung über menschenfeindliche Ideen an Orten, wo man sie nicht vermutet.

Mehr Profil bitte: Kommunikation als Herausforderung

Zeichnung Dittmann

FAZ 6.8.2001

Kurt-Helmuth Eimuth war vier Jahre Sprecher der evangelischen Kirche / Heute „erster Schultag“ im Diakonissenhaus

Die 200 künftigen Erzieherinnen und Sozialassistentinnen sowie deren Lehrer im Diakonissenhaus haben seit heute, dem Schuljahresbeginn, einen neuen Chef. Und es gibt kaum eine Stelle, für die Kurt-Helmuth Eimuth besser geeignet wäre als für die des Leiters der „Evangelischen Ausbildungsstätte für sozialpädagogische Berufe“. Weil er Diplompädagoge ist und – vor allem – weil er praktische Erfahrungen aus vier Jahren gelegentlich schwieriger Erziehungsarbeit im Evangelischen Regionalverband, der Dachorganisation der Gemeinden und Dekanate, mitbringt.

Getrost kann man seine Tätigkeit als Verantwortlicher für die Öffentlichkeitsarbeit der evangelischen Kirche Frankfurts so bezeichnen, denn Eimuth war mehr als ein Mann, der bloß Werbeaktionen organisieren und Pressemitteilungen schreiben konnte – und wollte. Er hat einen innerkirchlichen Diskussionsprozeß über das Profil der Kirche in einer säkularisierten und multireligiösen Umwelt in Gang gesetzt und Pfarrern wie Kirchenvorständen klargemacht, daß die Kirche in Frankfurt ein eindeutigeres Erscheinungsbild braucht und „ganz bei den Menschen sein muß“, wenn sie wahrgenommen werden will. Wer weiß, wie disparat die evangelische Kirche ist und wie viele Eitelkeiten in ihr verletzt werden können, ahnt, wie mühsam dieser Erziehungsprozeß war – und bleiben wird.

Doch Eimuth hat gemeinsam mit seinen Mitarbeitern schon einiges erreicht: Beispielsweise präsentiert sich seine Kirche inzwischen – fast durchweg – mit einem Logo, es gibt Layout-Vorgaben für Broschüren, für die 80 evangelischen Kindertagesstätten in der Stadt hat er eine Marketing-Strategie entwickelt. Der gebürtige Frankfurter steht für den Beginn eines „Corporate Design“ seiner Kirche.

Neben der Arbeit für einen einheitlichen Auftritt, der für einen Wiedererkennungseffekt sorgt, war Eimuth wichtig, daß die Kirche dort Gesicht zeigt, „wo die Menschen sind“, sei es auf den Straßen der Stadt oder im Internet: 1998 etwa entwarf Eimuth zusammen mit seinem katholischen Kollegen Ulrich Fischer das Konzept für die Orgelmeile, eine Konzertreihe beim Museumsuferfest; von beiden stammt auch die Idee, Termine der Oster- und Weihnachtsgottesdienste aus ganz Deutschland im Internet bekanntzumachen.

Der Umgang mit den neuen Medien ist für Eimuth selbstverständlich – so ist die kirchliche Mitgliederzeitung, deren Redaktionsleiter Eimuth war, natürlich auch unter der Internet-Adresse www.evangelischesfrankfurt.de zu lesen, Informationen über die Kirche lassen sich auf der jüngst produzierten, aufwendig gestalteten CD-ROM „Hallo Frankfurt“ finden. Bei aller Vielfalt und allen Angeboten für eine breite Öffentlichkeit: Eimuths Arbeit für die Kirche war kein oberflächlicher Aktionismus, der sich in vielen, schlecht vorbereiteten „Events“ verloren hätte. Der überzeugte Christ verstand seine Arbeit stets als „moderne Form der Mission“. In dieser Hinsicht wünscht sich Eimuth von seiner Kirche mehr Mut, sich auf die Menschen einzustellen: „HitRadio FFH und HR 3 prägen das Hörempfinden vieler Menschen. Daß diese sich in Gottesdienste mit Wortbeiträgen von zehn bis 20 Minuten kaum einfinden, darf nicht verwundern.“ Weit davon entfernt, seiner Kirche zu raten, sich an alle möglichen Trends anzubiedern, empfiehlt er ihr dennoch, Teil der Gesellschaft bleiben zu wollen und sich nicht von ihr abzukoppeln. Daß Eimuth in den vergangenen vier Jahren „bisweilen zwischen allen Stühlen saß“, hat ihn, den Kreativen, nicht entmutigt. Mit der Überzeugungskraft und Ausdauer eines guten Erziehers hat der Sechsundvierzigjährige für seine Projekte genauso geworben wie für den nötigen Dialog unter Pfarrern und Mitarbeitern des Regionalverbands über die Identität der Kirche in der heutigen Zeit. Denn der Fachmann weiß: „Externe Kommunikationsprobleme sind zuerst interne Kommunikationsprobleme.“

Künftig wird der Schulleiter für den Austausch unter Lehrern und Schülerinnen verantwortlich sein und für deren Fähigkeit, angemessen mit Kindern und Jugendlichen zu kommunizieren. Er selbst wird Politik, Kinder- und Jugendliteratur sowie Pädagogik unterrichten. „Ich wollte vor meinem 50. Geburtstag noch eine andere Aufgabe übernehmen“, begründet Eimuth seinen Schritt. Auf die Idee, sich um die Schulleiter- Stelle zu bewerben, hatte ihn seine Frau, Pfarrerin für religionspädagogische Fortbildung, gebracht. Eimuth reizt die Herausforderung, noch stärker als bisher konzeptionell arbeiten zu dürfen und wieder engeren Kontakt zu mehr Menschen haben zu können – so wie bei seiner Tätigkeit als Weltanschauungsbeauftragter der evangelischen Kirche Frankfurts. Schon damals, von 1988 bis 1997, hatte Eimuth sich in etlichen Gesprächen, Buchveröffentlichungen und Filmen einen Namen als Ratgeber gemacht und dabei „viel für den eigenen Glauben und eine persönliche Spiritualität gelernt“.

Seine Lieblingsfigur in der Bibel ist Mirjam, die nach der Rettung der Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei laut musizierte und sang. „Sie hat auf die Pauke gehauen“, sagt er lachend – und es ist wie ein Versprechen: Auch als Schulleiter wird Kurt-Helmuth Eimuth für Aufmerksamkeit sorgen.

STEFAN TOEPFER

Gott gib Gas, ich will Spaß!

Speyer Dom

„Kirche muss wieder Spaß machen“, stand kürzlich auf dem Programmheft einer Veranstaltung namens „Great Ding-Dong“. Zu diesem ökume-nischen Jugendfestival in Speyer mit Freeclimbing am Dom, Techno-Messen und Modenschau kamen die Jugendlichen in Massen. Ist das die Zukunft der Kirche – die frohe Botschaft verpackt als „Event“ in der „Fun-Gesellschaft“? – von Kurt-Helmuth Eimuth

Man traf sich am Ostermontag in Frankfurts Innenstadt. Die einen mit langer Tradition und unvermindertem Engagement – es war ein Grüppchen von fünfhundert Ostermarschiererinnen und -marschierern, die sich da auf dem Paulsplatz versammelten. Nur wenige hundert Meter entfernt starteten 80.000 Menschen zum zweiten „Goethespaziergang“, einem überaus erfolgreichen neuen Eventangebot der Stadt. Eine typische Situation in einer an Spaß und Unterhaltung orientierten Gesellschaft. Aber mal ehrlich: Auch ich stehe nicht mehr inmitten der Friedensbewegten und hätte wohl eher bei Nina Hagens Versuch der Vertonung der Texte des großen Frankfurter Dichters vorbeigeschaut, als mich nochmals der Richtigkeit des Anliegens der Abrüstung zu versichern.
Die Zeiten ändern sich und die Menschen in ihnen eben auch. Die Geschichte des Christentums hätte ohne seine Anpassungsfähigkeit sicher nicht diese beispiellose Erfolgsbilanz vorzuweisen. Immerhin begann das „Unternehmen Kirche“ ganz bescheiden mit einem Dutzend Menschen, und vor 2000 Jahren war nicht absehbar, dass die Christusbewegung einmal zu einem „Global Player“ in Sachen Religion werden würde.
Doch derzeit stecken die Kirchen in einer konjunkturellen Delle. Die Analyse zeigt: Es handelt sich nicht um eine kurzfristige Absatzschwäche, sondern um eine strukturelle Krise. Das hat zwei Gründe: Zum einen haben sie ihr religiöses Monopol verloren, und zum anderen ist Religion per se weniger gefragt. Dafür finden sich religiös anmutende Rituale und Verhaltensweisen inzwischen auch ganz woanders: Jugendliche Massen singen bei Popkonzerten mit Inbrunst ihre Hymnen und entzünden Feuerzeug oder Wunderkerze. Auf der Internationalen Automobilausstellung wird das Auto als Allerheiligstes präsentiert, und die Werbung verspricht „magische Kräfte“ durch den Genuss eines Magenbitters.
Der Mensch ist offenbar unheilbar religiös. Die Voraussage, dass Religion bald tot sein würde, hat sich als falsch erwiesen. Religiöse Bedürfnisse gibt es immer, und sie werden auch gestillt – entweder in einem säkularen Umfeld oder von einem der zahlreichen Anbieter auf dem religiösen Markt. In dieser Situation müssen sich die Kirchen fragen, was – um einen Ausdruck aus dem Marketing-Deutsch zu gebrauchen – ihr „Kerngeschäft“ ist. Die Kirche hat letztlich nicht mehr (aber auch nicht weniger) anzubieten als ihre Überzeugung, die gute Botschaft. Diesen Bereich gilt es zu stärken.

Der Zeitgeist verlangt nach so genannten „Events“, hier strömen die Massen, wie etwa beim alljährlichen Wolkenkratzerfestival in Frankfurt, an dem sich auch die Kirchen beteiligen (Foto oben). Auch Gottesdienste mit Event-Charakter wie „Go Special“ im hessischen Niederhöchstadt boomen (Foto unten). – Fotos: Oeser, epd-Bild/Neetz
Religion wird dadurch zur Religion, dass sie neben einer Überzeugung und einem auf das Jenseits ausgerichteten Glaubensgebäude auch einen Ritus hat, der aufgrund von Glaubensüberzeugungen zelebriert wird.
Zur Religion gehören nicht nur inhaltliche Überzeugungen, die sich an den Verstand richten, sondern vor allem auch Emotionen. Die Menschen suchen nicht in erster Linie eine Lehre, sondern ein Gefühl, das sie trägt. Sie suchen einen Weg zu Gott, weil sie spüren, dass ihre eigene Existenz begrenzt ist. Sie suchen einen Weg, um mit ihrer eigenen Endlichkeit umzugehen, gerade in einer Welt des scheinbar Perfekten. Es ist die Aufgabe der Kirche, Wege für eine solche Suche zu öffnen. Und in der Tat erfreut.
sich die Kirche dort, wo solche Wege angeboten werden, eines deutlichen Zulaufs – vom „Kloster zur Probe“ bis zum meditativen Tanz. Viele Menschen finden durch solche Angebote wieder Zugang zum Glauben, gelegentlich auch zur Kirche. Das ist kein Aufruf zur bloßen Innerlichkeit, denn selbstverständlich bilden das Ora et Labora, das Beten und Arbeiten, Kontemplation und Kampf, wie es in der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé heißt, eine Einheit.
Dabei kommt der Bildung eine besondere Bedeutung zu. Im Kindergarten können die alten Geschichten von Gott und der Welt in kindgerechter Sprache erzählt werden, können Kinder die biblischen Geschichten nachspielen und sie zu ihrer eigenen Lebenssituation in Beziehung setzen. Eine wichtige Rolle haben dabei natürlich auch die Pfarrerinnen und Pfarrer. In den vergangenen Jahrzehnten übernahmen sie jedoch zunehmend andere, eher ausbildungsferne Aufgaben. Einige sind zu Managern ihrer Gemeinden geworden, haben Kompetenzen in Spezialgebieten wie dem Abrech- nungswesen oder dem Sozialgesetzbuch erworben und sind nebenbei auch noch Bauleiter. Kirchengemeinden stehen in der Gefahr, zuweilen mehr Sozialstation als spirituelles Zentrum zu sein. Das Angebot an Gottesdiensten ist nämlich vergleichsweise schmal: Sonntags morgens, 10 Uhr, klassische Form – anderes ist selten zu haben.
An Ideen fehlt es nicht. Schon Jahrzehnte alt ist der Vorschlag, am Wochenende von Freitagabend bis Sonntagabend in der Stadt Gottesdienste mit unterschiedlicher Prägung anzubieten: Erstens hat sich das Wochenendverhalten der Menschen geändert, außerdem haben sie unterschiedliche Vorlieben. Für die einen ein Gospelgottesdienst, für die anderen ein Schweige-Gottesdienst, Sakro-Pop, ja auch Techno-Gottesdienste sind denkbar und wünschenswert.
Eine einzelne Gemeinde ist damit überfordert. Aber angesichts all der Sonderpfarrstellen, die es ja längst gibt, kann nicht ein Mangel an Pfarrstellen das Problem sein. Solche Ideen stehen einfach nicht ganz oben auf der Tagesordnung. Dabei zeigen die Erfolge von Go-Special in Niederhöchstadt, die monatlichen Frauengottesdienste und auch die charismatischen Gottesdienste mit ihrer problematischen fundamentalistischen Ausrichtung, dass solche Zielgruppenangebote angenommen werden.
In der katholischen Kirche werden solche Fragen klar strategisch entschieden. So will man in Bremen durch die Etablierung eines Klosters mitten in der Stadt ein spirituelles Zentrum schaffen. Welche Chancen ein solches Zentrum hat, kann man bereits in der katholischen Liebfrauenkirche in Frankfurt sehen. Sie ist mit ihren zahlreichen Gottesdiensten, der Möglichkeit zum Aufstellen einer Kerze, dem Internet-Auftritt und ihrer Hilfe für Obdachlose wirklich ein spirituelles Zentrum geworden.
Der Kirchentag hat es immer vermocht, die beiden Seiten von Religion zu vereinen – er war immer „Kampf und Kontemplation gleichzeitig. Und es deutet alles darauf hin, dass auch der Frankfurter Kirchentag 2001 gleichzeitig politisch und spirituell sein wird. Er ist eben durchaus ein Mega-Event, aber auch ein riesiger, fünf Tage dauernder Gottesdienst.
Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt, Ausgabe Juni 2001 · 25. Jahrgang · Nr. 4

Todesstrafe

„Dekade zur Überwindung von Gewalt“

2.4. 2001 Heilig Geist

Kurt-Helmuth Eimuth

Orgelvorspiel

Eingangslied:

EG 445, 1-3 + 5

Gott des Himmels

Votum:.

Im Namen Gottes feiern wir diese Andacht

Gott ist der Grund unseres Lebens.

Jesus Christus ist seinen Weg konsequent gegangen.

Und Gottes Geist begleitet und ermutigt uns in Höhen und Tiefen.

Psalm: 43 Nr. 724

Gott, schaffe mir Recht

Und führe meine Sache wider das unheilige Volk

Und errette mich von den falschen und bösen Leuten!

Denn du bist der Gott meiner Stärke:

Warum hast du mich verstoßen?

Warum muß ich so traurig gehen,

wenn mein Feind mich dränget?

Sende dein Licht und deine Wahrheit,

daß sie mich leiten

und bringen zu deinem heiligen Berg

und zu deiner Wohnung,

daß ich hineingehe zum Altar Gottes,

zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist,

und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.

Was betrübst du dich, meine Seele,

und bist so unruhig in mir?

Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken,

daß er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

Gebet:

Christus, erbarme dich aller Menschen

die zu deinem Kreuz kommen mit ihrem Kreuz:

in Lebensüberdruß und Todesangst,

gekrümmt unter Schmerzen,

verlassen, entmutigt und ohne Hoffnung,

verwundet und zerrissen,

aufgerieben, leer, verzweifelt.

Nimm dich derer an,

die dagegen kämpfen, daß Menschen gekreuzigt

werden wie du:

Lebe du in ihnen als langer Atem und weite

Aussicht,

als Findigkeit und List,

als Stärke, die sich nicht hart macht,

als Liebe zu allem Lebendigen,

als heitere Bescheidenheit.

Laß unser Unterscheidungsvermögen wachsen,

damit wir immer genauer in Erfahrung bringen,

welche Kreuze wir zerbrechen – und welche wir

tragen müssen. Amen.

Lied: EG 96, 1-3 Du schöner Lebensbaum

Andacht:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Rings um den Erdball wächst die Sorge über die zunehmende Gewalt. Nachrichten über kriegerische Konflikte, Fremdenfeindlichkeit, Gewalt gegen Frauen und Kinder, Brutalität in Video und Fernsehen halten uns

in Atem. Der Ökumenische Rat der Kirchen hat durch die Ausrufung der weltweiten „Dekade zur Überwindung von Gewalt“ die Dringlichkeit dieser Aufgabe in den Mittelpunkt seiner Arbeit gerückt. Auch in Deutschland ist Gewalt eine zentrale Herausforderung für die Kirchen.

Gewalt gibt es in unseren Häusern und Familien:

Noch immer halten zwei Drittel aller Eltern körperliche Strafen für ein legitimes Mittel der Erziehung. Gewalt gegen Frauen und der sexuelle Missbrauch von Kindern gehören zu den Schattenseiten unserer Gesellschaft.

Rassistisch und antisemitisch motivierte Gewalt gibt es mitten unter uns:

Deutschland war in den zurückliegenden Monaten leider Schauplatz von zahlreichen Gewaltakten gegen Menschen anderer Hautfarbe oder von Attacken gegen jüdische Gotteshäuser. Trotz zahlreicher von den Kirchen mit getragener Initiativen konnten wir dieses Problem noch immer nicht mit spürbarem Erfolg bekämpfen.

Gewalt gibt es zwischen Völkern:

Die Bilder vom Kosovo-Krieg sind uns noch gegenwärtig, die Eskalation der Gewalt in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten hat bis an den Rand eines Krieges geführt. In diesen wie in anderen Konflikten, zum Beispiel in Indonesien, wird immer wieder auch versucht, Religion für andere Interessen zu instrumentalisieren.

Wie wenig Gespür für Gewaltverherrlichung in den Medien da ist, zeigt sich gerade in den Vereinigten Staaten. Wir bereiten uns auf die größte Show des Jahres vor“ – wird ein Manager des amerikanischen Fernsehsenders CBS in den Medien zitiert. Damit meint der Mann nicht die Steuben-Parade in New York, sondern die Absicht der großen US-Fernsehketten, am 16. Mai live von der Hinrichtung des Mörders Timothey McVeigh im Bundesgefängnis von Terra Haute (Indiana) zu berichten. Aber nicht nur Berichterstattung im Umfeld der Hinrichtung wird geplant, sondern auch die Hinrichtung selber soll live in die amerikanischen Wohnzimmer übertragen werden, wenn es den TV-Gesellschaften gelingt, vor den US-Gerichten die Zustimmung dafür zu erstreiten. Noch ist die Entscheidung nicht gefallen. Bereits eine Woche vor der Hinrichtung wollen die TV-Stationen mit Sondersendungen aus dem Zuchthaus beginnen. Live wollen Kamera-Teams aus den Wohnzimmern von Angehörigen der von McVeigh Ermordeten senden, im Hof des Gefängnisses sollen Reportageplätze mit Ton-Direktschaltung in den Hinrichtungsraum eingerichtet werden. Angeblich will das US-Justizministerium die Live-Übertragung der Hinrichtung selber verhindern, denn, so die makabre Begründung, „wir haben kein Interesse daran, mit Live-Übertragungen in Amerikas Wohnzimmer Abscheu und eine Diskussion um die Todesstrafe auszulösen“. Aber genau dies sollte man sich wünschen!

Eine Debatte um die Abschaffung der Todesstrafe im Sinne der bereits 1948 von der UN-Generalversammlung verabschiedeten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Zu deren 50. Jahrestag hat der Rat der EKD 1998 unter anderem erklärt: „Der Vollzug der Todesstrafe ist eine besonders drastische und zudem unheilbare Weise, die Menschenrechte zu verachten. Dies gilt auch und erst recht für zivilisierte Staaten. Dies alles macht deutlich: Es muss mehr geschehen, es muss sich etwas in den Köpfen verändern. Wir brauchen eine Kultur der Gewaltfreiheit. Sie muss eingeübt werden, zuhause im Wohnzimmer, auf dem Schulhof, in Stadt und Land ebenso wie in der internationalen Politik. Der Ökumenische Rat der Kirchen erinnert uns mit der Ausrufung der Dekade an diese Aufgabe. Sie ist nicht leicht und wir werden sie einem Jahrzehnt nicht abschließen können. Wer sich für die Überwindung von Gewalt einsetzt, ist kein weltfremder Träumer.

Der Kampf für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ist seit 1948 nicht ohne Erfolg geblieben. Aber angesichts einer immer noch erschreckend hohen Zahl von Hinrichtungen muss er unvermindert fortgesetzt werden.“ Und vielleicht führt die in diesem Jahr begonnene „Dekade zur Überwindung von Gewalt“ des Weltkirchenrates dazu, dass die Diskussion um die Todesstrafe nicht verstummt und dass denen, die schon lange auf eine Abschaffung hinarbeiten – auch in Amerika – neuer Mut gemacht wird, in ihrem Bemühen nicht nachzulassen.

Lied: EG 96, 4-6 Du schöner Lebensbaum

Mitteilungen

Gebet:

Christus, wie schwer ist uns selbst noch im Leid einen Sinn zu entdecken.

Könnten wir es doch.

Du hast die Bitterkeit angenommen,

den Spott ertragen,

die Schmerzen erduldet.

Du hast den Zweifel ausgehalten,

Gott vertraut,

und so die Frucht reifen lassen, der wir bedürfen.

Christus, lehre uns festhalten an der Güte Gottes.

Erbarme dich aller, für die wir dich bitten.

Für die Menschen, die vom Krieg bedroht und verfolgt sind

Für die Kranken und die, die sie pflegen

Für die Sterbenden und die, die bei ihnen wachen

Für die Menschen, die ihre Heimat verlassen und ein Zuhause suchen bei uns

Für uns, wenn sich unsere Herzen und Sinne verhärten

In Not und Schmerz

Christus, lehre uns festhalten an der Güte Gottes,

in den Zeiten der Freude,

in den Zeiten der Not,

in der Stunde des Todes.

Und was uns noch bedrängt bringen wir vor dich mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Möge Gott dich segnen und behüten

Möge Gottes Angesicht auf dich leuchten

Und dir Gnade geben.

Mögen Gottes Augen über dir leuchten und

Dir Frieden bringen.

Lied: EG 421 Verleih uns Frieden