Kain und Abel

Andacht,

1. Buch Mose 4, 1 – 6a

06.09.2004

Lied EG: 593, 1+5

Votum:

Guten Morgen

Den Wochenspruch für diese Woche finden wir im Psalm 103 . Dort heißt es im Vers 2

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir gutes getan hat.

Psalm: 146 Nr. 757

Lied: EG 401, 1-3

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

Zwei Kinder spielen im Sandkasten. Eins- hat eine großartige Sandburg gebaut.

Mit Straßen, Kreuzungen, Türmen und Mauern. Fantasievoll und mit Lust am Ge­stalten hat es mit Sand etwas gebaut. Das andere Kind sitzt daneben. Ihm ist keine so schöne Burg gelungen. Sein Sand ist ein unförmiger Haufen geblieben. Ob ihm Kunstfertigkeit oder Ausdauer fehlte? Wer weiß. Neiderfüllt sieht dies Kind auf die schöne Sandburg des anderen. Dann handelt es. Mit beiden Füßen springt es hinein in die Burg seines Nachbarn. Noch ein paar Schritte, schon ist die kunstvolle Anlage wieder ein einfacher Sandhaufen. Das Geschrei über die Tat ist groß. Böser Streit entsteht. Hinterher heißt es über den Zerstörer: Mit dem spiele, ich nicht mehr. Der macht alles kaputt. Eine besondere Geschichte? Nein, keine besondere Geschichte. Wer Kindern beim Spielen zusieht, wird das gelegentlich erleben. Aber auch bei Erwachsenen spielt sich dergleichen ab. In der Bibel wird darüber berichtet.

Bibeltext verlesen1. Buch Mose 4.1-6a

Und Adam erkannte sein Weib Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain und sprach: Ich habe einen Mann gewonnen mit Hilfe des HERRN. 2Danach gebar sie Abel, seinen Bruder. Und Abel wurde ein Schäfer, Kain aber wurde ein Ackermann. 3Es begab sich aber nach etlicher Zeit, daß Kain dem HERRN Opfer brachte von den aFrüchten des Feldes. 4Und auch Abel brachte von den bErstlingen seiner Herde und von ihrem cFett. Und der HERR sah gnädig an Abel und sein Opfer, 5aber Kain und sein Opfer dsah er nicht gnädig an. Da ergrimmte Kain sehr und senkte finster seinen Blick. 6Da sprach der HERR zu Kain: Warum ergrimmst du? Und warum senkst du deinen Blick?

Die Geschichte von Kain und Abel. Eine Geschichte, die böse ausgeht. Sie hat

kein gutes Ende. Eine Geschichte von Neid, unglückseliger Wut und verzehrendem Hass. Alles das, was das Zusammenleben der Menschen gewährleisten soll, wird verletzt. Ein Mensch erschlägt einen anderen. Die Tat bleibt nicht verbor­gen. Das Kainszeichen ist bis heute sprichwörtlich das Kennzeichen eines Men­schen, der schlimmstes Unrecht getan hat.

Meistens wähnen wir uns weit entfernt von dergleichen Taten. Aber das Sand­kastenbeispiel zeigt, wie nahe wir dem sein können. Wie sich bewahren und schützen vor diesem Neid, dieser Wut, diesem Hass und dem daraus erwachsen­den Tun des Bösen? Ein Patentrezept, das unfehlbar hilft, kenne ich nicht. Aber ich kenne Jesu Doppelgebot der Liebe: „Liebe Gott, liebe deinen Nächste wie dich selbst.“ Als Lebenshilfe ist das gedacht. In guter Absicht ist das gesagt. Gut für uns alle.

Amen.

Lied: EG 414, 1+4

Mitteilungen

Gebet:

Herr, unser Gott, Vater im Himmel!

Jeden Augenblick leben wir von deiner Liebe.

Liebtest du uns nicht, was wären wir – und wozu?

Wir danken dir für die Gaben deiner Schöpfung,

für das Geschenk der Sprache, das uns in Beziehung bringt,

für die Sehnsucht nach Liebe, die uns in Bewegung setzt,

für alle Momente gelingender Partnerschaft,

die uns das Herz weiten.

Und wir bitten dich für diese Welt und ihre Menschen,

für alle, die der Liebe nachjagen, immer wieder neu,

dass sie an ein Ziel finden;

für alle, die sich ungeliebt fühlen,

dass ihnen Liebe begegnet;

für alle Liebenden in Ehen und Partnerschaften,

dass sie ihr Glück entdecken und genießen.

Wir bitten dich für die Einsamen und Kranken,

für die Alten und für die, die ohne Lebensmut

sind.

Wir denken an diesem 13. September an all die Opfer des Terrorismus, ob in den USA oder in Belsan.

Gott, gib diesen Menschen Trost in ihrer Trostlosigkeit, Mut in ihrer Mutlosigkeit und Hoffnung in ihrer Hoffnungslosigkeit.

Gemeinsam beten wir, wie Jesus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel

geheiligt werde dein Name,

dein Reich komme,

dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Gott, der Ursprung und Vollender aller Dinge.

segne dich, gebe dir Gedeihen und Wachstum,

Erfüllung deiner Hoffnungen, Frucht deiner Mühe,

und am Ende das Ziel deiner Wege. Amen.

Lied: EG 421 (1)

Jonas aus Eritrea ist jetzt Mehrsprachler

Jonas kam vor drei Jahren in die Kindertagesstätte der Sossenheimer Regenbogengemeinde. Der Dreijährige kam mit seiner Familie aus Eritrea. Verfolgung, Flucht und die ungewisse Zukunft hatten auch schon auf seine Seele einen Schatten geworfen. Nun stand er da, im deutschen Kindergarten, staunend und auch ängstlich. Die fremde Sprache verstand er nicht.
„Sprachförderung beginnt bei uns schon bei den 3- bis 4-jährigen“, sagt Ingrid Marth, die Leiterin des Kindergartens Regenbogenland, „sie gelingt aber nur, wenn es eine gute Beziehung zwischen dem Kind und der Erzieherin gibt.“ Was gibt es Schöneres, als sich gemeinsam mit der Erzieherin ein Bilderbuch anzuschauen? So einfach kann Sprachförderung sein.
Aufgeschreckt von den Ergebnissen bei der internationalen Vergleichsstudie Pisa, die den deutschen Schülerinnen und Schülern in Sachen Lesekompetenz ein schlechtes Zeugnis ausstellte, hat die hessische Landesregierung beschlossen, die Sprachkompetenz bei der Einschulung zu überprüfen und die Kinder wenn nötig vorab zu fördern. In Sossenheim haben die beiden Grundschulen und die 13 Kindertagesstätten dazu ein „Sossenheimer Modell“ entwickelt. Gemeinsam fördert man nicht nur die ausländischen, sondern alle Vorschulkinder. Beim Lernen bezieht man die Alltagswelt der Kinder ein. So geht etwa die eine Gruppe in den Stadtteil einkaufen: Zum Türken an der Ecke, zum italienischen Gemüseladen oder zum deutschen Kiosk. Und da wird keineswegs nur deutsch gesprochen, sondern auch mal italienisch oder türkisch. „Die meisten Kinder haben Sprachkompetenz in einer anderen Sprache, aber wir definieren sie als Kinder mit Defiziten“ kritisiert Ingrid Marth eine verbreitete Haltung.
Eine andere Gruppe machte sich auf die Suche nach Buchstaben und malte sie in ihr Heft ab. „HL“ zum Beispiel oder – vor allem bei Jungen beliebt – Automarken und Nummernschilder. Insgesamt nahmen 94 Kinder aus 21 Nationen am „Sossenheimer Modell“ teil. Jetzt soll es auch ein Kursangebot für die Eltern geben. Allerdings lastet die Durchführung fast ganz auf den Einrichtungen. Die Materialien seien, so Marth, auf dem Stand der 80er Jahre, und ausreichend Stunden für die Förderung wurden auch nicht zur Verfügung gestellt. Trotzdem zeigt das Projekt Wirkung. Jonas’ Deutsch ist inzwischen so gut, dass er eine gute Grundlage für die Schule hat.
Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Mai 2004

Du machst Winde zu deinen Boten und Feuerflammen zu deinen Dienern.

Fachschule für Sozialpädagogik

1.4.2004

Wir feiern diese Andacht

im Namen Gottes

Gott ist uns nahe – immer und überall,

im Namen Jesu Christi

So sind wir geliebt,

und im Namen des Heiligen Geistes

So sind wir verbunden als Schwestern und Brüder.

Lied 563

Psalm 43 (724)

Franken

Ansprache

Liebe Schülerinnen und Schüler,

Liebe Studierende,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Liebe Schwestern,

wir sind hier zusammengekommen um noch einmal innezuhalten bevor wir in die Osterferien gehen.

Kirchlich gesehen leben wir in der Passionszeit. In den letzten beiden Wochen vor Ostern tritt die Passion Jesu in den Blickpunkt. Passion ist lateinisch und heißt zu deutsch Leiden. Anders als im Film von Mel Gibbson dargestellt geht es nicht darum die unsäglichen Qualen eines Foltertodes nachzuempfinden.

Offenbar ist der frühere Actiondarsteller Gibbson von missionarischem Eifer getrieben. Er selbst gehört ja einer sektenähnlichen fundamentalistischen Gruppe an. Das Leid des langen Foltertodes scheint für ihn – und für viele Amerikaner, wie der Erfolg des Films in den USA zeigt – quasi ein Gottesbeweis.

Gibson wollte nach eigenen Aussagen einen historisch genauen Film machen. Dabei hätte ein Blick in die Bibel genügt, um Zweifel zu säen. Vergleicht man die vier Evangelien- und einige Klassen haben das ja sehr genau getan – , so wird schnell deutlich, dass es vier verschiedene Berichte sind, die so etwa zwischen 70 und 100 nach Christus entstanden. Die Quellenlage ist – historisch gesehen – in Einzelheiten ungenau. So war Jesus zwischen 30 und 35 Jahre alt . Die Kreuzigung wird zwischen den Jahren 26 und 36 n. Chr. datiert. Üblicherweise trugen die Verurteilten nicht das Kreuz sondern nur den Querbalken. Dass Annageln erfolgte nicht durch die Handflächen sondern durch die Handgelenke.

Doch zweifelsohne richtig ist, dass uns die Kirche einlädt, das Leiden Jesu zu betrachten.

Der Mensch flieht gerne vor dem Leiden. Doch zum Menschsein gehört notwendigerweise das Leiden. Der Mensch ist endlich und so gehört das Sterben eben zum Leben wie die Nacht zum Tag.

Doch viele wollen nicht wahrhaben, dass sie endlich sind. Sie gebärden sich wie Gott. Sie wollen immer toll, immer gut drauf sein, ja sie wollen sogar selbst über alles bestimmen. Kurz: Sie wollen sein wie Gott.

Die Passionszeit erinnert uns aber daran, dass der Mensch ein Mensch ist, mit all seinen Stärken und Schwächen, seinem Glück und auch seinem Unglück, mit seinen Siegen und seinen Niederlagen.

Ihnen allen wünsche ich eine schöne, aber auch gelegentlich nachdenkliche Ferien- und Passionszeit.

Franken

Gebet (S. 57)

Und alles was uns noch bewegt, bringen wir vor dich mit den Worten, die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Lied Chor

Segen

Amen

So will es Gott,

der von Ewigkeit zu Ewigkeit bleibt.

So steht es fest nach seinem Willen für Dich.

Dir Frieden bringen.

Kinderglaube stärkt für's Leben

Evangelisches Frankfurt: April 2004 · 28. Jahrgang · Nr. 2

„Brauchen Kinder Religion?“ –

150 Fachleute diskutierten in Frankfurt

Kinder & Kirche, Bild: Paul M. Walsh, Wikimedia

„Wohnt Gott im Wind?“ oder „Warum lebe ich, wenn ich doch eines Tages sterben muss?“ Kinder stellen religiöse Fragen. Aber wer gibt ihnen Antworten? Bei einer Fachtagung im Frankfurter Dominikanerkloster, die die Stiftung Ravensburger Verlag veranstaltete, diskutierten gut 150 Fachleute über die Frage „Brauchen Kinder Religion?“ Im Grunde waren sie sich einig: Ein gesunder Kinderglaube stärkt für’s ganze Leben. Der evangelische Religionspädagoge Friedrich Schweitzer sprach sogar von einem „Recht des Kindes auf religiöse Erziehung“. In einer immer kompli zierter werdenden Welt suchten Kinder vermehrt nach Orientierungshilfen. Religiöse Frühförderung müsse deshalb den gleichen Rang haben wie Frühenglisch, Sportförderung oder Medienerziehung. Schweitzer geht jedoch davon aus, dass religiöse Erziehung künftig eher schwieriger als einfacher wird. Viele Eltern seien bei religiösen Fragen ihrer Kinder verunsichert und wüssten oft nicht, wie sie antworten sollen. Der katholische Religionspädagoge Albert Biesinger wünscht sich deshalb mehr „religiöse Elternkompetenz“. Allerdings sieht er in der Distanz vieler Eltern zu einer traditionellen Frömmigkeit auch eine Chance. Die 20- bis 40-Jährigen heute gingen meist unbefangener an religiöse Themen heran als noch die Generation vor ihnen. Viele von ihnen hätten keinerlei Erfahrungen mit Religion gemacht – und also auch keine negativen. Oft werde den Eltern in spiritueller Hinsicht auch zu wenig zugetraut, kritisierte Biesinger: „Warum wird eigentlich die religiöse Erziehung so kompliziert gemacht?“ Vielleicht ist es ja wirklich so einfach: Kinderbibel aufschlagen, gemeinsam anschauen, und schon ist man im Gespräch. Der Berliner Sozialpädagoge Richard Münchmeier wies jedoch darauf hin, dass die Eltern heute nicht mehr der selbstverständliche Garant einer religiösen Erziehung seien, sondern sich ihre Prägekraft mit vielen anderen „Erziehungsmächten“ teilen. Zudem gelte Religion heute als etwas durch und durch Privates und damit als nachrangig gegenüber den vermuteten Anforderungen in Ausbildung und Beruf, an denen sich viele Eltern bei der Erziehung immer mehr orientieren. Der Tübinger Psychiater Gunther Klosinski unterstrich die positive Wirkung von Religion. Religiöse Erziehung und eine religiöse Einstellung förderten ein positives soziales Verhalten. So sei etwa das Bild vom „Schutzengel“ aus entwicklungspsychologischer Sicht für Kinder sehr hilfreich. Klosinski wies aber auch auf die Gefahren einer streng moralisierenden Religion hin. „Wenn Religion zum Austragungsort sozialer und psychischer Konflikte wird, dann wird sie missbraucht.“ Nicht nur die Eltern seien für die Vermittlung einer religiösen Entwicklung von Bedeutung, sondern vor allem auch die Großeltern. Mit ihrem Vorbild könnten sie etwas von ihrer Glaubenspraxis weitergeben.
Kurt-Helmuth Eimuth
Evangelisches Frankfurt: April 2004 · 28. Jahrgang · Nr. 2

Der Baum

Sr Ulrike

23.2.2004

Begrüßung:

Eröffnung:

1. Person:

Ich zünde ein Licht an im Namen des Schöpfers.

Er hat die Welt erleuchtet und den Atem des Lebens

In mich gehaucht.

2. Person:

Ich zünde ein Licht an im Namen des Sohnes.

Er hat die Welt errettet und seine Hand nach

Mir ausgestreckt.

3. Person:

Ich zünde ein Licht an im Namen des Geistes.

Er umfasst die Welt und segnet mein Leben

Mit Verlangen.

4. Person:

Drei Lichter als Zeichen für die Trinität der Liebe:

Gott über uns, Gott neben uns, Gott unter uns:

Der Anfang, das Ende, Das Ewige.

Lied: 181.6 laudate omnes gentes

Gruß:

Gesegnet ist der Mensch,

der sich auf Gott verlässt.

Er ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt,

der seine Wurzeln zum Bach hinstreckt.

Er fürchtet sich nicht in der Hitze,

und seine Blätter bleiben grün.

Er sorgt sich nicht im dürren Jahr,

sondern bringt Früchte zu jeder Zeit.

(Jeremia 17, 7+8)

Psalm 31 gesungen, Frau Franken und Frau Knauf

Meditation:

Der Baum ist ein religiöses Symbol in fast allen Kulturen: Es gibt den Weltenbaum, wir kennen den siebenarmigen Leuchter, die Menorah, den Lebensbaum, den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen. Die Germanen sahen den Baum als Wohnung der Götter, z.B. die Wodans-Eiche, die Bonifazius fällte. Ein Baum war Treffpunkt des Dorfes. Bäume waren Wegweiser, Bäume galten als Glücksbringer, und auch wir haben im Weihnachts- und Maibaum noch den Gebrauch des Festbaumes.

Bäume sind mehr als einfache Pflanzen. Menschliche Lebenserfahrung hat sich mit dem Erleben von Bäumen verbunden. Es gibt die Sitte, bei der Geburt eines Kindes einen Baum zu pflanzen. Manche Menschen meinen im Wald eher dem Göttlichen zu begegnen als in unseren Gottesdiensten. Von Bäumen geht etwas aus. Die meisten Menschen tragen das Bild ihres Lebensbaumes in sich.

Der Baum, fest verwurzelt im Erdreich, aufgewachsen zum Licht, sich ausstreckend, beharrlich, Jahr für Jahr, ist Symbol für Stärke, für Festigkeit und Beharrlichkeit, für Gegründetsein. Im Grünwerden, im Sichverfärben, Kahlwerden und Neuentsprießen ist der Baum Symbol für Leben und Wandlung, für Werden und Vergehen. Das Atmen der Blätter spendet Sauerstoff für uns. Der Baum gibt Schatten und Feuchtigkeit, Erquickung und sorgt für den Ausgleich unseres Klimas und des Wasserhaushalts der Erde. Blüten und Früchte des Baumes erfreuen unser Auge und Herz, sie schmecken und nähren uns, wir empfinden Lust, wir genießen sie.

Sie liebe Sr. Ulrike empfinde ich oftmals wie einen solchen Baum. Sie sind lebendig und doch merkt spürt man etwas von ihren tiefen Wurzeln. Wie ein Baum, so verwöhnen auch sie uns oft mit süßen Früchten. Wenn wir uns ausgelaugt und matt vorkommen, da spenden Sie uns schon ein Glas Wasser.

Schwester Ulrike, so ein runder Geburtstag hat ja immer viele Facetten. Da kann man etwas Bilanz ziehen, neue Pläne schmieden und vor allem Freunde treffen. Für uns, für mich ist dieser Geburtstag ein guter Anlass Ihnen öffentlich zu danken, Dank zu sagen für all die tägliche Mühe, die sie sich geben, die sie sich mit uns geben, Dank zu sagen für die gemeinsame Sorge um die Schule, Dank zu sagen für Ihren Einsatz im Internat. Kurz: An allen Ecken und Enden spüren wir etwas von Ihrem Einsatz. „Ihr sollt ein Segen „ lautete das Motto des Ökumenischen Kirchentages in Berlin. Sie liebe Schwester Ulrike sind ein Segen, ein Segen für die Schule, für das Frankfurter Diakonissenhaus, für uns alle.

Die Verheißung unseres Textes lautet: Wir müssen kein Baum in der Wüste sein, kein kranker Baum. Wir haben unser Lebenssystem, das uns gesund erhalten kann. Wir sollen sein wie ein Baum am lebendigen, gesunden Wasser. Gott ist das Strömen in der Tiefe unseres Seins, die Lebenskraft, die immer neues Werden und Wandlung schafft. Ich muss sie nicht aus mir selbst schaffen. Ich bin geschaffen, um mein Leben zu empfangen von Gott und von ihm darf ich etwas weitergeben; dass ich bin wie dieses lebendige Gefüge des Baumes, das ist Gottes Gabe.

Lied: 599, Selig seid ihr

Gebet:

Mein Baum,

der Baum meines Lebens,

wachsen möchte er auf fruchtbarem Erdreich,

tief seine Wurzeln gründen,

aus der Tiefe schöpfen die Kraft,

die er braucht, um lebendig zu bleiben,

zum Sprießen und Grünen,

sich zu belauben,

zu blühen und Früchte zu tragen.

Aber so vieles scheint vergeblich

An Mühe, Arbeit und Leiden

Und auch an Lachen,

und was mir zukommt an Begegnung,

an Freude und Glück,

scheint schnell zu verfliegen.

Lass mich gegründet sein in mir,

tiefer noch, in dir, mein Gott!

Und was uns noch bedrängt bringen wir vor dich

mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Lied: 170 Komm Herr segne uns

Dankesworte Sr. Ulrike

Segen:

Gott gehe dir voraus, Schwester und Bruder,

und zeige dir den rechten Weg,

Gott sei nahe bei dir

Und lege seinen Arm um dich.

Gott sei hinter dir,

dich gegen alle dunkle Macht zu bewahren.

Er sei unter dir,

dich aufzufangen, wenn du fällst.

Er sei neben dir,

dich zu trösten, wenn du traurig bist.

Gott sei in dir,

dich zu heilen.

Er sei um dich her,

dich zu schützen in der Angst.

Er sei über dir

Wie die Sonne am Himmel

Und stärke dich mit seiner Kraft.

Amen.

Chor: O happy day

Dem Zappelphilipp kann geholfen werden

Evangelisches Frankfurt November 2003

Dem Zappelphilipp kann geholfen werden

Paul war ein liebenswertes, aufgewecktes Kind. Dass man mit ihm kaum in ein Restaurant gehen konnte, irritierte die Eltern zunächst nur wenig. Kinder sind halt lebhaft. Beim Übergang vom Kindergarten zur Schule gab es dann die ersten Probleme, doch Dank einer engagierten Lehrerin kam Paul glimpflich durch die Grundschulzeit. Natürlich fiel auf, dass er sehr unruhig und lebhaft war und kaum auf seinem Stuhl sitzen konnte. Auch zuhause war Paul extrem anstrengend. Das Einhalten von Regeln war nicht seine Stärke, ständig musste sich alles um ihn drehen.
Der Start ins Gymnasium war eine halbe Katastrophe. Der Mathelehrer empfahl die Realschule. Schließlich gingen die Eltern mit Paul zu einem Intelligenztest.
Ergebnis: Paul ist überdurchschnittlich begabt. Der Besuch bei einer Kinderneurologin brachte Klarheit: Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS) oder auch ADHS (Aufmerksamkeits-Hyperaktivstörung). Für Wolfgang Schrödter von der Psychologischen Beratungsstelle Höchst ist Paul kein Einzelfall. „Eigentlich“, so der Psychologe, sind wir seit mehr als 30 Jahren damit befasst.“ Es habe schon immer Kinder gegeben, die besonders unruhig sind. Seit der Diskussion um ADS beziehungsweise ADHS suchen Eltern verstärkt Beratungsangebote auf. Für Wolfgang Schrödter ist eine sorgfältige Diagnose wichtig. Die Familiengeschichte etwa oder Komplikationen bei der Geburt.
„Der Konflikt muss nicht da liegen, wo er zu liegen scheint“, weiß Schrödter. Da schickt etwa ein Lehrer ein Kind in die Beratungsstelle, weil es immer so unruhig ist. Aber ist das vielleicht nur die gesunde Reaktion auf einen langweiligen Unterricht? Auch bei der Frage, ob ADHS medikamentös behandelt werden sollte, ist Schrödter vorsichtig. Oft werde das Beruhigungsmittel Ritalin ohne fundierte Diagnose verschrieben. „Die internationalen Zahlen legen den Verdacht nahe, dass weit über den Bedarf verschrieben wird.“ Doch im Einzelfall könne eine medikamentöse Therapie durchaus angebracht sein. Die Psychologische Beratungsstelle Höchst ist unter Telefon 3399980 zu erreichen.
Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt November 2003

Der Generationenkrieg

Das 4. Gebot mahnt nicht nur, sondern es hat auch eine ganz praktische Konsequenz: Wer heute Vater und Mutter auf das finanzielle Abstellgleis schiebt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Kinder in einigen Jahren mit ihm ebenso verfahren.Das 4. Gebot mahnt nicht nur, sondern es hat auch eine ganz praktische Konsequenz: Wer heute Vater und Mutter auf das finanzielle Abstellgleis schiebt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Kinder in einigen Jahren mit ihm ebenso verfahren. - Foto: wikimedia/Pmikkola

Möglicherweise ist nicht mehr viel von der Bibel bekannt, aber der Satz „Du sollst Vater und Mutter ehren“, also das 4. Gebot, hat sich in das kollektive Gedächtnis eingebrannt. Es steht als moralischer Imperativ, der auch für Nicht-Christen Bedeutung hat. Mit gutem Grund.
Seit die Großfamilie nicht mehr für den würdevollen Lebensabend der Alten sorgt, tritt die staatliche Rente als solidarischer Ersatz ein. Unumstritten schien, dass diejenigen, die lange gearbeitet haben, in Würde und ohne Armut alt werden können. Dass es heute weitgehend keine Altersarmut gibt und die medizinische Versorgung die Lebenserwartung ständig steigen lässt, ist ein hohes Gut.
Doch jetzt, bei steigenden Sozialausgaben und sinkenden Steuereinnahmen, wird dieser Konsens aufgekündigt. Es wird nach der Generationengerechtigkeit gefragt, manche Beobachter sprechen sogar schon vom Generationenkrieg. In der Tat tobt ein Verteilungskampf zwischen Alten und Jungen. Falsche Alternativen werden aufgemacht: Mehr Bildung oder mehr Rente? Mehr Kinderbetreuung oder Hüftgelenke auch für 85-Jährige? Eine unsägliche Debatte.
Das 4. Gebot mahnt nicht nur, sondern es hat auch eine ganz praktische Konsequenz: Wer heute Vater und Mutter auf das finanzielle Abstellgleis schiebt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Kinder in einigen Jahren mit ihm ebenso verfahren.

Kurt-Helmuth Eimuth
Evangelisches Frankfurt Oktober 2003

Nein, Herr Koch

Roland Koch, CDU

Kommentar

Der Vorgang ist ohne Beispiel: Da wird gestrichen und gekürzt nach Gutsherrenart. Was gestern noch gefördert wurde, ist heute überflüssig. Die „Giftliste“ trifft Bereiche, die der CDU schon immer eher ein Dorn im Auge waren: Frauenförderung oder die Arbeit mit Migranten. Wirklich überraschend ist das nicht.
Schon eher verwunderlich ist der Umgang der Christdemokraten mit den freien Trägern, mit der Kirche. Sie waren bisher der Garant für eine qualifizierte soziale Arbeit. Und sie verließen sich auf die staatlichen Zuwendungen. Diese Zuwendungen sind keine Subventionen kirchlicher Arbeit, sondern im Gegenteil: Das soziale Engagement gesellschaftlicher Gruppen, hier der Kirche, erspart es dem Staat, selbst tätig zu werden, und spart zudem Geld, denn die Kirche legt ja immer noch etwas dazu.
Doch dieses Prinzip funktioniert nur, wenn es eine vertrauensvolle Basis für die Zusammenarbeit gibt. Wer kurzfristig Kürzungen in diesem Ausmaß beschließt, zieht zahlreichen Trägern den Teppich unter den Füßen weg. Einige Einrichtungen werden schließen, andere ihr Angebot einschränken. Auf die Folgen wurde schon vielfältig hingewiesen. Tatsächlich steht nichts Geringeres als der soziale Frieden auf dem Spiel. Angesichts dieser Dimension sind die Folgen für die Kirche eher kleine, nichts desto trotz aber ärgerlich. Denn die Kirchen tragen das unternehmerische Risiko. Sie haben Räume angemietet und Personal eingestellt. Schließlich hat man auch eine Verantwortung der Mitarbeiterschaft gegenüber. Wie radikal die Regierung Koch vorgeht, zeigt sich am Flughafen. Der Vertrag zum Betrieb des Flughafensozialdienstes, den beide Kirchen gemeinsam betreiben, wurde zum Jahresende einseitig gekündigt. Nein, Herr Koch, so geht man nicht mit Partnern um!
Nach dieser Erfahrung wird die Kirche ihre Arbeit neu ausrichten müssen. Möglicherweise wird man sich davon verabschieden, mit Hilfe des Staates immer neue Projekte anzugehen und seine Arbeit ständig auszuweiten. Bisher schielte man auch auf die Refinanzierungsmöglichkeiten. Wird Erziehungsberatung gefördert, wird sie angeboten, wird Mediation gefördert, wird eben diese ins Programm genommen. Künftig wird man stärker exemplarisch arbeiten und sich verstärkt fragen: Was ist unser kirchlicher Auftrag, was kann nur die Kirche anbieten? Im Management nennt man einen solchen Prozess die Konzentration auf das Kerngeschäft. So gesehen liegt eben in jeder Krise auch eine Chance.

Kurt-Helmuth Eimuth
Evangelisches Frankfurt: Oktober/November 2003 · 27. Jahrgang · Nr. 7

Kreuz als Segenszeichen

2.7.03

Fachschule für Sozialpädagogik

Orgelvorspiel

Wir feiern die Andacht

im Namen Gottes

Gott ist uns nahe – immer und überall,

im Namen Jesu Christi

So sind wir geliebt,

und im Namen des Heiligen Geistes

So sind wir verbunden als Schwestern und Brüder.

Lied 599

Gebet

Aus der Unruhe unserer Tage kommen wir zu dir

Um bei dir Ruhe zu finden. Wir sind unruhig um das Leben,

dass es gelingt und dass es recht wird.

Gib uns die Ruhe zum Leben,

dass wir heimkehren können zu dir und zu uns selbst. –

Aus der Unruhe unserer Herzen kommen wir zu dir,

um bei dir Ruhe zu finden.

Unser sehnsüchtiges Herz treibt uns vorwärts,

hierhin und dorthin, um ja nicht zu verpassen, was wichtig ist,

und das Wesentliche zu ergreifen.

Lass uns deine Barmherzigkeit fühlen,

dass wir mit uns selbst barmherzig werden. –

Aus der Unruhe unserer Zeit kommen wir zu dir,

um bei dir Ruhe zu finden.

Unsere Welt stürzt nach vorne,

das macht uns unsicher über unseren Weg.

Und die vielen Informationen helfen uns nicht zur Orientierung.

Sei du selbst unsere Mitte,

und durch dein Wort erleuchte uns unsere Welt. Amen.

Solo

Ansprache

Liebe Schülerinnen und Schüler,

Liebe Eltern,

verehrte Gäste

Wenn Pater Anselm Grün ein Kind tauft, lädt er Eltern und Paten ein, als Zeichen des Schutzes ein Kreuz auf die Stirn des Täuflings zu zeichnen. Wenn der brasilianische Fußballprofi Giovanne Elber vom FC Bayern München eine starke Szene hat oder ein Tor erzielt, schlägt er wie im Reflex ein Kreuz vor dem Trikot und auch Erik Zabel sah man beim Zeitfahren der Tour de France das Kreuz schlagen. Es ist dasselbe Ritual in sehr unterschiedlichen Szenarien. Ein Ritual als Zustimmung zum Sein.

Mögen manche und mancher den Verlust von Religion in der Welt empfinden, das Kreuz behauptet sich, nicht nur auf Kirchentürmen und Altären, sondern, diesem und jenem Gerichtsurteil zum Trotz, in den Schulen und in den Herrgottswinkeln der Kneipen, in der Kunst, in der Mode wie in der Sprache. Menschen sind kreuzanständig oder kreuzbrav, kreuzunglücklich oder kreuzvergnügt. Sie tragen ihr Kreuz, kriechen zu Kreuze oder machen drei Kreuze hinter jemandem her, den sie fürchten wie der Teufel das Weihwasser.

Als modischer Schnickschnack sind Kreuze allgegenwärtig: als Halskette oder auf lederbekleideter Männerbrust, in Bronze, Silber, Gold, mit Steinen oder auch mal in die Haut geritzt: Kreuz ist in, Mann und Frau tragen es wie einen Talisman, gedanken- und vielleicht auch ahnungslos. Sie würden dies weniger unbekümmert tun, fiele ihnen wieder ein, dass an einem Pfahl mit Querbalken im Altertum Schwerverbrecher und Aufständische durch Aufhängen oder Annageln grausam hingerichtet wurden und dass der Tod oft erst nach langem Leiden durch Erschöpfung oder den Zusammenbruch des Kreislaufs eintrat.

Auch Jesus aus Nazareth endet so. Ein Schild nennt als Grund der Strafe, dass er der König der Juden sein wollte. Genug für die jüdische Geistlichkeit und für die römischen Herrscher, ihn als politischen Terroristen abzuurteilen. Schon daß Jesus sagt, er sei Gottes Sohn, bringt sie gegen ihn auf. Er wird geschlagen, bespuckt, verhöhnt und stirbt einen qualvollen Tod. Er wird um Träume für alle, die gehofft hatten, Jesus werde Israel erlösen, sie vom Joch der Besatzer befreien und vielleicht auch vom wirtschaftlichen Elend. Die Jünger stieben in Panik auseinander, mit Jesus endet alle Hoffnung am Kreuz. Zurück bleiben Hilflosigkeit, Ratlosigkeit und Enttäuschung.

Doch das kann nicht alles gewesen sein. Was hätte dies mit Segen zu tun? Und was mit Zuversicht? Warum also ist das Kreuz zum Markenzeichen für die Kirche und für den christlichen Glauben geworden? „Die ersten Christen“, schreibt der Theologe Günter Hegele, „glaubten, da im Sterben Jesu mehr geschehen ist als das Scheitern eines Idealisten. Er hatte ein neues Verhältnis zu Gott und der Menschen untereinander gepredigt und gelebt: Jeder ist von Gott geliebt. Keine Schuld, keine Vorschriften sollen dem mehr entgegenstehen. Es ist eine einmalige, im Grunde unerklärbare und unvergleichbare Tatsache der Geschichte, daß nach dem Tod Jesu am Kreuz der Glaube an ihn zu einer weltweiten und Jahrtausende dauernden Bewegung wurde. Die alles verändernde Grunderfahrung, daß Jesus lebt, wurde den Vorstellungen der damaligen Zeit entsprechend als Auferstehung oder Auferweckung bezeichnet.“ Tod wandelt sich in Leben, Scheitern in Durchbruch und Anfang.

Doch am Leben sein heißt noch nicht leben. Dazu braucht es der vielen, die sich den zahllosen physischen und psychischen Möglichkeiten Menschen auch heute noch zu „kreuzigen“ entgegenstellen. Dazu braucht es den langen Atem der Hoffnung und die kräftigen Arme der Liebe.

Dort, wo wir zu unterscheiden lernen, welche Kreuze wir zerbrechen können und welche wir tragen müssen, wird das Kreuzsymbol zum Segenszeichen. Ich hoffe und wünsche uns allen, dass wir alle in diesem Sinne, ein Segen für unsere Mitmenschen, für die Umwelt, ja für die Welt zu sein.

Solo

Gebet

Irischer Segen von 1642

Und alles was uns noch bewegt, bringen wir vor dich mit den Worten, die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Lied 170

Brentanobad statt Ballermann!

Den Deutschen sitzt das Geld längst nicht mehr so locker. In Zeiten von Arbeitslosigkeit und sinkenden Einkommen tragen sie es lieber auf die Bank, als es in Mallorca auszugeben. Auch die Angst vor Krankheiten oder Terroranschlägen lässt die Reiselust schwinden. Die Alternative: Balkonien. Etwa ein Viertel der Deutschen wird seinen Urlaub in diesem Jahr zu Hause verleben. Statt Ballermann also Brentanobad? Na gut. Aber auch das will geplant sein.
Zwar sieht die Tourismusindustrie nach dem Ende des Irak-Krieges wieder erste Hoffnungsschimmer am Horizont, doch vom Rekordjahr 2001 ist man noch Lichtjahre entfernt. Die Buchungen im Mai lagen um 13 Prozent unter denen des Vorjahres, Ende April betrug der Rückstand sogar 16 Prozent. Die Reiseunlust trifft die erfolgsverwöhnte Reisebranche hart. Bisher war auf die Deutschen Verlass. In Krisenzeiten sparten sie zuerst beim Essen, kauften weniger Kleidung und schoben die Anschaffung neuer Möbel um Jahre hinaus. Doch inzwischen hat die Flaute auch die Reisebranche erreicht. Offenbar reisen die Deutschen nicht mehr so viel, und wenn sie reisen, dann bleiben sie in Deutschland. Auch der Urlaub zuhause ist wieder eine Alternative. Doch auch das will geplant sein. Der Urlaub in „Balkonien“ sollte nicht einfach so nebenbei stattfinden. Denn sonst drohen die schönsten Tage des Jahres zum psychischen Belastungstest für die ganze Familie zu werden. Auch darin unterscheidet sich der Urlaub in den eigenen vier Wänden nicht von einer Fernreise. Also nix wie ran an die Planung: Spätestens 14 Tage vor dem Urlaubsbeginn sollte sich die ganze Familie zusammensetzen und die Interessen klären: Was erwarten die Kinder, was die Eltern von den Ferien? Welche Möglichkeiten gibt es in der Umgebung (Baggersee, Freizeitpark, Konzerte, Museen?) Welche Wünsche lassen sich realisieren? Und: Sollen alle Aktivitäten gemeinsam gemacht werden, oder gibt es Tage, an denen die Kinder oder Eltern etwas getrennt unternehmen wollen? Sollen Freunde besucht werden oder kommen Opa und Oma zu Besuch?

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Ob Toben und Spielen mit der ganzen Familie im Schwimmbad oder eine gemütliche Lesestunde am Main – bei wochen­ langem Dauersonnenschein ist Urlaub in Frankfurt durchaus eine Alternative. – Fotos: Maranhão

Wenn man im Urlaub wegfährt, dann erkundet man am Tag der Ankunft am Reiseziel meist erst einmal die Umgebung. Spätestens beim ersten Abendessen stellt sich dann das Gefühl ein: So, jetzt beginnt der Urlaub, jetzt sind wir angekommen, jetzt geht es los. Eine solche deutliche Markierung ist auch für den Urlaub in Balkonien hilfreich: Zum Beispiel kann das ein kleines Gartenfest sein oder der Besuch von Freunden. Auf jeden Fall aber sollte dieser Auftakt etwas Außergewöhnliches sein, der erste Urlaubstag zuhause muss sich vom Alltag unterscheiden. Urlaub in Balkonien muss nicht unbedingt heißen, dass man seine Wohnung nicht verlässt. Es kann aber heißen, dass man seine eigenen vier Wände wieder neu entdeckt: Kleine Verschönerungsarbeiten oder das Umstellen der Möbel können hier hilfreich sein. Auch der Balkon oder die Terrasse haben in jenen Wochen, die ja bekanntlich die schönsten des Jahres sein sollen, ein besonderes Augenmerk verdient. Hier etwas Grünes und dort noch ein Schaukelstuhl können Urlaubsgefühle intensivieren. Als Tourist in der Ferne nimmt man meistens sofort Kurs auf die nächste Kirche, das nächste Museum. Man will ja schließlich Neues sehen und entdecken. Warum also nicht mal Kirchen und Museen in Frankfurt besuchen? Wie wäre es mit dem Museum für Moderne Kunst? Oder mit einem Besuch bei Winnetou im Filmmuseum? Selbst eine Stadtrundfahrt kann ein Erlebnis sein, wenn auch kein billiges. Also gilt es Informationen zu sammeln. Die Tourismusinformation am Römerberg ist hier die erste Adresse. Nachdem die Erwartungen geklärt, Informationen gesammelt sind, kommt die Qual der Wahl. Auch hier muss das Budget bedacht werden. Schließlich können Eintrittspreise oder selbst die Bockwurst und Getränke im Freizeitpark deutlich in der Urlaubskasse zu Buche schlagen. Selbst der regelmäßige Schwimmbadbesuch mit einer kalten Cola und einem Eis geht ins Geld. Auch hier hilft gute Planung – und für den Besuch im heimischen Schwimmbad lässt sich eine gefüllte Kühltasche besser organisieren als an fernen Stränden. Böse Überraschungen für den Geldbeutel kann es auch beim Einkehren in Gartenwirtschaften und Restaurants geben. Schließlich sind die Preise in der Gastronomie nach der Euroeinführung explodiert. Aber: Wer rechtzeitig ein „Balkonienbudget“ festlegt, wird sich hinterher nicht ärgern und kann seine Heimatstadt in vollen Zügen genießen. Und wird feststellen: es gibt wirklich viel zu sehen.
Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Juli 2003