Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Ilona Surrey
Nach den Terroranschlägen von Paris kommt einem die Botschaft des Engels „Fürchtet Euch nicht“ besonders fremd vor. Schließlich ist vielen jetzt etwas mulmig. Nein, Angst ist es nicht. Aber die Gefahr ist in diesem Jahr deutlich näher gerückt. Beirut, Bagdad, Ankara sind gefühlt weit weg. Doch Hannover? Ein Fußballländerspiel wird abgesagt. Terrorgefahr. Wenig beruhigend die Botschaft der politisch Verantwortlichen: Die Lage sei ernst, sagen sie, und stellen richtigerweise fest, dass es keine hundertprozentige Sicherheit gibt. Kann da eine adventliche Stimmung aufkommen?
Ja, es gibt Gruppen, die sich auf den Islam, das Christentum, den Hinduismus und sogar auf den Buddhismus berufen, wenn sie zur Gewalt aufrufen, wenn sie plündern und morden. Es war der Frankfurter Psychologe Erich Fromm, der zwischen humanistischer und autoritärer Religion unterschieden hat. Autoritäre Religion sei gekennzeichnet durch die Vorstellung, dass eine höhere Macht Anspruch auf Verehrung und Anbetung hat, und auch auf den Gehorsam der Menschen. Wesentliches Element autoritärer Religion ist nach Fromm die Unterwerfung unter eine jenseitige Macht, die allerdings meistens von einem irdischen Führer direkt ausgeübt werden kann. Bei der humanistischen Religion hingegen besteht das religiöse Erlebnis „in der Empfindung des Einsseins mit dem All, gegründet auf die Beziehung zur Welt“, schreibt Fromm. Selbstverwirklichung, nicht Unterwerfung will der Mensch in dieser Art von Religion erreichen. „Die vorwiegende Stimmung ist Freude, während sie in autoritären Religionen in Kummer und Schuldgefühl besteht.“ Jede Religion kann auf die eine oder auf die andere Weise gebogen werden.
„Fürchtet Euch nicht, denn Euch ist heute der Heiland geboren.“ Das ist die christliche Weihnachtsbotschaft. Sie verlangt gerade angesichts von Gewalt und Terror eine Gesellschaft der Offenheit, der Toleranz und auch der offenen Grenzen. Denn die Zusage, dass der Erlöser der Welt geboren ist, richtet sich an alle Menschen, gleich welcher Nation, gleich welcher Religion sie angehören.
Vielleicht haben wir jetzt beim ein oder anderen Stadion- oder Weihnachtsmarktbesuch ein mulmiges Gefühl. Aber die Weihnachtbotschaft gilt. Irregeleitete Menschen, die Religion zur Legitimierung ihrer Gewalt missbrauchen, können daran nichts ändern.
Im Namen der Redaktion wünsche ich uns allen eine friedliche Advents- und Weihnachtsfest.
Die Herausforderung durch die vielen geflüchteten Menschen, die zurzeit nach Deutschland kommen, wird nicht in wenigen Wochen beendet sein. Es wird viel Geld und Engagement nötig sein, um ihnen eine Perspektive zu verschaffen. Aber genau das birgt auch die Chance, Schieflagen in unserer Gesellschaft zu begradigen.
Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Rolf Oeser
Viele Flüchtlinge stehen noch vor den Grenzen Europas, ein Ende der Kriege in Syrien und Afghanistan ist nicht in Sicht. Deutschland zeigt bisher überwiegend ein freundliches Gesicht. Auch die Kirchen helfen, wo sie können. Doch daneben hat eine Diskussion darüber eingesetzt, wie es nun weitergehen soll.
Bundespräsident Joachim Gauck sagte bei der Einheitsfeier in der Alten Oper: „Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit. Aber unsere Möglichkeiten sind endlich.“ Endlich sind unsere Möglichkeiten sicherlich. Aber sind sie bereits ausgeschöpft? Was bedeuten die vielen Flüchtlinge für unser Gemeinwesen?
Manchmal hilft ein Blick in die Statistik: Schon lange beträgt die Zahl der Neuankömmlinge zwischen 1,5 Millionen (1992) und 700.000 (2006) jährlich; 2013 waren es 1,2 Millionen. Deutschland ist längst ein Einwanderungsland. Jetzt kommen Menschen hinzu, die nicht freiwillig ihre Heimat verlassen haben. Viele von ihnen sind seelisch schwer verletzt, traumatisiert. Und doch sind sie auch eine Chance für Deutschland. Die Hälfte von ihnen ist unter 25 Jahre alt. Mit Blick auf den demografischen Wandel kann der deutschen Gesellschaft und auch der Wirtschaft gar nichts Besseres passieren.
In mehr Gerechtigkeit investieren
Allerdings müssen diese Menschen auch eine Chance bekommen. Sie brauchen Deutschkurse, Wohnungen, Arbeitsplätze. Dabei soll niemand sagen, es mangele an Geld: Die Bankenrettung hat einen dreistelligen Milliardenbetrag aus Steuermitteln gekostet. Es ist an der Zeit, in mehr Gerechtigkeit zu investieren.
Der Bau von Sozialwohnungen wird allen zugute kommen, die sich die Mieten in den Ballungsräumen nicht mehr leisten können. Förderprogramme in Kitas und Schulen werden hoffentlich dazu dienen, mehr Bildungsgerechtigkeit zu gewährleisten. Es ist ein Skandal, dass in Deutschland jedes Jahr 70.000 junge Menschen die Schule ohne Abschluss verlassen. Mit den Flüchtlingen haben wir die große Chance, solche Schieflagen unserer Gesellschaft zu begradigen.
Doch dies wird nicht von heute auf morgen gehen. Die Menschen fragen zurecht, wie es weitergehen soll. Hier ist die Politik gefordert, ehrlich zu sagen, dass viel Geld und Engagement nötig ist. Nur dann schaffen wir das. Nur wenn die Flüchtlinge hier eine Perspektive bekommen, werden sie ein Segen sein.
Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung ist einer der Vorkämpfer für die kirchliche Anerkennung homosexueller Partnerschaften. Das ist nicht einfach nur dem Zeitgeist geschuldet, sondern dahinter stehen theologische Überlegungen über die Grundlagen des christlichen Familienbildes und die Auslegung der Bibel. Kurt-Helmuth Eimuth befragte ihn zu den Details.
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Kirchenpräsident Volker Jung. Foto: EKHN
Herr Kirchenpräsident, Sie gehören zu den Verfassern der Orientierungshilfe Familie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Dieses Papier hat Furore gemacht, da hier nicht nur Vater, Mutter, Kind als Familie gesehen werden?
Die Orientierungshilfe nimmt zunächst die Wirklichkeit von Familien in Deutschland in den Blick. Und die zeigt: Es gibt inzwischen eine Vielzahl unterschiedlicher Formen des familiären Zusammenlebens. Dazu gehören die sogenannte „klassische“ Familie ebenso wie das kinderlose Ehepaar, das Verwandte pflegt, und das gleichgeschlechtliche Paar, das in einer eingetragenen Partnerschaft mit Kindern lebt, und manches mehr. Es ist ein Grundanliegen der Orientierungshilfe zu sagen, dass Familien gesellschaftlichen Rückhalt brauchen – unabhängig davon, in welcher Form Familie gelebt wird.
Die Ehe als “göttliche Stiftung” und traditionelle Geschlechterrollen lassen sich nicht biblisch begründen?
Es gibt eine lange theologische Tradition, in der aus der Erschaffung des Menschen als Mann und Frau und der Rollenzuschreibung aus neutestamentlichen Texten die Ehe mit traditionellen Geschlechterrollen gleichsam als „göttliche Ordnung“ begründet wurde. Das lässt außer Acht, dass die biblischen Vorstellungen selbst zeitbedingt sind, und andere Texte über diese Rollenmuster hinausweisen. Außerdem hat sich unsere Wahrnehmung – insbesondere der homosexuellen Prägung von Menschen – verändert. Biblisch begründen lässt sich aber sehr wohl, dass es in Ehe und Familie darum geht, dass Menschen dauerhaft, verbindlich, verlässlich, partnerschaftlich und gerecht Verantwortung füreinander übernehmen.
Welche Formen von verlässlicher Beziehung kennt die Bibel?
In der Bibel finden wir ganz unterschiedliche Familienkonstellationen. Da wird von den Urvätern erzählt, dass sie mehrere Frauen hatten. Und es reicht hin bis zum Hausstand, in dessen Zentrum Mann und Frau stehen, zu dem aber auch Sklaven gehören. Auch die Ehelosigkeit wird gewürdigt und gewissermaßen eingefügt in den Zusammenhalt von Gemeinden. Das alles zeigt: Es kann nicht darum gehen, zeitbedingte Formen in den Rang einer überzeitlichen Norm zu erheben.
Und Homosexualität? Ist die in der Bibel nicht verpönt?
Homosexualität wird sowohl im Alten als auch im Neuen Testament in den wenigen Stellen, in denen davon die Rede ist, klar abgelehnt. Das ist sicher ein Grund dafür, warum Homosexualität lange als Krankheit oder Sünde betrachtet wurde. Es war ein langer Weg zu erkennen, dass Homosexualität eine Prägung von Menschen ist, die nicht veränderbar ist, und dass es sehr wohl möglich ist, diese sexuelle Veranlagung – wie auch die heterosexuelle – zwischen gleichberechtigten Partnern verantwortlich zu leben. Auch hier geht es darum zu erkennen, dass die Bibel in zeitbedingten Sichtweisen nicht normativ sein kann. Sie ist aber normativ darin, dass Menschen in allem, was sie tun, Verantwortung haben und einander nicht schaden dürfen.
Welche Funktion hat Familie in einer erweiterten Form heute noch für die Gesellschaft?
Es bleibt der wichtige Grundgedanke, dass verlässliche Partnerschaften und mit ihnen Familien nach wie vor für eine Gesellschaft außerordentlich wichtig sind. Eine Gesellschaft ist darauf angewiesen, dass Menschen verbindlich und dauerhaft füreinander da sind und füreinander sorgen. Heute geht es darum, dass der zu Recht gewährte besondere Schutz für Ehe und Familie über die traditionelle Form der Familie, die natürlich nach wie vor von vielen gern und gut gelebt wird, hinaus ausgeweitet wird.
Was brauchen Familien in ihrer vielfältigen Erscheinungsform heute?
Sie brauchen zunächst gesellschaftliche Akzeptanz und politische Anerkennung in all ihren Formen. Für mich ist gegenwärtig besonders der der Blick auf die Situation von Alleinerziehenden wichtig. Sie muss dringend verbessert werden – finanziell aber auch mit konsequent weiter ausgebauten Unterstützungs- und Betreuungsangeboten.
Die evangelische Kirche will Familien gerade im Bereich der Erziehung und Bildung stützen. Wie kann sie das?
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau bietet selbst eine ganze Menge an: Von 600 Kindertagesstätten mit fast 40.000 Plätzen über vier Schulen in kirchlicher Trägerschaft und Familienbildungsstätten bis hin zur Unterstützung für Familienzentren.
Die Orientierungshilfe fordert familienfreundliche Arbeitszeiten. Die Kirche ist selbst ein großer Arbeitgeber. Gibt es in der Kirche besondere Anstrengungen um diesen Anspruch umzusetzen?
Im Sommer 2015 ist die Kirchenverwaltung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau beispielsweise für ihr Engagement zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Berlin ausgezeichnet worden. Mit dem Stabsbereich Chancengleichheit versuchen wir dafür zu sorgen, dass wir uns hier weiterentwickeln. Aber wir müssen auch zugeben: da gibt es noch viel zu tun – in unseren Gemeinden und Einrichtungen in Kirche und Diakonie. Manches lässt sich aber auch nur verwirklichen, wenn die gesamte Gesellschaft sich hier verändert.
Nirgends wird die Solidarität der Generationen so sichtbar wie in der Familie. Wie können Kirchengemeinden dieses wahrnehmen und unterstützen.
Kirchengemeinden spielen mit ihren vielen Angeboten von der Krabbelgruppe bis zum Seniorenkreis schon jetzt eine ganz wichtige Rolle. Derzeit läuft mit der Diakonie zusammen eine spannende Initiative zur stärkeren Vernetzung von Hilfsmöglichkeiten vor Ort. Ziel des Projektes „Drin“, das wir mit drei Millionen Euro fördern, ist es, die Gemeinwesenarbeit zu stärken. Dazu gehört eben auch, Lebensbedingungen für Familien zu verbessern. Etliche Kirchengemeinden sind auch beim Aufbau von Familienzentren engagiert. Auch das unterstützen wir. Insgesamt geht es auch darum, noch mehr als bisher die unterschiedlichen Familienkonstellationen wahrzunehmen und ihnen vorurteilsfrei zu begegnen.
Die häusliche Pflege ist nicht nur gesellschaftlich notwendig, sondern intensiver Ausdruck der Verlässlichkeit von Beziehung. Doch gelegentlich überfordern sich die Pflegenden. Kann die Kirchengemeinde hier helfend tätig werden?
Eine menschenwürdige Pflege von älteren Menschen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Hier braucht es gute unterstützende Angebote. Es kommt auf ein gutes Zusammenspiel von Pflegediensten, ärztlicher Unterstützung und seelsorgerlicher Begleitung von Pflegebedürftigen und Pflegenden an. Kirchengemeinden können hier mithelfen, sie können aber bei weitem nicht alles leisten, was nötig wäre. Ganz wichtig ist auch hier, Möglichkeiten zu eröffnen, durch die Pflege und Beruf miteinander vereinbart werden können.
In der Orientierungshilfe wird auch die Schattenseite von Familie angesprochen: familiäre Gewalt.
Ja, das war eine wichtige Sichtweise, die vor allem Praktikerinnen immer wieder eingebracht haben. Dazu kam, dass die Arbeit an der Orientierungshilfe mit den großen Skandalen um sexuellen Missbrauch zusammenfielen. Die Vorsitzende der Ad-Hoc-Kommission Ehe und Familie, die ehemalige Bundesministerin Christine Bergmann, war in dieser Zeit Beauftragte der Bundesregierung für Opfer sexuellen Missbrauchs. Das hat uns noch einmal besonders sensibel auf die Gewaltproblematik schauen lassen. Dazu gehört, sich einzugestehen, dass Familie nicht immer ein idyllischer Hort des Friedens ist, sondern eben auch ein sehr konfliktreicher Ort und manchmal auch ein Ort entsetzlichen Leidens sein kann. Das nicht zu verheimlichen und mit den Schattenseiten offen umzugehen, war uns wichtig.
Familie stärkt die Gesellschaft, doch gleichzeitig sind Alleinerziehende von Armut bedroht. Wie kann hier umgesteuert werden?
Das ist ein besonders trauriges Kapitel. Die Armutsgefährdung in diesem Bereich ist seit Jahren erschreckend hoch, zumal alleinerziehende Frauen auch weit über dem Durchschnitt in Niedriglohnbereichen arbeiten. Hier hilft nur der konsequente weitere Ausbau von guten Betreuungsmöglichkeiten. In der Orientierungshilfe haben wir zudem die Hoffnung geäußert, dass der Mindestlohn vielleicht dazu beiträgt, die sogenannten Ein-Eltern-Haushalte künftiger weniger oft in die Armut abrutschen zu lassen.
Im Zusammenleben mit anderen Religionen und Kulturen begegnen uns auch andere Familientraditionen. Gerade der Umgang mit Homosexualität dürfte eher trennend wirken. Eine Herausforderung für die einheimische Gesellschaft?
Homosexualität ist ja schon innerhalb der christlichen Glaubensrichtungen und Traditionen ein heikles Thema. Natürlich spielt das auch beim Dialog mit anderen Religionen eine Rolle. Das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen und Religionen friedvoll zu gestalten ist eine große Zukunftsaufgabe. Dazu gehört auch, gute Wege zu finden, schwierige religiöse und kulturelle Fragen zu bearbeiten.
Familienpolitik ist längst nicht mehr “Gedöns”. Sie sei, so die Orientierungshilfe, ein wesentlicher Faktor für die allgemeine Wohlfahrt und den gesellschaftlichen Reichtum.
Es hat sich einiges getan. Aber meistens ist es in der politischen Praxis doch immer noch so, dass das Finanzministerium oder auch das Verteidigungsministerium anders beachtet wird als das Familienministerium. Eine gute Politik für die Menschen muss aber noch viel stärker von der Sozial- und Familienpolitik aus bestimmt sein als bisher. Die skandinavischen Länder haben hier eine führende Rolle. Und das hat ganz praktische Folgen – etwa in der größeren Bereitschaft, Kinder zu bekommen.
Diakonie und Kirche sollen Familie stark machen. Wie können sie das?
Wir können Familien stark machen, indem wir sie mit vielfältigen Angeboten unterstützen. Und auch dadurch, dass wir uns für eine andere politische Gewichtung der Familienpolitik einsetzen. Die Orientierungshilfe Familie versucht dies und hat gerade auch im politischen Raum eine bemerkenswerte Beachtung gefunden.
Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 28. Juli 2015 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe Web.
Der Unternehmensberater Viktor Lau geht hart mit der Personalentwicklungs-Branche ins Gericht. Neun von zehn Führungskräfte-Seminare seien weltanschaulich geprägt und problematisch.
Viktor Lau übt scharfe Kritik an den Angeboten der Fort- und Weiterbildung großer Unternehmen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth
Schon die Überschrift seines Vortrages ist wenig schmeichelhaft für die Branche der Personalentwicklung: „Spinner in Nadelstreifen“ nennt der Unternehmensberater Viktor Lau zahlreiche Anbieter von Fortbildungsseminaren. Lau war früher bei zwei Banken zuständig für deren Fort- und Weiterbildungsangebote und sollte es deshalb wissen. Neunzig Prozent der Angebote für Führungskräfte seien weltanschaulich gefärbt und durchaus problematisch, so Lau in seinem Vortrag bei der Sekteninformation und Selbsthilfe Hessen (Sinus) in Frankfurt. Und der Markt ist durchaus beachtlich. Das Deutsche Institut für Wirtschaft schätzt den Umsatz am 30 Milliarden Euro jährlich.
Als Beispiele für solche Angebote nannte Lau etwa das Neurolinguistische Programmieren, die Organisationsaufstellung oder auch zweifelhafte „Typentests“. „Da bohren Menschen mit Halbwissen in der Psyche von Kunden herum.“ Zudem gebe es keine „Menschentypen“. Jeder Mensch sei höchst individuell. Aber die Antworten der Test seien so schön einfach und träfen immer zu. „Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Antworten zum Einen positiv und zum Anderen hinreichend diffus sind.“ Mit diesem Effekt arbeite auch die Astrologie.
Zu den zweifelhaften Psychoprogrammen zählt Lau auch die Transaktionsanalyse, die sich etwa in der Erzieher- und Erzieherinnenausbildung großer Beliebtheit erfreut. Problematisch seien die Instrumente solcher Programme, weil sie meist in den Händen von nicht ausreichend qualifizierten Menschen seien. Wenn beispielsweise in einem Seminar die Erinnerung an ein traumatisches Ereignis wie Vergewaltigung oder der Tod eines nahen Angehörigen hervorgerufen wird, hätten diese „Pseudotherapeuten“ nicht das Handwerkszeug, um dieser Retraumatisierung zu begegnen.
Ein relativ neuer Trend sei es, Tiere als Co-Trainer einzusetzen. Man glaube, dass diese ein ehrliches, schnelles Feed-Back gäben. So hat eine deutsche Großbank ihre Führungskräfte mit Hilfe von Lamas trainiert.
Mit Blick auf den Trend des Zen-Leadership merkte Lau an, dass hier einige Komponenten aus dem kulturellen Kontext gerissen würden. Überhaupt sei der Anspruch der permanenten Optimierung problematisch: „Was ist mit jenen, die nicht können oder auch nicht wollen?“ Lau forderte, dass das Wir wieder in den Vordergrund gehöre, den Unternehmen seien auch soziale Institutionen. Die gegenwärtige Personalentwicklung wirke dagegen entsolidarisierend.
Viktor Laus Anayse ist als Buch unter dem Titel „Schwarzbuch Personalentwicklung“ erschienen.
Es ist das alte Lied in der sozialen Arbeit: Wer Autos produziert, verdient bei gleichwertiger Ausbildung mehr als eine Erzieherin im Kindergarten, ein Sozialarbeiter in der Drogenhilfe oder eine Krankenschwester im Operationssaal. Die Arbeit mit und für Menschen ist weniger wert als die Arbeit an Maschinen. Jetzt hat einer der größten Gesundheitskonzerne Deutschlands, die evangelische Agaplesion AG, Alarm geschlagen.
Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Ilona Surrey
Ein neuer Gesetzesentwurf führe zu weiteren Einsparungen beim Pflegepersonal, prognostiziert der christliche Konzern. Eigentlich ist das kaum vorstellbar. Schon jetzt steht die Pflege doch unter extremem Zeitdruck. Behutsam und sensibel soll mit Kranken umgegangen werden. Doch bei Pflege im Akkord ist dies kaum möglich.
Ein Problem sei, dass Tarifsteigerungen bei der Refinanzierung nicht vollständig übernommen werden. Eine Praxis, die die Stadt Frankfurt bei der Sozialarbeit freier Träger übrigens ebenfalls anwendet. Deshalb müssen die Kliniken Gewinne erwirtschaften, obwohl sie doch eigentlich allein der Allgemeinheit dienen sollten.
Zu Recht ist man in Deutschland stolz auf die soziale Errungenschaft einer staatlichen Gesundheitsfürsorge. Doch diese Fürsorge wird nicht stringent als Dienstleistung der öffentlichen Hand organisiert, sondern in Teilen privatwirtschaftlich. Die Krankenhäuser müssen entgegen der gesetzlichen Verpflichtung ihre Investitionskosten teils selbst finanzieren. Und dann sind da noch die Interessen der einflussreichen Pharmaindustrie. Gleichzeitig wächst die Bürokratie. Zehn Jahre und eine Milliarde Euro hat man für die Geburt der Gesundheitskarte benötigt, die nun doch nicht viel mehr kann als Namen und Adressen zu speichern. „Die durch gesunkene Patiententage eingesparte Zeit ist vollständig von patientenfernen Tätigkeiten geschluckt worden“, kritisiert Agaplesion. Will heißen: Es gibt Einsparungen durch die frühe Entlassung der Patienten und Patientinnen. Doch sie werden von der Bürokratie aufgefressen.
Gut, dass Agaplesion jetzt auf die Fehlentwicklungen hinweist. Der Gesundheitsmarkt bewegt 300 Milliarden Euro im Jahr, das sind mehr als zehn Prozent des Bruttosozialprodukts. Hier muss die Politik handeln. Sie wird es aber erst, wenn unser Wertegefühl sich ändert. Wenn wir der Krankenschwester, dem Sozialarbeiter, der Erzieherin mindestens ebenso viel Wertschätzung entgegenbringen wie dem Arbeiter bei Mercedes.
Oberbürgermeister Peter Feldmann will die Stadt sozialer gestalten. Dabei baut er auch auf die Kirchen. Ein Gespräch mit Kurt-Helmuth Eimuth.
Frankfurt: Interview Eimuth mit Peter Feldmann, dem Frankfurter Oberbürgermeister, in seinem Amtszimmer im Römer
Foto aufgenommen am: 22.04.2015
Foto: Rolf Oeser
Oberbürgermeister Peter Feldmann im Gespräch mit Evangelisches Frankfurt. Foto: Rolf Oeser
Herr Oberbürgermeister, Sie haben bei mancher Gelegenheit betont, dass Sie selbst einmal Mitarbeiter des Evangelischen Regionalverbandes waren.
Das ist wahr. Und das war eine sehr gute Zeit, in der ich viel gelernt habe, gerade im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit. Es ging nicht um Sozialstatistiken oder Organigramme, sondern es ging um Menschen. Ich habe gelernt, dass Sozialarbeit immer ein Wertefundament braucht. Das trägt meine Arbeit bis heute.
Was erwarten Sie als Oberbürgermeister von der evangelischen Kirche?
Dass das Heimatgefühl, das ich damals als Mitarbeiter erlebt habe, nicht nur nach innen, sondern auch gesamtgesellschaftlich trägt. Das heißt, dass die Kirchen insgesamt zu ihrem Wertefundament stehen und es keinem allzu modernen Zeitgeist opfern sollten. Die Botschaft, die wir aus dem Weihnachtsfest mit der Nähe von Mensch zu Mensch mitnehmen, ist eine Aufgabe für das ganze Jahr.
Viele nehmen heute Religion als etwas wahr, das Unfrieden stiftet.
Die Religionen stehen ja erst einmal für Frieden. Schwierig sind nur die, die glauben, sie wissen alleine, wie der Weg zum Frieden auszusehen hat, die keine anderen Ansichten neben der eigenen gelten lassen Das bringt die Konflikte. Sobald zumindest im Umfeld der drei Buch-Religionen, Judentum, Christentum und Islam die Ur-Botschaft der zehn Gebote ernst genommen wird, sind harte, aggressive, gewalttätige Konflikte undenkbar.
Hier in Frankfurt haben wir ja den Rat der Religionen. Wie nehmen Sie ihn wahr?
Das ist eine wunderbare Plattform für den gemeinsamen Diskurs. Ich wünsche mir allerdings mehr gemeinsame Auftritte der Konfessionen in den Kindergärten und Schulen. Damit die nächste Generation weiß, der Jude, der Muslim ist nicht der Feind, sondern auch einer der Guten. Das geht nur, wenn sich die zentralen Vertreter der Religionsgemeinschaften nicht scheuen, auch gemeinsam in Schulen zu gehen und sich gegenseitig unterstützen. Das hat große Symbolkraft. Da bin ich als Oberbürgermeister immer dabei.
Viele rufen aber nach einer stärkeren Trennung von Staat und Kirche.
Diese absolute Säkularität, diese harte Trennung, gefällt mir nicht. Ich finde es sehr schön, wenn beispielsweise der RMV gemeinsam mit den Kirchen für ein Weihnachtsticket wirbt. Das ist eine Zeit der Besinnung, da sollte man seine Familien und Freunde besuchen, das sollte nicht am Geld scheitern. Ich wünsche mir mehr Projekte dieser Art.
Soll der Sonntag als arbeitsfreier Tag weiter geschützt werden?
Absolut. Nicht nur als Sozialdemokrat und Gewerkschafter bin ich dafür. Das Gebot des siebten Tages soll nicht an die Seite gelegt werden.
Sie sind angetreten, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Wie sieht Ihre Bilanz aus?
Das Thema ist endlich in unserer Stadt zum zentralen Thema geworden. Das hängt natürlich nicht alleine von mir ab. Aber ich bin schon sehr stolz, dass wir die Budgets der Stadt um hundert Prozent gesteigert haben. Geld baut noch keine Wohnungen, ist aber eine Grundlage dafür. Jetzt müssen wir alles tun, um die leidige Diskussion über leer stehenden Büroraum in konkrete Projekte einfließen zu lassen. In der Adickesallee im Februar dieses Jahres oder in der Hahnstraße in der Bürostadt Niederrad im März durfte ich jeweils einen „Baggerbiss“ machen. Baggerbiss bedeutet: Wir reißen Gewerberaum ab, um daraus Wohnraum zu machen!
Es gibt die ersten Projekte im Umland, wo wir auch gemarkungsübergreifend bauen und beispielsweise Studenten Wohnraum außerhalb Frankfurts anbieten. Aber auch mit unserer Nachbarstadt Offenbach sind wir einen Schritt nach vorne gekommen: Die Hafeninsel ist ein tolles Projekt unserer beider Städte.
Welche Pläne verfolgen Sie außerdem noch?
Ein Weg ist eine vorsichtige, sensible Verdichtung. Aber ich möchte auch nicht, dass jeder Hinterhof zugebaut wird. Deshalb trete ich für ein Wohngebiet im Frankfurter Norden ein. Unsere Grünflächen wollen wir nicht aufgeben, doch bei fünfundzwanzig Prozent agrarischen Flächen in der Stadt bestehen Möglichkeiten.
Die Stadt wird immer reicher, aber die Spaltung zwischen arm und reich wird immer größer. Sie haben die Kinderarmut als Skandal bezeichnet.
Ja, da bin ich sehr geprägt von meiner Jugendhauszeit beim Evangelischen Regionalverband. Wenn man erlebt, wie Kinder es empfinden, wenn Gleichaltrige mit besseren Berufs- oder Bildungschancen an ihnen vorbeiziehen, welches Erniedrigungsgefühl, manchmal auch Wut oder Hass daraus entsteht, weiß man, wovon ich spreche.
Bei fünfundzwanzig Prozent armen Kindern bleibt es eine zentrale Aufgabe der Stadt, daran etwas zu ändern. Kinderarmut ist aber auch Elternarmut. Eltern müssen Arbeit bekommen. Hier müsste die Arbeitsmarktpolitik eindeutigere Prioritäten setzen.
Es kommen 1600 Flüchtlinge im Jahr nach Frankfurt. Wie wollen Sie ihnen helfen?
Erst einmal ein großes Kompliment an die Kirchen, die uns beispielsweise mit der Unterbringung in der Gutleutkirche geholfen haben. Das beweist, welch wichtige Rolle die Kirchen in solchen konfliktreichen Situationen haben. Die Menschen, die herkommen, wollen auch Arbeit haben. Hier müssen wir bürokratische Hürden abbauen.
Dann müsste das Arbeitsverbot für Flüchtlinge doch aufgehoben werden.
Absolut. Da bin ich radikal. Wer arbeiten will, soll die Möglichkeit dazu bekommen.
Ihr Thema in diesem Jahr ist die älter werdende Gesellschaft. Warum?
Alles, was die Älteren heute erkämpfen, wird auch in jüngeren Generationen wirksam. Ich habe ein schönes Beispiel. Unsere Wohnungsbaugesellschaften wollen Haltegriffe oder automatisches Licht bei Neu- und Umbauten mit einplanen. Die erste Reaktion kam von Studenten, die das auch für sich ganz praktisch fanden.
Wir werden mit dem Deutschen Seniorentag Anfang Juli ein klares Zeichen setzen: Diese Stadt ist für Senioren nicht nur offen, sondern gehört ihnen auch.
Herr Oberbürgermeister, herzlichen Dank für das Gespräch.
Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Rolf Oeser
Damit machte sich der Papst bei vielen unbeliebt: als er sagte, der berühmte Klaps auf den Po sei bei Kindern akzeptabel, körperliche Züchtigung als Maßnahme zur Erziehung solle aber immer „würdevoll“ vollzogen werden. Da war Franziskus wohl in seinen kulturellen Wurzeln verstrickt. Andererseits: Von den 27 Ländern der Europäischen Union haben bis heute erst 16 Länder die körperliche Züchtigung von Kindern verboten.
Auch in Deutschland war es ein langer Weg, bis Gewaltfreiheit bei der Erziehung in der Gesellschaft und im Gesetz verankert waren. Hier ist das Schlagen von Kindern seit dem Jahr 2000 gesetzlich verboten. Und auch wenn sich Einstellungen nur langsam ändern, in diesem Fall ist es gelungen: Heute wird viel mehr als früher auf das Kindeswohl geachtet. Weint das Nachbarkind ständig? Ist ein Kind in der Kita oft schmutzig angezogen, gibt es Anzeichen von Verwahrlosung? Ob Nachbarn, Erzieherinnen, Lehrkräfte – sie alle achten heute mehr auf solche Alarmzeichen als noch vor wenigen Jahrzehnten. Und vom Gesetz her sind sie sogar dazu verpflichtet, ihnen nachzugehen. In den Kitas zum Beispiel wurde dafür ein eigenes Prüfsystem verpflichtend eingeführt.
Diese neue Aufmerksamkeit zeigt Wirkung. Schneller und häufiger werden Eltern heute Hilfestellungen angeboten, wenn sie nicht klarkommen. Erziehungsberatung oder Familienhilfen können entlasten und so die Gefahr für das Kind senken. Nur als letztes Mittel wird eine Unterbringung im Heim angeordnet: Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der städtischen Ämter ist das eine schwierige Gratwanderung, denn eine Heimunterbringung bedeutet ja immer die Trennung von der Familie, und das will kein Kind. Doch in einigen Fällen ist es eben notwendig, etwa bei psychischer Erkrankung der Eltern oder Alkoholsucht.
Ziel muss dabei immer sein, dass das Heim nur eine Übergangslösung bleibt, dass die Situation in der Familie möglichst schnell so verbessert wird, dass das Kind zu den Eltern zurückkehren kann. Dafür ist es auch wichtig, dass der Kontakt zu Mutter und Vater in der Zwischenzeit nicht ganz abreißt. Umso besser, wenn Kinderheime nicht außerhalb der Stadt liegen, sondern in den Wohnquartieren. Das Engagement des Evangelischen Regionalverbandes mit Gründung der „Kindervilla Hollerkopf“ ist für zahlreiche Kinder und deren Familien ein Rettungsanker.
Medienkompetenz und Medienschutz standen im Mittelpunkt eines Fachtages zum Thema „Medien, die geheimen Erzieher“ der Diakonie Frankfurt. „Kinder wachsen von Beginn an in eine stark durch Medien beeinflusste Umwelt hinein“, sagte Kurt-Helmuth Eimuth, der Leiter des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten. „Angesichts einer kaum noch zu überblickenden Flut medialer Angebote sind viele Eltern verunsichert, gerade in den ersten Lebensjahren der Kinder.“ Welche Medien sind angemessen und wie viel Medienzeit in welchem Alter sinnvoll?
Wichtig sei es dabei, selbst ein Vorbild zu sein. Das Verteufeln oder Verbieten von Medien helfe nicht. Medienkompetenz bedeute vielmehr, Medien kreativ und aktiv zu nutzen. Also nicht Stunden damit zu verbringen, beim Computerspiel das nächsthöhere Level zu erreichen, sondern zum Beispiel mittels einer speziellen App selbst Musik zu komponieren. Oder nicht einfach nur immer Filme anzuschauen, sondern auch mal selbst einen Film zu erstellen.
Damit Kinder diese Art von Medienkompetenz erwerben, bedürfe es geschulter Fachkräfte, weshalb die Diakonie Frankfurt bereits über zwanzig medienpädagogische Fortbildungen in ihren Kitas durchgeführt hat. Schließlich hebt auch der neue Rahmenlehrplan für die Erzieherinnenausbildung Medienerziehung als Querschnittsaufgabe besonders heraus.
Seit Jahren tobt eine teils ideologisch geführte Debatte über Impfpflichten für Kinder. In diesen Tagen wird sie am Beispiel der Masern wieder heftiger geführt. Und das nicht nur in den Zeitungen, auf Twitter oder am Küchentisch, sondern auch an einem Ort, wo sie viele wohl nicht vermutet hätten: im Aufnahmegespräch in der Kita.
Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Rolf Oeser
Darf, muss ein Kind geimpft werden? Und wenn es nicht geimpft ist, bekommt es dann einen Kita-Platz?
Das hessische Kindergesundheitsgesetz legt seit Sommer 2008 fest, dass vor der Aufnahme eines Kindes in einer Kita von den Eltern eine Impfbescheinigung des Kinderarztes vorzulegen ist. Wer das eigene Kind nicht hat impfen lassen, muss dies nicht nur schriftlich erklären, sondern sich auch vom Arzt bescheinigen lassen, dass eine Information über die Folgen erfolgt ist. Auch wird darauf hingewiesen, dass die nicht geimpften Kinder beim Auftreten einer Krankheit wie Masern – auch bei anderen Kindern – vom Besuch der Kita ausgeschlossen werden.
Das ist eine komplizierte Vorschrift, und sie wird oft auf einen falschen Nenner gebracht: Nicht-geimpfte Kinder dürften eine Kita nicht besuchen, wird behauptet. Was eben nicht stimmt.
Aber diese Regelung (auch andere Bundesländer haben ähnliche Vorschriften auf den Weg gebracht) verunsichert, auch wenn sie sicher in guter Absicht getroffen wurde. Dass die Impfquote bei Kindern rückläufig ist, ist ja schon seit langem bekannt. Ein wirksamer Schutz der Bevölkerung ist aber nur nur mit Impfquoten oberhalb der 95 Prozent gewährleistet.
Doch die Politik scheut die Auseinandersetzung über die Frage, ob eine Impfpflicht eingeführt werden soll. Zu stark prallen die Interessen und Ideologien einer Gesellschaft, die sich dem gesunden Leben verschrieben hat, aufeinander. Die einen, oft aus einem alternativen oder anthroposophischen Milieu, warnen vor negativen Folgen von Impfungen, die anderen warnen vor den möglichen Folgen der Erkrankungen.
Zurück bleibt dann eine Kita-Leiterin, die doch beim Aufnahmegespräch eigentlich den Eltern das pädagogische Konzept erläutern will und keine Impfdiskussion führen.
Nein, die Diskussion muss dort geführt werden, wo sie in einer Demokratie hingehört: in den Parlamenten. Deshalb, liebe Politikerinnen und Politiker: Übernehmt die Verantwortung, für die ihr gewählt wurdet. Trefft eine Entscheidung. Und wir, das Volk, werden die Entscheidung mit öffentlicher Auseinandersetzung begleiten. Nur so funktioniert ein Meinungsbildungsprozess. Und nur so kann eine Akzeptanz, auch eine Akzeptanz für das Impfen, erreicht werden.
Das würde vor allem den Kindern helfen – und so nebenbei auch zahlreichen Kita-Leiterinnen.
Frankfurt braucht dringend Platz für Flüchtlinge. Jetzt werden sie auch in Containern untergebracht – zum Beispiel im Apfel-Carré in Preungesheim.
Künftig Unterkunft für 80 Flüchtlinge. Die Containeranlage in Preugesheim. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth
Mit einer Containeranlage im Apfel-Carré in Preungesheim schafft die Stadt Frankfurt eine weitere Unterbringungsmöglichkeit für Flüchtlinge, die in Deutschland Schutz vor Verfolgung und Krieg suchen.
Mit Unterstützung des Evangelischen Vereins für Wohnraumhilfe werden hier künftig 80 Flüchtlinge in Zwei-Bett-Zimmern wohnen können. Wie Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld am Mittwoch ausführte, gibt es eine hohe Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung. Sie rief dazu auf, die Flüchtlinge nicht nur zu betreuen, „sondern sie mitzunehmen in den Kirchenchor, in den Sportverein“. Nur so könne Integration gelingen. Die Stadt Frankfurt unterstütze sie auch durch die Möglichkeit eines Sprachkurses und durch den Frankfurt-Pass.
Die Flüchtlinge wohnen in Zwei-Bett-Zimmern in denen auch ein Kühlschrank aufgesttellt werden kann. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth
Betreut werden die Flüchtlinge durch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter des Evangelischen Vereins für Wohnraumhilfe. Die oftmals vom Kriegsgeschehen traumatisierten Flüchtlinge werden seelsorglich von Pfarrerin Heike Seidel-Hoffmann begleitet.
Die Stadt rechnet auch weiterhin mit einem steigenden Zustrom von Schutzsuchenden. Derzeit kommen in der Woche vierzig Flüchtlinge für die die Stadt Unterbringungsmöglichkeiten schaffen muss. In letzter Zeit, so Birkenfeld, kämen nicht mehr nur Einzelpersonen sondern vermehrt Familien.