Assistentinnen sollen in Kitas aushelfen

Evangelisches Frankfurt November 2009

Assistentinnen sollen in Kitas aushelfen

Steigende Kinderzahlen und ein gesetzlicher Betreuungsanspruch bescheren Frankfurt einen Boom an neuen Kitas und Krabbelstuben. Allerdings fehlt es an geeignetem Personal. Das Diakonische Werk hat nun ein Projekt initiiert, bei dem Langzeitarbeitslose zu „pädagogischen Assistentinnen“ qualifiziert werden.

Auf dem regulären Arbeitsmarkt tendierten Anna Starodubzewas Chancen gegen Null. Der „Generation 50 plus“ angehörend und ohne in Deutschland anerkannte Berufsausbildung, blieben für die Kasachin mit deutschen Wurzeln nur Ein-Euro-Jobs. Weil die studierte Pädagogin aber unbedingt arbeiten wollte, nahm sie das in Kauf – fast fünf Jahre lang.

Ein vom Diakonischen Werk im Evangelischen Regionalverband Frankfurt initiiertes Qualifi­zierungsprojekt mit dem Titel „Pädagogische Assistenz“ hat ihre Situation jetzt um 180 Grad gewendet: Seit Anfang November hält Anna Starodubzewa ein Zertifikat in Händen und vermutlich auch bald einen Anstellungsvertrag. Die Ginnheimer Krabbelstube „Gabriel“, in der sie den praktischen Teil ihrer Qualifizierung absolvierte, will sie übernehmen. Leiterin Sabine Ruschitschka wartet nur noch auf grünes Licht der Mitarbeitervertretung.

Anna Starodubzewa - links - hofft, nach ihrer Qualifizierungsmaßnahme in der Krabbelstube „Gabriel“ in Ginnheim wieder eine reguläre Arbeit zu finden – als pädagogische Assistentin. | Foto: Doris Stickler

Anna Starodubzewa – links – hofft, nach ihrer Qualifizierungsmaßnahme in der Krabbelstube „Gabriel“ in Ginnheim wieder eine reguläre Arbeit zu finden – als pädagogische Assistentin.
Foto: Doris Stickler

Die neue Kollegin habe sich als Glücksgriff erwiesen und sei eine Bereicherung für das Team, schwärmt Ruschitschka. Die Chemie stimmte, und auch die Ansichten zum Umgang mit Kindern waren ähnlich. Die Krabbelstube „Gabriel“ orientiert sich, wie alle evangelischen Krabbelstuben in Frankfurt, an der Pädagogik der 1984 verstorbenen Kinderärztin Emmi Pikler. Deren Forderung, Kinder vom Säuglingsalter an als eigenständige Wesen zu respektieren, ihren individuellen Entwicklungsstand zu beachten und nichts zu forcieren, wird den Kursteilnehmerinnen im Theorieteil der Qualifizierung ebenso vermittelt wie Kenntnisse in Spielpädagogik oder Ernährungswissenschaft.

Verbunden mit ihren ursprünglichen beruflichen Hintergründen sieht Kurt-Helmuth Eimuth, der Leiter des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten im Diakonischen Werk, durch die Assistentinnen die „Teamkompetenz in den Einrichtungen erhöht“. Als ehemalige Musikerinnen, Chemielaborantinnen oder Handwerkerinnen würden sie die „rein pädagogische Arbeit durch ihre Multiprofessionalität sinnvoll ergänzen“. Eimuth hält es „ohnehin für einen Fehler, in Kitas ausschließlich Pädagoginnen und Pädagogen zu beschäftigen“. Es geht bei dem Projekt also auch um eine Erweiterung in der Konzeption. Deshalb hofft Eimuth, dass das bundesweit einmalige Projekt Schule macht.

Doch es gibt auch kritische Stimmen: Werden hier nicht ausgebildete Erzieherinnen durch rasch angelernte Hilfskräfte verdrängt? Eimuth versichert, das sei nicht der Fall: Wenn künftig pro Jahr etwa zwanzig Personen ein solches Zertifikat erhielten, so läute das „nicht den Untergang des Berufstandes“ ein. Dafür spricht auch der Fachkräftemangel im Kita-Bereich. Immerhin müssen mit dem seit kurzem verankerten Rechtsanspruch von Eltern auf einen Betreuungsplatz bis 2013 allein in Frankfurt weitere 6000 Plätze für Kleinkinder unter drei Jahren entstehen. Für rund 1000 davon will die evangelische Kirche sorgen.

Woher man allerdings die zusätzlich benötigten 300 Erzieherinnen und Erzieher nehmen soll, sei bislang schleierhaft, sagt Eimuth. Bereits jetzt würden pädagogische Kräfte händeringend gesucht. Mit enormem Aufwand werde Personal angeworben, bis in den Lahn-Dill-Kreis hinein. Dennoch seien in den evangelischen Kitas derzeit rund 40 Stellen vakant. Und dieses Defizit werde sich in der „Boom-Stadt“ Frankfurt noch vergrößern. Die Anzahl der Kinder wachse hier seit geraumer Zeit an. In den nächsten Jahren würden in Frankfurt 30 neue Kitas gebaut.

Auch Joachim Otto, der im Diakonischen Werk den Arbeitsbereich „Beschäftigung und Qualifizierung“ leitet, hält Einwände wie „hier werden mit einer Schmalspurqualifizierung reguläre Arbeitsplätze blockiert“ für unberechtigt. Und er bedauert es, dass die kirchliche Mitarbeitervertretung bislang nur dem Einsatz von Assistentinnen in den Krabbelstuben zustimmt, nicht jedoch in Kitas. Dennoch habe man für die Mehrzahl der ersten Absolventinnen bereits eine Stelle gefunden, und für den Rest sei eine Vertragsunterzeichnung „ziemlich sicher“, so Otto. Er werde weiterhin für das Projekt werben, will aber keine Konfrontation: „Die Mitarbeitervertretung soll mit ins Boot.“ Es gehe schließlich vor allem um die Frage, wie sich „Bedarf und Angebot sinnvoll zusammenbringen“ lassen.

Die Krabbelstube „Gabriel“ hat darauf eine befriedigende Antwort parat: Anna Starodubzewa entlastet mit ihren Kenntnissen das Team, ihr selbst bleibt das Tingeln durch zeitlich befristete Ein-Euro-Jobs erspart.

Doris Stickler

„Pädagogische Assistenz“ – nächster Kurs im Januar

Foto: Rolf Oeser

Foto: Rolf Oeser

Mit der Qualifizierungsmaßnahme „Pädagogische Assistenz“ reagiert das Diakonische Werk für Frankfurt auf eine Bedarfslücke von professionellen pädagogischen Hilfskräften in Krabbelstuben und Kindertagesstätten. Das einjährige Beschäftigungsprojekt richtet sich an langzeitarbeitslose Menschen über 40 Jahre, die möglichst das zehnte Schuljahr abgeschlossen haben und über berufliche Erfahrungen verfügen.

Der Qualifizierungsweg ist ähnlich wie das Berufspraktikum für angehende Erzieherinnen in die Bereiche Theorie und Praxis gegliedert. An 30 Unterrichtstagen, am wöchentlichen Reflexionstag sowie an den Fortbildungstagen wird theoretisches Wissen vermittelt. In der restlichen Zeit führt man die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Krabbelstuben oder Kindertagesstätten an die Praxis heran.

Für die Dauer des in Kooperation mit dem Rhein-Main-Job- Center organisierten Projekts beziehen sie weiterhin Arbeitslosengeld II und erhalten überdies eine monatliche Zusatzvergütung von bis zu 150 Euro. Die Qualifizierung endet mit einem Kolloquium und einem Zertifikat.

Vanessa Hoch (Foto), die im Diakonischen Werk für den Bereich Krabbelstuben zuständig ist und die Qualifizierung betreut, betont, dass hier ausschließlich Personen teilnehmen, mit denen man vorher Gespräche geführt hat, und die sich für die Arbeit mit Kindern eignen. Zudem würden die pädagogischen Assistentinnen ihre Rolle in den Einrichtungen sehr genau kennen: „Sie sollen zuarbeiten und die Erzieherinnen unterstützen, aber weder Gruppen leiten noch Elterngespräche führen oder Entscheidungen fällen.“

Das nächste Qualifizierungsprojekt startet im Januar. Weitere Informationen: Diakonisches Werk, Koordination und Organisation von Arbeitsgelegenheiten, Telefon 069 299255100, oder unter www.diakonischeswerk-frankfurt.de.

Doris Stickler

Schenken: Jede Religion hat ihren Anlass

Evangelisches Frankfurt November 2009

Schenken: Jede Religion hat ihren Anlass

Vielleicht ist es das Leuchten in den Augen des Gegenübers oder die Vorfreude auf die Freude des Beschenkten. Gleich in welcher Kultur: Das Ritual des Schenkens findet sich überall. Aber auch die Kehrseite lauert in allen Kulturen: Die Freude am Schenken kann zum Zwang, zumindest zur unangenehmen Verpflichtung werden.

Das Schenken und das Beschenktwerden gehört selbstverständlich zu Weihnachten dazu: Die Weisen aus dem Morgenland brachten dem Kind in der Krippe wertvolle Gaben mit. Allerdings: Gerade in der an sich beschaulichen Adventszeit beginnt damit der Weihnachtsstress, weil alle Lieben bedacht werden sollen.

Aber nicht nur im Christentum, auch in anderen Religionen wird gerne und viel geschenkt. Sogar in der atheistischen DDR haben die Geschenke einfach zum Weihnachtsfest dazu gehört. Zwar war der Weihnachtsbaum dort offiziell mit „Jahresendflügelfiguren“ und nicht mit Engeln geschmückt. Aber Päckchen lagen doch unterm Baum.

Geschenke machen Freude. In allen Religionen und Weltanschauungen gibt es Rituale des Schenkens und Beschenktwerdens. | Foto: Maria Brzostowska / Fotolia.com

Geschenke machen Freude. In allen Religionen und Weltanschauungen gibt es Rituale des Schenkens und Beschenktwerdens.
Foto: Maria Brzostowska / Fotolia.com

Eines der bekanntesten islamischen Feste, bei denen es Geschenke gibt, ist das Zuckerfest, das Fest des Fastenbrechens am Ende des Fastenmonats Ramadan. Nach dem Moscheebesuch werden Freunde und Bekannte besucht, und es werden Geschenke ausgetauscht. Vor allem die Kinder werden mit Spielzeug beschenkt. Auch wird gemäß den Gesetzen des Islams an Bedürftige gedacht.

Das jüdische Lichterfest Chanukka, das in der Regel in die Monate November oder Dezember fällt, ist nicht nur zeitlich in der Nähe von Weihnachten. Es erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem im Jahr 164 vor Christus. Zur Feier sollten Lichter angezündet werden. Doch der Krug Öl reichte nur für einen Tag. Durch ein Wunder brannten die Lichter jedoch acht Tage. Zum Fest wird jeden Tag eine Kerze auf dem achtarmigen Chanukkaleuchter angezündet, bis am letzten Tag alle acht Kerzen brennen. Auch Geschenke gehören zu Chanukka, traditionell handelt es sich dabei um Geldgeschenke.

Bekannt, da zur jüdisch-christlichen Tradition gehörend, ist auch das Pessach oder Passah-Fest. Es erinnert an den Auszug der Hebräer aus Ägypten. Pessach wird am ersten Vollmond nach Frühlingsbeginn gefeiert, also im März oder April. Das Fest dauert sieben Tage, außerhalb Israels wird es acht Tage lang gefeiert. Das Fest beginnt mit dem Sederabend, dem Vorabend zu Pessach. Dieser Abend wird im Kreis der Familie oder der Gemeinde gefeiert. Er ist rituell klar gegliedert. Die Speisen, wie ungesäuerte Brote, Matzen genannt, erinnern symbolisch an den Aufbruch.

Im Rahmen des Sederabends wird ein Stück Matze versteckt, das gesucht werden muss. Wird es nicht gefunden, muss das Familienoberhaupt den Kindern ein Geschenk machen. Inzwischen hat es sich in vielen Familien eingebürgert, dass die Kinder selbst das Brot suchen und bei Erfolg ein Geschenk erhalten.

Wenn Menschentrauben vor dem buddhistischen Tempel in der Hanauer Landstraße stehen, dann ist Losar. Der Ursprung des buddhistischen Neujahrsfestes Losar geht auf die Zeit vor der Ausbreitung des Buddhismus zurück. Zu dieser Zeit wurde ein Winterfest gefeiert, bei dem regionale Gottheiten verehrt wurden. Das Losar-Fest konnte diese Tradition aufgreifen und im Sinne der eigenen Religion entwickeln. Es ist der bedeutendste Feiertag in Tibet und natürlich auch für alle im Exil lebenden Tibeterinnen und Tibeter. Der Termin des Losar-Festes richtet sich nach dem Mondkalender und fällt immer auf den ersten Tag des ersten Monats des buddhistischen Kalenders, zwischen Ende Januar und Anfang März.

Auch in diesem Jahr gibt es in Praunheim einen „lebendigen Adventskalender“: Jeden Nachmittag um 17 Uhr öffnet sich eine Tür zu einem Privathaus, und es gibt Musik, Geschichten, Plätzchen und mehr. Eingeladen sind Schulkinder. Mehr Infos und Anmeldung unter Telefon 069 765620. | Foto: Rolf Oeser

Auch in diesem Jahr gibt es in Praunheim einen „lebendigen Adventskalender“: Jeden Nachmittag um 17 Uhr öffnet sich eine Tür zu einem Privathaus, und es gibt Musik, Geschichten, Plätzchen und mehr. Eingeladen sind Schulkinder. Mehr Infos und Anmeldung unter Telefon 069 765620.
Foto: Rolf Oeser

Losar wird drei Tage lang gefeiert. Der erste Tag steht im Zeichen der Familie. Mit ihr wird gefeiert, und es werden Geschenke ausgetauscht. Nach alter Tradition bitten die Kinder um den Segen des Vaters und reichen ihm dazu eine Schale mit Buttertee. Rituelle Neujahrsgebete und eine Rauchopferzeremonie gehören zum spirituellen Kern des Festes. Der zweite Tag der Neujahrsfeierlichkeiten steht ganz im Zeichen der religiösen Tradition. Tempel und Klöster werden besucht. In den Klöstern führen die Mönche traditionelle Tänze auf, die vom Sieg des Bud­dhismus über die zuvor verbreiteten Naturreligionen erzählen. Am dritten Tag besuchen sich die Familien. Natürlich hat man sich gründlich vorbereitet. Zahlreiche Gerichte wurden gekocht, neue Kleider gekauft, Schulden bezahlt und idealtypischer Weise Streitigkeiten beigelegt. Selbst das Haus sollte neu gestrichen sein.

Diwali oder auch Dipavali ist das so genannte Lichterfest im Hinduismus, das über mehrere Tage hinweg gefeiert wird. Der Termin von Diwali richtet sich nach dem Mondkalender, er liegt Ende Oktober oder Anfang November. Es handelt sich um eines der ältesten Feste des Hinduismus und war ursprünglich ein Erntefest. Heute wird an Diwali der Sieg des Guten über das Böse sowie des Wissens über die Unwissenheit gefeiert. Auch zu diesem Fest gehören Lichter und große Geschenke. Diwali wird fünf Tage lang gefeiert, die Festlichkeiten werden je nach regionalem Brauchtum gestaltet. Zum gemeinsamen Ritual gehört das frühmorgendliche Baden. Es ist auch üblich, zu diesem Anlass neue Kleider zu tragen und Familienangehörige, Freunde und Nachbarinnen zu besuchen und sich gegenseitig zu beschenken. Wurden früher nur Süßigkeiten und getrocknete Früchte verschenkt, sind es inzwischen größere Geschenke wie Elektrogeräte und natürlich Spielzeug.

Schenken und Beschenktwerden gehören also in allen Religionen selbstverständlich dazu. Nur die Anlässe sind unterschiedlich.

Kurt-Helmuth Eimuth

Martin Luther als Musical

Evangelisches Frankfurt Oktober 2009

Martin Luther als Musical

Katakombe bringt das Leben des Reformators auf die Bühne

Nein, es war nicht der Hang zu religiösen Themen, der das Privattheater Katakombe veranlasste, sich mit dem Reformator Martin Luther zu beschäftigen. „Wir haben von der Uraufführung in Erfurt in der Zeitung gelesen und fanden es interessant“, erzählt die Regisseurin Carola Moritz. „Wir sind immer auf der Suche nach interessanten Themen.“ Das Stück zum Lutherjahr wurde auf den Erfurter Domstufen monströs aufgeführt. Es sei dort, so Moritz, ein richtiges Freilichtspektakel gewesen. „Da drohte der Inhalt etwas unterzugehen.“ Doch die Katakombe-Künstler ließen sich nicht abschrecken. Sie erarbeiteten eine Textfassung, die auf ihr kleines Theater zugeschnitten ist, und peppten die Musik auf.

Dazwischen verwenden sie immer wieder Originaltexte Luthers. Die Produktion heißt „Martin L.“, um sich nicht sklavisch an Luthers Biographie halten zu müssen. Da­rin kommt nämlich keine Liebesgeschichte mit einer Erfurter Schönheit namens Ursula vor. „Zu einem Musical gehört aber eine Liebesgeschichte“, ist Moritz überzeugt. So kann das Liebesduett „Bleib bei mir“ in künstlerischer Freiheit zum Ohrwurm werden. Doch das berühmte Gewitter, in dem Martin gelobt, ein Mönch zu werden, durchkreuzt die Heiratspläne: Martin geht ins Kloster, und auch Ursula wählt das Ordensleben und wird Nonne.

Während der Bauernaufstände kreuzen sich ihre Wege noch einmal. Die historischen Daten, auf die das Stück Bezug nimmt, sind korrekt: der Ablasshandel des Dominikanermönchs Tetzel, der Reichstag zu Worms, wo Luther sich weigert, seine theologischen Ansichten zu widerrufen, sein Exil auf der Wartburg, die deutschen Bauernaufstände mit der Reizfigur Thomas Müntzer, der in seinen sozialkritischen Ansichten noch viel radikaler ist als Luther.

Das Musical zeigt die Jugend- und Studienjahre des Reformators bis zu den Bauernkriegen. Die fiktive Figur des Jörg – Luthers zweifelndem Alter Ego – führt durch das Stück und blickt aus heutiger Sicht auf Martin L., stellt die Fragen nach dem Weg, den Luthers Ideen genommen haben, und nach ihrer heutigen Bedeutung.

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau unterstützt die Produktion, die ab Oktober in der Alten Nikolaikirche am Römerberg gezeigt wird. Weitere Aufführungen in ganz Deutschland sind geplant. Erfahrung mit religiösen Themen und einer Kirche als Spielort hat das Ensemble der Katakombe. Vor bald zwanzig Jahren spielte man „Jesus Christ Superstar“ in der Peterskirche.

Karten und Informationen über die Aufführungsdaten gibt es bei der Katakombe unter Telefon 069 491725, per E-Mail an info@katakombe.de, im Internet unter www.katakombe.de sowie bei den bekannten Vorverkaufsstellen. Für das Stück verlost „Evangelisches Frankfurt“ drei mal zwei Karten. Zur Teilnahme einfach E-Mail, Fax oder Postkarte mit Namen und dem Datum der gewünschten Vorstellung schicken (Adressen im Impressum). Einsendeschluss ist der 16. Oktober.

Kurt-Helmuth Eimuth

„Sitzungen nur bis zehn Uhr“

Evangelisches Frankfurt Oktober 2009

„Sitzungen nur bis zehn Uhr“

Rita Meinecke ist Gerichtspräsidentin und Kirchenvorsteherin

In den hohen Räumen des Altbaus im Frankfurter Nordend wirkt sie noch zierlicher und gar nicht so, wie man sich die Chefin eines großen Gerichts vorstellt. Rita Meinecke ist seit 2007 Präsidentin des Frankfurter Sozialgerichts. Ihre Antworten sind nachdenklich, und doch ist in jedem Satz, in jedem Wort etwas von der Kraft einer Frau zu spüren, die genau weiß, was sie will.

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So räumt Meinecke gleich mit einem Vorurteil auf. „Wir sind nicht die Sozialtanten der Nation, sondern wir sprechen Recht bei strittigen Fragen der Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, auch bei Fragen des Elterngelds, und des Schwerbehinderten- und Versorgungsrechts.“ Auch alle Streitigkeiten rund um das Arbeitslosengeld II, auch Hartz IV genannt, gehören dazu. Beide Begriffe mag die Richterin nicht. „Hier geht es um Grundsicherung und nicht um eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung.“

Rita Meinecke ist im katholischen Hildesheim aufgewachsen. Ihre Mutter wurde bei der Heirat mit einem Protestanten evangelisch. Es war selbstverständlich, dass die Tochter in die Jungschar der Gemeinde und später auch zum Flötenkreis ging. In Hildesheim war man kirchlich, gleich ob evangelisch oder katholisch.

Als Tochter von Gewerbetreibenden wusste Rita Meinecke, dass der Beruf auch seine Frau ernähren muss. „Mir war wichtig, einen Beruf zu finden, mit dem man Geld verdienen kann.“ Einige Semester Sozialwissenschaften eröffneten da keine Perspektive. Es blieb die Jurisprudenz.

Geblieben ist aber auch die Liebe zur Kunstgeschichte und zur Archäologie. „In Hildesheim gibt es ein wunderbares ägyptisches Museum. Da habe ich in den Semesterferien gejobbt.“ Während sie das erzählt, entdeckt man jenes Funkeln in den Augen, das die Begeisterung verrät.

Gerne hätten sie es in Hildesheim gesehen, wenn Rita Meinecke geblieben wäre. Über der elterlichen Bäckerei im Zentrum der Stadt wären auch für die junge Juristin Räume für eine Anwaltskanzlei gewesen. Und da sie als Tochter von Selbstständigen früh auf eigenen Beinen stand, war das durchaus eine reizvolle Option. Doch schließlich zog es sie aus persönlichen Gründen nach Gießen. In der mittelhessischen Kleinstadt übernahm sie das Richteramt am So­zialgericht.

Mit der Karriere ging es dann steil bergauf: Landessozialgericht, später Direktorin des Sozialgerichts in Darmstadt. Und jetzt Frankfurt. In den vergangenen 18 Monaten hat sie den Umzug des Gerichts in die Gutleutkaserne organisiert, bei laufendem Betrieb. Zur Zeit sind 10 000 Verfahren anhängig. Und wenn man weiß, dass Gerichtsakten 30 Jahre aufbewahrt werden müssen, ahnt man, welche Leistung hier vollbracht wurde.

Kirche und kirchliches Engagement lagen Rita Meinecke nicht fern. „Aber es bedurfte des Anstoßes.“ Der Anstoß kam über den evangelischen Kindergarten. Die junge Mutter engagierte sich und wurde gefragt, ob sie im Kirchenvorstand mitarbeiten will. Das war vor zwölf Jahren. Auch für die nächste Wahlperiode steht sie der Katharinengemeinde zur Verfügung. Darüber hinaus gehört sie dem Dekanatssynodalvorstand, dem Satzungs- und Geschäfts­ordnungsausschuss und der Kindertagesstätten-Kommission des Evangelischen Regionalverbandes an. Doch ihre Passion bleibt der Kindergarten. „Die Arbeit mit Kindern ist die Zukunft der Kirche. Auch für den neuen Kirchenvorstand konnten Mitglieder aus der Elternschaft gewonnen werden.“

Von der Kirche wünscht sich Meinecke, dass sie schonender mit der Zeit der Ehrenamtlichen umgeht. „Als der Dekan mich fragte, ob ich bereit wäre, mich in den Dekanatssynodalvorstand wählen zu lassen, sagte ich: Nur wenn die Sitzungen um zehn Uhr beendet sind.“

Kurt-Helmuth Eimuth

Die „Religionifizierung“ des Alltags

Evangelisches Frankfurt Oktober 2009

Die „Religionifizierung“ des Alltags

Wenn es für „Gottes Willen“ keinen Interpretationsspielraum mehr gibt, ist das religiöser Fundamentalismus. Als christliche Bewegung entstand er vor hundert Jahren in den USA.

Sie kommen modern und locker daher. „Es sieht eher aus, als würde Thomas Gottschalk predigen“, sagt Lutz Lemhöfer, Weltanschauungsbeauftragter des Katholischen Bistums Limburg. Dieses Kompliment macht Lemhöfer christlichen Gemeinden, die er dem Bereich des Fundamentalismus zuordnet. In Frankfurt sind hier die Ichthys-Gemeinde in Nied und das Christliche Zentrum im Riederwald zu nennen. Von Fundamentalismus spricht Lemhöfer, wenn die Verkündigung sich als direkt biblisch versteht und keinen Interpretationsspielraum lässt. Bibelwort und unmittelbare Eingebungen bestimmen dabei nicht nur das Glaubensleben, sondern den ganzen Alltag.

Lemhöfer spricht von einer „Religionifizierung des Alltags“. Während in den großen Kirchen Raum für unterschiedliche Auslegungen der Botschaft sei, werde in solchen Gruppen jede Alltagserfahrung unmittelbar religiös gedeutet: Ob ein Bewerbungsgespräch erfolgreich ist oder nicht, entscheidet nicht die Qualifikation oder der Gesprächsverlauf, sondern es hängt allein davon ab, ob es Gottes Wille ist, dass die Bewerberin die Stelle bekommen soll.

Der Begriff Fundamentalismus ist abgeleitet von einer gleichnamigen Zeitschriftenreihe: Zwischen 1910 und 1915 wurde in den USA mit kräftiger Unterstützung kalifornischer Ölmillionäre eine theologisch konservative Schriftenreihe herausgegeben und kostenlos an nichtkatholische Pastoren, Evangelisten, Missionare und Theologen verteilt. Ihr Titel lautete: „The Fundamentals“ – die Fundamente. Kritisch wandte sie sich gegen die historisch-kritische Erforschung der Bibel, aber auch gegen das moderne Weltbild der Natur- und Sozialwissenschaften, nicht zuletzt gegen die Evolutionstheorie von Darwin.

Neben dem wörtlichen Bibelverständnis (Wortfundamentalismus) gewinnt auch die unbedingt gültige Autorität persönlicher Erfahrungen und Offenbarungen, die dem Heiligen Geist zugeschrieben werden, an Bedeutung (Geistfundamentalismus). Der Gemeindeleiter, durch den Gott seinen Willen verkündet, gilt als höchste Autorität.

Von besonderer Bedeutung sind Heilungsdienste. Dies reicht vom „Befreiungsdienst“, bei dem angeblich okkulte Mächte den Körper verlassen, bis hin zu Spontanheilungen, bei denen selbst verkürzte Beine wieder wachsen sollen. An erster Stelle ist hier Reinhard Bonnke und seine Organisation „Christus für alle Nationen“ zu nennen, die ihre Zentrale in Frankfurt hat: Von Seckbach aus werden Großevangelisationen vor allem in Afrika gesteuert. Bis zu einer Million Menschen sollen an diesen Massenspektakeln teilnehmen. Bonnke wörtlich: „Tumore weicht in Jesu Namen! Alle Infektionen, Neurosen, ich breche die Kette aller Depressionen, in Jesu Namen! Die Freude am Herrn wird deine Stärke sein und deine Medizin sein.“ Neben den zweifelhaften Wunderheilungen wird Bonnke vorgeworfen, dass er Vorurteile zwischen Muslimen und Christen schürt.

Seit einigen Jahren hat die so genannte Healing-Rooms-Bewegung auch in Deutschland vermehrt Zuspruch gefunden, auch im Rhein-Main-Gebiet. Ähnlich wie in einer Arztpraxis kommen Ratsuchende dorthin, jedoch in der Hoffnung, durch Gebete geheilt zu werden. Gesundheit gilt als ein „Recht“ der Kreatur, und Krankheit wird in die Nähe einer Strafe für sündiges Verhalten gerückt.

Kurt Helmuth Eimuth

Unaufgeregter Einblick in die Fundi-Szene

Weitgehend unbemerkt ist eine Form des Christentums auf dem Vormarsch, das mit Begriffen wie „evangelikal“ und „fundamentalistisch“ schnell in eine Schublade gesteckt wird. Nicht nur wegen der wachsenden Zahl solcher Gruppen, man schätzt 700 000 Mitglieder in Deutschland, lohnt der Blick auf Inhalt und Ausrichtung.

Oda Lambrecht und Christian Baars werfen in ihrem Buch „Mission Gottesreich“ einen differenzierten Blick auf die Szene. Anhand der Themen Sexualität und Wissenschaftsverständnis, Schulpflicht, Missionsbefehl und der Stellung zu Israel zeigen sie Grundpfeiler eines christlichen Fundamentalismus auf, vor dem man erschrickt. In einem eigenen Kapitel geht es um Kinder, die in solchen Gruppen aufwachsen. Sie leben in einer ständigen inneren Zerrissenheit, da sie quasi in einer Parallelwelt erzogen werden. Kultur, Mode, Kino oder Tanz der „normalen“ Welt bleiben ihnen verschlossen. Dadurch würden die Kinder zu „sozialen Märtyrern“ erzogen.

Ein unaufgeregtes und auch durch seine Quellenvielfalt überzeugendes Buch, das sich dem christlichen Fundamentalismus weniger theologisch als phänomenologisch nähert.

Kurt-Helmuth Eimuth

Oda Lambrecht, Christian Baars: Mission Gottesreich – Fundamentalistische Christen in Deutschland, 245 Seiten, Ch. Links-Verlag 2009, 16,90 Euro. Evangelisches Frankfurt verlost fünf Exemplare, bitte E-Mail, Postkarte oder Fax schicken.

Nachtrag: Das Buch „Mission Gottesreich“ gewannen Birgit Koller, Olaf Lewerenz, Hartmut Menhorn, Anke Rapsch und Margit Scherf.

Pilgern

Andacht, Pilgern

14.9.2009

Kurt-Helmuth Eimuth

Lied: EG 445, Gott desHimmels,1,2, 5

Votum:

Im Namen Gottes kommen wir zusammen.

Gott nimmt uns an, wie wir sind.

Jesus gibt unserem Leben Richtung und Sinn.

Gottes Geist ruft uns auf den richtigen Weg.

Psalm 146, Nr. 757

Lied: EG 395, 1-3 Vertraut den neuen Wegen

Ansprache:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

„Ich bin dann mal weg – So lautet der Titel eines der erfolgreichsten Bücher der letzten Jahre. 2006 erschien der Reisebericht des Entertainers Hape Kerkeling. Untertitel : Meine Reise auf dem Jakobsweg.

Hape Kerkeling beschreibt die Erlebnisse seiner Pilgerreise nach Santiago de Compostela im Jahr 2001. Auslöser für die Entscheidung, den Jakobsweg zu gehen, war ein Hörsturz sowie die Entfernung seiner Gallenblase. Kerkeling beschäftigte sich zudem mit Shirley MacLaines Buch „Der Jakobsweg: eine spirituelle Reise“, in dem die Autorin unter anderem von ihren verschiedenen bisherigen Reinkarnationen berichtet und ihre Reise mit zahlreichen Erlebnissen ausschmückt.

Kerkeling musste sich wie alle Pilger mit den physischen und psychischen Anforderungen einer solchen Reise auseinandersetzen. Er lernt dabei nicht nur sich selbst und seinen Glauben, eine – Zitat – „Mischung aus Buddhismus mit christlichem Unterbau“, besser kennen, sondern trifft auch auf die verschiedensten Menschen, deren Charaktere er sehr plastisch beschreibt. Im amüsant plaudernden Ton schildert Kerkeling seine Erfahrungen, und reflektiert über den Sinn des Lebens. Mit dem „klassischen“ christlichen Pilger sucht er keinen Kontakt, er schätzt sie umschreibend als „nicht lernfähig“ ein (Zitat: „Die werden als die gleichen Menschen die Reise beenden, als die sie sie begonnen haben…“). Stattdessen ziehen ihn „Sonderlinge und Exoten“ an, er macht Erfahrungen mit heiratswilligen Südamerikanerinnen, Spießern, Kirchenkritikern, Esoterikern und Spiritisten an.

Die inzwischen 3 Millionen verkauften Exemplare zeigen, dass es ein Bedürfnis nach inneren Erfahrungen gibt.

Seit dem Mittelalter haben Pilger aus Nord- und Mitteleuropa Santiago de Compostela als Ziel. Denn in Santiago de Compostella soll – der Legende nach – das Grab des Apostel Jakobus liegen.

Allerdings sei hier nebenbei angemerkt, dass es keine Anhaltspunkte für die Echtheit des Grabes gibt. Nach der Apostelgeschichte wurde Jakobus zwischen 41 und 44 nach Chr. durch Herodes Agripa, der über Judäa herrschte, enthauptet. Der Legende nach hätten seine Schüler den Leichnam in ein Schiff ohne Besatzung gelegt, das später in Galicien im Nordwesten Spaniens anlandete. Helfer setzten ihn weiter im Landesinneren bei. Dann geriet das Grab in Vergessenheit. Nach der Wiederentdeckung im 9. Jahrhundert wurde darüber eine Kapelle, später eine Kirche und schließlich die Kathedrale errichtet, um die herum sich der Pilgerort Santiago de Compostela entwickelte und zu der die Jakobswege führen.
Allerdings sind die ältesten Quellen, die von Jakobus in Spanien sprechen aus dem 9. Jahrhundert – vorher war weder von ihm noch von seiner Verehrung und von Pilgerreisen die Rede. All dies begann erst nach dem 9. Jahrhundert. Auch Martin Luther hielt das Grab nicht für echt. Er spottete mit heftigen Worten gegen das Pilgern, weil er darin vor allem eine Geschäftemacherei mit dem Glauben sah. Deshalb war das „Geläff“ für ihn „Narrenwerk“. „Lauf nicht dahin, man weiß nicht, ob Sankt Jakob oder ein toter Hund daliegt“, spottet er über den Pilgerweg nach Santiago di Compostela.

Wie dem auch sein mag, all das hindert die Pilger nicht und ob das Grab echt ist oder nicht, darum geht es beim Pilgern nicht. Vielmehr ist das Unterwegssein, das Pilgern selbst das Ziel.

Jakobus galt als Schutzpatron für die Pilger und – neben anderem – auch als Schutzpatron für das Wetter.

Nicht zu verwechseln ist Jakobus übrigens mit dem gleichnamigen Bruder Jesu. Jakobus der Ältere wird er deshalb auch genannt.

Nach dem Mt und Lk-Evangelium gehört er zusammen mit seinem Bruder Johannes neben Andreas und Simon Petrus zu den erstberufenen Jüngern Jesu:

Es heißt dort: (Mt 4,21)

Und als Jesus von dort weiterging, sah er zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, seinen Bruder, im Boot mit ihrem Vater Zebedäus, wie sie ihre Netze flickten. Und er rief sie.

Sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten ihm nach.

Jakobus – so schildert ihn Mt – hat anscheinend nicht gezögert, hat alles stehen und liegen gelassen – die Netze, die Arbeit, die Familie – und ist aufgebrochen – mit Jesus, dem Wanderprediger.

Somit führt das Pilgern, das ungesicherte Unterwegs-sein zurück in die Anfänge des Christentums.

Denn ein unstetes , ungesichertes Leben haben sie wohl geführt – die ersten Jünger. Ohne festes Dach über dem Kopf, ohne Rückzugsort, umherwandernd – von der Hand in den Mund lebend, angewiesen auf die Hilfe der Menschen, denen sie begegneten.
Von beidem erzählen die Evangelien:

Vom unbehaust sein und auch von freundlicher Aufnahme:

So warnt Jesus einen Schriftgelehrten, der ihm nachfolgen will:

Und es trat ein Schriftgelehrter herzu und sprach zu ihm: Meister, ich will dir folgen, wohin du gehst.

Jesus sagt zu ihm: Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.

Und im Lukas-Evangelium heißt es:

Als sie aber weiter zogen, kam er in ein Dorf. Da war eine Frau mit Namen Marta, die nahm ihn auf.

Beides gehört also zusammen: Das mutige Losziehen, das Unterwegs-sein und damit verbunden – die Angewiesenheit auf andere – und ab und zu eine Herberge, eine freundliche Aufnahme, zum Inne-halten, Erholen, Ausruhen.

Lied: EG: 614, Lass uns in deinem Namen,1-4

Mitteilungen:

Gebet:

Gott der Liebe und des Lebens

Wir danken dir, dass wir immer wieder zu Dir kommen können mit unserer Freude und unserem Dank,

aber auch mit unserem Zweifel und unserer Angst.

Wir danken Dir, dass wir Dir offen bekennen können, wo Du uns verborgen bleibst und wo wir Dich nicht verstehen.

So bitten wir Dich:

Mache uns Mut, den Weg, den Du mit uns gehen willst, weiterzuverfolgen.

Gib, dass wir uns nicht abschrecken lassen

Von den Hindernissen und Beschwernissen,

die auf diesem Weg liegen:

von dem Elend und dem Leid,

auf das wir auch keine Antwort wissen;

von der Ungerechtigkeit und dem Unfrieden,

gegen die wir scheinbar nichts ausrichten können mir unserer kleinen Kraft;

von dem Unglauben und dem Unverständnis,

die uns betroffen machen

und an denen wir kaputtzugehen drohen;

von der Kälte und Gefühllosigkeit,

die uns frieren und erstarren lassen;

von unserer eigenen Mutlosigkeit

und unserem eigenen Kleinglauben,

die uns zum Rückzug verleiten wollen, wo wir voranschreiten sollten.

Wir danken Dir, dass Du an uns glaubst,

auch wenn uns der Glaube fehlt;

dass Du uns vertraust, auch wenn es uns an Vertrauen mangelt;

dass Du bei uns bist, auch wenn wir meinen, Du seist uns fern.

So sende uns Deinen Geist

Und lass uns von hier aus aufbrechen mit neuem Mut und neuer Kraft.

Und was uns noch bewegt, bringen wir vor Dich mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden

unseres Gottes:

Der Herr segne dich und behüte dich,

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und

gebe dir Frieden. Amen.

Lied: EG 421 (1)

„Reliunterricht neu denken“

Evangelisches Frankfurt September 2009

„Reliunterricht neu denken“

Scheidende Studienleiterin kritisiert konfessionelle Schranken

Ihre Schlussfolgerungen sind klar und selbstkritisch: Pfarrerin Karin Frindte-Baumann, die die Leitung des Religionspädagogischen Amtes in Frankfurt nach 18 Jahren zum Schuljahreswechsel abgegeben hat, fordert die Kirchen dazu auf, den Religionsunterricht neu zu denken. Es sei „schwierig“, dass sie sich so auf den konfessionellen Religionsunterricht festgelegt hätten, bei dem evangelische und katholische Kinder getrennt werden.

Foto: Rolf Oeser

Foto: Rolf Oeser

Als Studienleiterin begleitete Frindte-Baumann in den 172 Frankfurter Schulen 460 Religionslehrerinnen und -lehrer und zwölf für den Schuldienst freigestellte Pfarrerinnen und Pfarrer. Sie organisierte Fortbildungen und hielt eine Fachbibliothek vor. Jetzt ging sie in den Ruhestand.

Der konfessionsgetrennte Religionsunterricht sei vor allem in der Grundschule den Eltern nicht mehr zu vermitteln, so Frindte-Baumann. Zudem seien die christlichen Kinder in den Grundschulen Frankfurts in der Minderheit. „Die Eltern wünschen sich in der Grundschule einen gemeinsamen christlichen Unterricht und daneben einen muslimischen Unterricht.“

Überholt sei die in kirchlichen Kreisen noch häufig anzutreffende Vorstellung, wonach der Religionsunterricht in der „Mitte der Schule“ stehe. „Das tut er nicht. Es nimmt nur eine Minderheit der Schülerinnen und Schüler an ihm teil.“ Insofern begrüßt Frindte-Baumann die Einführung eines verbindlichen Ethik-Unterrichts. Leider gebe es hierfür bisher noch zu wenig Lehrerinnen und Lehrer.

Nachdrücklich betont die scheidende Studienleiterin, dass sie nicht grundsätzlich für einen konfessionsübergreifenden Religionsunterricht plädiere, „aber ich bitte um Verständnis für die Schulleitungen“. Diese hätten nämlich enorme Probleme bei der Organisation. Frindte-Baumann hält es für wichtig, sich differenziert zu überlegen und auch nach außen zu zeigen, was im Religionsunterricht jeweils vermittelt werden soll. Vor allem in der Grundschule gehe es hauptsächlich darum, Kinder mit biblischen Texten bekannt zu machen. Bei den aufsteigenden Klassen kämen dann später immer stärker die Traditionen von Kirche und Glaube hinzu und natürlich auch Informationen über andere Religionen.

„Der Religionsunterricht soll beheimaten und befähigen, eine Reise anzutreten, um Menschen anderer Religionen kennen zu lernen“, so Frindte-Baumann. Ihrer Meinung nach reicht es auch nicht, sich auf den Religionsunterricht zu beschränken. „Wenn wir als Kirche in multikulturellen Metropolen Mitverantwortung für die Bildung tragen wollen, müssen wir auch selbst Schulen betreiben“, ist sie überzeugt. Insofern hält sie es für einen großen Fehler, dass der Plan, eine evangelische Schule in Frankfurt zu gründen, aufgegeben wurde.

Kurt-Helmuth Eimuth

Besser gemeinsam: Reli in der Grundschule

Evangelisches Frankfurt September 2009

Kommentar:
Besser gemeinsam: Reli in der Grundschule

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Die Frage stellt sich spätestens mit der Einschulung. Soll mein Sohn, meine Tochter am Religionsunterricht teilnehmen? Wenn ja, an welchem? Und was machen die Kinder, die nicht teilnehmen?

Man ahnt die organisatorische Herausforderung für Schulleitungen. Sie müssen für eine Minderheit (in einigen Schulen erreicht der Anteil der christlichen Kinder gerade mal ein Viertel) Religionsunterricht organisieren, und das dann auch noch für evangelisch und katholisch getrennt. Da bleiben nur „Randstunden“. Das ist durchaus symbolisch: Der Religionsunterricht wird allein durch die geringe Zahl von Kindern, die ihn besuchen, an den Rand gedrängt.

Die scheidende Studienleiterin des Religionspädagogischen Amtes der evangelischen Kirche hat jetzt noch einmal Alarm geschlagen (siehe Seite 9). Ein konfessionsgetrennter Unterricht sei Eltern nicht mehr zu vermitteln. Recht hat sie. Die Vermittlung christlicher Grundlagen sollte durchaus ökumenisch gelingen. Schließlich berufen sich ja beide Kirchen auf die Bibel. Da sollte es doch möglich sein, Schöpfungsgeschichten und die biblische Überlieferung vom Leben Jesu gemeinsam kindgerecht weiterzugeben. Der Streit um den Absolutheitsanspruch des Papstes oder um unterschiedliche Auffassungen vom Abendmahl dürfte Kinder im Grundschulalter überfordern und wird sie vermutlich auch wenig interessieren.

In den weiterführenden Klassen werden zunehmend Differenzierungen notwendig. Hier sollten den Schulen und deren Fachkonferenzen Möglichkeiten des gemeinsamen Unterrichtens eröffnet werden. Dies gilt auch für den islamischen Religionsunterricht. Ein solches Angebot muss ebenso wie Ethik vorgehalten werden. Alles andere ignoriert die gesellschaftliche Realität. Dass diese Entwicklung den Religionsgemeinschaften einiges abverlangt, ändert nichts am Ziel. Eine umfassende Bildung darf den Bereich der Religion und der religiösen Tradition nicht ausblenden. Die multireligiöse Vielfalt in den Schulen erfordert es, neue Wege zu finden.

Die Verantwortlichen in Darmstadt und Limburg sollten diese Realität zur Kenntnis nehmen. In einigen Bereichen haben die Kirchen nur noch gemeinsam eine Chance, sich Gehör zu verschaffen. Welche Bedeutung man auch immer einem Religionsunterricht zumisst: Wenn nur noch gut zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler den Unterricht einer Konfession besuchen wollen, wird es auch für die Gutwilligen in den Schuldirektorien schwierig, kirchliche Ansprüche zu verteidigen. Beide Kirchen müssen ihre Positionen überdenken, sonst stellen sie sich ins Abseits.

Kurt-Helmuth Eimuth

„Sicherheit und Wertschätzung“

Evangelisches Frankfurt September 2009

„Sicherheit und Wertschätzung“

Seit 100 Jahren wird Frauen in sozialen Notlagen am Zoo geholfen

„Die Arbeit ist absolut notwendig und verdient Anerkennung“ konstatierte die Chefredakteurin des ZDF-Magazins Mona Lisa, Sybille Bassler, anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Hauses „Lilith – Wohnen für Frauen“, das in Not geratenen Frauen Hilfe bietet. Als Teil des Zentrums für Frauen am Alfred-Brehm-Platz unterstützt die Einrichtung Frauen, die wohnungslos sind.

Das Haus bietet 28 Einzelzimmer und 4 Notbetten, sodass auch Frauen in akuten Krisen mit ihren Kindern aufgenommen werden können. Es gelingt den Frauen, eine neue Perspektive zu entwickeln, da die ärgste Not wie Obdachlosigkeit entfällt. Ergänzend zur individuellen Hilfe bietet Lilith das Leben in einer Wohngruppe an. Hier hören die Frauen, wie andere Frauen in ähnlichen Situationen gehandelt haben.

1909 eröffnete der Verein „Weibliche Stadtmission“ das Haus „für hilfs- und ratbedürftige, ferner für gefährdete sowie für verwahrloste oder gefallene Personen weiblichen Geschlechts.“ Übrigens sehr zum Ärger der Anwohner und des Frankfurter Magistrats, der den Betrieb in dieser wohlsituierten Wohngegend nicht zulassen wollte. 1944 wurde das Haus durch einen Bombenangriff zerstört. Alle Bewohnerinnen sowie zwei Betreuerinnen kamen dabei ums Leben. 1952 konnte man das Haus wieder aufbauen.

In den 1970er Jahren kam es im Zuge der Neuausrichtung der Heimpädagogik zu einem radikalen Wandel. Der Evangelische Regionalverband übernahm das Haus. Frauen konnten jetzt bis zu sechs Monaten hier verweilen. Im Zuge der weiteren Professionalisierung und Arbeitsteilung entstand am Alfred-Brehm-Platz noch die Beratungsstelle für Frauen, später kamen „Tamara – Beratung und Hilfe für Prostituierte“ und „17 Ost – Tagesstreff für Frauen“ hinzu.

Heute ist Lilith ein Haus, das in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe bietet. Ein Haus, in dem Frauen „Sicherheit, Halt und Vertrauen und vor allem Wertschätzung erfahren“, wie Karin Kühn, Leiterin des Hauses, betont. „In den Anfängen war der moralische Anspruch hoch und man hat diese Frauen entmündigt. Heute stehen Privatsphäre, Selbstbestimmung und individuelle Hilfestellung im Mittelpunkt.“

Pfarrerin Esther Gebhardt, die Vorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes, dessen Diakonie das Haus betreibt, wies darauf hin, dass sich zwar die Notlagen der Frauen verändert hätten, es aber immer noch strukturell benachteiligte Frauen gebe. Sybille Bassler benannte in ihrer Festrede zahlreiche Beispiele: Frauen verdienen in Deutschland ein Viertel weniger als Männer. Ursache sei, dass zahlreiche Frauen in Frauenberufen wie Krankenschwester, Friseurin oder in Teilzeit arbeiteten. Auch das Elterngeld habe trotz anfänglicher Euphorie weder mehr Männer zur Elternzeit ermutigt noch eine erhöhte Geburtenrate gebracht. Armut sei immer noch weiblich. 6,8 Millionen Menschen lebten von Hartz IV, davon seien zwei Millionen Kinder.

Kurt-Helmuth Eimuth

Krippen akut in Not

FRANKFURTER RUNDSCHAU

Kleinkind-Betreuung

VON MARTIN MÜLLER-BIALON

Schwierig ist die Lage ist schon jetzt: Besonders wenn Virusinfektionen umgehen, kommt es in den Krippen und Krabbelstuben immer wieder zu

Engpässen. Denn bei dem besonders engen Kontakt zwischen Kleinkindern und Betreuern sind oft auch die Erzieher betroffen. „Es kommt immer

wieder vor, dass ich meinen Sohn beim Abholen mit einer ihm nicht vertrauten Person in nicht vertrauten Räumen vorfinde“, berichtet eine Mutter

der städtischen Krippe „Kunterbunt“ in Bornheim. Sie habe oft „kein gutes Gefühl“, wenn sie ihr Kind zur Krippe bringe. „Das liegt aber nicht an den

Erzieherinnen, es gibt zu wenig Personal.“

Nach den Vorgaben der hessischen Verordnung für die frühkindliche Betreuung ist das Personal ausreichend. „Wenn alle da sind, reicht der

Stellenplan aus“, sagt „Kunterbunt“-Leiterin Christina Spaethen. Immer wieder gebe es aber Ausfälle wegen Fortbildungen oder Erkrankungen der

Kolleginnen.

„Wir versuchen dann, im Sinne der berufstätigen Eltern die Gruppen trotzdem offen zu halten.“ Die Zahl der „Springerinnen“ – zurzeit ist eine für

zwei Krippen zuständig – zu verdoppeln, wie es der Kita-Gesamtelternbeirat fordert, hält die Leiterin für wünschenswert.

Keine gute Ausgangslage für die gigantische Aufgabe, die die Stadt in den kommenden fünf Jahren zu stemmen hat: Der vom Bund beschlossene

Rechtsanspruch für einen Krippenplatz ab 2013 bedeutet eine glatte Verdreifachung der Plätze und des Fachpersonals. Zu den derzeit 3200

Krippenplätzen bei der Stadt sowie freien und kirchlichen Trägern müssen weitere 6000 geschaffen werden.

Bei einem Stellenschlüssel von 1:5 (eine Erzieherin, fünf Kinder) bedeutet das 1200 neue Stellen – derzeit sind es 640. Weitere 400 Erzieher-Stellen

will die Stadt freiwillig schaffen – die Aufstockung des Personalschlüssels von eineinhalb auf zwei Stellen je Kindergartengruppe läuft derzeit.

Wie das gehen soll, weiß zurzeit niemand. „Engpässe gibt es schon jetzt, der Ausbau kommt oben drauf“, sagt etwa Kurt-Helmuth Eimuth,

Abteilungsleiter im für die evangelischen Kitas zuständigen Diakonischen Werk. Eimuth leitete bis 2005 die Erzieherschule im Diakonissenhaus, deren

Betrieb ausläuft.

Fehlende Ausbildungsplätze

Eine Entscheidung, die sich nun rächt. Denn die Berta-Jourdan-Schule kann als Berufsschule für pädagogische Berufe den Bedarf nicht decken. So

wird nun im Schul- wie im Sozialdezernat nach alternativen Lösungen gesucht. Bildungsdezernentin Jutta Ebeling (Grüne) hat bereits eine

Werbekampagne für den Erzieherberuf angekündigt, wobei besonders die in den Kitas stark unterrepräsentierten Männer angesprochen werden

sollen.

Zudem erwäge man, wie Eimuth berichtet, ein Quereinsteigerprogramm. „Dabei könnten Leute qualifiziert werden, die eine ähnliche Ausbildung oder

Qualifikation mitbringen.“ In Einzelfällen sei auch die Einarbeitung von Naturwissenschaftlern denkbar. Gegen solche Überlegungen steht freilich die

Kita-Verordnung, wie Rainer Lossa vom Stadtschulamt betont. „Wir dürfen den Fachkraft-Status nicht aufgeben.“

Das Qualifizierungs-Modell der Werkstatt Frankfurt würde diese Problem lösen. Im Benehmen mit der Berta-Jourdan-Schule erwägt die Werkstatt,

arbeitslose und allein erziehende Frauen für den Erzieher-Beruf zu gewinnen. „Ich gehe davon aus, dass etwa 100 bis 120 von ihnen die nötige

Eignung haben“, sagt Geschäftsführer Conrad Skerutsch. Diesen Frauen soll eine stark praxisorientierte Umschulung angeboten werden