Neulich auf dem Schulhof: In vielen Klassen findet der Musikunterricht wegen Corona zurzeit im Freien statt. So hat die ganze Nachbarschaft was davon. Unseren Kolumnisten freut’s.
Erfreuen die Nachbarschaft: Musikunterricht im Freien auf dem Hof der Musterschule. | Foto: Kurt-Helmuth Eimuth
Neulich blickte ich mal wieder vom Schreibtisch auf, direkt in den Schulhof in der Nachbarschaft. Die Szene hat schon so etwas von den idyllischen Bildern auf den Adventskalendern. Kinder jeden Alters toben und springen in den Pausen. Nur die Gesichtsmasken erinnern daran, dass doch eigentlich Pandemie ist.
Nach Ablauf der Pause hat meistens irgendeine Klasse Musikunterricht. Ein Highlight für mich als Nachbarn! Da stehen sie im Kreis und tanzen zu einem Song, den die Lehrerin auf der Gitarre begleitet. Oder der Chor singt. Oft sind es die alten Pop-Songs der 70er und 80er Jahre. Gerne öffne ich das Fenster einen Spalt und höre zu, wie ein vielstimmiger Kinderchor „All you need is love“ intoniert. Unter dem Vordach steht ein Klavier und gibt dem Gesang Halt. Im großen Abstand und mit dicken Jacken ausgestattet erklingen die fröhlichen Melodien. Und wenn erst einmal die Brass-Band probt, ist es vollends ein Genuss für die Nachbarschaft.
So kann und soll Schule sein. Dieses Bild einer behüteten Kindheit steht im krassen Gegensatz zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die psychische Belastung der Kinder durch Corona. Studien zeigen vor allem im Bereich der Essstörungen, des Übergewichts, der mangelnden Bewegung und einer starken Mediennutzung die Problemzonen auf. So ist die durchschnittliche Mediennutzung pro Tag bei den 12- bis 19Jährigen von 205 auf 258 Minuten gestiegen. Dagegen ist die Zahl der Kinder, die in einem Sportverein angemeldet sind, 2020 deutlich zurückgegangen.
Umso wichtiger ist in der Schule der kreative Umgang mit den Möglichkeiten, die trotz Corona umgesetzt werden können. Als Nachbar der Musterschule freue ich mich schon auf Adventslieder, gesungen von Kindern, die dick in ihre Mäntel und Jacken eingepackt sind. Kompliment an die Lehrkräfte.
Religiöse Grundüberzeugungen spielen auch in Parteien eine Rolle. So tragen CDU und die CSU ihre religiöse Orientierung schon im Namen: das große C steht für Christlich. Aber auch Fundamentalisten und eine Politsekte finden sich auf der langen Liste der 40 zur Wahl stehenden Parteien.
Foto: Mika Baumeister/unsplash.com
Da wäre zum Beispiel die Partei „Bündnis C – Christen für Deutschland“ (Bündnis C). Sie entstand im Frühjahr 2015 durch den Zusammenschluss der christlich-fundamentalistisch orientierten Parteien „Partei Bibeltreuer Christen“ (PBC) und „AUF – Partei für Arbeit, Umwelt und Familie – Christen für Deutschland“ (AUF). Nach eigenen Angaben orientieren sie sich am biblischen Menschenbild und christlichen Grundsätzen, wobei dahinter ein sehr fundamentalistisches Bibelverständnis steht. Konkret steht die Partei für eine Förderung traditioneller Familienformen: In der Familien- und Sozialpolitik setzt sie sich für eine stärkere finanzielle Unterstützung von Familien aus, die aus Mutter, Vater und Kindern bestehen. So soll etwa ein „Erziehungsgehalt“ für betreuende Eltern gezahlt werden. Die Partei tritt außerdem für ein Verbot von Abtreibungen sowie Leihmutterschaft ein und lehnt Sterbehilfe ab. Die Partei sagt, sie möchte die Umwelt als Gottes Schöpfung bewahren. Zudem unterstützt das Bündnis C die Unterstützung Deutschlands für den Staat Israel und fordert eine Verlegung der deutschen Botschaft nach Jerusalem, was die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels bedeutet. Außerdem will sie den Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran. Das Bündnis C möchte zwar das Asylrecht behalten, spricht sich aber für die Kontrolle der Außengrenzen der EU aus.
Als Psychokult wurde hin und wieder die Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) eingestuft. Mit ihrer Spitzenkandidatin Helga Zepp-LaRouche ist sie eine alte Bekannte bei Wahlen, auch wenn ihr Stimmenanteil nie über 0,5 Prozent hinauskam. Die BüSo entstand 1992 in inhaltlicher und personeller Kontinuität aus ihren Vorläufern der „Patrioten für Deutschland“ und der „Europäischen Arbeiter-Partei“. Von kirchlichen Sektenbeauftragten wurde sie im extremistischen Parteienspektrum verortet und ebenso wie die LaRouche-Bewegung als Psycho-Kult bzw. Politsekte eingeschätzt, weil sie Endzeitvisionen hege und einen radikalen Gesellschaftsumbau anstrebe. Hinzu komme die für Sekten typische rigide Kontrolle der Mitglieder und der Personenkult um das Ehepaar LaRouche. Die BüSo warnt vor dem Zusammenbruch des globalen Finanzsystems, das nur durch eine neue Weltwirtschaftsordnung mit regierungskontrollierten Nationalbanken gerettet werden kann. Für Deutschland fordert BüSo die Kündigung der EU-Verträge und die Wiedereinführung der D-Mark.
Vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingeschätzt wird die Partei „Der Dritte Weg“. Sie ist geprägt von Antisemitismus, Rassismus und einem völkischen Menschenbild. Uwe Becker, Anitsemitismusbeauftragter des Landes Hessen und bis vor kurzem Frankfurts Bürgermeister, ist angesichts einer „Wahlwerbung“ dieser Partei, die zur Hinrichtung der politischen Gegner aufruft, ganz klar: „Der Dritte Weg ist ein rechtsextremistischer und nationalsozialistischer Mob und gehört verboten“.
Es war ein ungewöhnlicher Zug von einhundert Menschen, der am Donnerstag, 16. September, den Oeder Weg unter Dixieland-Musik entlang kam. Angeführt von der 8n schwarz gekleideten Band „All that Jazz“ führte die Parade von der Frankfurter Hauptwache zum Hauptfriedhof. Bewusst knüpfte man an die Tradition der Trauerzüge in New Orleans an.
Das katholische Zentrum für Trauerseelsorge St. Michael und andere Organisationen hatten zu dieser beschwingten Corona-Trauerparade aufgerufen. Man wollte all derer gedenken, die Verluste erlitten haben, aber man wollte auch das Leben feiern. Es gehe darum Hoffnung, Mut und Zuversicht zu vermitteln. „Rituale mit partizipativem Ansatz helfen dabei, Belastungen zu reduzieren und das Erlebte zu teilen und so gemeinsam zu tragen“, schreiben die Veranstalter. Für viele war es eine schöne Möglichkeit ihrer ganz privaten Trauer Ausdruck zu geben.
Bastian Bergerhoff (53) ist der neue Frankfurter Kirchendezernent. Der Grünen-Politiker ist nicht getauft, geht aber trotzdem gelegentlich in den Gottesdienst. Wir haben mit ihm über Bach, den interreligiösen Dialog und seine Lieblingskirche gesprochen.
Der neue Kirchendezernent Bastian Bergerhoff auf dem Römerberg. Zuständig ist er unter anderem für den Unterhalt der historischen Kirchengebäude in Frankfurt. | Foto: Rolf Oeser
Herr Bergerhoff, Sie sind frisch gekürter Frankfurter Stadtkämmerer, außerdem sind Sie ab sofor zuständig für die Bereiche Personal und Kirchen innerhalb der Stadtregierung. Warum braucht Frankfurt als multireligiöse Stadt, in der auch viele Atheist:innen leben, eigentlich einen Kirchendezernenten? Als Kirchendezernent bin ich in erster Linie für die Kirchengebäude und deren Unterhalt im historischen Stadtkern zuständig, die sich im Eigentum der Stadt Frankfurt befinden. Diese Zuständigkeit hat historische Gründe. Das hat mit dem Dotationsvertrag von 1830 zu tun, durch den die kirchlichen Räume, vor allem die Innenstadtkirchen, an die Stadt übertragen wurden.
Gehen Sie selbst in den Gottesdienst? Ja, gelegentlich. Als ich noch in einem Kirchenchor gesungen habe, bin ich regelmäßig zum Singen im Gottesdienst gewesen. Aber auch zu anderen Anlässen gehe ich manchmal in den Gottesdienst. Ich wurde nicht getauft, habe heute aber familiär und kulturell eine starke Nähe zu den Kirchen. Mein persönlicher Zugang war dabei immer insbesondere die Musik.
Haben Sie selbst Musik gemacht? Ich mache privat sehr viel Musik. Aber Sie fragen wahrscheinlich nach Musik in Kirchengemeinden. Ja, ich habe lange im Chor der Thomas-Gemeinde in Heddernheim gesungen und habe in einer anderen Gemeinde gelegentlich sonntags in Vertretung die Orgel gespielt.
Haben Sie ein Lieblingslied? Mir geht „Aus tiefster Not schrei ich zu dir“ – gerade im Satz von Johann Sebastian Bach – sehr nahe, es berührt mich sowohl musikalisch wie auch textlich stark.
Für manche mag das seltsam anmuten, dass ein Kirchendezernent nicht getauft ist. Vielleicht. Aber auch nur auf den ersten Blick. Die Zuständigkeit für kirchlich Angelegenheiten ist ja tatsächlich keine inhaltliche Zuständigkeit für den Glauben. Glaube ist zum Glück etwas sehr Persönliches. Und dass Religion auch heute noch ein Faktor im gesellschaftlichen Alltag ist, war auch für mich immer klar und ich habe das immer positiv erlebt – neben meiner Begeisterung für Musik hat das bei mir zum Beispiel dadurch Spuren hinterlassen, dass ich im katholischen Haus der Begegnung meinen Zivildienst geleistet habe.
Haben Sie eine Lieblingskirche? Ich wohne im Bereich der Dreikönigskirche. Die hat in Frankfurt sicherlich große Bedeutung für die Kirchenmusik, von der wir ja schon viel gesprochen haben. Daneben gibt es andere, auch kleinere Kirchen, die mir aus unterschiedlichen Gründen im Laufe meines Lebens Besonderes bedeutet haben. Ein Ranking liegt mir fern. Als zuständiger Dezernent sehe ich aber natürlich, dass gerade unsere Innenstadtkirchen ein hohes kulturelles Gut für die Stadt darstellen, das es zu pflegen gilt. Nicht zuletzt an der St. Leonhardskirche ist zu sehen, wie gut das der Stadt die letzten Jahre gelungen ist. Alle unsere Innenstadtkirchen sind prägende Orte, jede auf ihre eigene Art.
Wie beurteilen Sie den interreligiösen Dialog in Frankfurt? Ich finde, dass er sehr gut funktioniert! Die Interreligiosität reflektiert Frankfurt in seiner Vielfalt – ich glaube, es gibt keine Religionsgemeinschaft, und sei sie noch so klein, die hier keine Vertreter:innen hat. Auch der Rat der Religionen arbeitet sehr erfolgreich. Es gibt in Frankfurt kaum unlösbare Konflikte um das Thema Religion – es wird immer versucht, zu vermitteln und Lösungen zu finden. Ich habe den Eindruck, dass wir in Frankfurt Religionsfrieden haben.
Welche Funktion von Kirche ist Ihrer Meinung nach in Frankfurt die Wichtigste? Religion ist sicher ein Element, das die Stadt und die Gesellschaft zusammenhält. Wenn Menschen ihren Glauben als etwas Trennendes begreifen, dann habe ich dafür wenig Verständnis. Das betrifft aber sicher nur eine verschwindende Minderheit. Die meisten Menschen betrachten ihren Glauben als etwas Zusammenbringendes und leben ihn auch so. Ich finde es toll, dass sich die Kirchen an gesellschaftlichen Diskussionen beteiligen, in allen Bereichen. Darüber hinaus sind sie eine tragende Säule unserer sozialen Infrastruktur, die unerlässlich für uns ist.
Die größte Gruppe von Menschen, die in der Pflege tätig sind, gingen bei der jüngsten Reform leer aus: die Angehörigen. Unser Autor, selbst pflegender Angehöriger, nennt fünf Punkte, die dringend nötig wären, um die Situation kurzfristig zu verbessern.
Die Pflegeversicherung wurde in Deutschland 1995 eingeführt, gegen den Widerstand der Wirtschaft, die eine weitere Belastung durch Sozialabgaben ablehnte. Als Kompromiss wurde ein gesetzlicher Feiertag, der evangelische Buß- und Bettag abgeschafft. Heute profitieren rund 4,1 Millionen Menschen von ihr.
Doch Vorsicht: Die Pflegeversicherung ist anders als die Krankenversicherung nur eine Teilkaskoversicherung. Das heißt, ein erheblicher Teil der Pflegekosten muss selbst aufgebracht werden. So übersteigen zum Beispiel die Heimkosten den Zuschuss der Pflegeversicherung oft erheblich, und auch bei der ambulanten Pflege ist der Zuschuss der Pflegekasse schnell aufgebraucht.
Rund 3,3 Millionen pflegebedürftige Menschen werden derzeit zuhause versorgt, davon 2,1 Millionen ausschließlich von ihren Angehörigen. Die von der Regierung im Koalitionsvertrag vereinbarte Verbesserung und Entbürokratisierung der Pflege wurde im letzten Moment bei der Pflegereform im Juni wieder gestrichen. Das Diakonische Werk Hessen Nassau stellte fest: „Die notwendige, umfassende Reform des Pflegesystems ist nicht erreicht! Eine demografiefeste und für alle Menschen bezahlbare Pflege ist nicht in Sicht.“
Was wäre zu tun? Unser Autor, selbst pflegender Angehöriger, hat die wichtigsten fünf Punkte zusammengetragen:
Erstens: Die Pflegeversicherung muss die entstehenden Kosten in ähnlicher Höhe wie die Krankenversicherung abdecken. Für die Grundversorgung muss vollumfänglich gesorgt sein: Vollkasko statt Teilkasko.
Zweitens: Die Abrechnung muss entbürokratisiert werden. Eigentlich war bei der jüngsten Pflegereform geplant, Tages- und Nachtpflege, Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege zu einem Budget zusammenzufassen. Das wäre ein erster Schritt gewesen. So wie die Abrechnungsmodalitäten jetzt sind, verhindern sie, dass zahlreiche Anspruchsberechtigte die ihnen zustehenden Leistungen in Anspruch nehmen. Dies ist zutiefst unsozial.
Drittens: Das Pflegegeld ist jährlich an die Inflationsrate anzupassen. Der relativ neue Entlastungsbetrag (125 Euro monatlich) kann derzeit zur Bezahlung von zertifizierten Dienstleistern genutzt werden, dazu kann auch die Reinigung der Wohnung gehören. Allerdings: Es finden sich kaum Angebote hierfür bei den Anbietern. Hinzu kommt, dass die Ausführungsbestimmungen in den 16 Bundesländern unterschiedlich sind. Selbst Nachbar:innen müssen sich erst qualifizieren, wenn sie einen Obolus aus diesem Budget erhalten sollen. Einfacher und eine wirkliche Entlastung wäre es, wenn das Pflegegeld um den Entlastungsbetrag aufgestockt würde.
Viertens: Pflegende Angehörige sollten die Möglichkeit erhalten, ihre Berufstätigkeit vorübergehend einzuschränken oder aufzugeben, ohne zu verarmen und ihre Arbeitsstelle zu verlieren. Für entsprechende Regelungen könnte das Elterngeld Pate stehen.
Fünftens: Die derzeit je nach Pflegegrad verpflichtende halb- oder vierteljährliche Pflegeberatung ist sicher hilfreich und auch im Sinne der Pflegenden eine Kontrolle. Doch sollten die Berater:innen auch in Sachen Finanzierung kompetent sein. So könnte die Beratung wirklich einen Lotsendienst erfüllen.
Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 60.000 Männer an Prostatakrebs. Und plötzlich spielt im Leben anderes eine Rolle als bisher. Auch dem Theologen und Berater Wolfgang Weinrich ist das so gegangen. In seinem neuen Buch lässt er andere an seinen Erkenntnissen teilhaben.
Wolfgang H. Weinrich: Sex geht jetzt anders. Persönliches und Versöhnliches vom MännerKrebs. Books on Demand, 91 Seiten, 16,80 Euro (E-Book 8,49 Euro).
Männer werden nicht krank. Jedenfalls ihrem eigenen Gefühl nach. Auch Wolfgang Weinrich war so ein Mann. Bis zur Diagnose Prostatakrebs hielt er sich für „unkrankbar“ – mit diesem Wort beschreibt der Theologe diese Haltung. Er war der Macher, der kreative Kopf für die Kommunikationsprojekte der hessen-nassauischen Landeskirche. Er organisierte Auftritte beim Hessentag, erfand eine Lichtkirche und ein neues Kirchen-Logo, das Facettenkreuz. Dann ging er frühzeitig in den Ruhestand, um in aller Freiheit neu Projekte zu planen. Und dann das: Prostatakrebs.
Männer gehen nicht zur Vorsorge, jedenfalls nicht so häufig. Kein Wunder, dass ihn der Urologe fragte, warum er nicht schon früher gekommen sei – doch ist es müßig, darüber weiter nachzudenken. Die Situation bedurfte einer radikalen Änderung, nicht nur des Alltags, sondern auch der inneren Einstellung. Wolfgang Weinreich krank. Das passte nicht zum Selbstbild. Er musste sich zurückziehen. Meist in seinen Sessel. Zum Nachdenken. Auch über so Fragen wie: „Was war in meinem Leben und ist es jetzt vorbei? Es gibt viele Abschiedsmomente in so einer Situation“, erinnert sich Weinrich.
An seinem Glauben hat er allerdings nicht gezweifelt. Er, der sich schon von Berufs wegen mit dem Tod auseinandergesetzt hat, war vertraut mit der Frage: Warum gerade ich? „Das ist Schicksal“, sagt Weinrich. „Gott ist nicht der, der direkt in mein Leben hineingeht. Es kann halt jedem Menschen passieren.“ Geholfen haben ihm viele Gespräche, auch mit Ärzten. Ergebnis eines langen Prozesses: „Ich will leben. Ich werde weiter leben. Punkt.“
Nach Weinrichs Beobachtung ist die größte Sorge bei Männern die vor Inkontinenz und Impotenz. „Aber man kann lernen, damit umzugehen, und das macht auch Spaß.“ Offen spricht Weinrich über diese Tabuthemen und wundert sich, dass nur für Inkontinenzeinlagen bei Frauen geworben wird. Dabei ist das auch bei Männern ein Problem, insbesondere nach Prostataoperationen. Beckenbodenübungen beispielsweise auch, zur Stärkung der Schließmuskulatur.
Inzwischen ist Weinrich wieder zurück im Leben, unterwegs mit seiner Band und auch mit Lesungen: Über seinen Kampf mit dem Krebs hat er ein Buch geschrieben. Locker, fast fröhlich, aber auch mit aller Ernsthaftigkeit berichtet er darin von Zweifeln, Arztgesprächen und Reha. Erstaunlicherweise gibt es Reaktionen von vielen Frauen auf sein Buch. Sie sagen: „Gut, dass Du darüber sprichst. Wie kann ich denn mit meinem Mann umgehen, denn er spricht nicht darüber, auch nicht mit mir.“ Für alle Männer hat Weinrich aber nur eine Empfehlung: „Mann, geh‘ zur Vorsorge.“
Wolfgang H. Weinrich Sex geht jetzt anders Persönliches und Versöhnliches vom MännerKrebs ISBN 9783 752 689 143 WolfgangWeinrich.de
Ein Gespräch mit dem Autor Wolfgang Weinrich über seine Prostatakrebserkrankung, über die Angst vor dem Tod, die Reha und die Notwendigkeit der Vorsorge.
Conny von Schumann wurde am 3. Juli 2021 in der Heiliggeistkirche aus dem Dienst des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt Offenbach verabschiedet. Zuletzt leitete er die Notfallseelsorge.
Conny von Schumann wurde am Freitag, 2. Juli 2021, als Leiter der Notfallseelsorge Frankfurt Offenbach von Stadtdekan Achim Knecht in den Ruhestand verabschiedet. Knecht würdigte den Dienst des Leiters aber auch aller Ehrenamtlichen, die an 365 Tagen 24 Stunden lang bereit stehen, um in existentiellen Krisensituationen Menschen zu begleiten. Conny von Schumann arbeitete vier Jahrzehnte bei der evangelischen Kirche, seit 2005 beim Evangelischen Regionalverband Frankfurt Offenbach.
Über die Arbeit der Notfallseelsorge und den Ruhestand spricht Conny von Schumann im Interview:
Die Herausforderungen der katholischen Kirche ähneln denen der evangelischen: Beide müssen sich auf einen massiven Mitgliederrückgang einstellen, für beide hat dies finanzielle Folgen, und beide leiden unter fehlendem theologischen Nachwuchs, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. In Offenbach zieht die katholische Kirche nun Konsequenzen: Die ganze Stadt wird eine einzige Gemeinde.
Stadtdekan Andreas Puckel über die Reformpläne der katholischen Kirche in Offenbach. | Foto: Rolf Oeser
Die katholische Kirche Offenbachs hat sich zu einem radikalen Schritt entschlossen: Die ganze Stadt soll eine einzige Pfarrei werden. Die bisherige Position des Stadtdekans von Offenbach wird ersetzt durch einen leitenden Pfarrer. Im November soll ein konkretes Konzept vorliegen. In zehn Arbeitsgruppen unter Beteiligung von hundert Ehrenamtlichen wird es derzeit zu Themen wie Seelsorge, Sozialraum oder auch Finanzen und Gebäudenutzung erarbeitet.
Die neue Stadt-Pfarrei Offenbach soll ein Netzwerk aus den Gemeinden und allen Orten kirchlicher Arbeit, beispielsweise der Caritas, sein. Im Moment gibt es in Offenbach noch elf Pfarreien sowie fünf Pfarreien anderer Muttersprache. „Ziel ist es,“ so der katholische Stadtdekan Andreas Puckel, „dass wir die katholische Kirche fit machen für die Zukunft, also da sind wo die Menschen sind mit ihren Anliegen.“ Man wolle künftig auch professioneller arbeiten: „Die Grundfrage ist: Was brauchen die Menschen? Und bekommen sie das, was sie brauchen, bei uns?“
Insbesondere die Aufgaben des Pfarrers soll sich ändern. „Im Moment ist der Pfarrer ein Allrounder. Das fängt an beim Wechseln der Glühbirnen im Gemeindezentrum, geht über in den hoch komplexen Bereich der Trägerschaft einer Kindertagesstätte bis zur Leitung von zahlreichen Gruppen.“ Der Seelsorger und die Gemeindereferent:innen sollen künftig von diesen „Allroundaufgaben“ entlastet werden. So sollte etwa die Gebäudebewirtschaftung nicht in elf Pfarrbüros geschehen, sondern professionell und zentralisiert. Dadurch würden Ressourcen frei für die Seelsorger:innen, damit diese ihren eigentlichen Aufgaben besser nachkommen können.
„Wir werden die örtliche Nähe beibehalten. Es soll keine leeren Pfarrhäuser mehr geben, sondern wir wollen in den Offenbacher Stadtteilen mit jeweils zwei Seelsorger:innen präsent sein“, sagt Puckel. Aber es werde auch Leute geben, die für die gesamte Stadtpfarrei Aufgaben übernehmen, wie etwa die gemeinsame Firmvorbereitung der Jugendlichen. „Es ist also nicht nur eine Verwaltungsreform, sondern eine inhaltliche Ausrichtung, die näher bei den Menschen sein wird“, fasst Puckel das Ziel zusammen.
Für den Dekan ist es eine besondere Herausforderung, das Engagement der Ehrenamtlichen beizubehalten. Jetzt seien etwa 50 hoch kompetente Verwaltungsräte tätig, dann wären es nur noch elf. „Viele Ehrenamtliche müssen wir ganz anders einbinden.“ Jetzt engagierten sie sich vor Ort. Auch in der großen Pfarrei müssten sie mitgestalten können. „Ob das funktioniert, ist ein Blick in die Glaskugel“, sagt Puckel und strahlt doch Zuversicht aus. Für den Dekan Offenbachs ist dabei die Kommunikation und die Delegation von Entscheidungen nach unten besonders wichtig.
In den konzeptionellen Überlegungen spielt auch die gemeinsame Nutzung von Gebäuden durch die evangelische und katholische Kirche eine Rolle. Puckel spricht hier von einer „Ökumene der Gebäude“. So überlege man zum Beispiel die gemeinsame Nutzung von Gebäuden in der Innenstadt oder die Schaffung eines „Ökumenischen Zentrums Stadtkirche“.
Die Wahlperiode des Stadtdekans läuft im kommenden Jahr aus. Schon dann soll wohl in den neuen Modus geschaltet werden, wenngleich erst noch zweigleisig gefahren wird. Bis zur völligen Umsetzung des Konzeptes könne es bis 2030 dauern, sagt Andreas Puckel, der letzte katholische Stadtdekan Offenbachs.