Tag Archiv für Kirchentag

Kirchentag: Jugend- und Seniorenfreizeit gleichzeitig

Im Podcast Conny&Kurt ist man sich schnell einig. So wie beim Nürnberger Kirchentag kontrovers diskutiert wurde, soll es im demokratischen Meinungsbildungsprozess doch eigentlich überall sein. Nur so kann die Spaltung der Gesellschaft überwunden werden. Und für Claudia Horn, Referentin im Zentrum Bildung der Evangelischen Kirchen in Hessen und Nassau, ist Christentum eben politisch, wenn auch nicht parteipolitisch. Christ:innen müssten Stellung beziehen. Nach ihrer Beobachtung war der Kirchentag wie seine Vorgänger ein Event für die Jugend und für die große Gruppe der Rentner:innen, sozusagen Jugend- und Seniorenfreizeit gleichzeitig. Horn warb an einem Stand im Markt der Möglichkeiten für die Seite http://Relimentar.de. Dort werden pädagogisch und theologisch empfohlene religionspädagogische Materialien bereit gestellt.

Dorothee Sölle: Den Politischen zu fromm, den Frommen zu politisch

von Kurt-Helmuth Eimuth


Volles Haus: Dorothee Sölle predigt beim Kirchentag in Rostock 1988. | Foto: Bernd Bohm, epd-Bild

Die 1929 in Köln geborene Poetin und Theologin Dorothee Sölle hatte nie einen Lehrstuhl in Deutschland inne. Trotzdem war sie eine der einflussreichsten theologischen Denkerinnen des 20. Jahrhunderts. Am 27. April jährt sich ihr Todestag zum zwanzigsten Mal.

Dorothee Sölle studierte Theologie, Philosophie und Literaturwissenschaft, machte 1954 ihr Staatsexamen und promovierte. Die Mutter von vier Kindern habilitierte sich 1971. Sie arbeitete als Lehrerin zunächst an der Schule, dann im Hochschuldienst. Von 1975 bis 1987 lehrte sie auf einer Professur für systematische Theologie in New York. Erst 1994 erhielt sie die Ehrenprofessur der Universität Hamburg.

Schon im Elternhaus setzte sich Sölle mit Politik auseinander. In einem 1999 aufgenommenen Essay des SWR sagt sie: „Ich verdanke meinen nazikritischen Eltern viel.“ Aber doch, so erzählt sie im Rückblick, fragte sie sich, ob man nicht eine stärkere Verwurzelung benötigte, als sie der postchristliche Humanismus mit Goethe und Thomas Mann bieten könne.

In der Begegnung mit ihrer Lehrerin Marie Veit, die bei Rudolf Bultmann promoviert hatte, erschlossen sich für Sölle neue Horizonte. „Sie brachte mir bei, dass man seinen Verstand nicht an der Kirchentür abgeben musste, um naiv, geistlos und demütig Christin zu werden“. Jesus faszinierte sie. „An die Liebe glauben ist mehr als den himmlischen Knopfdrücker anzubeten.“

Die Auseinandersetzung mit einem scheinbar allmächtigen Gott ist ein Ursprung von Sölles theologischem Denken. „Omnipotenz ist nicht das höchste, was man von Gott sagen kann. Der Allmachtswahn hat in der Geschichte des Christentums vor allem Unglück erzeugt.“ Und dann kommen Sätze, die auch noch heute provozieren: „Dieser Herrschergott ist in der Tat tot.“

Sölle faszinierte der Traum eines anderen Lebens, in dem die Tränen abgewischt werden und die Ängste nicht mehr die Herrschaft über Menschen behalten. Sie liebte die Bibel und hat lange unter der Überschrift „Theologie nach dem Tode Gottes“ mit dem überkommenen Christentum gerungen. Dies war für sie, so erzählt sie rückblickend, der Widerspruch einer jungen Frau, die mit dem Horror der Nazizeit nicht so schnell fertig wurde. Die herrschende Theologie träumte weiter von der Allmacht Gottes. „Hatte denn Gott auch in Auschwitz alles so herrlich regieret?“ Hätte er eingreifen können?

Wie aktuell ihr theologisches Denken ist, zeigt ihre Auseinandersetzung mit militärischer Gewalt. „Mir war klar, wenn Hitler nicht von außen bekämpft worden wäre, hätte er Europa beherrscht und wir säßen nicht hier.“ Sicher wäre jede andere Lösung besser als militärische Gewalt. Aber: „Ich bin keine absolute Pazifistin“. Neu sei heute, dass Krieg immer auch Massenmord an der Zivilbevölkerung bedeute. Das Hauptinteresse, das Kriegsziel sei heute die Zerstörung derer, die sich nicht wehren können. Die Vision von Jesaja, sie werden den Krieg nicht mehr lernen, wäre für Sölle „schon sehr viel“. Und dann kommt in dem 1996 mit Wolfgang Niess geführten Interview der Satz: „Dass Staaten den Krieg für eine Konfliktbewältigung halten, das ist ein männliches Ideal, was wir vielleicht überwinden können.“

In den 1960er Jahren, Sölle arbeitete als Lehrerin, wurde ihr durch die Auseinandersetzung mit der Nazizeit immer deutlicher, dass das politische Bewusstsein zu fördern ist. Zentral hier der Begriff Gerechtigkeit. Eine Gruppe von katholischen und evangelischen Christ:innen fragte sich, welche Konsequenzen der Glaube haben sollte. Daraus entstand das Politische Nachtgebet. Es beruhte auf einer „Politisierung des Gewissens.“ Es wurden Fragen gestellt, die auch heute nichts von ihrer Aktualität verloren haben: „Von wem kaufen wir unsere billigen Bananen? An wem bereichern wir uns? Wie verhält sich unser Reichtum zur Armut der Menschen? Wie verhalten wir uns zur Schöpfung und all ihren Lebewesen?“

Die Entstehung geschah wieder einmal eher durch Zurückweisung. Die kleine Gruppe hatte sich 1968 beim Katholikentag in Essen für eine politische Gebetsliturgie zu aktuellen politischen Fragen beworben. Das Organisationskomitee wollte den Antrag nicht zurückweisen, legte den Termin aber auf eine Zeit nach 23 Uhr – und so kam es zum Nachtgebet. Diese Veranstaltungsform verband die spirituelle Sehnsucht vieler Menschen mit klaren politischen Aussagen. Es kamen, so Sölle, „Menschen, die politisch wach und geistlich frustriert waren.“ Politische Nachtgebete werden bis heute gefeiert, so auch beim kommenden Kirchentag 2023 in Nürnberg.

Apropos Evangelischer Kirchentag: Dort stieß Dorothee Sölle zunächst ebenfalls auf Ablehnung. Aber ihre Freundin Luise Schottroff nahm sie als Co-Referentin mit auf die Bühne. Über zwei Jahrzehnte füllten diese beiden Frauen bei Kirchentagen die großen Hallen. Mit dabei die Frankfurter Band Habakuk um Eugen Eckert. Schottroff und Sölle gaben – auch gemeinsam mit ihren Männern Willy Schottroff (Professor für Altes Testament in Frankfurt) und Fulbert Steffensky (Religionspädagoge in Hamburg) vielfältige Denkanstöße, etwa die materialistische Exegese, die sich auch in zahlreichen gemeinsamen Buchprojekten niederschlug.

Drei Dinge sind nach Sölles Überzeugung für die Zukunft des Glaubens zentral: „Gerechtigkeit, also eine nicht ausschließlich vom Profitinteresse gelenkte Wirtschaft, Frieden, also eine andere Art der Konfliktlösung, und die Bewahrung der Schöpfung.“ Eine Theologie nach der Schoah müsse die Sünde politisieren und die Zuschauenden als Vollstrecker:innen identifizieren. Denn es stelle sich nicht nur die Frage „Was hast Du getan?“, sondern auch: „Was hast Du nicht getan?“

Das Christentum der Zukunft wird für Sölle ökumenisch und feministisch sein und der Mystik mehr Raum geben. Die gelebte Einheit der Christ:innen sei wichtiger als eine Amtskirche, „die hinterher humpelt“. Der Ausschluss von Frauen, so ist sich Sölle sicher, wird zu Ende gehen. Die „Verweiblichung“ der Theologie sei eher eine „Vermenschlichung“ der Theologie.

Insofern war Sölle auch eine Vordenkerin der feministischen Theologie, „die darauf besteht, dass eine Theologie, die nur von der Hälfte der Menschheit formuliert wird, notwendig unzureichend bleibt.“ Bei der mystischen Dimension beruft sich Sölle auf den katholischen Theologen Karl Rahner. Die Seele jeder Religion ist die gelebte und angeeignete Erfahrung Gottes. Leider finde diese Dimension in den Kirchen derzeit wenig Raum. Jede lebendige Religion brauche das spirituelle, lebendige Element. Ohne Mystik sterbe der christliche Glaube.

Sölles theologisches Denken war geprägt von ihrer festen Überzeugung: „In allen Menschen ist etwas von Gott. Das kann man zumüllen, aber man kann es auch wieder aufwecken.“ Da folgte sie ganz der Mystik. Die Mystikerin Mechthild von Magdeburg oder auch Thomas Müntzer waren ihr darin Vorbild.

Die zierliche Frau beeindruckte die Menschen aber auch durch ihre Bescheidenheit. Eugen Eckert von der Band Habakuk erzählt von einer gemeinsamen Reise 1999 nach Kanada, wo Dorothee Sölle und Luise Schottroff bei den dreitägigen Pollock-Lectures an der Atlantic School of Theology in Halifax ihr Veranstaltungsformat vom Kirchentag vorstellten: ein faszinierender Dreiklang aus Exegese, Poesie und Musik. Sölle, die damals noch eine Vortragsreise nach New York anschloss, reiste mit leichtem, sprich Handgepäck.

Eckert erinnert sich auch an einen Sänger:innenwettstreit zu Chorälen des Gesangbuches, den er sich auf langen Autofahrten an der kanadischen Ostküste mit Sölle lieferte. Zu seiner Überraschung kannte Sölle oftmals mehr Strophen auswendig als er selbst. Und auch das Leben konnte Sölle genießen. Einen Zigarillo zu einem guten Wein und lange Gespräche verachtete sie nie. Dabei blieb sie bodenständig, sang im Kirchenchor und spielte selbst hervorragend Klavier.

Fulbert Steffensky beschrieb seine Frau im „Nachwort zu einem Leben“ so: „Sie konnte weder von den Frommen noch von den Politischen, weder von den Konservativen noch von den Aufklärern ganz eingefangen werden. Sie erlaubte sich, die jeweils andere zu sein – den Frommen die Politische, den Politischen die Fromme, den Bischöfen die Kirchenstörerin und den Entkirchlichten die Kirchenliebende.“

Mehr: https://www.dorothee-soelle.de/

Friedrich Karl Barth zum 85. Geburtstag

Der Beitrag basiert auf Reportagen von Georg Magirius

https://www.magirius-aktuell.de/tag/friedrich-karl-barth/

Am 23. Januar 2012 erinnerte ich in einer Andacht in der Frankfurter Heiliggeistkirche an Friedrich Karl Barth, der am 7. Februar 2023 seinen 85. Geburtstag feierte. Seinen 85. kommentierte er im im Hessischen Pfarrblatt „Das Magazin“ in seiner ganz eigenen Weise: „Im Kopfe wach & kritisch, in Füßen polyneuropatisch.“

Heute Morgen will ich an den Texter Friedrich Karl Barth erinnern. Einige von Ihnen kennen ihn noch, da er lange Zeit die Beratungsstelle für Gottesdienste im Haus am weißen Stein geleitet hat. Zahlreiche seiner Lieder haben Eingang in das Kirchengesangbuch gefunden, „Komm bau ein Haus“, „Brich mit den Hungrigen das Brot“, „Wir strecken uns nach Dir“, „Selig seid ihr“ und das wohl meist gesungene Tauflied „Kind, du bist uns anvertraut“.

Komm, bau ein Haus, das uns beschützt,
pflanz einen Baum, der Schatten wirft,
und beschreibe den Himmel, der uns blüht,
und beschreibe den Himmel, der uns blüht.

Ein Kehrvers, Typisch für Friedrich Karl Barth. Heiter, spielerisch und kindlich visionär – so klingt die Glaubenssprache Friedrich Karl Barths. Welch wunderbares Bild entstand  bei Ihnen als wir die zweite Stophe sangen:

Lad viele Kinder ein ins Haus
versammle sie bei unsrem Baum,
lass sie dort fröhlich tanzen,
wo keiner ihre Kreise stört,
lass sie dort lange tanzen,
wo der Himmel blüht.

Ich sehe da vielleicht den Spielplatz einer unserer Krabbelstuben. Ja, dass könnte so ein Ort sein. Ein Ort der Geborgenheit, ein Ort an dem die Kreise der Kinder keiner stört, ein Ort an dem Kinder um einen Baum tanzen, ein Ort wo der Himmel blüht. Ja und hat Friedrich Karl Barth nicht visionär schon 1977, als das Lied entstand, visionär die Konzeption des Mehrgenerationanhauses vorweggenommen: Die Zeilen

Lad viele Alte ein ins Haus
bewirte sie bei unsrem Baum,
lass sie dort frei erzählen,
von Kreisen, die ihr Leben zog,
lass sie dort lang erzählen,
wo der Himmel blüht.

Diese Zeilen sind ja eine Aufforderung zum Miteinander der Generationen. Auch zur Weitergabe des eigenen Glaubens der eigenen Glaubenserfahrung.

Heiter, spielerisch und kindlich visionär – 

Die Lieder sind in Gesangbücher und das Gedächtnis unzähliger Menschen eingegangen. Oft sind sie zuerst auf Kirchentagen gesungen worden, sie sind auf frische Weise klassisch geworden und wirken wie die Kirchentagsbewegung insgesamt: Unbeschwert und festlich. Barths Worte wirken federleicht, können beflügeln und übergehen dennoch nicht die Schattenseiten des Lebens. Ebenfalls 1977 textete er:


„Ich bin verloren
im Augenblick,
einsamer kleiner Vogel
auf einem großen Dach.“

Im Radiointerview erzählt er freimütig:

„Das war kurz vor meinem Schlaganfall, da fühlte ich mich ganz beschissen. Und ich habe dieses beschissene Gefühl in dieses Lied gebracht: Ich bin ein kleiner Vogel, einsam auf dem Dach – der saß so auf einem Dach wie hier eins ist, drüben – so ein kleiner Vogel in einem gewittrigen Nachmittag. Und da habe ich gesagt: Ich will entkommen, wünsch‘ mir große Flügel und einen weiten Tag.“
Und so lauten denn auch die Zeilen weiter:


„Ich wünsch‘ mir große Flügel,
im Augenblick
will ich entkommen,
wie eine schwarze Nacht
fühl‘ ich das ganze Elend,
im Augenblick
bin ich verloren.“

Dem Dunklen und Schweren entkommen – das ist der Impuls, weshalb Friedrich Karl Barth 1958 Theologie zu studieren beginnt. „Die aus dem Krieg kommende Vätergeneration war theologisch sprachlos“, sagt er. Allenfalls Phrasendrusch habe in den Kirchen geherrscht. Nach seinem Studium in Bethel, Tübingen und Marburg wird Barth Vikar in Kassel, dann Pfarrer im hessischen Bad Hersfeld. 1971 schließlich – mit 32 Jahren – wird er Leiter der neu gegründeten Beratungsstelle für Gottesdienste hier in Frankfurt. Eine gute Schule für seine Suche nach einer Glaubenssprache, die Menschen heute erreicht, war vor allem der erste Studienort Bethel. Der Theologiestudent hört nämlich nicht nur Vorlesungen, sondern arbeitet auch in den von Bodelschwinghschen Anstalten, wo geistig Behinderte leben.

„Dann hatten wir die harte Wirklichkeit der Kranken in Bethel. Und am Wochenende musste gepflegt werden. Und später musste ich meinen Freund pflegen beziehungsweise damit fertig werden, dass der eben schwer krank war. Damit bin ich nicht fertig geworden – bis heute nicht. Aber die Fragestellung ist immer geblieben: Wie macht man das mit dem Glauben? Und irgendwann bin ich auf die Sprache gekommen.“

Der Tod des besten Freundes Roderich kurz nach dem Studium hinterlässt in der Seele des angehenden Pfarrers eine tiefe Spur. Sie scheint aber auch zur Brücke zu werden, über die seine Worte anderen nahe kommen. Sie berühren, bewegen – und bringen Menschen in Bewegung, im konkreten Sinn des Wortes. Als Leiter der Beratungsstelle für Gottesdienste war Barth 1973 mit verantwortlich an einem großen Aufbruch des Kirchentags, der damals einen Vortrags-, Papier- und Resolutionencharakter hatte.

Der Düsseldorfer Kirchentag war ein ziemlich kleiner Kirchentag. Es waren noch ganze 7000 Menschen angemeldet. Der Kirchentag  war in der Krise, er stand auf der Kippe. 

Barth konzipiert mit anderen zusammen die Liturgische Nacht, jenen Meilenstein, dessen festlicher Charakter den Kirchentag bis heute prägt. 4000, also mehr als die Hälfte der Dauerteilnehmer, kamen in Düsseldorf zu dem fünfstündigen nächtlichen Fest. Neue Lieder wurden gesungen, es wurde gemalt und getanzt – und es gab ein feierliches Mahl. Die Liturgische Nacht in Düsseldorf war auch der Anfang einer langen Zusammenarbeit des katholischen Musikers Peter Janssens mit dem evangelischen Liederdichter Barth. Sie traten nicht – wie man das heute vielleicht sagen würde – in einen interkonfessionellen Diskurs, nein, es war viel einfacher: Beide verband die Musikalität des Glaubens.

Und diese strahlte auch nach Frankfurt aus. Es war Friedrich Karl Barth der Peter Janssens öfter nach Frankfurt lotste. Nicht nur zum Kirchentag. Nein auch zu einigen Sacro-Pop-Veranstaltungen des Stadtjugendpfarramts in die Peterskirche. Damals in den 70er Jahren keine selbstverständlichen Veranstaltungen in der Kirche. Und noch eines gehört zu Friedrich Karl Barth und dem Kirchentag: Der Papphocker. Er hat ihn erfunden. 1975 kam ihm bei den Vorbereitungen zum Kirchentag und der Suche nach Sitzgelegenheiten die zündende Idee: Bei Bierkästen war die Verletzungsgefahr zu hoch, gefragt war eine leichtere und günstigere Alternative – zum Beispiel aus Pappe. „Meine Sekretärin gab, am eigenen Hintern abgemessen, Maße für Länge, Breite, Höhe an, und ich beschrieb die gewünschte Belastbarkeit“, erinnert sich Barth. Laut Wikipedia sind die Papphocker heute Kultobjekt.

Zurück zum Texter und Theologen Friedrich Karl Barth. Seine Verse klingen manchmal wie eine Litanei, wie Kinderverse oder Abzählreime. Sie sind einfach, ohne banal zu sein – denn immer ist da auch ein Widerhaken, der zum Denken reizt. Sie sind merkwürdig und prägen sich rasch ein. So auch in dem Lied, das wir eingangs sangen:

„Brich mit den Hungrigen dein Brot
Sprich mit den Sprachlosen ein Wort
Sing mit den Traurigen ein Lied,
teil mit dein Einsamen dein Haus.

Such mit den Fertigen ein Ziel,
brich mit den Hungrigen dein Brot,
sprich mit den Sprachlosen ein Wort,
sing mit den Traurigen ein Lied.“

Heute verfolgt der 73-Jährige die Kirchentagsbewegung eher aus der Distanz. Barth geht es nicht darum, dass von ihm einst geprägte Formen bestehen bleiben. Wichtig ist ihm aber das, weshalb er sich damals selber an die Arbeit machte: Eine Sprache, die Menschen heute tröstet und berührt. „Ich galt als bunter Hund, war frech, habe mich vor nichts und niemandem gefürchtet. Das Macht-Gen aber habe ich nie gehabt, bin im Leben nie etwas geworden.“ sagt er rückblickend.

Die Kunst mit wenigen Worten das Wesentliche zu sagen, die Kunst die christliche Botschaft auf den Punkt zu bringen zeigt sich in den Versen Barths. So auch in dem Lied, das wir jetzt anstimmen wollen. Es drückt wie kaum ein anderes das Gefühl der Geborgenheit in Gottes Liebe aus:

1. Wir strecken uns nach dir, in dir wohnt die Lebendigkeit.

Wir trauen uns zur dir, in dir wohnt die Barmherzigkeit.

Wir öffnen uns vor dir, in dir wohnt die Wahrhaftigkeit.

Wir freuen uns an dir, in dir wohnt die Gerechtigkeit.

Wir halten uns bei dir, in dir wohnt die Beständigkeit.

Wir sehnen uns nach dir, in dir wohnt die Vollkommenheit.

Du bist, wie du bist: Schön sind deine Namen.

Schaut auf die Bildschirme!

Manchmal schien auch strahlend die Sonne: Kirchentags-Buchstabe an der Alten Oper. | Foto: Rolf Oeser
Manchmal schien auch strahlend die Sonne: Kirchentags-Buchstabe an der Alten Oper. | Foto: Rolf Oeser

von Kurt-Helmuth Eimuth 16. Mai 2021

„Schaut hin“ hieß das Motto des Ökumenischen Kirchentags. Und wir haben geschaut! TV. Den ganzen Samstag und natürlich auch an den anderen Tagen. Und in der Stadt unterwegs waren wir außerdem.

Der 3. Ökumenische Kirchentag sollte das Stadtbild Frankfurts an diesen Tagen beherrschen. Überall fröhliche Menschen, die in den U-Bahnen singen und an den Straßenecken die Posaunen erklingen lassen. So war die Erwartung. Es kam bekanntermaßen anders.

Man war schon froh, dass man einige Tage zuvor die Fahnen des Kirchentages auf dem Römerberg sah. Und dann die Aktion mit den überdimensionalen Tischen an der Hauptwache. Als wir davor standen, kam ein leichtes Kribbeln auf. Jetzt geht es los, jetzt wird Kirche sichtbar, und bekannte Gesichter sah man auch. Der Kirchentag war nicht nur digital und dezentral, sondern in diesem Moment ganz analog vor Ort.

Und die einzelnen Buchstaben des Mottos „Schaut hin“, verstreut in der City. Genial. Wir fuhren die Orte mit dem Fahrrad ab, machten halt an der Hauptwache, konnten im Gespräch mit einem Pfadfinder einen dieser Schals abstauben und uns sodann, passend gekleidet, zum nächsten Buchstaben aufmachen. Gut, als Frankfurter kennt man all die Orte. Aber so eine Art Kirchentags-Caching macht doch Spaß. Zumal der Weg an der Weseler Werft vorbeiführte. Da wurde schon die Bühne für den Schlussgottesdienst aufgebaut. Das ist der richtige Ort, um Frankfurt in Szene zu setzen.

Der Eröffnungsgottesdient. Schöne Predigt. Aber die Musik!

Das Dach des Parkhauses an der Konstablerwache, dem Ort des Himmelfahrtsgottesdienstes, überzeugte indes nicht. Nur 1 B-Lage. Immer wieder musste die Kamera mühsam die Skyline ins Bild setzen. Die Häuserzeile der Zeil als unvermeidlicher Hintergrund kann da natürlich nicht punkten. Und noch etwas war bei diesem strahlenden Sonnenschein auffällig. Palmen, Sand und gar ein Boot als Kulisse. Mediterranes Flair am Main? In der Tat tobt hier im Sommer eine Beach Party. Okay ein paar wirklich schöne Bilder gab es.

Aber die Musik! Es ist die Musik meiner Generation, also 60 plus, aber vorgetragen in einem – Tempo ist hier der falsche Ausdruck – in einer Beschaulichkeit, die selbst das in die Jahre gekommene Liedgut nicht verdient hat. Einzig die Predigt von Frère Alois, dem Prior der Gemeinschaft von Taizé, ragte heraus. Und er gab gleich die Richtung für das Christ:innentreffen vor: „Auf keinen Fall dürfen wir uns mit dem Skandal unserer Spaltungen abfinden. Unsere Kirchen können noch nicht alle Glaubensschätze miteinander teilen. Aber Christus ist nicht geteilt. Er ist unsere Einheit.“

Die Tücken der Technik

War der in der ARD übertragene Himmelfahrtsgottesdienst so etwas wie die inoffizielle Eröffnung, so wurde am Freitag die offizielle aus der Messe gestreamt. Mit aller Prominenz, etwas Musik und unaufgeregt. Aufregender war allerdings der Umgang mit der Technik. Immer wieder brach die Verbindung ab. Ob die Planer:innen kleingläubig waren und nicht mit so vielen Zugriffen gerechnet hatten?

Kirchentag im Wohnzimmer. | Foto: Kurt-Helmuth Eimuth
Kirchentag im Wohnzimmer. | Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Die technischen Probleme bekamen sie nie in den Griff. Auch schienen die Zugänge zu den Veranstaltungen zu kompliziert. Vor allem, wenn es hakte. Und warum Workshops ausgebucht waren und man somit keinen Zutritt mehr erhielt, blieb ein Geheimnis. Denn passives Zuschauen, also ohne Fragerecht, hätte doch möglich sein können!

Überhaupt die Plattform. Hier muss man sich noch einmal Gedanken machen. Viele haben Youtube ihrem TV-Gerät voreingestellt. Wäre das eine Alternative? So war der Kunstgenuss für das opulente Oratorium Eins, technisch bedingt, gestört. Doch es war sicher ein Höhepunkt und mit 40.000 Menschen im Stadion, wie es sich einer der Texter, Eugen Eckert, gewünscht hatte, wäre es ein nachhaltiges Erlebnis gewesen.

Kässmann, Hirschhausen und Co.: die Bibelarbeiten

Blieben noch die fast hundert Veranstaltungen am Samstag. Voran die Bibelarbeiten. Wie immer lehrreich und unterhaltsam Margot Käßmann in ihrem kurzen Beitrag, wenn auch mediendidaktisch optimierbar. Die Aufnahme von Medienprofi Eckhart von Hirschhausen, hergestellt im eigenen Studio, war hingegen so perfekt wie die lässige Unterhaltung mit Gräfin Fernanda Wolff Metternich, Referentin bei der Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen“, einer Hirschhausen Stiftung. Sie ließen keinen Zweifel, dass die Klimafrage noch bedeutender als die Corona-Pandemie ist. Lehrreich und unterhaltsam. Und da war doch noch was. Wie kriegt er nur die Kurve? Hirschhausen singt gerne und zum Schluss in der Regel mit dem gesamten Publikum. Mir unvergessen, der Gesang eines umgetexteten Beatles-Klassikers in der Dresdner Messehalle. Aber selbst online animiert der Moderator zum Singen. Karaoke zum Ermutigen. Ein Lied, dass an die Schönheit der Welt erinnert. Er lässt den Text und die Musik des Klassikers von Louis Armstrong „What a wonderful world“ als Einladung zum Mitsingen über den Bildschirm flimmern. Da kann man nur mit der letzten Liedzeile ausrufen „Ohh yeah“.

Wunderbar ist die Möglichkeit, viele Bibelarbeiten, die sonst ja parallel stattfinden, in der Mediathek später anzuschauen. Da findet sich das auf den ersten Blick kuriose Dialoggespann zweier Ministerpräsidenten. Bodo Ramelow, Die Linke, seit vielen Jahren Gast auf Kirchentagen und Volker Bouffier, CDU. Doch man erfährt, die beiden kennen und schätzen sich seit ihrer Studentenzeit.

Die Polit-Prominenz auf den Podien

Die Podien waren wie die Talkrunden, die man sonst so kennt. Angela Merkel versteht die Ungeduld der Jugend in Sachen Klima und verweist auf die Spielregeln der Demokratie und des Rechtsstaates. Jede neue Stromtrasse müsse erst durchgeklagt werden. Und ihr Vize Olaf Scholz betont, dass die Kosten der Pandemie bezahlbar sind und die Starken eben etwas mehr schultern müssten. Nett und gut, dass man hierfür nicht eine Stunde Anfahrt hatte, um dann vielleicht doch vor einer überfüllten Halle zu stehen. Hier ist der digitale Kirchentag klar im Vorteil. Und es wundert nicht, dass die Planungen für die weiteren Veranstaltungen eben auch digitale Formate einbeziehen. Da war man sich auf der Abschlusspressekonferenz einig.

Ein Gefühl von Kirchentagsstimmung kam bei der Übertragung des Abschlussgottesdienstes auf. Da übertrug sich die Fröhlichkeit bei schwungvoller Musik auch ins heimische Wohnzimmer. Und Frankfurt präsentierte sich trotz einiger Regentropfen von seiner besten Seite. Wie sagte doch Peter Feldmann zum Abschluss: „Als Frankfurter Oberbürgermeister bin ich stolz, dass wir Gastgeber dieses ganz besonderen Kirchentages sein durften.“ Übrigens war Feldmann an allen Tagen außerordentlich präsent, auch bei der Podiumsdiskussion über Antisemitismus.

Für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier braucht es solche Veranstaltungen. Er setzt auf ihre versöhnende Kraft: „Wir müssen Wunden heilen, die Corona in unserer Gesellschaft geschlagen hat.“ Die zunehmende Entfremdung der Menschen im Blick, fügte er hinzu: „Die Zukunft gewinnen wir nicht im Streit miteinander. Wir müssen Brücken bauen, zwischen Menschen und Gruppen, die die Pandemie verfeindet hat. Wir müssen nicht einer Meinung sein, aber wir brauchen einander.“ Doch eine Botschaft ging unbestritten von Frankfurt aus: Das ökumenische Miteinander ist selbstverständlicher geworden.

Doch es bleibt dabei: Kirchentage sind Orte der Begegnung. Meine Highlights waren deshalb auch analog. Der Besuch der Installation an der Hauptwache und die Buchstabentour durch die City. Da lag der Zauber eines Kirchentages in der Luft. Der 3. ÖKT war ein Kirchentag zum Nachdenken, sozusagen geistliche und geistige Nahrung. Das ist ja keineswegs wenig.

Evangelisches Frankfurt Offenbach

Riesen-Tisch zum Kirchentag

Perspektivenwechsel sind führen gelegentlich weiter. Sie helfen andere zu verstehen, Sie eröffnen neue Sichtachsen, neue Winkel und erweitern so den eigenen Blick. Gemäß dem Motto des 3. Ökumenischen Kirchentages, der am Donnerstag in Frankfurt beginnt, „Schaut hin“ hat die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau und das Bistum Limburg eine Installation von überdimensionierten Tischen und Stühlen an der Hauptwache aufgebaut.

Der Entwurf zu dem Kommunikationsprojekt stammt vom Berliner Grafiker und Designer Philip Wilson. Die blaue Farbe der Installation soll an den Himmel erinnern. Das Kunstwerk mit seinen  vier verschieden großen Tischen und den 13 entsprechend angepassten Stühlen, eröffnet neue Räume. Auf ihnen kann gemäß den Hygienevorschriften auch Platz genommen werden kann. So entstehen immer wieder überraschende Perspektiven, auf denen sich ein überhöhter oder zerklüfteter Tisch oder eine ebene und erreichbare Tafel sehen lässt. Die blaue Installation spielt dabei auch auf die Dimensionen des Himmels an, in dem nach christlichem Verständnis Größenverhältnisse und Hierarchien keine Rolle mehr spielen, so die Initiatoren.

Der Hotel- und Gastronomieverband Hessen. Er will am Dienstag (11. Mai) ab 14 Uhr mit verschiedenfarbigen Tischdecken auf die bedrückende Situation des Gast-Gewerbes in der Corona-Pandemie aufmerksam machen. Die Entwicklungsgenossenschaft Oikocredit hat angekündigt, am Donnerstag (13. Mai) von 9 bis 14 Uhr einen Berg voll Geld auf dem Tisch anzuhäufen. Die katholische Basisinitiative Maria 2.0 will die Tafel am Samstag (15. Mai) von 9 bis 14 Uhr unter anderem mit einer überdimensionalen „Mitra“, einer päpstlichen Kopfbedeckung, schmücken. Aktionen am Tisch finden vom 9 bis 19 Uhr statt. Die Installation ist ganztägig zugänglich.

Text und Fotos: Kurt-Helmuth Eimuth

Kirchentag trotz Corona? Ein Pro und Contra aus der Redaktion

Kirchentage leben vom Gemeinschaftsgefühl, so wie bei diesem Gebet voriges Jahr in Dortmund. Ob das unter Pandemiebedingungen klappt, ist ungewiss. | Foto: Helfen beim Kirchentag/Flickr.com (cc-by-nc-sa)

Gerade in Krisenzeiten seien Begegnung, Dialog und Gemeinschaft wichtig. Deshalb soll der Kirchentag im Mai 2021 in Frankfurt wenn irgend möglich in Präsenz stattfinden. Zumindest ist das der derzeitige Stand der Planungen – aber die Meinungen dazu gehen auseinander.

ps, dachten viele, als die FAZ kürzlich meldete, der Ökumenische Kirchentag in Frankfurt würde abgesagt (das „voraussichtlich“ wurde nachträglich in die Überschrift eingefügt). Sie berief sich dabei auf den Frankfurter Kämmerer und Kirchendezernenten Uwe Becker, der das angedeutet habe. Allerdings widersprach das dem Präsidium des Kirchentags, das erst kurz zuvor bekannt gegeben hatte, weiter an den Planungen für das Großevent, das vom 12. bis 16. Mai 2021 in Frankfurt stattfinden soll, festzuhalten. Tatsächlich kam schon bald eine Klarstellung von der Stadt Frankfurt: Die Absage ist also erstmal wieder abgesagt, es wird doch weiter geplant.

Vieles hängt nun davon ab, ob der Kirchentag ein Hygienekonzept vorlegen kann, das den Verantwortlichen der Stadt tragfähig erscheint. Klar ist schon jetzt, dass es keine Privat- und Gemeinschaftsquartiere geben wird und dass viele Veranstaltungen im Freien und dezentral stattfinden. Und dass statt 100.000 nur maximal 30.000 Leute kommen sollen.

Doch gerade in Zeiten wie diesen, so die Argumentation der Verantwortlichen, brauche es öffentliche Räume für Diskurs und Debatte. Niemand könne zurzeit wissen, was im Mai möglich sein wird und was nicht.


Einerseits: Wie ein ungedeckter Scheck (Kurt-Helmuth Eimuth)

Ich bin ein bekennender Kirchentags-Fan. Und gerade deshalb hätte ich eine Verschiebung um ein Jahr begrüßt. Kirchentag, das ist für mich Begegnung, Gemeinschaft, Disput und einfach ein großes Treffen. Gerne denke ich an einen meiner ersten Kirchentage 1977 zurück, als wir mit zwei Bussen des Stadtjugendpfarramtes nach West-Berlin fuhren. Willkommen in der gastgebenden Gemeinde und mit einem ersten Auftritt der Band Habakuk. Auch an unsere Gastgeber des Privatquartiers 1985 in Düsseldorf erinnere ich mich gerne. Unvergessenen sind mir die überfüllten Bibelarbeiten von Luise Schottroff und Dorothee Sölle.

Wenn Kirchentag ist, dann summt und brummt eine Stadt. So wie beim letzten Frankfurter Kirchentag im Jahr 2001, als wir den Gästen mit einer umgespritzten Oldtimer-Straßenbahn, dem Kirchentagsexpress, zwischen Messegelände und Zoo eine Stadtführung per Tram boten. All das wird bei einem Kirchentag unter Pandemie-Bedingungen unmöglich sein. Man kann zwar mit 500 Personen in einer riesigen Messehalle sitzen, aber Stimmung kommt da nicht auf. Ein Kirchentag unter Pandemie-Bedingungen wäre kalt und ohne Herz.

Zudem hätte ich auch gesundheitliche Bedenken. Zwar sind Gruppenungerbringungen in Schulen jetzt offenbar nicht mehr geplant. Aber auch Veranstaltungen im Stundentakt in Kirchen dürften wegen der schlechten Lüftbarkeit vieler Gotteshäuser problematisch sein.

Warum nicht verschieben? Was Olympia kann, sollte doch für uns auch möglich sein. Die Planung für Mai 2021 zeugt zwar von Hoffnung und Zuversicht, kommt mir aber vor wie ein ungedeckter Scheck.


Andererseits: Wer, wenn nicht wir? (Antje Schrupp)

Zugegeben: Das Vorhaben ist waghalsig. Gut möglich, dass am Ende doch noch alles abgesagt werden muss. Trotzdem finde ich es gut, dass die Veranstalter des Ökumenischen Kirchentags nicht jetzt schon die Flinte ins Korn werfen. Natürlich ist es blöd, dass wir es in Europa nicht geschafft haben, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, so wie Ostasien, Australien oder Neuseeland. Aber wir können nun auch nicht dauerhaft in Schockstarre verfallen. Wir müssen mit der Situation, so wie sie nun einmal ist, leben.

Im Mai wird das Corona-Virus bereits über ein Jahr zirkulieren. Vielleicht gibt es bis dahin eine Impfung, vielleicht auch nicht. Die Entwicklung lässt sich schlicht nicht vorhersagen. Aber ob wir wollen oder nicht, faktisch wird dann eine Art „neue Normalität“ entstanden sein, mit der wir zurechtkommen müssen. Man kann gesellschaftliche Groß-Events zwar über einige Monate, aber nicht über Jahre ausfallen lassen. Ob mit oder ohne Kirchentag werden nächstes Jahr wieder publikumsstarke Veranstaltungen durchgeführt, es wird Parteitage, Sportevents, Messen und dergleichen geben.

Daher finde ich es nicht so schlecht, wenn der Ökumenische Kirchentag diesbezüglich Maßstäbe setzten kann: Dem typischen Kirchentagspublikum traue ich es nämlich noch am ehesten zu, auch zu Zehntausenden vernünftig, besonnen, mit Abstand, Maske, Lüften und Händewaschen ein solches Event durchzuziehen. Der Kirchentag könnte in Punkto Corona-kompatible Großveranstaltungen ein Vorbild werden, an dem sich dann andere messen lassen müssen.

Friedrich Karl Barth

Texter und Erfinder des Papphockers

Andacht, Friedrich Karl Barth 23.01.2012

Lied: EG 420, Brich mit den Hungrigen dein…

Votum:

Im Namen Gottes kommen wir zusammen.

Gott nimmt uns an, wie wir sind.

Jesus gibt unserem Leben Richtung und Sinn.

Gottes Geist ruft uns auf den richtigen Weg.

Herzlich willkommen allen, die sich haben rufen lassen.

Nehmen wir uns Zeit

für uns, für Gott, miteinander.

Amen

Psalm 98, Nr. 739

Lied: 589 Komm bau ein Haus

Ansprache:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Im Vorfeld des 500. Reformationsjubiläums 2017 hat die Evangelische Kirche in Deutschland für dieses Jahr den Schwerpunkt „Reformation und Musik“ ausgerufen. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau hat dieses Jahr zum Jahr der Kirchenmusik erklärt. Luther selbst liebte Musik. In seiner drastischen Sprache benannte er 5 Gründe:

„Ich liebe Musik und es gefallen mir die Schwärmer nicht, die sie verdammen. Weil sie erstens ein Geschenk Gottes und nicht der Menschen ist, zweitens weil sie die Menschen fröhlich macht, drittens weil sie den Teufel verjagt, viertens weil sie unschuldige Freude weckt. Darüber vergehen die Zornanwandlungen, die Begierden, der Hochmut. Ich gebe der Musik den ersten Platz nach der Theologie. Das ergibt sich aus dem Beispiel Davids und aller Propheten, weil sie all das ihre in Metren und Gesängen überliefert haben. Fünftens weil sie in der Zeit des Friedens herrscht.“

Für viele ist es Orgelmusik wie die von Johann Sebastian Bach, für andere ist es die Posaunenbewegung, die auf Evangelischen Kirchentagen hörbar ist und in ihrer massenhaften Form erstmals vom sogenannten Posaunengeneral Johannes Kuhlo vor dem deutschen Kaiser dirigiert wurde. Auch geistliche Chormusik lockt in die Kirche, für viele der einzige Grund, sagen sie. Das hören Theologen natürlich nicht gern, sodass es gewiss auch in Zukunft nicht an den oft legendären Zerwürfnissen zwischen Pfarrern und Kantoren fehlen wird. Die weltweit gesungenen Lieder von Johann Crüger und Paul Gerhardt zeigen, dass der Glaube klangvoll wird, wenn die Musik nicht als Instrument zur Vermittlung theologischer Wahrheitssätze degradiert wird.

Ausgangspunkt einer reformatorisch inspirierten Musikalität des Glaubens ist die Bibel: Das Hören auf die biblische Sprache kann den Glauben immer wieder neu zum Klingen bringen. Luther, der Dirigent der Reformation, erfand eine neue Liedgattung, die ihm der Blick auf das Alte, die biblischen Psalmen, bescherte.

Heute Morgen will ich an den Texter Friedrich Karl Barth erinnern. Einige von Ihnen kennen ihn noch, da er lange Zeit die Beratungsstelle für Gottesdienste im Haus am weißen Stein geleitet hat. Zahlreiche seiner Lieder haben Eingang in das Kirchengesangbuch gefunden, „Komm bau ein Haus“, „Brich mit den Hungrigen das Brot“, „Wir strecken uns nach Dir“, „Selig seid ihr“ und das wohl meist gesungene Tauflied „Kind, du bist uns anvertraut“.

Komm, bau ein Haus, das uns beschützt,
pflanz einen Baum, der Schatten wirft,
und beschreibe den Himmel, der uns blüht,
und beschreibe den Himmel, der uns blüht.


Ein Kehrvers, Typisch für Friedrich Karl Barth. Heiter, spielerisch und kindlich visionär – so klingt die Glaubenssprache Friedrich Karl Barths. Welch wunderbares Bild entstand bei Ihnen als wir die zweite Stophe sangen:

Lad viele Kinder ein ins Haus
versammle sie bei unsrem Baum,
lass sie dort fröhlich tanzen,
wo keiner ihre Kreise stört,
lass sie dort lange tanzen,
wo der Himmel blüht.

Ich sehe da vielleicht den Spielplatz einer unserer Krabbelstuben. Ja, dass könnte so ein Ort sein. Ein Ort der Geborgenheit, ein Ort an dem die Kreise der Kinder keiner stört, ein Ort an dem Kinder um einen Baum tanzen, ein Ort wo der Himmel blüht. Ja und hat Friedrich Karl Barth nicht visionär schon 1977, als das Lied entstand, visionär die Konzeption des Mehrgenerationanhauses vorweggenommen: Die Zeilen

Lad viele Alte ein ins Haus
bewirte sie bei unsrem Baum,
lass sie dort frei erzählen,
von Kreisen, die ihr Leben zog,
lass sie dort lang erzählen,
wo der Himmel blüht.

Diese Zeilen sind ja eine Aufforderung zum Miteinander der Generationen. Auch zur Weitergabe des eigenen Glaubens der eigenen Glaubenserfahrung.

Heiter, spielerisch und kindlich visionär –

Die Lieder sind in Gesangbücher und das Gedächtnis unzähliger Menschen eingegangen. Oft sind sie zuerst auf Kirchentagen gesungen worden, sie sind auf frische Weise klassisch geworden und wirken wie die Kirchentagsbewegung insgesamt: Unbeschwert und festlich. Barths Worte wirken federleicht, können beflügeln und übergehen dennoch nicht die Schattenseiten des Lebens. Ebenfalls 1977 textete er:


„Ich bin verloren
im Augenblick,
einsamer kleiner Vogel
auf einem großen Dach.“

Im Radiointerview erzählt er freimütig:

„Das war kurz vor meinem Schlaganfall, da fühlte ich mich ganz beschissen. Und ich habe dieses beschissene Gefühl in dieses Lied gebracht: Ich bin ein kleiner Vogel, einsam auf dem Dach – der saß so auf einem Dach wie hier eins ist, drüben – so ein kleiner Vogel in einem gewittrigen Nachmittag. Und da habe ich gesagt: Ich will entkommen, wünsch‘ mir große Flügel und einen weiten Tag.“
Und so lauten denn auch die Zeilen weiter:


„Ich wünsch‘ mir große Flügel,
im Augenblick
will ich entkommen,
wie eine schwarze Nacht
fühl‘ ich das ganze Elend,
im Augenblick
bin ich verloren.“

Dem Dunklen und Schweren entkommen – das ist der Impuls, weshalb Friedrich Karl Barth 1958 Theologie zu studieren beginnt. „Die aus dem Krieg kommende Vätergeneration war theologisch sprachlos“, sagt er. Allenfalls Phrasendrusch habe in den Kirchen geherrscht. Nach seinem Studium in Bethel, Tübingen und Marburg wird Barth Vikar in Kassel, dann Pfarrer im hessischen Bad Hersfeld. 1971 schließlich – mit 32 Jahren – wird er Leiter der neu gegründeten Beratungsstelle für Gottesdienste hier in Frankfurt. Eine gute Schule für seine Suche nach einer Glaubenssprache, die Menschen heute erreicht, war vor allem der erste Studienort Bethel. Der Theologiestudent hört nämlich nicht nur Vorlesungen, sondern arbeitet auch in den von Bodelschwinghschen Anstalten, wo geistig Behinderte leben.

„Dann hatten wir die harte Wirklichkeit der Kranken in Bethel. Und am Wochenende musste gepflegt werden. Und später musste ich meinen Freund pflegen beziehungsweise damit fertig werden, dass der eben schwer krank war. Damit bin ich nicht fertig geworden – bis heute nicht. Aber die Fragestellung ist immer geblieben: Wie macht man das mit dem Glauben? Und irgendwann bin ich auf die Sprache gekommen.“

Der Tod des besten Freundes Roderich kurz nach dem Studium hinterlässt in der Seele des angehenden Pfarrers eine tiefe Spur. Sie scheint aber auch zur Brücke zu werden, über die seine Worte anderen nahe kommen. Sie berühren, bewegen – und bringen Menschen in Bewegung, im konkreten Sinn des Wortes. Als Leiter der Beratungsstelle für Gottesdienste war Barth 1973 mit verantwortlich an einem großen Aufbruch des Kirchentags, der damals einen Vortrags-, Papier- und Resolutionencharakter hatte.

Der Düsseldorfer Kirchentag war ein ziemlich kleiner Kirchentag. Es waren noch ganze 7000 Menschen angemeldet. Der Kirchentag war in der Krise, er stand auf der Kippe.

Barth konzipiert mit anderen zusammen die Liturgische Nacht, jenen Meilenstein, dessen festlicher Charakter den Kirchentag bis heute prägt. 4000, also mehr als die Hälfte der Dauerteilnehmer, kamen in Düsseldorf zu dem fünfstündigen nächtlichen Fest. Neue Lieder wurden gesungen, es wurde gemalt und getanzt – und es gab ein feierliches Mahl. Die Liturgische Nacht in Düsseldorf war auch der Anfang einer langen Zusammenarbeit des katholischen Musikers Peter Janssens mit dem evangelischen Liederdichter Barth. Sie traten nicht – wie man das heute vielleicht sagen würde – in einen interkonfessionellen Diskurs, nein, es war viel einfacher: Beide verband die Musikalität des Glaubens.

Und diese strahlte auch nach Frankfurt aus. Es war Friedrich Karl Barth der Peter Janssens öfter nach Frankfurt lotste. Nicht nur zum Kirchentag. Nein auch zu einigen Sacro-Pop-Veranstaltungen des Stadtjugendpfarramts in die Peterskirche. Damals in den 70er Jahren keine selbstverständlichen Veranstaltungen in der Kirche. Und noch eines gehört zu Friedrich Karl Barth und dem Kirchentag: Der Papphocker. Er hat ihn erfunden. 1975 kam ihm bei den Vorbereitungen zum Kirchentag und der Suche nach Sitzgelegenheiten die zündende Idee: Bei Bierkästen war die Verletzungsgefahr zu hoch, gefragt war eine leichtere und günstigere Alternative – zum Beispiel aus Pappe. „Meine Sekretärin gab, am eigenen Hintern abgemessen, Maße für Länge, Breite, Höhe an, und ich beschrieb die gewünschte Belastbarkeit“, erinnert sich Barth. Laut Wikipedia sind die Papphocker heute Kultobjekt.

Zurück zum Texter und Theologen Friedrich Karl Barth. Seine Verse klingen manchmal wie eine Litanei, wie Kinderverse oder Abzählreime. Sie sind einfach, ohne banal zu sein – denn immer ist da auch ein Widerhaken, der zum Denken reizt. Sie sind merkwürdig und prägen sich rasch ein. So auch in dem Lied, das wir eingangs sangen:

„Brich mit den Hungrigen dein Brot
Sprich mit den Sprachlosen ein Wort
Sing mit den Traurigen ein Lied,
teil mit dein Einsamen dein Haus.

Such mit den Fertigen ein Ziel,
brich mit den Hungrigen dein Brot,
sprich mit den Sprachlosen ein Wort,
sing mit den Traurigen ein Lied.“

Heute verfolgt der 73-Jährige die Kirchentagsbewegung eher aus der Distanz. Barth geht es nicht darum, dass von ihm einst geprägte Formen bestehen bleiben. Wichtig ist ihm aber das, weshalb er sich damals selber an die Arbeit machte: Eine Sprache, die Menschen heute tröstet und berührt. „Ich galt als bunter Hund, war frech, habe mich vor nichts und niemandem gefürchtet. Das Macht-Gen aber habe ich nie gehabt, bin im Leben nie etwas geworden.“ sagt er rückblickend.

Die Kunst mit wenigen Worten das Wesentliche zu sagen, die Kunst die christliche Botschaft auf den Punkt zu bringen zeigt sich in den Versen Barths. So auch in dem Lied, das wir jetzt anstimmen wollen. Es drückt wie kaum ein anderes das Gefühl der Geborgenheit in Gottes Liebe aus:

1. Wir strecken uns nach dir, in dir wohnt die Lebendigkeit.

Wir trauen uns zur dir, in dir wohnt die Barmherzigkeit.

Wir öffnen uns vor dir, in dir wohnt die Wahrhaftigkeit.

Wir freuen uns an dir, in dir wohnt die Gerechtigkeit.

Wir halten uns bei dir, in dir wohnt die Beständigkeit.

Wir sehnen uns nach dir, in dir wohnt die Vollkommenheit.

Du bist, wie du bist: Schön sind deine Namen.

Halleluja. Amen.

Lied: EG: 625 Wir strecken uns nach dir

Mitteilungen:

Geburtstage

Gebet:

Gott, du Licht der Welt

lass deinen Stern auch in unserem Leben aufgehen, damit wir erfahren, dass unsere Suche keine Irrfahrt ist,

sondern ein Heimweg zu dir.

Zeige uns auch in diesem neuen Jahr,

wo wir dich finden können,

wo du uns nahe kommst.

Lass dein Licht in unser Leben scheinen,

damit wir uns selbst annehmen können,

so wie wir sind

und dann auch unsere Mitmenschen.

So bitten wir dich auch für das, was uns am Herzen liegt:

für das, was uns in diesen Tagen beschäftigt hat,

für die Menschen, die uns nahe stehen

und auch für die, mit denen wir es nicht leicht haben.

Gott, hilf uns, dich in unseren Schwestern und Brüdern wiederzuerkennen.

Lass uns achtgeben auf Menschen, die unsere Hilfe brauchen.

Wir bitten dich für diejenigen, die Dunkelheit in ihrem Leben erfahren,

für die Einsamen und Kranken,

für die Enttäuschten und Verbitterten,

für alle, die sich selbst im Wege stehen

und ihre Hoffnungen begraben haben:

schenke ihnen neue Zuversicht.

Gott, dein Licht will sich ausbreiten.

Lass es auch unter uns hell werden.

Und was uns noch bewegt, bringen wir vor dich mit den Worten, die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden

unseres Gottes:

Der Herr segne dich und behüte dich,

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und

gebe dir Frieden. Amen.

Lied: EG: 599 Selig seid ihr

Peterskirche

Ökumene

Peterskirche, 10. Mai 2010

Kurt-Helmuth Eimuth

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir haben uns hier zusammengefunden in der Kapelle der Jugendkulturkirche Sankt Peter. Die letzte Woche hat einschneidende Veränderung gebracht. Der Umzug vom Dominikanerkloster in einen Verwaltungsbau in die Bleichstraße liegt hinter uns. Wenn es auch nur auf Zeit ist, so ist es doch ein Abschied. Wir alle hoffen, dass der Umbau schön wird und wir das umgebaute Kloster wieder in Besitz nehmen können.

Nun sind wir hier im Turm der Peterskirche. Biografisch bin ich mit dieser Gemeinde und ihrer Kirche vielfältig verwoben. In dieser Gemeinde wurde ich vor gut einem halben Jahrhundert getauft. Nein, nicht hier in der Kirche, sondern oben an der Eckenheimer landstraße im Saal der heutigen Gethsemanekirche. Denn die Peterskirche wurde erst als letzte der Dotationskirchen 1965 wieder aufgebaut. Später wurde dann unsere Tochter hier getauft und konfirmiert und ich engagierte mich im Kirchenvorstand.

Gebaut wurde Sankt Peter als Kapelle vor den Toren der Stadt, damit die die auf dem Felde vor den Stadttoren arbeiteten einen kurzen Weg hatten, denn im Mittelalter begann der Tag und endete der Tag in der Kirche. Datiert wird der Bau der ersten Peterskapelle an der Schäfergasse also dort wo heute die e-Kinos sind, auf das Jahr 1331. Stifter war wohl ein Peter Apotheker, der eben die Kirche nach seinem Namenspatron Petrus benannte. Die erste Peterskirche wurde nach dem Zerfall der Kapelle im Jahre 1417 an gleicher Stelle, etwa auf der Höhe des Schulhofes der Liebfrauenschule, im Jahre 1417 errichtet. Sie war katholisch, denn die Reformation war noch in weiter Ferne und dem Erzbischof von Mainz zugeordnet. Erst 1531 erreichte die Reformation auch die Petersgemeinde. 480 Jahre diente die alte Peterskirche der christlichen Gemeinde bis sie zerfiel. Die Bürger beschwerten sich. Von Fäulnis, Gestank, Schmutz und Brüchigkeit war die Rede. Die alte Peterskirche wurde abgerissen und an anderer Stelle, auf dem Peterskirchhof, dem heutigen Standort, 1895 wieder aufgebaut. Es war eine große und prächtige Kirche mit bis zu 1200 Sitzplätzen. Damit war die Peterskirche das größte evangelische Gotteshaus. Am 20. März 1944 brannte sie in den Bombennächten aus.

1965 wurde die wiederaufgebaute Kirche der Gemeinde übergeben. Sie wurde in die vorhandenen Grundmauern gebaut, jedoch radikal verändert. Die Achse des Innenraums wurde um 90 Grad gedreht, damit die Bänke im Halbkreis angeordnet werden konnten. Denn die neue Peterskirche sollte eine Predigtkirche sein. 2007 erfolgt mit dem Umbau zur Jugendkulturkirche wieder eine radikale Änderung. Und die Gemeinde nutzt die beiden anderen Kirchen im Nordend. Übrigens keine so neue Idee: Bereits um 1890 diskutierte man, ob die Peterskirche nicht besser in den neu entstehenden Stadtteil an die Eckenheimer Landstraße zu bauen wäre.

Über all die Jahrhunderte war die Kirche ein Ort an dem die Menschen ihre Sorgen aussprechen aber hoffentlich auch wieder Hoffnung schöpfen konnten.

„Damit ihr Hoffnung habt.“ Dieser Satz aus dem 1. Petrusbrief ist die Losung für den 2. Ökumenischen Kirchentag, der am Mittwoch in München eröffnet werden wird.

In einer Zeit, die von einer Vertrauenskrise geprägt ist –wirtschaftlich, politisch und sozial, bei uns und in der Welt ist dieser Satz ein starker Kontrapunkt.

„Wir wissen, dass wir dieses Zeugnis nur dann glaubwürdig geben können, wenn wir auf der Suche nach der sichtbaren Einheit aller Christinnen und Christen bleiben“, heißt es in der Einladung nach München. Der erste Ökumenische Kirchentag in Berlin 2003 war hierzu ein wichtiger Schritt. „Weil das Gemeinsame stärker wiegt

als das Trennende, verstehen wir den 2. Ökumenischen Kirchentag als Baustelle der Ökumene. Wir wissen uns verbunden mit der weltweiten ökumenischen Bewegung. Die christliche Einheit ist Gottes Gabe und unsere Aufgabe.“, so der Text weiter

Christsein heute heißt: Ökumene vorantreiben

Die ökumenische Landschaft in Deutschland hat sich seit 2003 verändert. Vieles, was in Berlin geschehen ist, hat zu neuen Entdeckungen der ökumenischen Vielfalt geführt, zu gegenseitiger Annäherung beigetragen und Abgrenzungen überwunden. Anderes hat Spannungen hervorgerufen und gezeigt, dass es des offenen theologischen Gespräches weiterhin bedarf. Doch der Weg auf die sichtbare Einheit der Kirche hin ist unumkehrbar eingeschlagen.

So soll auch der 2. Ökumenische Kirchentag einen Raum schaffen, in dem sich Christinnen und Christen aus den vielfältigen Traditionen der Ökumene begegnen und die Kenntnis voneinander vertiefen können.

Die Charta Oecumenica, auf dem 1. Ökumenischen Kirchentag von den Kirchen katholischer, evangelischer, freikirchlicher, orthodoxer und anglikanischer Tradition feierlich unterzeichnet, bleibt dabei Grundlage und Verpflichtung. Was bereits an gemeinsamen Gottesdiensten und liturgischen Feiern möglich ist, soll auch in München zum Ausdruck kommen, ohne dabei die ökumenischen Partner zu

vereinnahmen oder auszugrenzen.

Christsein heißt: die Vielfalt achten

Der 2. Ökumenische Kirchentag fragt, was Christsein in der Welt und für die Welt heute bedeutet. Christinnen und Christen stehen vor neuen Herausforderungen: Die deutsche Gesellschaft ist religiös pluraler geworden. Prozesse der Säkularisierung und ein neues Interesse an den Religionen überlagern sich. Zwei Drittel der Bevölkerung verstehen sich als Christen, doch verflüchtigen sich Selbstverständlichkeiten einer christlich geprägten Gesellschaft. Wir Christinnen und Christen sind aufgefordert, uns den Herausforderungen des Pluralismus zu stellen und seine Chancen zu nutzen. Die wachsende religiöse Vielfalt erlaubt, Profil durch die Klarheit im Glauben und durch Wahrhaftigkeit in unserem Handeln zu gewinnen.

Wichtige Voraussetzung ist die vorbehaltlose Begegnung und das offene Gespräch mit anderen Religionen, Weltanschauungen und Kulturen. „Wir wollen miteinander reden, lernen, streiten – über Gottesbilder und Glaubensvollzüge, über unsere Berufung in der Welt und über die Grundlagen des Zusammenlebens in

Freiheit, Mitmenschlichkeit und Solidarität. Je vielfältiger unsere Gesellschaft ist, umso dringlicher wird es, dass alle Religionen und Weltanschauungen zu den kulturellen Voraussetzungen beitragen, auf denen die freiheitliche Demokratie beruht. Einen solchen Beitrag will der 2. Ökumenische Kirchentag leisten.

I

Christsein heißt: Verantwortung übernehmen

Die moderne Gesellschaft braucht Maßstäbe, die Orientierung für das individuelle wie für das kollektive Handeln bieten. In die Auseinandersetzung um solche Maßstäbe gilt es, das christliche Erbe einzubringen.

Aus der gemeinsamen Verpflichtung, Zeugnis von der bedingungslosen Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes und von der Gottesebenbildlichkeit eines jeden Menschen zu geben, setzen wir uns ein für die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Wo wir sie uneingeschränkt achten und schützen, wird freies und

selbst verantwortetes Handeln möglich. Armut und Benachteiligung begrenzen die persönliche Entfaltung und die Teilhabe am sozialen Leben in besonderer Weise. Deshalb wird der Ruf nach Gerechtigkeit – regional, national wie global – ein Schwerpunkt des 2. Ökumenischen Kirchentages sein.

In Teilen unserer Gesellschaft herrscht Unfrieden, in vielen Regionen unserer Welt ist Krieg. In der Nachfolge des Friedensstifters Jesus Christus treten wir für jene ein, die unter Gewalt leiden. Wir engagieren uns für Frieden, für Menschenrechte und Gerechtigkeit in der globalen Welt. Auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag bekennen wir uns öffentlich zu dieser, die ganze Christenheit einenden Verpflichtung.

„Damit ihr Hoffnung habt“, ein wirklich hoher Anspruch der Initiatoren des Ökumenischen Kirchentages.

Christen und Christinnen hatten zu allen Zeiten die Vision von einer besseren Welt.

„Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen“ Diese Vision aus der Offenbarung hat der Maler Charles Crodel zur Vorlage seines Fensters an der Nordseite, heute überd er Bühne, gemacht. Das himmlische Jeruasalem ist eine Vision des Glaubens. Sie weist in ein neues Leben, weit über den Tod hinaus. Sie lebt von der Gewissheit der ewigen Gemeinschaft Gottes mit den Menschen. Dass ist die Verheißung, die über Abschied und Trauer hinweg Hoffnung und Gwißheit schenkt.

Charles Crodel, der nicht nur die Fenster hier in der Peterskirche sondern auch die der jakobskirche, der Katharinenkirche und der Dreikönigskirche gestaltete, hat das künftge Jerusalem inmitten eines Blaus gefasst. „Die Gassen der Stadt waren lauteres Gold wie durchscheindendes Glas…Die Stadt bedarf keiner Sonne noch des Mondes, dass sie ihr scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie.“ Der ehemalige Pfarrer der Katharinenkirche Joachim Proescholdt schwärmt geradezu von diesem Fenster wenn er feststellt: In dem großartigen visionären Bild kommt Crodel der Malkunst eines Paul Klee nah und übertrifft ihn gar. In diese Glasmalerei kann sich der Betrachter hineindenken und hineinglauben. Er erkennt das himmlische Jerusalem mit seinen zwölf perlengeschmückten Toren und Mauern.

Sicher haben Sie Gelegenheit sich dieses und die anderen Fenster Crodels einmal anzuschauen.

Damit ihr Hoffnung habt. Dieser Satz aus dem Petrusbrief war für die Menschen in biblischer Zeit sehr konkret. „Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein;“

Wir alle brauchen diese Hoffnung, die uns Gott zusagt.

Mensch wo bist du?

Andacht, Kirchentagsmotto:

Mensch wo bist du?

18. 5. 2009

Orgel

Lied: EG 455 (Solo)

Votum:

Im Namen Gottes kommen wir zusammen

Gottes Hauch weckt uns zum Leben.

Jesus Christus hat unserem Leben die Richtung gegeben. In Gottes Geist wächst unser Mut, als Gottes Ebenbilder zu leben.

Amen.

Psalm: 8 Nr. 705

Lied: Ich habe dich geschaffen

Ansprache:

Wir hörten eben ein Lied zum Motto des 32. Deutschen Evangelischen Kirchentages, der am Mittwoch in Bremen eröffnet wird. Mensch, wo bist Du? Der Kirchentag ist ein Fest des Glaubens und zugleich eine Plattform für kritische Debatten zu brennenden Themen unserer Zeit. Gottesdienste und Diskussionen, Nachdenken, Singen und Beten gehören hier zusammen. 2500 Veranstaltungen sind geplant. Unter dem Motto Mensch, wo bist Du? werden sich im Norden unserer Republik 300.000 Christinnen und Christen treffen, um zu diskutieren, nachzudenken und zu feiern. Das Lied „Ich habe dich geschaffen“ hat Eugen Eckert getextet und es hat Eingang in das Kirchentagsliederheft gefunden.

Das Lied nimmt das Motto des Kirchentages auf. Mensch, wo bist Du?

So fragt Gott Adam und Eva, als diese sich vor ihm verstecken. Im Paradies. Nachdem sie die verbotene Frucht gekostet haben.

Die Urgeschichte der Bibel stellt die Grundfragen des menschlichen Seins: Woher kommt der Mensch? Was ist seine Bestimmung? Wo ist der Platz des Menschen in der Schöpfung? Woher kommt die Freiheit? Warum gibt es das Böse?

In den Schöpfungsberichten der Bibel ist der Mensch geschaffen nach dem Bild Gottes. Der Mensch ist gottähnlich. Menschen verfügen über geistige Fähigkeiten. Sie wirken mit an Gottes Schöpfung, geben den Tieren Namen, sollen das Leben pflegen und bewahren.

Wenig niedriger als Gott. So sieht die Bibel den Menschen. Aber kann der Mensch der Versuchung widerstehen, Gott gleich zu werden? Gegen Gottes Verbot essen Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis. Sie erkennen ihre Sterblichkeit und es beginnt die Geschichte der Freiheit. Menschen sind in der Lage, sich frei zu entscheiden, für oder gegen Gott, für oder gegen das Gute. Freiheit und Verantwortung gehören zusammen.

„Ich habe dich geschaffen nach meinem Bild und Plan ich gab dir einen Garten und gut fing alles an. Dann wolltest du entscheiden, was gut und böse ist.“ textet Eugen Eckart. Der Mensch wollte seine Freiheit, wollte scheinbar mehr, als das, was er, so die Erzählung, im Paradies hatte. Im Lied heißt es in der 2. Strophe: Du ließ’t dich verführen von Machtanspruch und List.“

Die vorgebliche Macht, die Menschen haben möchten, ist sicher auch heute ein maßgeblicher Grund für unethisches Handeln. Die einen wollen einfach nur bestimmen wo es lang geht, die anderen wollen ihre Macht nutzen, um einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Und die, die ihre List einsetzen nennt man dann besonders clever.

In der dritten Strophe erinnert der Texter an die Schönheit und Vollkommenheit der Schöpfung Gottes. „Ich habe dich geschaffen und deinen Lebensraum, von meinem Atem schöpfen die Tiere, Strauch und Baum. Ich freue mich an Vielfalt, was du seit jeher vergisst.“ Die Schönheit und Vielfalt göttlicher Schöpfung gilt es zu bewahren. Eine Welt, die dieses beherzigt muss anders aussehen.

Doch trotz aller Schuld, die wir Menschen im Umgang mit Gottes Schöpfung auf uns laden, bleibt der Trost, dass Gott bei uns ist und bleibt. Es ist Gott nicht egal, wohin die Erde brandet, heißt es in dem Lied. „Missachte nicht die Zeichen kehr um. Noch bleibt dir Frist! Mahnt uns der Liedtext und und mahnt im Refrain, dass es Gott ist, der fragt: Mensch wo bist du?

Das Kirchentagsmotto fordert uns auf. Gehen wir hin: sagen wir: Hier bin ich. Dafür machen wir Kirche, dafür arbeiten wir. Sagen wir: es ist uns egal, was die anderen denken: wir fangen an. Wir fangen an mit dem anderen, dem guten Leben: für uns, für die, die am Rande der Gesellschaft stehen, für die, die an Ungerechtigkeit leiden, für die, die am anderen Ende der Welt leben, für die, die nach uns kommen. Gehen wir los!

Das Gute ist: wir sind selbst verantwortlich – aber wir sind nicht allein und das wissen wir. Wir sind unvollkommen, wir wissen darum und möchten diese Blöße allzu gern mit einem Schurz aus Feigenblättern verdecken. Aber auch Klage, Anklage und Schwäche gehören dazu. Es ist auch einmal die Rückfrage erlaubt: Gott, wo bist du denn? ER ist bei uns und der, an den wir glauben, wartet. ER geht den Weg mit uns. Und wenn er zu schwer, zu steinig, zu glitschig wird, dann wissen wir: trägt ER uns auch.

Zum ersten Mal ist die Losung eines Kirchentags eine Frage. Und das ausgerechnet in einer Zeit, wo wir schon sowieso mehr Fragen haben als Antworten.  Mensch, wo bist du? Es ist aber eben auch eine Bitte, ein Ruf; Mensch, sei da! Du kannst das. Fang an. Jetzt gleich.

Wir hören nochmals das Lied Ich habe dich geschaffen, gesungen von Julia Rother, begleitet von Frank Hoffmann.

Lied: Ich habe dich geschaffen

Mitteilungen:

Gebet:

Gott, schenke uns gesundes, behütetes Leben gib gute Zeit und Tage mit klaren Zielen.

Wir bitten dich darum für uns und alle, die du uns zu unseren Nächsten gemacht hast.

Wir bitten dich um Augen,

die hellsichtig sind für Zeichen der Not,

für Winke zum Helfen;

um offene Ohren,

die uns auch die halblauten Bitten anderer hören lassen.

Wir bitten dich um Fingerspitzengefühl

im Umgang mit schwierigen Menschen;

um ein gutes Gedächtnis für die Sorgen,

die jemand uns anvertraut hat,

und für die Dinge, die wir zu tun versprochen haben.

Wir bitten dich um gute Nerven,

damit wir uns nicht an Kleinigkeiten gegenseitig zerreiben,

denn du willst keine verärgerten Leute.

Wir bitten dich um ein fröhliches Gesicht

und um ein Lächeln, das aus dem Herzen kommt, denn andere sollen sich an uns freuen können.

Du bist uns zugetan, wie eine Freundin, wie ein Freund;

Lass uns freundlich zu den Menschen werden.

Lass uns in allem so gesinnt sein, wie Jesus Christus gesinnt war.

Und gemeinsam beten wir

mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden

unseres Gottes:

Der Herr segne dich und behüte dich,

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und

gebe dir Frieden. Amen.

Lied: EG 171

Lebendig, kräftig und schärfer

Kommentar

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Religion ist scheinbar wieder gefragt. Die Medien verweisen auf die Großereignisse in Köln. Erst der katholische Weltjugendtag und jetzt der evangelische Kirchentag, zu dem insgesamt auch mehr als eine Million Besucherinnen und Besucher kamen. Tatsächlich scheint der Kirchentag die Talsohle durchschritten zu haben: Die Teilnahmezahlen steigen wieder, die Präsenz in den Medien war nahezu perfekt, und die Botschaft gewinnt an Profil. Spiritualität und Weltverantwortung gehören untrennbar zusammen, das betonte auch Kirchentagspräsident Reinhard Höppner. Auch ihm ist es zu verdanken, dass der Kirchentag seinem Motto „Lebendig und kräftig und schärfer“ gerecht wurde.

Aber ist dies alles wirklich Indiz für eine Renaissance der Religion? Richtig ist, dass der Religion wieder vorurteilsfreier begegnet wird. Die Generation mit den Problemen eines Tilmann Moser, der von „Gottesvergiftung“ sprach, ist nicht mehr prägend. Auch die „Gott ist tot-These“ hat sich überlebt. Heute findet man zum Beispiel im evangelischen Kindergarten Eltern, die beobachten, zuhören und Fragen stellen. Das ist zwar keine neue Gläubigkeit, aber doch eine neue Offenheit für Glaubensfragen.

In den Medien ist Ähnliches zu beobachten. Das Wort der Kichen findet wieder Gehör. Die christliche Meinung ist gefragt – ob es um Gentechnik oder Ehescheidung geht. Man billigt den christlichen Kirchen bei solchen ethischen Fragen eine moralische Kompetenz zu. Ohne Zweifel sind das erfreuliche Entwicklungen.

Trotzdem kämpfen beide Kirchen mit Mitgliederschwund und zurückgehenden Kirchensteuereinnahmen. Die Religion als sinnstiftendes System verliert weiter an Einfluss. Denn der eigentliche Wert einer Gesellschaft, die sich im globalen Konkurrenzkampf befindet, heißt „Gewinn“, heißt „Geldmaximierung“.

Nicht die Religion, sondern die Hoffnung auf harte Euros gewinnt im Weltbild der Menschen an Einfluss. Das gilt übrigens auch für Migrantenfamilien, wo man diesem Trend zuweilen nur mit einer unerbittlichen Rückbesinnung auf die Tradition vermeint entgegenwirken zu können.

Nur wenn sich die Kirche lebendig, kräftig und schärfer in die Debatte über Mindestlöhne, Renten und Gesundheitsreform einmischt und gleichzeitig ihre Spiritualität glaubhaft lebt, wird sie sich dem Trend zur Säkularisierung entgegen stemmen können. Dann können lebendige Gottesdienste wie der zum Abschluss des Kirchentages Lust machen auf mehr Kirche.

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Juli 2007