Eine Kita aus Modulen

2,8 Millionen Euro kostete der Neubau der Kindertagesstätte „Elisabeth“ des Diakonischen Werks Frankfurt des Evangelischen Regionalverbandes. Gestern wurde die Einrichtung offiziell eröffnet.

Die großzügig gestalteten Fensterfronten lassen viel Tageslicht in die Kindertagesstätte (Kita) „Elisabeth“ in der Dürkheimer Straße 35. Hell und freundlich sind die Räume in Inneren, bieten viel Platz für Bewegung und Kommunikation, nicht nur zwischen den Kindern, sondern auch zwischen den Eltern und den Pädagogen der Einrichtung. Gestern wurde die Kita offiziell eingeweiht.

Der Träger ist das Diakonische Werk Frankfurt des Evangelischen Regionalverbandes. 2,8 Millionen hat der Neubau gekostet. Das Besondere dabei ist, dass das zweigeschossige Gebäude in Modulbauweise errichtet wurde. Die Planung und Entwicklung hierfür geht zurück auf den Architekten Ferdinand Heide. „Die Fragestellung war, wie es gelingen kann, eine Kita einfacher, schneller und wirtschaftlicher zu bauen“, sagt Heide. „Der erste Schritt in der Entwicklung war die Herausarbeitung von Modulen, die in jeder Kita gleich sind wie Gruppen-, Ruhe- und Bewegungsräume“, schildert er weiter. Bei der Planung sei es außerdem wichtig gewesen, sich mit den verschiedenen Stellen abzustimmen etwa dem Brandschutz. „Herausgekommen ist ein System, das an vielen Orten einsetzbar ist“, betont Heide. In Fechenheim sei es bereits realisiert worden. „Auch die Stadt hat Interesse hieran, möchte sechs weitere Kitas nach diesem Prinzip errichten lassen.“

„Der Bau der Kita Elisabeth hat elf Monate gedauert“, sagt Kurt-Helmuth Eimuth, Leiter des Arbeitsbereiches Kindertagesstätten des Diakonischen Werks. Der Betrieb ist bereits seit geraumer Zeit angelaufen. Das vorhandene Angebot an Kindergartenplätzen ist mit 42 Mädchen und Jungen schon komplett belegt.

So stehen den Knirpsen des Kindergartens mehrere Themen bezogene Funktionsräume zur Verfügung: Sie können im Atelier-, im Bau- oder im Rollenspielzimmer kreativ sein, sich in einem der beiden Bewegungsräume austoben oder im Ruheraum entspannen. Außerdem gibt es 44 Plätze für Kinder unter drei Jahren, die sich auf vier geschlossene Krabbelgruppen aufteilen. Aktuell läuft die erste Krabbelgruppe mit acht Kindern, drei Plätze sind dort noch frei. Je nach Personalstand werden die anderen eröffnet. „Wir fahren den Betrieb langsam hoch“, so Eimuth.

FNP 28.1.2015

Dieter Graumann

Römerbergbündnis gegen Rassismus

25.01.2015 Heiliggeistkirche

Kurt-Helmuth Eimuth

Orgelvorspiel

Eingangslied: EG 295, 1-4

Wohl denen die da wandeln

Votum:

Im Namen Gottes feiern wir diese Andacht

Gott ist die schöpferische Kraft,

die alles Leben werden läßt.

Jesus Christus ist die heilende Kraft,

die zusammenhält, was auseinandergefallen ist.

Gottes Geist ist die tragende Kraft,

die hält, was zu fallen droht.

Psalm 23, Nr. 711 im Wechsel

Der Herr ist mein Hirte,

mir wird nichts mangeln.

Er weidet mich auf einer grünen Aue

Und führet mich zum frischen Wasser.

Er erquicket meine Seele.

Er führet mich auf rechter Straße um seines

Namens willen.

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,

fürchte ich kein Unglück;

denn du bist bei mir,

dein Stecken und Stab trösten mich.

Du bereitest vor mir einen Tisch

Im Angesicht meiner Feinde.

Du salbest mein Haupt mit Öl

Und schenkest mir voll ein.

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen

Mein Leben lang,

und ich werde bleiben im Hause des Herrn

immerdar.

Eingangsgebet:

Wir stehen vor dir, Gott

Eingebunden in unsere Welt,

umgeben von unserem Alltag,

gefordert von der Verantwortung, die wir tragen.

So viel Unterschiedliches umgibt uns,

so viele Anforderungen werden an uns gestellt,

da ist es manchmal nicht einfach, die Orientierung zu behalten –

oder überhaupt erste eine zu finden.

Die Sehnsucht ist da eine Richtung zu erkennen,

an die wir uns halten und auf die wir uns verlassen können.

In unserer schnelllebigen Zeit

Suchen wir Beständigkeit und dauerhafte Ziele.

Wir stehen vor dir, Gott,

mit unseren Erfahrungen und Träumen,

mit unserer Realität und unseren Hoffnungen.

Vor dir können wir sie bestehen lassen und ernst nehmen. Amen.

Lied: EG 613, Freunde, daß der Mandelzweig

Andacht:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mich bewegen in diesen Tagen zwei Ereignisse:

Heute Abend lädt das Römerbergbündnis zu einer Kundgebung unter dem Motto Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit ein. Ein starkes Zeichen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

Morgen ist der 70.Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers in Auschwitz. Auschwitz ist das Synonym für Unmenschlichkeit, für Grausamkeit aber auch für Intoleranz und Rassismus. So etwas wollen wir nie wieder haben. Hier nicht, in Deutschland nicht, auf der ganzen Welt nicht!

Gerade habe ich ein Buch gelesen, dass zu diesen beiden Aspekten interessante Einblicke gewährt. Peter Lückemeier und Werner D’Inka haben den ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann interviewt.

Graumann, so darf man sagen, ist ein in Israel geborener Frankfurter. Aufgewachsen zunächst in Zeilsheim und später im Westend. Seine Eltern hatten die Konzentrationslager überlebt. Der kleine David, so hieß Dieter Graumann zunächst, kannte vieles aus den Konzentrationslagern aus Erzählungen. „Ich bin mit Geschichten aus den Lagern groß geworden, wie andere mit Grimms Märchen“, sagt Graumann. „Sonntags kamen die Freunde meiner Eltern aus der Zeilsheimer Zeit in unserer kleinen Zweizimmerwohnung im Westend zu Besuch – und worüber redeten sie? Natürlich fast ausschließlich über ihre Zeit in den KZs. Und ich hörte immer sehr aufmerksam zu.

Und dann kam der Augenblick, an dem aus David Dieter wurde. Graumann erzählt: „Das ist ein Moment den ich natürlich für immer in mir trage. Wir lebten damals in der Oberlindau im Frankfurter Westend in einer kleinen Zweizimmerwohnung. Wir hatten im Schlafzimmer meiner Eltern eine große Spiegelanrichte. Eines Tages riefen sie mich und haben sehr ernst gesagt: ‚David, Du kommst jetzt in die Schule, und es ist nicht gut, wenn jeder weiß, dass du jüdisch bist. Und mit Deinem Namen David weiß jeder sofort, dass du Jude bist. Das ist nicht gut, und deswegen werden wir jetzt etwas zusammen machen.‘ Und dann haben sie mich ganz feierlich vor den Spiegel gestellt, mich in die Mitte genommen und dann langsam zu mir gesagt: ‚David, ab heute heißt du Dieter.‘ Das war schon ein heftiger, ein absolut dramatischer und auch traumatischer Augenblick für mich. Ich glaube nicht, dass das vielen Menschen im Leben jemals geschieht.“ Und in der Tat fühlte sich Dieter, wie Graumann jetzt hieß, in der Schulklasse „emotional isoliert.“ Doch er gewöhnte sich schnell an den neuen Namen, der auch in seinen Pass eingetragen wurde. Er kannte ja die Angst seiner Eltern: Denn diese fürchteten, dass sich so etwas wie der Holocaust wiederholen könne. Ausreise war für diese Familie immer ein Thema, das sich nur langsam abschwächte. Widerwillig lebten seine Eltern in Deutschland. „Widerwillig und mit ganz, ganz schlechtem Gewissen. Sie lebten an einem Ort, von dem sie das Gefühl hatten, sie dürften dort eigentlich nicht sein“, so Graumann.

Und noch etwas schmerzte aus der Kinderperspektive: Es gab keine Großeltern. Keine Familie im weiteren Sinne und dem Kind fehlte das Wissen um das Woher, wer gehört dazu – und natürlich vermisste das Kind auch Geschenke.

Für den Erwachsenen bleibt die eine, die entscheidende Frage, die Theodize-Frage offen: Wie konnte Gott Auschwitz zulassen? Eine Frage, die auch Graumann nicht beantworten kann. Graumann benutzt als Beschreibung der Schoa Bubers Begriff der „Gottesfinsternis“ und sagt: „Ich persönlich jedenfalls will aber fest daran glauben, dass Gott selbst im Holocaust immer bei den leidenden Menschen war, um ihnen Mut und Kraft und Inspiration zu geben, dass er jenen Hoffnung und Stärke gab, die den Schrecken überleben konnten, dass er die Verzweiflung und die Schrei der Menschen auch dort gehört und sie auch in unermesslichen Leid getröstet hat, ihre Tränen trocknete und ihnen selbst und gerade in ihren allerschwersten, bittersten Stunden immerzu beistand.“

Dieter war ein Frankfurter Bub und fußballbegeistert. Was lag näher als Fan von Eintracht Frankfurt zu werden. Das half ihm auch später auf dem Goethe-Gymnasium im Kontakt mit den anderen Jungs. Später war er Vorsitzender des jüdischen Fußballvereins Makkabi Frankfurt. Im Jahre 2000 wurden Woche für Woche die Kinder und Jugendlichen des Vereins von den Zuschauerrängen mit antisemitischen Sprüchen angepöbelt. Doch Graumann fand beim DFB kein Gehör und wandte sich schließlich an die Presse. Erst da bewegte sich etwas, wenn auch zunächst widerwillig. Graumann schildert, wie ihm der spätere DFB-Präsident Theo Zwanziger unterstütze. Heute, so Graumann, sei der DFB „deutlich sensibler“.

In dem als Buch erschienenen Gespräch werden auch andere, die Stadt und das Land bewegende Ereignisse lebendig. Der Konflikt mit Martin Walser und Jakob Augstein, die Beschneidungsdebatte und natürlich die Auseinandersetzung um die Aufführung des Fassbinder-Stückes im Schauspielhaus. Graumann argumentiert immer sachlich, äußerst reflektiert und stets aus der Perspektive eines Mannes, der nach vorne schaut und gestalten will.

Dieter Graumann schildert beeindruckend, welche Aufgabe sich der Frankfurter jüdischen Gemeide ab 1989 stellte: „neunzig Prozent unserer Mitglieder sind in den letzten 25 Jahren aus der ehemaligen Sowjetunion zu gekommen, ich wiederhole: neunzig Prozent! Nur zehn Prozent waren vorher schon da. Das ist doch ein bemerkenswertes, kurioses Zahlenverhältnis.“ Für Graumann hat die jüdische Gemeinde dadurch „eine rasante, eine radikale, eine durchaus revolutionäre Veränderung“ erlebt. Die Gemeinde hat sich ihren neuen Mitgliedern zugewandt. Graumann berichtet: „Als jetzt die Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion zu uns kamen, sagte ich mir, ja: da schwor ich mir, die Fehler der Vergangenheit dürfen wir auf gar keinen Fall wiederholen. Deshalb habe ich mich vom ersten Moment an dafür eingesetzt, dass die Neuankömmlinge mit offenen Armen empfangen wurden. Mit Herzlichkeit und einem Lächeln.“

Diese Haltung kann uns Vorbild sein. Im Aufruf zur heutigen Kundgebung des Römerbergbündnisses heißt es : „Seit dem Zweiten Weltkrieg waren weltweit noch nie so viele Menschen auf der Flucht. Gerade Muslime, Juden und Christen sind Opfer von Gewalt und Vertreibung. Dies droht europäische Gesellschaften zu spalten.

Menschen fliehen nach Europa vor Krieg und politischer, religiöser oder ethnischer Verfolgung, vor Hunger und bitterer Armut, vor Umweltzerstörung und vor brutalen Menschenrechtsverletzungen in ihrer Heimat. Asylrecht ist ein wichtiges und aus geschichtlichen Gründen in der Verfassung verankertes Grundrecht. Angriffe auf Grundrechte unterschreiten die Standards, nach denen wir leben wollen. Allzu oft in unserer Geschichte, als Menschen ausgegrenzt und verfolgt wurden, haben zu viele zu lange nur zugeschaut. Eine menschenwürdige Gesellschaft wird aber nur entstehen und Bestand haben, wenn ihre Mitglieder bereit sind, sie gleichberechtigt zu entwickeln und zu verteidigen.“

Und zum Schluss wird festgestellt: „Wir bekennen uns zu den in der Verfassung festgehaltenen Grundrechten, die unabhängig von Geschlecht, Religion und Herkunft für alle Menschen gelten: vor allem zu dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie zur Presse-, Meinungs-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Wir bejahen ausdrücklich die Diversität der Menschen in unserer Stadt und wollen die daraus entstehenden Konflikte im Rahmen der Rechtstaatlichkeit gemeinsam lösen.“

Lied: EG 599, Selig seid ihr

Mitteilungen

Gebet:

Gott, Quelle der Weisheit

Wir danken für die Momente der Klarheit, die wir erleben,

für den echten Glanz, den wir sehen,

für deine Gegenwart.

Wir bitten dich,

lass uns deine Gegenwart auch in unserer Gemeinschaft erleben:

in unserer Kirche,

daß wir gemeinsam Worte finden für das, was uns bewegt,

in unserem Land,

daß wir uns auf deinen Zuspruch von Frieden und Gerechtigkeit besinnen,

in unserer Gemeinde,

daß wir die Höhen und Tiefen unseres Weges begreifen.

Wir denken an unser eigenes Leben,

was uns fehlt, was wir ändern wollen.

Daß wir unser Leben verantwortungsvoll gestalten,

anderen und uns selbst Freude schenken können,

darum bitten wir.

Gemeinsam beten wir:

Vater unser im Himmel.

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

Und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Gott segne uns und behüte uns

Gott gebe uns Liebe, wo Haß ist,

Kraft, wo Schwachheit lähmt,

Toleranz, wo Ungeduld herrscht,

Offenheit, wo alles festgefahren scheint.

So sei Gottes Segen mit uns allen,

beflügle unsere Hoffnung

und begleite uns wie ein Licht in der Nacht. Amen.

Lied: 421 Verleih uns Frieden

Gute Witze nehmen sich selber auf die Schippe

von Kurt-Helmuth Eimuth 23. Januar 2015

Wirklich gute Witze gehen nicht auf Kosten anderer, sondern nehmen sich auf feine Art selbst „auf die Schippe“. Das gilt gerade auch für die Kirche. Nur Sekten sind humorlos.

Es ist gar nicht so leicht, andere zum Lachen zu bringen. Hier Pfarrerin und Clownin Gisela Mattiae bei einem Workshop in der Evangelischen Akademie Frankfurt. Foto: Ilona Surrey
Es ist gar nicht so leicht, andere zum Lachen zu bringen. Hier Pfarrerin und Clownin Gisela Mattiae bei einem Workshop in der Evangelischen Akademie Frankfurt. Foto: Ilona Surrey

„Eine alte Frau kommt nach dem Gottesdienst aus der Kirche. Sie schaut zur Turmuhr und sagt vor sich hin: Jetzt kann ich wieder laufen, jetzt kann ich wieder laufen. Der Pfarrer hört das und fragt: Sagen Sie, gute Frau, haben Sie gerade ein Wunder erlebt? Seien Sie froh und dankbar, dass Sie wieder laufen können! Nein, antwortet die Frau, ich habe kein Wunder erlebt. Wegen Ihrer langen Predigt habe ich den Bus verpasst, und jetzt kann ich wieder nach Hause laufen!“

Das ist ein typischer Witz, wie er gerne in kirchlichen Kreisen erzählt wird;  besonders unter Pfarrerinnen und Pfarrern. Im Kern überspitzten Witze Entwicklungen und machen Tendenzen sichtbar.

„Ein Pfarrer ärgert sich, dass so viele Leute zu spät zum Gottesdienst kommen und bringt an der Kirchtür ein Schild an: Wer zu spät kommt, stört! Am nächsten Sonntag muss er lesen, was jemand heimlich hinzugefügt hat: Aber er kommt!“

Die eigenen Gewissheiten in Frage stellen

Gute Witze gehen nicht auf Kosten anderer, sondern nehmen sich auf feine Art „selbst auf die Schippe“. Über sich selbst lachen zu können zeigt die Bereitschaft, auch mal eine andere Perspektive zu wählen als die eigene. Das ist eine Fähigkeit, die man in sektiererischen Gruppen nicht findet. Dass sie ihrer eigenen Organisation oder Dogmatik nicht mit Humor begegnen können, ist ein Kennzeichen von Sekten. Denn witzige Selbstironie ist immer auch eine Form, sich selbst und die eigenen Gewissheiten in Frage zu stellen. In Sekten dürfen Selbstzweifel aber nicht aufkommen.

Zum christlichen Glauben gehört der Zweifel aber ebenso dazu wie der Humor. Humor ist ja auch nicht die schlechteste Art, mit den Unzulänglichkeiten der Welt fertigzuwerden. Dabei geht es nicht darum, religiöse Gefühle von Gläubigen zu verletzen. Es gibt moralische und ethische Grenzen für Witzeleien. Schon Goethe schrieb: „Erlaubt ist, was sich ziemt“.

Religion muss Satire aushalten

Satire hingegen nimmt, wenn sie von außen auf eine Religionsgemeinschaft blickt, kaum Rücksicht auf die Gefühle der Gläubigen – frei nach dem Tucholsky-Motto: „Satire darf alles.“ Und das müssen Religionsgemeinschaften auch aushalten. Grenzen und Regeln, die eine Glaubensgemeinschaft sich selbst gibt, kann sie nicht Außenstehenden vorschreiben. Die Meinungsfreiheit ist in freiheitlichen Demokratien ein sehr hohes Gut. Schließlich war es auch die Erfahrung der Diktatur, die den Satz „Zensur findet nicht statt“ ins Grundgesetz brachte.

Kurz lässt es sich so auf den Punkt bringen: Die Kirche braucht Humor, die Gesellschaft braucht Satire. Beides sind Formen einer geistigen Auseinandersetzung mit wichtigen Themen, des öffentlichen Diskurses. Und beides trägt zur Meinungsbildung bei.

Musik „handgemacht“

Kurt-Helmuth Eimuth. Foto: Ilona Surrey

Man meint, dass es die Gethsemanegemeinde nicht erwarten kann. „Weihnachts-Ansingen“ – so ist das alljährliche Weihnachtskonzert am Dritten Advent im Nordend betitelt, am 14. Dezember, um 17 Uhr in der Eckenheimer Landstraße 90. Vor den bereits im Altarraum aufgestellten Weihnachtsbäumen musiziert dann das Gethsemane-Quartett, der Flötenkreis spielt als längeres Werk das Magnificat von Johann Pachelbel, und der Chor singt passend zum 25. Jahr des Mauerfalls ein Lied von Klaus Heizmann mit dem Text „Es war ein Tag der großen Wende“. Das ist Musik handgemacht, von Menschen, denen das Musizieren Freude bereitet, und die mit ganzem Herzen bei der Musik und dem bevorstehenden Fest sind. Und natürlich gibt es im Anschluss Tee und Plätzchen im neuen Gemeindesaal.

Von Bockenheim in den Dschihad

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 22. November 2014

Warum werden Jugendliche aus Frankfurt fanatische Islamkämpfer und ziehen in den Krieg? Diskussion beim „Salon am Kirchplatz“ in der Gemeinde Bockenheim.

Ilyas Mec hat für die ARD die Dokumentation „Sterben für Allah?“ gedreht. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

„Von Bockenheim in den Dschihad“ – dieser Titel fasst die Geschichte des 16-jährigen Enes zusammen. Ein Jugendlicher aus dem Stadtteil, dessen Schicksal Ilyas Mec in einem halbstündigen Film dokumentiert hat. „Das Thema hat hier große Betroffenheit ausgelöst, weshalb wir heute aufklären wollen“, sagte Pfarrer Rüdiger Kohl zu Beginn des Abends. Das geschehe aber nicht in einer überheblichen Haltung: „Jede Religion kann missbraucht werden.“

Christamaria Weber vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten führte aus, dass inzwischen zehn Frankfurter als Kämpfer gestorben sind. Vierzig Personen seien derzeit ausgereist, 18 davon seien durch die salafistische Koranverteilungs-Kampagne „Lies!“ angeworben worden. So erschreckend das sei, ist es doch nur ein winziger Teil der insgesamt 84?000 Muslime und Musliminnen, die in Frankfurt leben.

Radikalisierung geht extrem schnell

In der Diskussion wurde vor allem über die möglichen Motive der jungen Menschen diskutiert. „Was bewegt Menschen, sich einer Ideologie des Todes anzuschließen?“ fragte Ilona Klemens, Pfarrerin für interreligiösen Dialog. „Der Prozess der Radikalisierung geht so schnell, dass selbst Angehörige überrascht sind“, erläuterte der Filmemacher Mec. Es gebe in den Biografien fast immer Bereiche, wo diese jungen Menschen Orientierung brauchen. So habe Enes nach der Scheidung seiner Eltern „so eine Art Ersatzfamilie gesucht“. Es gebe aber auch den Salafismus als eine Art jugendlicher Protestkultur.

Christamaria Weber vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten konnte auf die Präventionsmaßnahmen der Stadt und des Landes hinweisen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Der in Frankfurt vor fünf Jahren gegründete Rat der Religionen, dem neun Religionsgemeinschaften angehören, hat in einem Positionspapier den „religiös begründeten Extremismus“ bereits verurteilt. Trotzdem forderte Mec, die Moscheegemeinden mehr in die Pflicht zu nehmen.

Deutlich wurde, dass eine Ursache für die Attraktivität extremistischer Gruppen unter Jugendlichen die Erfahrung der Ausgrenzung ist. Gerade Jugendliche, die bereits in zweiter und dritter Generation in Deutschland leben, seien auch aufgrund ihrer Bildung hier hoch sensibel, sagte Christamaria Weber. So wurde eine deutsche Willkommenskultur gefordert. Weber verwies auf die Anstrengungen der Stadt: Sie bietet Schulungen für Lehrkräfte an, hat eine Beratungsstelle eröffnet und plant Maßnahmen zur Stärkung der Jugendarbeit in Moscheegemeinden.

Der Film „Sterben für Allah?“ von Ilyas Mec ist noch in der ARD-Mediathek zu finden.

„Gott nicht für Gewalt missbrauchen“

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 1. November 2014

Beim zentralen Reformationsgottesdienst in der Katharinenkirche an der Hauptwache kritisierte der evangelische Frankfurter Stadtdekan Achim Knecht den Missbrauch von Religion.

Erstmals stand Stadtdekan Achim Knecht auf der Kanzel der Frankfurter Katharinenkirche. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

„Wir erleben im Nahen Osten, wie im Namen der Religion Gewalt verübt wird“, sagte Knecht in seiner Predigt. Die Gruppe „Islamischer Staat“ (IS) nehme Gott in Anspruch, um seine brutale Gewalt zu legitimieren.

Der Stadtdekan mahnte: „Menschen sollten sich nicht anmaßen den Willen Gottes auf ihrer Seite zu haben. Wir brauchen Gott nicht nachzuhelfen.“ Knecht forderte ein solidarisches Miteinander. Allerdings gäbe es keine Patentrezepte für das Zusammenleben in einer Gesellschaft.

Der neue evangelische Stadtdekan, der im September sein Amt angetreten hat, predigte erstmals in der Katharinenkirche. Wie Pröpstin Gabriele Scherle ankündigte, wird er künftig das zentrale Reformationsgedenken in Frankfurt verantworten.

Auszeichnung für Engagement gegen religiös-totalitäre Gruppen

Von Redaktion – 29. Oktober 2014

Der Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“, Kurt-Helmuth Eimuth, erhält für sein ehrenamtliches Engagement in der Sekteninformation und Selbsthilfe Hessen (SINUS) den Ehrenbrief des Landes Hessen.

Frankfurt: Kurt-Helmuth Eimuth Portrait Foto aufgenommen am 01.10.2013 Foto: Rolf Oeser

Kurt-Helmuth Eimuth erhält den Ehrenbrief des Landes Hessen. Foto: Rolf Oeser

Der ehemalige Weltanschauungsbeauftragte des Evangelischen Regionalverbandes gehört zu den Gründungsmitgliedern von SINUS. Der Verein berät und informiert seit zwanzig Jahren Angehörige und ehemalige Mitglieder von religiös-totalitären Gruppen wie Scientology oder auch verschiedenen Guru-Bewegungen.

„Gerade in einer Zeit der Auseinandersetzung mit dem Salafismus zeigt sich die Notwendigkeit einer solchen Arbeit, denn es gibt in der Motivation, sich solchen Gruppen anzuschließen, viele Parallelen“, sagt Eimuth. Nach seiner Erfahrung schlössen sich junge Menschen solchen Gruppen an, da zum einen ihr Ego dadurch subjektiv aufgewertet werde und zum anderen sie für ihr derzeitiges Leben keine Perspektive sähen. Hier ein Kommentar, den Eimuth darüber vor kurzem schrieb.http://www.evangelischesfrankfurtarchiv.de/2014/07/salafismus-ist-ein-soziales-problem/

Kurt-Helmuth Eimuth studierte in Frankfurt Erziehungswissenschaften, Theologie und Soziologie. Für Aufsehen sorgte vor allem seine Analyse der Situation der Kinder, die in Sekten aufwachsen. Hauptberuflich verantwortet Eimuth heute den Arbeitsbereich Kindertagesstätten des Diakonischen Werks des Evangelischen Regionalverbandes.

Der Ehrenbrief wird ihm am Donnerstag, 6. November, um 11 Uhr von Oberbürgermeister Peter Feldmann im Frankfurter Römer überreicht.

Mahnende Glocke der Erlöserkirche in Oberrad

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 22. Oktober 2014

Die „kleine“ Glocke im Hof der Erlösergemeinde am Melanchthonplatz lädt zum Gedenken ein: Wie halb Oberrad wurde auch die Glocke im Zweiten Weltkrieg förmlich zerrissen. Jetzt mahnt sie stumm.

Sie wurde bei der Bombardierung Oberrads 1943 zerstört und mahnt jetzt im Hof der Erlösergemeinde gegen den Krieg: die kleine Glocke der alten Erlöserkirche.
Foto: Anne-Elisabeth Eimuth

Sie wurde bei der Bombardierung Oberrads 1943 zerstört und mahnt jetzt im Hof der Erlösergemeinde gegen den Krieg: die kleine Glocke der alten Erlöserkirche. Foto: Anne-Elisabeth Eimuth

Kirchenglocken sind imponierende Klangkörper. Man hört sie weithin. Nur zu sehen sind sie meist nicht, dazu müsste man in der Regel zahlreiche Treppen bis in die Kirchturmspitze erklimmen.

Nicht so in Oberrad. Im Hof der Erlösergemeinde am Melanchthonplatz ist eine zu sehen – beeindruckend, obgleich es sich nur um die „kleine“ Glocke handelt. Sie lädt zum Gedenken ein: Wie halb Oberrad wurde auch die Glocke im Zweiten Weltkrieg förmlich zerrissen.

Als am 4. Oktober 1943 die westliche Hälfte von Oberrad durch Brandbomben in Schutt und Asche gelegt wurde, brannte auch die in den Jahren 1912 bis 1914 erbaute frühere Erlöserkirche aus. Wenige Wochen später, am 18. März 1944, wurden Kirchenschiff und Turm mittels Sprengbomben in einen Steinhaufen verwandelt.

Die beschädigte „kleine Glocke“ diente dann bis zum Wiederaufbau der Erlöserkirche im Jahr 1956 als Geläut einer provisorischen Notkirche. Da sie nicht mehr geschwungen werden konnte, wurde sie mit einem Klöppel geschlagen.

Anschließend hat man die Glocke dann im Innenhof aufgestellt und ihr eine Inschrift gegeben: „1914 – 1956 – Ich rief zu Gott in zwei Kriegen, Not und Hungerszeit, jetzt mahn’ ich stumm“.

Kita-Erweiterung am Bornheimer Hang

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 11. Oktober 2014

Der Kindergarten der Evangelischen Nord-Ost Gemeinde hat heute seine neuen Räume offiziell in Betrieb genommen. Sogar Oberbürgermeister Peter Feldmann war gekommen.

Oberbürgermeister Peter Feldmann lobte das Engagement des Investors und der Evangelischen Nord-Ost Gemeinde. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Der Oberbürgermeister betonte die Bedeutung der Kinderbetreuungseinrichtungen für die Stadt. „Da wo Familien wohnen, müssen beide Eltern arbeiten. Deshalb brauchen wir qualifizierte Kindertagesstätten“, so Feldmann. da der Zuzug nach Frankfurt anhalte, benötige die Stadt ständig eine größere Anzahl von Kita-Plätzen „und vor allem Kitas, die besser ausgestattet sind.“

Den Kita der Nord-Ost Gemeinde hat die Justizbau-Genossenschaft für 750.000 € erweitert. Nun bietet die Einrichtung Platz für 40 Kinder von 0 bis 6 Jahren. Durch einen Anbau konnte die Grundfläche von 112 Quadratmeter auf 260 Quadratmeter mehr als verdoppelt werden.

Hell und angenehm groß sind die neuen Räume der Kita. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Dankbar für den Frieden sein

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 4. Oktober 2014

Hilflos, sprachlos und atemlos verfolgt man derzeit die Nachrichten. Kann es wirklich sein, dass die Welt 100 Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs und 75 Jahre nach dem deutschen Überfall auf Polen so aus den Fugen gerät? Hat denn niemand etwas gelernt?

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Rolf Oeser

Überall scheint es „bewaffnete Konflikte“ zu geben, wie Krieg oft verniedlichend genannt wird: Gaza, der schon so lange andauernde Kampf zweier Völker, die seit Generationen ineinander verhakt sind. Syrien und Irak, die schreckliche Invasion von Terroristen, die einen Gottesstaat errichten wollen. Die inzwischen nicht mehr heimliche Annexion der Ukraine. Gewalt, Tod und Vertreibung sind die Folge des Krieges. Alleine in Syrien sollen sechs Millionen Menschen auf der Flucht sein. Vierzig „gewaltsame Auseinandersetzungen“, also Kriege, soll es derzeit auf der Welt geben.

Angesichts all dieser Gewalt können wir in Deutschland dankbar auf die letzten Jahrzehnte zurückschauen. Dankbar als Nachkriegsgeneration, dass wir in Frieden aufgewachsen sind und bis heute leben. Dankbar auch für ein geeintes Europa. Viele haben es im Sommerurlaub genossen: Ob man von Deutschland aus nach Schweden, Österreich oder Ungarn fährt – man muss schon genau aufpassen, um zu bemerken, wann man die Staatsgrenze passiert. Europa ist zusammengewachsen, und das ist gut so.

Das Erntedankfest am 5. Oktober ist ein guter Anlass, uns an all das zu erinnern. Dank zu sagen für den Frieden, der immer und überall die erste Voraussetzung für ein Leben in Freiheit, Wohlstand und seelischer Unverletztheit ist. Deshalb muss Friedenspolitik in allen internationalen Konflikten immer die höchste Priorität haben. Über den Weg, wie bedrohten Menschen zu helfen ist, ist zu diskutieren. Die Völkergemeinschaft muss die Terroristen des IS stoppen. Und dabei gerät man immer in ein moralisches Dilemma: Wenn man militärisch eingreift, wird man schuldig, wenn man dem Massenmord tatenlos zuschaut, wird man es ebenfalls.

Wichtig ist jedoch, bestmöglich die Verantwortung zu übernehmen und sich Entscheidungen niemals leicht zu machen. Die Debatte muss intensiv, aber ohne Häme geführt werden. Und es darf keine isolierte Diskussion über militärische Maßnahmen sein, sondern sie muss immer einhergehen mit der Frage, wie wir als Deutsche humanitär helfen können. Die Aufnahme von Flüchtlingen zum Beispiel ist eine solche humanitäre Maßnahme. Und zwar eine, die wir sofort umsetzen können.