Zum Beispiel Jugendweihe- Riten in einer nachchristlichen Gesellschaft

Kurt-Helmuth Eimuth / Lutz Lemhöfer (Hrsg.)

Zum Beispiel Jugendweihe

Riten in einer nachchristlichen Gesellschaft

Mit Beiträgen von Andreas Fincke, EZW, Axel Noack, Bischof, Ulrich Nanko, Lehrbeauftragter an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, Matthias Pilger-Strohl, Freireligiöse Landesgemeinschaft Hessen
Frankfurt 2000

ISBN 3-932194-35-7
In den neuen Bundesländern nehmen jährlich 100.000 jugendliche an der Jugendweihe teil, weitaus mehr als an Firmung oder Konfirmation. Die Autoren beleuchten vor diesem Hintergrund und Praxis dieser nichtkirchlichen Feier. Und sie denken über das Bedürfnis nach Ritualen in einer gesellschaft nach, deren christliche Tradition bröckelt, die aber sinnstiftende Elemente sucht.

Protestantische Lebensart

19.7. 2000 Heilig Geist

Orgelvorspiel

Eingangslied:

EG 443, 1-3, 6+7

Aus meines Herzens Grunde

Votum:.

Im Namen Gottes feiern wir diese Andacht

Gott ist die schöpferische Kraft,

die alles Leben werden läßt.

Jesus Christus ist die heilende Kraft,

die zusammenhält, was auseinandergefallen ist.

Gottes Geist ist die tragende Kraft,

die hält, was zu fallen droht.

Psalm: 145 Nr. 756

Ich will dich erheben, mein Gott, die König,

und deinen Namen loben immer und ewiglich.

Der Herr ist groß und sehr zu loben,

und seine Größe ist unausforschlich.

Kindeskinder werden deine Werke preisen

Und deine gewaltigen Taten verkündigen.

Gnädig und barmherzig ist der Herr,

geduldig und von großer Güte.

Dein Reich ist ein ewiges Reich,

und deine Herrschaft währet für und für.

Der Herr ist getreu in all seinen Worten

Und gnädig in allen seinen Werken.

Der Herr hält alle, die da fallen,

und richtet alle auf, die niedergeschlagen sind.

Aller Augen warten auf dich,

und du gibst ihnen ihre Speise zu rechten Zeit.

Du tust deine Hand auf

Und sättigst alles, was lebt, nach deinem

Wohlgefallen.

Der Herr ist nahe allen, die ihn anrufen,

allen, die ihn ernstlich anrufen.

Er tut, was die Gottesfürchtigen begehren,

und hört ihr Schreien und hilft ihnen.

Gebet:

Gott, ich preise dich

Du bist der Morgen und der Abend,

der Anfang und das Ende der Zeit.

Dir danke ich für die Ruhe der Nacht

Und das Licht des neuen Tages.

Leib und Seele sind dein,

von dir ist alles, was geschieht.

Jesus Christus, Licht der Welt,

du bist der Weg, den ich heute gehe,

du bist die Wahrheit, die mich leitet,

du bist das Leben, das ich finde.

Gib mir deine Liebe,

gib mir Geduld und Gelassenheit

und bewahre mich.

Geist Gott, schöpferische Ruach,

wecke meine Sinne und Gedanken,

gib mir Phantasie und Klarheit,

ein empfindsames Gewissen.

Begleite uns, beschütze uns, bewahre uns.

Ich danke dir für diesen neuen Tag.

Lied: EG 331, 1-3

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in einem Jahr haben wir den Kirchentag schon hinter uns. Kein Wunder also, dass allenthalben die Vorbereitungen und Planungen schon auf Hochtouren laufen.

Am vergangenen Freitag saßen wir zusammen und planten den Abend der Begegnung. Die große Frage wo denn das Auftaktfest stattfinden soll, kann ich schnell beantworten. Sowohl ein Teil der Innenstadt als auch ein Teil des Museumsufers soll einbezogen werden. Derzeit wird ein Dreieck zwischen Hauptwache, Untermainbrücke und Eisernen Steg favorisiert. Dort will sich unsere Kirche als gute Gastgeberin zeigen.

Einladen wollen wir zu einem Fest. Schön ist es wenn solche Feste ein Motto, ein Leitwort bekommen. In Stuttgart war das sinnbildche Motto „Kommt und schmeckt das Salz des Südens!“ einladend und Programm zugleich. Was macht, was prägt Frankfurt? Welches Motto, welches Wort kann die Brücke zu Frankfurt und den Frankfurtern schlagen?

Nach langen Diskussionen haben wir uns für die Übernahme eines bei uns schon bekannten Mottos, besser Wortes entschieden. Es ist ein zusammengesetztes Substantiv, dessen Bestandteile ohne Leerzeichen aber beide mit dem Großbuchstaben am Anfang geschrieben werden. Das Motto für den Abend der Begegnung soll LebensArt heißen.

Der Begriff Lebensart ist nicht nur einfach „trendy“ wie in unserer Diskussion bemerkt wurde. Nein er macht auf etwas aufmerksam, was wir uns kaum noch selbst zugestehen. Es gibt eine protestantische Lebensart. Es gibt ein Lebensgefühl der Offenheit und Gelassenheit bei gleichzeitigem Engagement für diese Welt. Die protestantische Lebensart ist aber auch so bunt wie ein Kirchentag und so tolerant wie Frankfurt an vielen Stellen ist. Lebensart ist die Kunst das Leben zu meistern. Lebensart ist aber auch der Dialog mit der Kunst.

Am Samstag war das Schweizer Straßenfest. Ein fröhliches Fest. Die Menschen tanzten auf der Straße, Musikgruppen spielten und ein kleines Karussell unterhielt die Kinder. Zelte und Dekorationen waren gelungen und sicher auch recht teuer.

Ich fragte mich, wie wird es am Abend der Begegnung sein. Auf alle Fälle anders. Wir werden nicht so professionell daherkommen. Aber wir werden zeigen, was uns umtreibt, wofür wir einstehen. Wir werden etwas zeigen von der Vielfältigkeit unserer Lebensart.

Und sicher wird auch etwas spürbar, wovon der gestrige Predigttext erzählte. Im Epheserbrief, Kapitel 1, Vers 7 heißt es: „In Christus haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade, die er uns hat reichlich widerfahren lassen.“ Erlösung – Reichtum – Gnade: Allein diese drei Hauptbegriffe machen doch deutlich, worum es geht – nämlich nicht in der eigenen Unzulänglichkeit verharren zu müssen. Da leben wir unser Leben, so gut es eben geht, und merken dabei täglich, wie die Verantwortung zentnerschwer auf uns lastet – die Verantwortung für uns, für andere und für die Welt. Es ist oft genug zum Verzweifeln. Und manch einer weiß einfach nicht mehr weiter, hat den Eindruck, gegen die Wand zu fahren. Können in dieser Situation die alten Worte nicht zum Segen werden: Erlösung – Reichtum – Gnade? Wir müssen nicht alles selbst tragen. Wir merken, dass wir doch nicht am Ende sind mit uns und unserem Latein und unserer Beschränktheit, weil ein ganz anderer für uns einsteht. Er lässt uns teilhaben an seiner Erlösung, an seinem Reichtum und an seiner Gnade. Wir können wieder Luft holen und durchatmen. In diesem Zusammenhang muss ich an die Taufe denken und an deren lebenswichtige Bedeutung. Noch lange bevor die Kinder ihr Leben selbst in die Hand nehmen können, ist ihnen gesagt: Vor Gott seid ihr längst jemand, vor ihm seid ihr gewichtig – ehe ihr überhaupt die erste Leistung erbracht habt.

Lassen sie uns in den nächsten zwölf Monaten daran arbeiten, dass etwas von diesem Geist, ich könnte auch sagen, von dieser Lebenseinstellung und von dieser Lebensart sichtbar wird. Auf dass wir zeigen können, welcher Geist auch in dieser Stadt herrscht.

Lied: EG 331, 5-6 + 10

Mitteilungen

Gebet:

Guter Gott, wir brauchen in unserem Leben ein Zuhause

Deshalb bitten wir

Für Menschen bei uns und in anderen Ländern, die auf der Flucht sind und ein Zuhause suchen;

Für alle Fremden unter uns,

daß wir und unsere Gesellschaft mehr für ihre Integration tun;

für alle Menschen, die nicht zu Hause sein können,

weil sie krank oder pflegebedürftig sind,

daß unsere Krankenhäuser und Heime für sie zu Herbergen werden, wo sie sich geborgen fühlen;

für alle Menschen, die Angst haben müssen um ihre eigene Wohnung,

weil Armut auch bei uns wieder um sich greift,

versteckt und verschwiegen;

für alle Menschen, die sich schwer tun mit ihrer eigenen Familie, mit ihrer Nachbarschaft.

Gott, wir erinnern uns an die Verheißung,

die du unseren Müttern und Vätern gegeben hast:

Du selbst baust uns eine Stadt, wo alle Lebensrecht haben.

Deshalb bitten wir:

Für unsere Stadt, in der wir wohnen und arbeiten,

daß wir mithelfen, sie für alle Menschen bewohnbar zu machen;

für unsere Welt,

daß sie Heimat aller Menschen, auch unserer Kinder, werden und bleiben kann

und vor dem selbstverschuldeten Untergang bewahrt wird;

für alle Menschen, denen unsere Zivilisation unheimlich geworden ist und die deshalb träumen von einer Welt, die Heimat sein kann, für Menschen, Tiere und Pflanzen.

Gott, wir halten fest an der Hoffnung auf dein Reich und vertrauen dir unsere Träume und Sehnsüchte an.

Und was uns noch bedrängt bringen wir vor dich mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden und Segen unseres Gottes:

Der Herr segne dich und behüte dich.

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der Herr hebe sein Angesicht auf dich

und gebe dir Frieden. Amen.

Lied: EG 421

Wir brauchen Vergewisserung

Pfarrerin Marion Eimuth

Trinitatis, Eph 1, 3-14

18. 6. 00, Diakonissenkirche.

Musik

Lied

L: Im Namen Gottes des Vater und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

G: Amen

L: Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,

G: der Himmel und Erde gemacht hat.

L: Der Herr sei mit euch,

G: und mit deinem Geist.

Eingangsgebet (Beichtgebet):

Christus, wir bringen unser Leben vor dich

Wir wünschen es uns heil,

aber es ist nicht so.

Wir tragen Verletzungen und Wunden davon,

die nach langer Zeit noch immer weh tun.

In unserem Schmerz übersehen wir die anderen,

die unsere Hilfe brauchen:

einen liebevollen Gedanken, ein tröstendes Wort.

Statt Hilfe geben wir Verletzungen weiter.

Statt Hoffnung säen wir Verzweiflung.

Öffne unsere Herzen für dein Hoffnungslied.

G: Der allmächtige Gott erbarme sich unser.

Er vergebe uns unsere Sünde

Und führe uns zum ewigen Leben. Amen.

Zuspruch:

Gott spricht:

„Ich will euch eine Zukunft schenken, wie ihr sie erhofft. Denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen.“

G: Amen.

Psalm

CH: Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist

G: wie im Anfang, so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen

K: Kyrie eleison.

G: Herr, erbarme dich.

CH: Christe eleison.

G: Christe erbarme dich.

Ch: Kyrie eleison.

G: Herr, erbarm dich über uns.

L: Ehre sei Gott in der Höhe

G: und auf Erden Friede den Menschen seiner Gnade.

Tagesgebet (Kollektengebet):

Wir stehen vor dir, Gott

Eingebunden in unsere Welt,

umgeben von unserem Alltag,

gefordert von der Verantwortung, die wir tragen.

So viel Unterschiedliches umgibt uns,

so viele Anforderungen werden an uns gestellt,

da ist es manchmal nicht einfach, die Orientierung zu behalten – oder überhaupt erst eine zu finden.

Die Sehnsucht ist da, eine Richtung zu erkennen,

an die wir uns halten und auf die wir uns verlassen können.

In unserer schnellebigen Zeit

suchen wir Beständigkeit und dauerhafte Ziele.

Wir stehen vor dir, Gott,

mit unseren Erfahrungen und Träumen,

mit unserer Realität und unseren Hoffnungen.

Vor dir können wir sie bestehen lassen und ernst nehmen.

G: Amen.

Lesung: Jes. 6, 1-13

CH/G: Halleluja

Lied:

Ansage des Evangeliums

G: Ehre sei dir Herr,

Lesung: Joh 3, 1-8 (9-15)

G: Lob sei dir, o Christus.

Glaubensbekenntnis:

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel;

Er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vater; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.

Lied:

Predigt:

Text: Epheser 1, 3-14

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herr Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus.

Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, daß wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten; in seiner Liebe hat er uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Lob seiner herrlichen Gnade, mit der er uns begnadet hat in dem Geliebten. In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade, die er uns reichlich hat widerfahren lassen in aller Weisheit und Klugheit. Denn Gott hat uns wissen lassen das Geheimnis seines Willens nach seinem Ratschluß, den er zuvor in Christus gefaßt hatte, um ihn auszuführen, wenn die Zeit erfüllt wäre, daß alles zusammengefaßt würde in Christus, was im Himmel und auf Erden ist. In ihm sind wir auch zu Erben eingesetzt worden, die wir dazu vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Ratschluß seines Willens;

Damit wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit, die wir zuvor auf Christus gehofft haben.

In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, nämlich das Evangelium von eurer Seligkeit – in ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem heiligen Geist, der verheißen ist, welcher ist das Unterpfand unsres Erbes, zu unsrer Erlösung, daß wir sein Eigentum würden zum Lob seiner Herrlichkeit.

Liebe Gemeinde,

Diesen Worten merkt man es sogar noch in ihrer deutschen Übersetzung an: Da ist einer voll und ganz begeistert, genauer: er ist ergriffen von dem Geist, der von Pfingsten ausgeht. Es ist gerade so, als ob er das nicht alles schnell und gründlich genug schaffen kann, nämlich von seinem Glauben zu erzählen und seinen Gott zu loben. Als ob er Angst habe, die Luft zum Sprechen zu verlieren oder die Hand zum Schreiben zu verkrampfen, packt er das alles in einen einzigen Satz. Im Griechischen ein wahres Satzungetüm, randvoll angefüllt mit Eindrücken, Aussagen und Zeugnissen. Wir kennen das doch auch, wenn wir voll sind mit Erfahrungen, Erlebnissen und Begebenheiten. Dann sprudelt es nur so aus uns heraus, und unsere Worte scheinen kein Ende nehmen zu wollen. So auch der Schreiber dieses Briefes nach Ephesus: Worum es ihm geht, ist ihm so wichtig, dass es förmlich aus ihm heraus quillt. Wir haben Mühe, ihm zu folgen, müssen uns schon anstrengen, seinem Tempo zu entsprechen. Wir merken: Es geht ihm um alles oder nichts. Und so entwirft er vor unseren Augen ein großartiges Panorama über Leben und Glauben, über Himmel und Erde, über Gott und Christus und Mensch. Was für manche der großen Panorama-Bilder gilt, dass sie sich nämlich erst durch Teil-Aspekte erschließen, das ist auch bei den Worten nach Ephesus nicht anders. Deshalb möchte ich ihnen nachgehen und an der einen oder anderen Stelle ein wenig verweilen, um genau diese Teil-Aspekte wirken zu lassen.

Da heißt es z.B., dass Gott uns in Christus erwählt hat, ehe der Weltengrund überhaupt gelegt war. Wir Menschen also erwählt vor aller Zeit! Ist das nicht eine gewaltige Aussage? Ich denke nur daran, wie häufig wir uns doch ins Dasein geworfen fühlen – einfach so und nach dem Zufallsprinzip und so ganz und gar nicht erwählt. Und auch im Alltag des Lebens selbst fühlen wir uns schwankend, hin- und hergerissen – wie eine Fahne im Wind und so ganz und gar nicht als Subjekte von Erwählung. Diese Erfahrungen sind es ja gerade, die uns Angst machen, die Unsicherheit bewirken, die unsere bangen Fragen auslösen nach dem Woher und dem Wohin. Und dann lesen wir: erwählt vor aller Zeit. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Taufe, in der uns deutlich werden kann: Es hat einer ja gesagt zu uns und zwar lange bevor wir überhaupt da waren. Oder ich werde an das Wort des Propheten Jesaja aus dem Alten Testament erinnert, das mir seit langem wichtig ist: „Fürchte dich nicht – ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ Ich habe dich ganz persönlich gerufen, ich, der gnädige Gott, kenne dich und meine dich höchstpersönlich, unter welchen Umständen du immer auch lebst. Eine solche Zusage, die gilt und die geht mit einem – ein Leben lang. Eine solche Zusage will uns befreien von unseren bedrückenden Erfahrungen, ein Staubkörnchen im Mahlwerk der Zeit zu sein – unbedeutend, aufgerieben und ohne Perspektive. So ist es gerade nicht, und so soll es auch in den Augen Gottes nicht sein. Wir sind eben nicht Staubkörnchen, sondern mit dieser großen Zusage im Rücken sind wir imstande, unseren eigenen Weg gehen zu können. Denn wer erwählt ist vor aller Zeit, der darf Hoffnung haben und kann deshalb auch Hoffnung weitergeben. Die Menschen warten darauf.

Einen weiteren und wichtigen Teil-Aspekt in dem großen Panoramabild entdecke ich in den alten Bekenntnis-Worten: „In Christus haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade, die er uns hat reichlich widerfahren lassen.“ Erlösung – Reichtum – Gnade: Allein diese drei Hauptbegriffe machen doch deutlich, worum es geht – nämlich nicht in der eigenen Unzulänglichkeit verharren zu müssen. Da leben wir unser Leben, so gut es eben geht, und merken dabei täglich, wie die Verantwortung mit zentnerschwer auf uns lastet – die Verantwortung für uns, für andere und für die Welt. Es ist oft genug zum Verzweifeln. Und manch einer weiß einfach nicht mehr weiter, hat den Eindruck, gegen die Wand zu fahren. Können in dieser Situation die alten Worte nicht zum Segen werden: Erlösung – Reichtum Gnade? Wir müssen nicht alles selbst tragen. Wir merken, dass wir doch nicht am Ende sind mit uns und unserem Latein und unserer Beschränktheit, weil ein ganz anderer für uns einsteht. Es lässt uns teilhaben an seiner Erlösung, an seinem Reichtum und an seiner Gnade. Wir können wieder Luft holen und durchatmen. Auch in diesem Zusammenhang muss ich an die Taufe denken und an deren lebenswichtige Bedeutung. Noch lange bevor die Kinder ihr Leben selbst in die Hand nehmen können, ist ihnen gesagt: Vor Gott seid ihr längst jemand, vor ihm seid ihr gewichtig – ehe ihr überhaupt die erste Leistung erbracht habt.

So ab und an in einer schweren Stunde vielleicht, wenn uns Sorgen und Kummer plagen, wenn uns alles zu viel wird, möchten wir am liebsten den ganzen Bettel hinwerfen. Da möchten wir uns verkriechen in ein dunkles Loch und nichts mehr hören und sehen. Wir scheinen weder unseren eigenen noch anderen Ansprüchen genügen zu können, empfinden unsere Schwäche und auch unsere Schuld als bedrückende Lebenslast. Und doch setzt genau da der Zuspruch Gottes ein: Er hat uns längst erlöst, auch von den eigenen Ansrüchen, er will uns immer neu stärken, er will uns vergeben und damit neue Wege weisen, kurz: Er bleibt uns zugewandt in seiner Gnade, die kein Ende hat. Der Gekreuzigte als der Auferstandene steht dafür selber ein. Wer darum weiß, wird sich wie befreit fühlen aus seinem dunklen Loch und sich vorkommen wie auf einem weiten Feld: frei und luftig, vor einem großen Horizont und unter einem sicheren Firmament.

Noch einen letzten Teilaspekt aus den Worten nach Ephesus möchte ich festhalten: Es heißt da: „In ihm seid ihr versiegelt worden mit dem Heiligen Geist.“ Das klingt auf den ersten Blick eher rätselhaft und ist doch so elementar. Zunächst erinnert das natürlich an Pfingsten – Stichwort: Heiliger Geist – und damit an die Erfahrung der frühen Christen, dass Gott durch die Zeiten seinen Leuten zugewandt bleibt. Und um das zu unterstreichen, ist vom Versiegeln die Rede. Wer denkt da nicht von allein an das Parkett oder die wertvolle Weinflasche oder den Vorgang beim Notar? Alles doch Sachen, die so teuer erkauft sind, dass sie geschützt, gesichert, verschont werden müssen! Und genauso ist es bei uns Christen: teuer erkauft, erkauft nämlich durch das Blut Christi! Deshalb müssen wir versiegelt, müssen wir fest gemacht werden mit Tiefen- und hoffentlich auch mit Langzeitwirkung. Dafür steht kein geringerer als der Geist Gottes. Wir wissen, wie schnell wir uns begeistern können oder begeistern lassen, wie schnell diese Begeisterung aber auch umschlagen, Schiffbruch erleiden kann, angesichts unserer Erfahrungen. Da haben wir wirklich so etwas wie Versiegelung oder – wie wir heute sagen würden – so etwas wie Vergewisserung bitter nötig. Das alles ist aber Grund und Anlass, unserem Gott zu danken, auf ihn auch weiterhin unsere Hoffnung zu setzen und ihn aus Herzensgrund zu loben: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Sagen im Himmel durch Christus.“ Diesen Worten nach Ephesus, auf uns überkommen durch Raum und Zeit, schließen wir uns gerne an. Amen.

Lied: EG 331, 1-3, 5 + 6, 10

Mitteilungen

Lied zur Kollekte:

Gebet (Kollekte)

Fürbittengebet:

Guter Gott, wir brauchen in unserem Leben ein Zuhause

Deshalb bitten wir

Für Menschen bei uns und in anderen Ländern, die auf der Flucht sind und ein Zuhause suchen;

Für alle Fremden unter uns,

daß wir und unsere Gesellschaft mehr für ihre Integration tun;

für alle Menschen, die nicht zu Hause sein können,

weil sie krank oder pflegebedürftig sind,

daß unsere Krankenhäuser und Heime für sie zu Herbergen werden, wo sie sich geborgen fühlen;

für alle Menschen, die Angst haben müssen um ihre eigene Wohnung,

weil Armut auch bei uns wieder um sich greift,

versteckt und verschwiegen;

für alle Menschen, die sich schwer tun mit ihrer eigenen Familie, mit ihrer Nachbarschaft.

Gott, wir erinnern uns an die Verheißung,

die du unseren Müttern und Vätern gegeben hast:

Du selbst baust uns eine Stadt, wo alle Lebensrecht haben.

Deshalb bitten wir:

Für unsere Stadt, in der wir wohnen und arbeiten,

daß wir mithelfen, sie für alle Menschen bewohnbar zu machen;

für unsere Welt,

daß sie Heimat aller Menschen, auch unserer Kinder, werden und bleiben kann

und vor dem selbstverschuldeten Untergang bewahrt wird;

für alle Menschen, denen unsere Zivilisation unheimlich geworden ist und die deshalb träumen von einer Welt, die Heimat sein kann, für Menschen, Tiere und Pflanzen.

Gott, wir halten fest an der Hoffnung auf dein Reich und vertrauen dir unsere Träume und Sehnsüchte an.

Und gemeinsam beten wir:

Vater unser im Himmel!

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

Und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

L: Geht hin im Frieden des Herrn.

G: Gott sei ewig Dank.

Segen:

Gott segne dich und behüte dich,

Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig,

Gott hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.

G: Amen.

Musik

17

Wir sind die Kleinen

Jubiläumsgottesdienst, 28. 5. 2000

Arche-Noah-Kindergarten, Weinbach

Begrüßung und Abkündigung: KV-Mitglied

Lied: Wie schön, daß Du entstanden bist

Eingangswort: Sponholz

Bekenntnis: Erieherinnen

Lesung: Frau Dragesser

Anspiel: endet mit

Lied: Wir sind die Kleinen (Kiga-Kinder)

25 Wünsche und Geschenke (Kinder)

Lied: Ich singe dir, EG 324, 1-7

Ansprache: Eimuth

Lied: Großer Gott, EG 331, 1-3

Gebet: Kindergartenteam

Vater unser

Lied: Nun danket all, EG 322, 5-7

Segen: Eimuth

Gebet:

Herr, wir bitten dich, gib allen Kindern der Erde Geborgenheit, daß sie sich so sicher wie in einer Arche fühlen.

Herr, wir bitten dich, stelle alle Menschen der Erde unter deinen Regenbogen, und erneuere damit deinen Bund mit ihnen.

Herr, wir bitten dich, gib uns die Zuversicht, daß wir auch in ausweglosen Situationen Hoffnung spüren.

Herr, wir bitten dich für diesen Tag, stelle ihn unter deinen Schutz, gib allen Helfern die nötige Ruhe und Umsicht und erfülle unsere Herzen mit Freude und Jubel.

Amen.

Wir beten mit den Worten die Gott uns gelehrt hat:

Vater unser…

Bekenntnis:

Wir feiern Gott

In der Schönheit der Schöpfung,

die uns froh macht mit den Farben der Blumen,

die uns leben läßt von der Ernte der Felder,

die unser Leben ordnet

in Morgen und Abend,

in Tage und Jahre.

Wir feiern Gott

Im Geheimnis der Liebe,

die uns zu den Menschen bringt, Großen und Kleinen,

die unsere Herzen bewegt,

die uns freundlich und zärtlich sein läßt.

Wir feiern Gott

Im Geschenk der Kinder,

die unter uns heranwachsen,

die unsere Fürsorge brauchen und unsere Geduld,

die uns bereichern

mit ihrem Lachen und ihren Fragen,

die weitertragen,

was Gott an menschlichem Leben geschenkt hat.

Wir feiern Gott

In der Kraft des Friedens,

die uns stärkt gegen die Ungerechtigkeit,

die uns mutig und zuversichtlich macht

auf dem Weg

zu einem neuen Himmel und einer neuen Erde. Amen.

Liebe Kinder, liebe Gemeinde,

heute ist ein großer Tag für den Arche Noah-Kindergarten. 25 Kerzen sind ausgeblasen und 25 Wünsche haben wir gehört. Heute feiern wir Geburtstag. Vor 25 Jahren wurde der Kindergarten gebaut und eingeweiht. Viele Kinder haben seitdem den Kindergarten besucht, haben gespielt und gesungen, haben andere Kinder kennengelernt, haben mit ihren Erzieherinnen viel erlebt. Einige Kindergartenkinder von damals haben heute selbst Kinder, die in den Arche-Noah Kindergarten gehen.

Der Kindergarten heißt heute Arche Noah. Ein Name, der schon zu einem Symbol geworden ist. Mit der Arche Noah verbindet man Rettung, Geborgenheit, Hoffnung, Zukunft.

Und wie wir in der Geschichte vorhin gehört haben, sind viele Tiere und auch Menschen in der Arche gerettet worden. Viele Tage und Nächte waren sie zusammen, haben friedlich zusammengelebt, und ich denke, sie haben sich auch verstanden. Einer hat die Sprache des Anderen verstanden auf dem Schiff. Weil sie so lange zusammen waren, und es schon fast anfing langweilig zu werden, kam Noah oder war es die Frau Noahs? auf die Idee, sich abends vor dem Schlafengehen im großen Aufenthaltsraum zu treffen und sich Geschichten zu erzählen.

An einem Abend war Frau Maus dran. Sie erinnerte sich wie sie noch in der alten Steinmauer wohnten. Rund um die Wiese herum, wo Kühe und Pferde grasten, stand diese alte Steinmauer. In dieser Mauer, nahe bei Scheune und Kornspeicher wohnte ihre Familie, die Feldmäuse.

Aber die Bauern waren weggezogen, Scheune und Kornspeicher standen leer. Und weil es bald Winter wurde, begannen die kleinen Feldmäuse Körner, Nüsse, Weizen und Stroh zu sammeln. Alle Mäuse arbeiteten Tag und Nacht. Alle – bis auf Frederick. „Frederick, warum areitest du nicht?“ fragten sie. „Ich arbeite doch“, sagte Frederick, „ich sammle Sonnenstrahlen für die kalten, dunklen Wintertage.“ Und als sie Frederick so dasitzen sahen, wie er auf die Wiese starrte, sagten sie: „Und nun, Frederick, was machst du jetzt?“ „Ich sammle Farben“, sagte er nur, „denn der Winter ist grau.“ Und einmal sah es so aus, als sei Frederick halb eingeschlafen. „Träumst du, Frederick?“ fragten sie vorwurfsvoll. „Aber nein“, sagte er, „ich sammle Wörter. Es gibt viele lange Wintertage – und dann wissen wir nicht mehr, worüber wir sprechen sollen.“

Als nun der Winter kam und der erste Schnee fiel, zogen sich die fünf kleinen Feldmäuse in ihr Versteck zwischen den Steinen zurück. In der ersten Zeit gab es noch viel zu essen und die Mäuse erzählten sich Geschichten über singende Füchse und tanzende Katzen. Da war die Mäusefamilie ganz glücklich. Aber nach und nach waren fast alle Nüsse und Beeren aufgeknabbert, das Stroh war alle und an Körner konnten sie sich kaum noch erinnern.

Es war auf einmal sehr kalt zwischen den Steinen der alten Mauer und keiner wollte mehr sprechen. Da fiel ihnen plötzlich ein, wie Frederick von Sonnenstrahlen, Farben und Wörtern gesprochen hatte. „Frederick“, riefen sie, „was machen deine Vorräte?“

„Macht die Augen zu“, sagte Frederick und kletterte auf einen großen Stein. „Jetzt schicke ich euch die Sonnenstrahlen. Fühlt ihr schon, wie warm sie sind? Warm , schön und golden?“ Und während Frederick so von der Sonne erzählte, wurde den vier kleinen Mäusen schon viel wärmer. Ob das Fredericks Stimme gemacht hatte? Oder war es ein Zauber?

„Und was ist mit den Farben, Frederick?“, fragten sie aufgeregt. „Macht wieder eure Augen zu“, sagte Frederick. Und als er von blauen Kornblumen und roten Mohnblumen im gelben Kornfeld und von grünen Blättern am Beerenbusch erzählte, da sahen sie die Farben so klar und deutlich vor sich, als wären sie aufgemalt in ihren kleinen Mäuseköpfen.

„Und die Wörter, Frederick?“ Frederick räusperte sich, wartete einen Augenblick und dann sprach er wie von einer Bühne herab:

„Wer streut die Schneeflocken? Wer schmilzt das Eis? Wer macht lautes Wetter? Wer macht es leis? Wer bringt den Glücksklee im Juni heran? Wer verdunkelt den Tag? Wer zündet die Mondlampe an?

Vier kleine Feldmäuse wie du und ich wohnen im Himmel und denken an dich.

Die Erste ist die Frühlingsmaus, die lässt den Regen lachen. Als Maler hat die Sommermaus die Blumen bunt zu machen. Die Herbstmaus schickt mit Nuss und Weizen schöne Grüße. Pantoffeln braucht die Wintermaus für ihre kalten Füße.

Frühling, Sommer, Herbst und Winter sind vier Jahreszeiten. Keine weniger und keine mehr. Vier verschiedene Fröhlichkeiten.“

Als Frederick aufgehört hatte, klatschten alle und riefen: „Frederick, du bist ja ein Dichter!“ Frederick wurde rot, verbeugte sich und sagte bescheiden: „Ich weiß es – ihr lieben Mäusegesichter!“

Die Tiere hatten voller Spannung zugehört und waren beeindruckt von Frau Maus. Noah saß nachdenklich in seinem Sessel. Ihm wurde nochmals deutlich, dass jeder und jede wichtig und einzigartig ist. Manchmal erkennt man es nicht sofort. Und manchmal, wie beim Träumer Frederick, merkt man erst spät, wie wichtig auch solche für die Gesellschaft oder für den Kindergarten sind.

Lied: Großer Gott, EG 331, 1-3

Segen:

Gott, segne unsere Augen,

daß wir einander in die Augen sehen können.

Gott, segne unsere Ohren,

daß wir uns gegenseitig zuhören können.

Gott, segne unseren Mund,

daß wir Worte füreinander finden, die nicht weh tun.

Gott, segne unser Herz,

daß wir Liebe spüren und Liebe geben können.

Gott, segne unsere Hände,

daß wir sie anderen reichen können. Amen.

Die Flimmerkiste gehört heute zur Kindheit

Evangelisches Frankfurt, Februar 2000

Die Flimmerkiste gehört heute zur Kindheit

Hier kommt die Maus! (unabhängige Bildquelle: Bodoklecksel/Wikimedia)

Kinder und Fernsehen: Die Elterngeneration hat gelernt, dass Fernsehen dumm macht. Doch in der Mediengesellschaft des 21. Jahrhunderts führt (fast) kein Weg am Fernsehen vorbei. In einem Workshop, veranstaltet vom evangelischen Medienhaus und dem Netzwerk Kommunikation und Medien (Komed) wurde das Kinderfernsehen untersucht und auch die Frage nach der Religion im allgegenwärtigen Medium gestellt.

Kurt-Helmuth Eimuth zum Stand der Diskussion.

Der Stress in der Vorweihnachtszeit erreichte bei vielen Eltern, Großeltern, Tanten und Onkeln seinen Höhepunkt mit einem scheinbar harmlosen Kinderwunsch. In diesem Jahr sollten unter`m Weihnachtsbaum Tinky Winky, Dipsy, Laa-Laa oder Po liegen. Die vier Windelpakete aus England haben innerhalb weniger Wochen die Herzen der Kleinstkinder erobert. Geschickt und teuer lief die Vermarktung des Frotteequartetts. Ob als Hausschuhe, Schmusepuppe oder Spiel, die Teletubbies sind immer dabei. Eine regelrechte Tubbie-Mania scheint den Nachwuchs und mithin die fürsorglichen Eltern erfasst zu haben. „Längst hat“, wie es der Geschäftsführer des Medienhauses, Helwig Wegner, formuliert, „die Fernsehwirklichkeit den Apparat verlassen“.
Seit Anfang der 70er Jahre die „Sesamstraße“ das Vorschulfernsehen einläutete, hat sich die Fernsehlandschaft, gerade für die Drei- bis Sechsjährigen, gewaltig geändert. Fernsehen bietet Unterhaltung, für die Kinder im Fragealter, gibt aber auch Antworten, die zudem die Flimmerkiste geduldig wiederholt. Doch mit den Teletubbies – und dies ist die eigentliche Herausforderung – hat ein Programm für Zweijährige Einzug in die Familien gehalten. Im Rundfunkrat soll es nach Angaben des zuständigen ARD-Programmkoordinators Gerhard Fuchs „entsetzte Mienen“ bei der Beschlussfassung gegeben haben. Gesichtszüge, die heute zahlreichen Eltern unweigerlich im Antlitz stehen, wenn es morgens um 9 Uhr im Kinderkanal vor „Ohs“ und „Ahs“ nur so gurgelt. Doch die kleinen Zuschauer machen mit, freuen sich, sprechen einzelne Worte (Winke, Winke) nach. Ältere Kinder hingegen wenden sich schnell ab. Das ist einfach zu langweilig.

Käptn Blaubär & Co

Sebastian Debertin vom Kinderkanal kann – wie auch erste wissenschaftliche Untersuchungen – keine Gefahr im munteren Treiben der Vier sehen. Sicher habe man, so sein Bericht in Frankfurt, auch innerhalb der Redaktion diskutiert, ob Zweijährige vor den Bildschirm gehören. „Doch wenn Kinder in die Röhre schauen, dann sollten sie auch das Richtige ansehen“, so Debertin. Und letzten Endes entscheiden die Eltern was, wann und wieviel an TV konsumiert wird.
Allein an einem gewöhnlichen Samstagvormittag werden die Kindersendungen von rund 3,2 Millionen Kindern gesehen. Doch ganz so erschreckend scheint diese Zahl nun auch wieder nicht, denn die Kinder sitzen etwa eineinhalb Stunden vor dem Apparat, Erwachsene gut doppelt so lang. Betrachtet man diese Statistik genauer, gehört zu den Vielsehern ein Viertel der Kinder. Sie nutzen das Fernsehen täglich mehr als zwei Stunden. Auf der anderen Seite schauen fast die Hälfte der Kindergartenkinder weniger als eine halbe Stunde. Mehr als Teletubbies und Sandmännchen ist da nicht drin.

Teletubbies, Foto: Wikimedia, Tropenmuseum

Kinder folgen ihren Eltern in den Konsumgewohnheiten. So wundert es nicht, dass im Osten Deutschlands auch bei Kindern und Jugendlichen die Privatsender deutlich beliebter sind als die öffentlich-rechtliche Konkurrenz. Und noch eines fällt auf: Wer nicht mehr klein sein will, sieht Programme für Kinder und Jugendliche. Während bei den Kleinen „Die Sendung mit der Maus“ unschlagbar ist, schauen die großen Kinder (10 bis 13 Jahre) durchaus nicht die typischen Kinderprogramme. So steht neben Sportübertragungen für diese Altersgruppe etwa „Wetten dass“ ganz oben auf der Hitliste. Unter den Top Ten dieser Altersgruppe finden sich auch die Asterix-Verfilmungen oder die Daily-Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten.“ Die von den Fernsehbeiträgen angepeilten Zielgruppen werden immer jünger.
Dagegen hält sich hartnäckig die geschlechtsspezifische Aufteilung. Während die Jungen eher zu Abenteuer- und Sportsendungen (Autorennen) neigen, bevorzugen Mädchen Figuren in phantastischen Welten oder Serien, bei denen es um Liebe und Freundschaft geht. Nicht unwichtig ist ein anderer Unterschied: Mädchen sehen weniger fern als Jungen. So finden sich unter den so genannten Vielsehern (120 Minuten) weniger Mädchen.

Das Medium Fernsehen gehört zur Lebenswirklichkeit der Kinder. Es ist nicht zu verteufeln, aber der Umgang mit ihm will gelernt sein. Medienkompetenz wird nicht von Enthaltsamkeit bewirkt. Vielmehr muss sehr früh der aktive, kreative Umgang mit dem Medium gelernt werden. Warum sollte eine Dreijährige nicht die Videokamera nutzen können? Schließlich ist die Bedienung kinderleicht.
Zur Lebenswirklichkeit von Kindern gehört aber auch Religion. Die Frage, warum Tinky Winky nicht betet, konnte der Workshop zwar nicht beantworten. Allerdings wies Dieter Saldecki vom WDR und einer der „Maus“-Macher darauf hin, dass die Fernsehleute Fragen nach religiösen Deutungen nicht auswichen. Ziel sei es, mit den Sendungen den Wert des Lebens zu vermitteln. Dennoch ist Religion als Alltagswirklichkeit im Fernsehen eher eine Randerscheinung, beispielsweise wenn die Familie Simpson sich mit Gottesbildern auseinander setzt.
Ganz anders die verwendeten Bilder und Symbole: Haben die Teletubbies nicht dort wo das Gefühl sitzt, im Bauch, einen großen Fernsehapparat? Und bedeutet nicht diese pralle Sonne als Symbol Leben pur? Fragen, die womöglich der nächste Medienworkshop aufgreifen wird.

Woche des Lebens

3.7. 2000

Heilig Geist

Kurt-Helmuth Eimuth

Orgelvorspiel

Eingangslied:

EG 437, 1-4

Die helle Sonn

Votum:

Wir feiern diesen Gottesdienst

im Namen Gottes, Quelle unseres Lebens,

im Namen Jesu Christi, in ihm ist Gott uns nahe;

im Namen des Heiligen Geistes,

der Kraft, die uns belebt und bewegt.

Psalm: 36 Nr. 719

Gebet:

Guter Gott,

du rufst uns alle zu dir als deine Kinder,

so unterschiedlich wir auch sein mögen.

Du hast ein großes Herz für unsere Eigenheiten, unseren Glauben zu leben.

Wir bitten dich, dass auch wir uns untereinander mit der Liebe und der Geduld begegnen können, mit der du uns begegnest.

Schenke uns Gelassenheit und Toleranz, Interesse und Wohlwollen im Umgang miteinander.

Lass uns zu einer Gemeinschaft werden, in der sich unterschiedliche Auffassungen und unterschiedliche Glaubenspraktiken nicht ausschließen, sondern ergänzen und bereichern.

Zeige uns den Weg zum Leben in einer Gemeinschaft, in der alle zusammenfinden, um dich zu preisen. Das bitten wir dich im Namen Jesu Christi durch die Kraft deines Geistes. Amen.

Lied: EG 295, 1-4

Wohl denen, die da wandeln

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Am Wochenende wurde die „Woche für das Leben“ eröffnet. Bei uns eher unbeachtet, kann sie doch Anlaß sein, über wesentliche ethische Fragen unserer Gesellschaft nachzudenken. Zum zehnten Mal wird die Woche für das Leben durchgeführt. Evangelische und katholische Christen engagieren sich hier für einen umfassenden Lebensschutz.

In besonderer Weise soll der Blick auf die Grundlagen und Bedingungen unseres Lebens gelenkt werden. Das Leben des Menschen ist von ständiger Entwicklung und Veränderung bestimmt. So sehr sich der Mensch jedoch verändert und entfaltet, so sehr er geprägt sein mag von Veranlagung oder äußeren Umständen – in jedem Stadium seiner Entwicklung und in allen Augenblicken seines Daseins ist er in Gottes Augen ein ganzer Mensch. Ob wir in das Gesicht eines neugeborenen Kindes blicken oder in das eines Sterbenden, es ist immer „Leben als Gottes Bild“ (so auch das diesjährige Motto). Hierzu sagte der EKD-Ratsvorsitzende: „Wenn wir unterstreichen, dass menschliches Leben als Gottes Bild gesehen werden muß, dann wenden wir uns damit auch gegen Menschenbilder, die Menschen als anonyme Nummern als Kostenfaktoren, als Manövriermasse verstehen“.

Gott ist ein Freund des Lebens. In Jesus Christus findet der Mensch das gottgewollte Bild des Menschen. Christen wissen, dass das Leben eine Gabe Gottes ist. Deshalb treten sie für das Leben ein. Sie stellen sich den Herausforderungen ihrer Zeit und mischen sich ein in den Diskurs von Medizinern und Humangenetikern, um das Recht des Menschen auf Leben von Anfang an bis zum Augenblick des Todes zu schützen.

Ist etwas technisch möglich, erzeugt es Erwartungen, ja vielleicht einen Anspruch, diese Technik dann auch zu nutzen. Wenn Millionenbeträge für bestimmte Forschungszwecke investiert werden, ist dies mit der Erwartung verknüpft, dass solche Investitionen sich doch irgendwie auszahlen müssen. Wenn bestimmte Techniken, Institute und Maschinen eingerichtet sind, wird erwartet, dass sie auch gebraucht werden. Es besteht dann die Möglichkeit, dass nicht mehr aus wirklich empfundener Not heraus gehandelt wird, sondern aufgrund von technischen Möglichkeiten oder Zwängen. Die freien Taten von gestern setzen heute und morgen unter Druck. Die radikale Nutzung von technischer Macht kann umschlagen in die Erfahrung der Abhängigkeit von den Folgen von Erbfolgen.

Angesichts dieser Situation fragen wir: Dürfen wir, was wir können? Als Christen sehen wir die Aufgabe, menschlicher Macht eine Grenze zu setzen. Fehlt die Anerkennung Gottes, der ein gemeinsames Gegenüber aller Menschen ist, wächst die Gefahr, dass die Menschen in Wertvolle und weniger Wertvolle, in Mächtige und weniger Mächtige aufgeteilt werden, statt dass sie in ihrer unterschiedlichen Bedürftigkeit auf ihr Miteinander hingewiesen werden. Der Schöpfer als Gegenüber stiftet jedoch Gemeinsamkeit und Verbundenheit zwischen den Menschen. Gott der Schöpfer bindet auch die Generationen zusammen, so dass die gegenwärtige Generation nicht auf Kosten der zukünftigen leben sollte.

In einer Reihe von geistes- und naturwissenschaftlichen Denkmodellen beobachten wir – wie schon erwähnt – gegenwärtig die Tendenz, sogar für geplante, zielgerichtete genetische Veränderungen von Menschen Akzeptanz zu schaffen. Wo dies geschieht, wird das menschliche Leben zum Objekt von Planern, die ihr eigenes, ideologisches und problematisches Bild vom „besseren“ Menschen durchsetzen wollen.

In unserer technischen Zivilisation entstehen oft auch aus vermeintlich guter Absicht und mit zumindest wohlklingenden Begründungen bedenkliche Entwicklungen. So etwa, wenn menschliches Leben außerhalb des Mutterleibes erzeugt und technisch verwertet werden soll. Die Erzeugung menschlichen Lebens führt dann nicht zu einer Schwangerschaft und zur Geburt eines Kindes, sondern dient medizinischen Forschungszwecken.

Solche „Verzweckung“ menschlichen Lebens ist aber unter allen Umständen abzulehnen. Der gute Zweck, bessere Behandlungsmöglichkeiten für Kranke zu erkunden, rechtfertigt nicht jedes Mittel. Die Bewahrung und der Schutz der Würde des Menschen kann es im Gegenteil notwendig machen, über bestimmte Forschungsvorhaben und Behandlungsmöglichkeiten sehr kritisch nachzudenken und verstärkt nach Alternativen zu suchen. Vor allem ist es geboten, sich in mitmenschlicher Hinsicht für Kranke, Hilfsbedürftige und Sterbende einzusetzen. In den letzten Jahren haben sich zum Beispiel in der Hospizbewegung zahlreiche Menschen für eine solche Mitmenschlichkeit engagiert.

Eine solche Einstellung lebt von der Voraussetzung, dass auch kranke und behinderte Menschen als Gottes Ebenbild zu achten und wertzuschätzen sind.

<div>Die christliche Ethik gibt „keine technischen Lösungen und konkreten Handlungsanweisungen,“ heißt es im Gemeinsames Wort der Kirchen zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland, „sondern vermittelt Perspektiven, Wertorientierungen, Urteils- und Handlungskriterien. Sie hat sowohl eine prophetisch-kritische wie eine ermutigende, versöhnende und heilende Funktion.“ (Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit.. 1997. Ziff. 102) </div>

Lied: EG 584, 1-4

Meine engen Grenzen

Mitteilungen

Gebet:

Gott, schenke uns behütetes Leben

Gib gute Zeit und Tage mit klaren Zielen.

Wir bitten dich darum für uns

Und alle, die du uns zu unseren Nächsten gemacht hast.

Wir bitten dich um Augen,

die hellsichtig sind für Zeichen der Not,

für Winke zum Helfen;

um offene Ohren,

die uns auch die halblauten Bitten anderer hören lassen.

Wir bitten dich um Fingerspitzengefühl

Im Umgang mit schwierigen Menschen;

Um ein gutes Gedächtnis für die sorgen,

die jemand uns anvertraut hat,

und für die Dinge, die wir zu tun versprochen haben.

Wir bitten dich um gute Nerven,

damit wir uns nicht an Kleinigkeiten gegenseitig zerreiben,

denn du willst keine verärgerten Leute.

Wir bitten dich um ein fröhliches Gesicht

Und um ein Lächeln, das aus dem Herzen kommt,

denn andere sollen sich an uns freuen können.

Du bist uns zugetan, wie eine Freundin, wie ein Freund;

Laß uns freundlich zu den Menschen werden.

Laß uns in allem so gesinnt sein, wie Jesus Christus gesinnt war.

Und was uns noch bedrängt bringen wir vor dich mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden und Segen unseres Gottes:

Der Herr segne dich und behüte dich.

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der Herr hebe sein Angesicht auf dich

und gebe dir Frieden. Amen.

Lied: EG

Die Flimmerkiste gehört heute zur Kindheit

Kinder und Fernsehen: Die Elterngeneration hat gelernt, dass Fernsehen dumm macht. Doch in der Mediengesellschaft des 21. Jahrhunderts führt (fast) kein Weg am Fernsehen vorbei. In einem Workshop, veranstaltet vom evangelischen Medienhaus und dem Netzwerk Kommunikation und Medien (Komed) wurde das Kinderfernsehen untersucht und auch die Frage nach der Religion im allgegenwärtigen Medium gestellt.

Kurt-Helmuth Eimuth zum Stand der Diskussion.

Maus
Maus

Der Stress in der Vorweihnachtszeit erreichte bei vielen Eltern, Großeltern, Tanten und Onkeln seinen Höhepunkt mit einem scheinbar harmlosen Kinderwunsch. In diesem Jahr sollten unter`m Weihnachtsbaum Tinky Winky, Dipsy, Laa-Laa oder Po liegen. Die vier Windelpakete aus England haben innerhalb weniger Wochen die Herzen der Kleinstkinder erobert. Geschickt und teuer lief die Vermarktung des Frotteequartetts. Ob als Hausschuhe, Schmusepuppe oder Spiel, die Teletubbies sind immer dabei. Eine regelrechte Tubbie-Mania scheint den Nachwuchs und mithin die fürsorglichen Eltern erfasst zu haben. „Längst hat“, wie es der Geschäftsführer des Medienhauses, Helwig Wegner, formuliert, „die Fernsehwirklichkeit den Apparat verlassen“.
Seit Anfang der 70er Jahre die „Sesamstraße“ das Vorschulfernsehen einläutete, hat sich die Fernsehlandschaft, gerade für die Drei- bis Sechsjährigen, gewaltig geändert. Fernsehen bietet Unterhaltung, für die Kinder im Fragealter, gibt aber auch Antworten, die zudem die Flimmerkiste geduldig wiederholt. Doch mit den Teletubbies – und dies ist die eigentliche Herausforderung – hat ein Programm für Zweijährige Einzug in die Familien gehalten. Im Rundfunkrat soll es nach Angaben des zuständigen ARD-Programmkoordinators Gerhard Fuchs „entsetzte Mienen“ bei der Beschlussfassung gegeben haben. Gesichtszüge, die heute zahlreichen Eltern unweigerlich im Antlitz stehen, wenn es morgens um 9 Uhr im Kinderkanal vor „Ohs“ und „Ahs“ nur so gurgelt. Doch die kleinen Zuschauer machen mit, freuen sich, sprechen einzelne Worte (Winke, Winke) nach. Ältere Kinder hingegen wenden sich schnell ab. Das ist einfach zu langweilig.

Bär
Bär

Sebastian Debertin vom Kinderkanal kann – wie auch erste wissenschaftliche Untersuchungen – keine Gefahr im munteren Treiben der Vier sehen. Sicher habe man, so sein Bericht in Frankfurt, auch innerhalb der Redaktion diskutiert, ob Zweijährige vor den Bildschirm gehören. „Doch wenn Kinder in die Röhre schauen, dann sollten sie auch das Richtige ansehen“, so Debertin. Und letzten Endes entscheiden die Eltern was, wann und wieviel an TV konsumiert wird.
Allein an einem gewöhnlichen Samstagvormittag werden die Kindersendungen von rund 3,2 Millionen Kindern gesehen. Doch ganz so erschreckend scheint diese Zahl nun auch wieder nicht, denn die Kinder sitzen etwa eineinhalb Stunden vor dem Apparat, Erwachsene gut doppelt so lang. Betrachtet man diese Statistik genauer, gehört zu den Vielsehern ein Viertel der Kinder. Sie nutzen das Fernsehen täglich mehr als zwei Stunden. Auf der anderen Seite schauen fast die Hälfte der Kindergartenkinder weniger als eine halbe Stunde. Mehr als Teletubbies und Sandmännchen ist da nicht drin.
Kinder folgen ihren Eltern in den Konsumgewohnheiten. So wundert es nicht, dass im Osten Deutschlands auch bei Kindern und Jugendlichen die Privatsender deutlich beliebter sind als die öffentlich-rechtliche Konkurrenz. Und noch eines fällt auf: Wer nicht mehr klein sein will, sieht Programme für Kinder und Jugendliche. Während bei den Kleinen „Die Sendung mit der Maus“ unschlagbar ist, schauen die großen Kinder (10 bis 13 Jahre) durchaus nicht die typischen Kinderprogramme. So steht neben Sportübertragungen für diese Altersgruppe etwa „Wetten dass“ ganz oben auf der Hitliste. Unter den Top Ten dieser Altersgruppe finden sich auch die Asterix-Verfilmungen oder die Daily-Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten.“ Die von den Fernsehbeiträgen angepeilten Zielgruppen werden immer jünger.
Dagegen hält sich hartnäckig die geschlechtsspezifische Aufteilung. Während die Jungen eher zu Abenteuer- und Sportsendungen (Autorennen) neigen, bevorzugen Mädchen Figuren in phantastischen Welten oder Serien, bei denen es um Liebe und Freundschaft geht. Nicht unwichtig ist ein anderer Unterschied: Mädchen sehen weniger fern als Jungen. So finden sich unter den so genannten Vielsehern (120 Minuten) weniger Mädchen.

Teletubbies
Teletubbies

Das Medium Fernsehen gehört zur Lebenswirklichkeit der Kinder. Es ist nicht zu verteufeln, aber der Umgang mit ihm will gelernt sein. Medienkompetenz wird nicht von Enthaltsamkeit bewirkt. Vielmehr muss sehr früh der aktive, kreative Umgang mit dem Medium gelernt werden. Warum sollte eine Dreijährige nicht die Videokamera nutzen können? Schließlich ist die Bedienung kinderleicht.
Zur Lebenswirklichkeit von Kindern gehört aber auch Religion. Die Frage, warum Tinky Winky nicht betet, konnte der Workshop zwar nicht beantworten. Allerdings wies Dieter Saldecki vom WDR und einer der „Maus“-Macher darauf hin, dass die Fernsehleute Fragen nach religiösen Deutungen nicht auswichen. Ziel sei es, mit den Sendungen den Wert des Lebens zu vermitteln. Dennoch ist Religion als Alltagswirklichkeit im Fernsehen eher eine Randerscheinung, beispielsweise wenn die Familie Simpson sich mit Gottesbildern auseinander setzt.
Ganz anders die verwendeten Bilder und Symbole: Haben die Teletubbies nicht dort wo das Gefühl sitzt, im Bauch, einen großen Fernsehapparat? Und bedeutet nicht diese pralle Sonne als Symbol Leben pur? Fragen, die womöglich der nächste Medienworkshop aufgreifen wird.

Evangelisches Frankfurt, Februar 2000

Scientology recruiting in the Schirn Cafe

Contract with sect triggers dismay

Frankfurt, Germany
February 26, 2000
Frankfurter Neue Presse

Frankfurt. The controversial Scientology Organization wants to advertise its goals from Monday to Wednesday in the Cafe of the Frankfurt Schirn Art Building. That was confirmed yesterday by the Director of the Art Building, Hellmut Seemann. At the same time, he said he regretted that no legal grounds were available on which to prevent the gathering. The contract had been agreed upon by the Cafe’s lessee, Klaus-Peter Kofler. Kofler himself could not be reached on Friday to get his opinion.

According to Seemann’s statement, the Scientologists did not show up under a cover name, but under the designation of Scientology. A procurator in Kofler’s business, Kofler & Company, Inc. agreed to the renting. „It could be that Kofler himself was not even involved,“ said Seemann, „but he could at least distance himself from the organization by donating the rental income to a charitable organization.“ Scientology will pay Kofler 45,000 marks rent for the three days. Kofler told the „Frankfurter Allgemeinen“ newspaper that cancelling the contract was not possible because of the amount.

The Frankfurt Superintendent for Schools, Education and multi-cultural opportunities, Jutta Ebeling (Greens) criticized the gastronome for his conduct in an open letter. It said that he bore the responsibility that „this sect was being made presentable“ and that it was advertising its „cynical tricks“ while she, Ebeling, was doing everything „to hinder access of sects to youth.“

According to advertising leaflets, the organization wants to present video presentations, a photography exhibition and „live demonstrations“ at its gathering, entitled „What is Scientology?“.

A letter of protest to Kofler was also written by Frankfurt’s Director of Culture, Hans-Bernhard Nordhoff (SPD). He said he learned of the arrangement at the Schirn Cafe „with great dismay.“ „The Schirn Art Hall and the neighboring cafe understandably appears as a unit in the public picture; gatherings in your Cafe will therefore always be identified with our renowned art hall,“ wrote Nordhoff. Although it was not legally possible for him to interfere with this use, he appealed „very urgently“ to Kofler to conscientiously review as to whether Scientology recruitment operations were legal in the Schirn institution and the culinary operation, said the culture director.

Frankfurt sect expert and spokesman of the Evangelical Church, Kurt-Helmuth Eimuth, could hardly imagine that Kofler had deliberately slipped into the contract with the „cynical organization,“ because it is well known in gastronomy that such behavior could be „absolutely ruinous to one’s image,“ said Eimuth. According to what he has observed, the activities of the sect in Frankfurt in recent times „have wilted considerably.“ He said that criticism was having its effect.

Macht

Bathseba

24.1. 2000 Heilig Geist

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

für den politisch Interessierten sind diese Tage spannend. Man schaltet am Abend das Radio an und fragt sich, was denn nun wieder ans Tageslicht befördert wurde. Da werden Gesetze gebrochen, da wird von einst Mächtigen gelogen oder es wird einfach geschwiegen, was auch nicht viel besser ist als lügen. Offenbar ist Macht eine Droge von der man schlecht runter kommt. In einem Interview für das Evangelische Frankfurt sagte mir Jean Claude Diallo, dass es in seiner Heimat ein Sprichwort hierfür gebe. Man sage:

Gib einem Manne Macht, der sie nie erwartet habe, dann wird er verrückt. Nimm einem Mann, der immer Macht hatte, die Macht, dann wird er auch verrückt. Der Virus des Herrschens und des besitzen-Wollens scheint dem menschlichen Wesen eigen.

Die jüdische Tradition kennt solches Verhalten. Drastisch beschreibt sie die Schattenseiten von König David. Im 2. Buch Samuel lesen wir: 2 – 6

Wenig später wird berichtet, wie David seine Intrige spinnt:

13 – 15

Diese Überlieferung ist eine der ältesten Kriminalgeschichten der Menschheit. Es geht um Begierde, um gnadenlose Machtausübung und um Mord. Motive und menschliche Schwächen, die in jedem Kriminalroman unserer Tage vorkommen. David setzt seine Macht gegenüber Batseba ein. Der Streit der Exegeten, ob es sich um eine Vergewaltigung handelte, ist angesichts der Gewalt königlicher Allmacht fast vernachlässigbar. Der König nimmt sich die, die er sieht. Gegen den König lehnt sich niemand auf, hat sich niemand aufzulehnen. Auch nicht, als er einen infamen Mordplan ausheckt und umsetzt. Auch in der weiteren Geschichte des Königshauses werden Frauen benutzt und ausgebeutet.

Zurück zu unserem Bezug, dem Machtmißbrauch. Er ist in einer demokratischen Gesellschaft immer auch eine Möglichkeit. Überall dort, wo Menschen wirken, besteht auch die Gefahr, daß sie ihre Kompetenzen mißbrauchen oder Vorschriften umgehen. Auch Kirche ist davor nicht geschützt. Der Betrugsfall des vergangenen Jahres bei uns, die Vorgänge im diakonischen Werk oder auch die Vorgänge in der evangelischen Kirche von München zeugen von der Anfälligkeit des Menschen.

Helfen kann hier nur ein gesundes Maß an Kontrolle und eine Ausrichtung des Lebens an die christlichen Gebote. Bei allem Entsetzen über das Ausmaß der Geldverschiebung in der Christlich Demokratischen Union bleibt doch auch eine Gewißheit. Die Medien sind wachsam genug, dass sie solche Ungeheuerlichkeiten ans Tageslicht befördern. Da hilft dann kein Schweigen und Leugnen. Wenn die Kontrolle innerhalb der Partei versagt, so funktioniert sie doch im öffentlichen Raum. Dies unterscheidet – gottlob – unsere demokratische Gesellschaft von der Monarchie eines Königs Davids. Unsere Staatsformen haben sich weiterentwickelt, doch der Mensch ist in seiner Sündhaftigkeit der Gleiche geblieben. Die Bibel erzählt vom ständigen Kampf des Menschen mit solchen Versuchungen. Sie benennt und brandmarkt aber auch Sünde als Sünde. Wir Menschen können uns in aller Freiheit entscheiden. Glaube kann uns die Kraft geben, solchen Versuchungen – ob im Großen oder Kleinen – nicht zu unterliegen.

Kurt-Helmuth Eimuth

Es kommt ein Schiff geladen

2. Advent, 5. 12. 99

Pfarrerin Marion Eimuth

gelesen von Kurt-Helmuth Eimuth

Orgelvorspiel

Gemeinde: Eingangslied: EG 12, 1 + 2

Votum:

Liebe Gemeinde,

ich begrüße Sie herzlich zu diesem Adventsgottesdienst.

Ich stehe hier in Vertretung für meine Frau. Der Arzt riet hier dringend dazu diesen Gottesdienst nicht zu halten. Sie leidet an einer Kelhkopfentzündung. So darf ich hier das vollenden, was sie vorbereitet hat.

Wir sind mitten drin in einer Zeit der Vorbereitung und der Erwartung: Weihnachten steht vor der Tür.

Wir warten darauf, die frohe Botschaft wieder zu hören vom Kommen Gottes zu den Menschen.

Und vielleicht erwarten wir noch mehr, – nämlich daß etwas spürbar wird von seinem Dasein mitten unter uns. Daß etwas spürbar wird von seiner Liebe, von seiner heilsamen Zuwendung.

Und wir feiern unseren Gottesdienst, wie alle unsere Gottesdienste im Namen Gottes, im Namen Jesu Christi und im Namen des Heiligen Geistes. Amen

Pfarrerin: Psalm 80:

Herr, Gott Zebaoth, tröste uns wieder;

lass leuchten dein Antlitz, so genesen wir.

Du Hirte Israels, höre, der du Josef hütest wie Schafe!

Erscheine, der du thronst über den Cherubin,

vor Ephraim, Benjamin und Manasse!

Erwecke deine Kraft und komm uns zur Hilfe!

Gott Zebaoth, tröste uns wieder;

lass leuchten dein Antlitz, so genesen wir.

Herr, Gott Zebaoth, wie lange willst du zürnen,

während dein Volk zu dir betet?

Du speisest sie mit Tränenbrot

und tränkest sie mit einem großen Krug voll Tränen.

Du lässt unsere Nachbarn sich um uns streiten,

und unsere Feinde verspotten uns.

Herr, Gott Zebaoth, wende dich doch!

Schaue vom Himmel und sieh darein,

nimm dich dieses Weinstocks an!

So wollen wir nicht von dir weichen.

Lass uns leben, so wollen wir deinen Namen anrufen.

Herr, Gott Zebaoth, tröste uns wieder;

lass leuchten dein Antlitz, so genesen wir.

Kommt, laßt uns anbeten:

Gemeinde: Ehr sei dem Vater und dem Sohn..

Pfarrerin: Sündenbekenntnis:

Das Warten fällt uns schwer, Gott

wir sind ungeduldig,

haben zu wenig Zeit,

für andere und für uns selbst,

auch für dich haben wir zu wenig Zeit.

Lieber lenken wir uns ab,

stürzen uns in Arbeit oder Zerstreuung,

machen uns etwas vor

und können es nur schwer aushalten,

wenn etwas Zeit braucht

oder nicht nach unserem Kopf geht.

So bitten wir:

„Herr, erbarme dich!“

Gemeinde: Herre, Gott, erbarme dich,

Christe, erbarme dich,

Herre Gott, erbarme dich!

Pfarrerin: Gandenwort:

Mitten in unserem Leben willst du neues Leben stiften.

Mitten in dieser Welt schenkst du uns Zeichen deiner neuen Welt.

Gerechtigkeit und Frieden sind deine Spuren,

an denen wir erkennen können, wie du es mit uns meinst.

Dein Geist will uns beflügeln, wenn wir mutlos sind.

Gott, dir sei’s gedankt. Dich loben wir und rufen:

„Ehre sei Gott in der Höhe!“

Gemeinde: Allein Gott in der Höh sei Ehr

und Dank für seine Gnade, darum daß nun

und nimmermehr uns rühren kann kein

Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat;

nun ist groß Fried ohn Unterlaß, all Fehd

hat nun ein Ende.

Pfarrerin: Gebet

Ich möchte den Mut zur Freude haben, Gott

in dieser Zeit der Vorbereitungen,

den Mut zur Freundlichkeit inmitten von Hetze und Erschöpfung,

den Mut zum Lächeln angesichts von Sorgen und Enttäuschung,

ja, den Mut, der oftmals bedrückende Realität

befreit und hoffnungsfroh ins Gesicht zu lachen!

Denn ich weiß:

Du kommst, Gott,

und deine Verheißung erfüllst du gewiß.

Eine tiefe Freude erfüllt mein Herz

und beseelt meinen Alltag.

Komm, Gott, und gib mir den Mut,

diese Freude groß werden zu lassen!

Amen.

Pfarrerin: 1. Schriftlesung:

Jesaja 63, 15-19 und 64, 1-3

So schau nun vom Himmel und sieh herab von deiner heiligen, herrlichen Wohnung! Wo ist nun dein Eifer und deine Macht? Deine große, herzliche Barmherzigkeit hält sich hart gegen mich.

Bist du doch unser Vater; denn Abraham weiß von uns nichts, und Israel kennt uns nicht. Du, Herr, bist unser Vater; „Unser Erlöser“, das ist von alters her dein Name.

Warum läßt du uns, Herr, abirren von deinen Wegen und unser Herz verstocken, daß wir dich nicht fürchten? Kehr zurück um deiner Knechte willen, um der Stämme willen, die dein Erbe sind!

Kurze Zeit haben sie dein heiliges Volk vertrieben, unsre Widersacher haben dein Heiligtum zertreten.

Wir sind geworden wie solche, über die du niemals herrschtest, wie Leute, über die dein Name nie genannt wurde.

Ach daß du den Himmel zerrissest und führest herab, daß die Berge vor dir zerflössen,

wie Feuer Reisig entzündet und wie Feuer Wasser sieden macht, daß dein Name kundwürde unter deinen Feinden und die Völker vor dir zittern müßten, wenn du Furchtbares tust, das wir nicht erwarten – und führest herab, daß die Berge vor dir erflössen! –

und das man von alters her nicht vernommen hat. Kein Ohr hat gehört, kein Auge hat gesehen einen Gott außer dir, der so wohl tut denen, die auf ihn harren.

Halleluja

Gemeinde: Halleluja, Halleluja, Halleluja

Gemeinde: Lied, 6, 1-5

Pfarrerin: 2. Schriftlesung:

Lukas 21, 25-33

Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Völkern bange sein, und sie werden verzagen vor dem Brausen und Wogen des Meeres,

und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen.

Und alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit. Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.

Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht den Feigenbaum und alle Bäume an:

wenn sie jetzt ausschlagen und ihre seht es, so wißt ihr selber, daß jetzt der Sommer nahe ist.

So auch ihr: wenn ihr seht, daß dies alles geschieht, so wißt, daß das Reich Gottes nahe ist.

Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis es alles geschieht.

Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte vergehen nicht.

„Ehre sei dir Herr!“

Gemeinde: Lob sei dir o Christe!

Pfarrerin und Gemeinde:

Laßt uns Gott loben und preisen mit dem Bekenntnis unsers Glaubens:

Ich glaube an Gott, den Vater,

den Allmächtigen,

den Schöpfer des Himmels und der Erde;

und an Jesus Christus,

seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn,

empfangen durch den Heiligen Geist,

geboren von der Jungfrau Maria,

gelitten unter Pontius Pilatus,

gekreuzigt, gestorben und begraben,

hinabgestiegen in das Reich des Todes,

am dritten Tage auferstanden von den Toten,

aufgefahren in den Himmel;

er sitzt zur Rechten Gottes,

des allmächtigen Vaters;

von dort wird er kommen,

zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist,

die heilige, christliche Kirche,

Gemeinschaft der Heiligen,

Vergebung der Sünden

Auferstehung der Toten

und das ewige Leben. Amen.

Gemeinde: Lied 7, 1-3

Pfarrerin: Preidigt:

Liebe Gemeinde!

Unser heutiger Predigttext steht im Gesangbuch. Er ist ein Lied. Bevor wir selbst dieses Lied singen, wollen wir auf seine Melodie hören – auf jene jahrhundertealte Weise, die uns allen so vertraut ist – die sich so wunderbar entfaltet aus der Tiefe zur Höhe – und die dann wieder zurückschwingt zum Grund – wie eine Blüte, die sich öffnet und wieder schließt.

(Melodie wird gespielt)

Ich habe gesagt, daß diese Weise uns vertraut ist – vielleicht von Kind an. Aber ist sie uns nicht zugleich auch fremd? Fremd in unserer Welt, die ja nach Meinung unserer Werbefachleute und unserer Medien eine stets dynamische, aktive, leistungsbezogene, stets jugendliche und immer moderne Welt ist oder sein sollte? Vertraut und doch fremd ist diese Weise;

denn es geht von ihr eine große Ruhe aus – obwohl sie ganz bewegt ist und obwohl eine große Spannung in ihr wirkt. In diesen Tönen verbindet sich eine Art von Erwartung, die sich in weiterem Bogen nach oben ausrichtet, mit einer Gelassenheit, die Frieden und Stille ausströmt.

Stille. Das Erste, was unser Predigttext uns sagt, zunächst ohne Worte, nur mit Hilfe dieser alten Melodie, ist dies: Stille tut wohl. Wir brauchen Stille, wenn wir Menschen bleiben wollen. Wir brauchen sie so nötig wie das tägliche Brot. Zunächst hat das noch gar nichts mit Glauben oder mit Kirche zu tun, sondern „nur“ mit Mensch-Sein. Mensch-Sein heißt: hören können.

Es gibt heute eine Umweltverschmutzung der Seele durch Lärm. Vor lauter Worten, Klängen, Slogans und Sprüchen hören wir nichts mehr. Vor lauter Unterhaltung und Betrieb vergessen wir, wie das ist, wenn das Herz aufatmet. In unserem Gemeindehaus suchen ja auch jeden Mittwoch ein Dutzend Menschen in der Meditation Stille. Kämpfen um Stille – das scheint mir heute eine Aufgabe zu sein für uns. Jesus hat sie gesucht – immer wieder. Jeder braucht das Atemholen der Seele: der Einzelne, die Gemeinde, die Kirche – jeder, der Mensch bleiben will.

Das ist das Erste.

(Die Gemeinde singt die ersten drei Strophen. Ansagen!) Lied-Nr. 8, 1-3:

Das Schiff. Ein uraltes Bild – schon bei den Ägyptern als Symbol verwendet: im Allerheiligsten des Tempels zu Heliopolis stand die Barke des Sonnengottes. Im 14. Jahrhundert verwendet ein Dichter – es sprechen gute Gründe dafür, daß es der Mystiker Johannes Tauler war – dieses Bild für Maria. Sie ist „das Schiff“, sie ist es, die „des Vaters ewigs Wort“ trägt. Zunächst ist dieser Vergleich für uns vielleicht überraschend. Wir wollen ein wenig bei dem Bild vom Schiff verweilen.

Wer schon einmal gesehen hat, wie ein Schiff ankommt – ein Segelschiff – der weiß: am Horizont taucht es auf, es nähert sich, langsam, lautlos, faszinierend. Freude kommt auf, Erwartung. Spannend der Augenblick der Ankunft: ein Ruck – ein Stoß – der Anker wird ausgeworfen. Es ist da. Es ist „am Land“ – es berührt eine andere Dimension: Boden – Erde – Land. Das Schiff berührt das Land- und doch gehört es in die Dimension von Wasser, Weite, fernem Horizont. Getrieben ans Land wird das Schiff von einer unsichtbaren Kraft, deren Wirkung deutlich spürbar ist: vom Wind. Und es trägt eine Last, deren Ursprung woanders liegt als auf dem Land, das das Schiff nun berührt.

So ist es mit dem Wort Gottes: auf dieser Welt erklingt es – aber es ist nicht von dieser Welt. Wir nehmen es in den Mund – auch wenn wir dieses Lied singen – aber es ist nicht unser Wort – kein Mensch hat es erfunden. Luther konnte sagen, daß es Lieder gebe, die der Heilige Geist gemacht habe. Es war nicht Hochmut, der ihn so reden ließ. Es war Demut – Staunen darüber, daß es das gibt: Worte, die Menschen sagen und singen und aufschreiben und die doch zugleich größer sind als eines Menschen Herz.

Und wie mit dem Wort Gottes, so ist es auch mit dem Sohn. Er geht über diese Erde. Er kennt Hunger und Durst, Einsamkeit und Tränen, Angst und Verratenwerden – wie wir alle auch – ein Mensch wie wir, die wir hier in der Kirche sitzen, und doch ganz anders als wir – fremd.

Ist er uns nicht sehr fremd?

Paßte er hier zu uns? Wenn er sich hier in der Stadt, im Nordend ansiedelte – würde er vielleicht ein wenig stören? Wenn wir unser Geld aufs Sparbuch bringen? Oder wenn wir dem Nachbarn begegnen, mit dem wir kein Wort mehr sprechen? – Was könnten wir mit ihm anfangen?

Das ist das Zweite:

Der Sohn ist nicht von dieser Welt. Er paßt nicht in diese Welt. Aber er kommt in sie hinein. Für uns. Und Maria ist es, die ihn „auf die Welt“ gebracht hat.

(Melodie noch einmal spielen. Danach spricht eine Einzelstimme die Verse 4-6)

Bethlehem: der Berührungspunkt von Wasser und Land – von Himmel und Erde – von Höhe und Tiefe – von Gotteslob und menschlicher Verlorenheit. In diesem Lied sind Advent und Weihnachten ganz nah beieinander – ja, ineinander: der Sohn „kommt“. Und er kommt immer heute.

Dieses alte Lied lädt uns ein, über die Schwelle des Stalls von Bethlehem zu treten und ganz nah an die Krippe zum Kind zu gehen.

Man kann die Krippe auch von einem angenehmen Ort außerhalb des Stalls betrachten: sozusagen in seinem Wohnzimmer oder in einer schönen Kirche sitzen und durch das Fenster über den Hinterhof zum Stall schauen. Die Tür steht offen, und man sieht Engel, Kripp, Stern, Hirten, Weise, Ochs und Esel und das ganze Weihnachtszubehör. Und man singt schöne Lieder und freut sich am süßen Kind und seiner schönen Mutter. Ein Idyll. Eine ganze Weihnachtsindustrie lebt von diesem Idyll und von der Anfälligkeit unserer Seele für das Idyll.

Aber wenn man sich aufmacht, hinaus aus dem Wohnzimmer oder der Kirche über den Hinterhof zum Stall geht und über die Schwelle tritt: da ist kein Idyll. Da ist es eiskalt. Weil keiner dieses Kind will. Es ist kein Wunschkind. Es kommt uns nicht gelegen. Es ist nicht geplant.

Dieses Kind liegt auf Stroh – und die Strohhalme sind, wie es ein altes Weihnachtsbild von Hieronymus Bosch zeigt, kreuzförmig angeordnet. Dreißig Jahre später folgt Golgatha. … „Gibt sich für uns verloren…“

Dieses Kind, dieser Mensch Jesus von Nazareth, der den Weg aus der Höhe in die Tiefe gegangen ist, wartet auf Menschen, die seinen Weg mitgehen. Es ist der Weg des Leidens, des Schmerzes, des Todes: ..“mit ihm“…

Dieses Kind fragt, ob wir nicht bereit sind, „mit ihm“ zu gehen: aus der Höhe in die Tiefe.

Es ist kein glatter Weg – und er ist auch nicht für jedermann gedacht. Die meisten lieben breite und wohlbekannte Wege, auf denen sie mit vielen anderen gehen. Wir haben darüber nicht zu urteilen. Es wird wohl auch so bleiben bis ans Ende der Welt.

Aber das Kind, das für alle Menschen gekommen ist – und das darauf achten wird, daß kein einziger für ewig verloren geht – sucht ein paar Leute, die „mit ihm“ auf einem schmalen, mühseligen Weg gehen, auf dem Weg der Hingabe und des Opfers.

Es sucht Leute, die nicht zuerst fragen: was bringt das mir? – sondern: was bringt es dem Menschen neben mir? Es sucht Leute, die nicht zuerst darauf achten, daß sie bekommen, was ihnen zusteht, sondern darauf, ob der Mensch neben ihnen sein Recht bekommt. Solche Leute sind keine Asketen und keine Moralisten. Sie haben das Kind lieb: Unser Lied spricht ja von „umfange“ und „küssen“, und das ist die Sprache der Liebe. Menschen, die das Kind liebhaben, haben ein weites Herz, einen freien Blick und einen leichten Sinn. Es sind Menschen, die „Salz“ für diese Welt sind. Salz konserviert, und Salz gibt der Speise die Würze. Jesus sucht Menschen, die dieser Welt den Geschmack der Hoffnung geben.

Ohne solche Menschen wäre diese Welt schon längst zerfallen. Und ohne solche Menschen wird sie untergehen. –

Das war das Dritte.

Und noch ein Letztes: Wer jetzt etwas betroffen fragt, ob das alles wirklich so ernsthaft sein muß und ob man das nicht für die Passionszeit aufheben könnte – der sei auf den Schluß des Liedes verwiesen: da ist vom „ewigen Leben“ die Rede. Das ist erfülltes Leben. Leuchtendes Leben. Leben für hier und heute.

Leben, das wirklich „lebendig“ ist, ist immer Leben, das sich verströmt und verschenkt. Es wird dabei nicht ärmer. Es wird reich und weit. Es hat etwas von jenem Schiff an sich, das zwar über Untiefen fährt, das aber bewegt wird von einer unsichtbaren und doch spürbaren Kraft. Der Horizont, von dem es herkommt, ist hell. Amen.

Gemeinde: Lied 8, 4-6

Pfarrerin: Abkündigungen

Gemeinde: Lied 13, 1-3 und Kollekte

Pfarrerin: Fürbittengebet

Du, Gott des Lebens,

nach deinem Willen bringen wir Dank und Fürbitte vor dich

für die Menschen, die uns am Herzen liegen

ebenso wie für die Menschen, die uns das Leben schwer machen.

Wir beten für die vielen Menschen,

die sich einsam und verlassen fühlen,

denen ein offenes Ohr fehlt,

die Menschen suchen, die sie verstehen und lieben.

Hilf du, daß wir nicht achtlos aneinander vorübergehen.

Wir bitten dich für alle Menschen,

die auf der Suche sind nach dir.

Lass sie neue Hoffnung schöpfen

und Worte der Zuversicht für ihr Leben entdecken.

Wir verbinden uns mit allen,

die an ihrer Ohnmacht leiden,

mit den schwerkranken Menschen,

und denen, die ihnen nicht helfen können,

mit den Menschen, die gegen Haß und Ungerechtigkeit kämpfen und die nichts ausrichten können.

Wir bitten dich für die mächtigen, die gefürchteten und die gehaßten Menschen unserer Erde.

Hilf ihnen zu erkennen, wenn sie auf dem falschen Weg sind, und stelle ihnen andere gegenüber,

die Haß in Liebe verwandeln,

Gewalt in gegenseitige Achtung

und Angst in Zuversicht.

Wir bitten dich, der du Hüter über Leben und Tod bist, sei du bei denen, die um die Verstorbene Frieda Heß trauern.

Tröste die Hinterbliebenen.

Laß sie Kraft gewinnen aus dem Glauben,

daß auch der Tod uns durch deine Liebe

nicht trennen kann.

Und was uns noch bedrängt bringen wir vor dich

mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden

unseres Gottes:

Der Herr segne dich und behüte dich,

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und

gebe dir Frieden. Amen.

Orgelnachspiel