Zur Erosion des Reliunterrichts beigetragen
Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Rolf Oeser
Es war sicher gut gemeint. Und auf den ersten Blick ist es ja auch überzeugend: Wenn das Kultusministerium den Berufsschulen Unterrichtsstunden für Religionsunterricht zuteilt, dann sollte auch dieses Fach unterrichtet werden. Und nicht etwa Mathe, Englisch oder Wirtschaft. (Wir berichteten).
Die evangelische und katholische Kirche erhoffen sich von einer solchen Regelung die Stärkung des Faches Religion, das immerhin ein ordentliches Lehrfach ist. Und deshalb haben sie der Verordnung mal eben schnell zugestimmt. Aber das war voreilig, wie sich jetzt zeigt.
Denn die Welt sieht anders aus, als man sie sich in Darmstadt, Kassel, Mainz und Limburg vorstellt. Längst wird in den Schulen Religionsunterricht in vielfältigen Formen unterrichtet. Da gibt es den gemeinsamen Unterricht evangelischer und katholischer Schülerinnen und Schüler. Oder auch den Unterricht im ganzen Klassenverband, was dann oft eher ein Ethik- als ein Religionsunterricht ist. Schon aus organisatorischen Gründen. Denn die immer kleiner werdende Zahl der christlich konfessionell gebundener Schülerinnen und Schüler stellt die Unterrichtsplanung vielerorts vor kaum überwindbare Hürden. Die kirchlichen Schulverwaltungen, die für dieses Unterrichtsfach Partnerinnen des Staates sind, bewegen sich hier kaum. Sie ignorieren, dass die Welt sich geändert hat.
Und da gibt es noch ein Problem mit Reli: zu wenig Lehrerinnen und Lehrer. Die Schulleiterinnen und -leiter können den Unterricht gar nicht mit Lehrkräften abdecken. Und so wird aus „gut gemeint“ ein „voll daneben“, das den Vorbehalten gegen den Einfluss der Kirchen auf Staat und Gesellschaft Vorschub leistet.
Schließlich hatte der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn bei der Diskussion um die Einführung eines islamischen Unterrichts bereits mächtig Öl ins Feuer gegossen. Der Landesvorsitzende der Liberalen hatte die Diskussionslage in seiner Partei so geschildert: „In meiner Partei gibt es eine Diskussion darüber, ob ein säkularer Staat weiterhin bekenntnisorientierten Religionsunterricht anbieten soll.“
Sicher hat das Kultusministerium seinen Teil zur Verwirrung beigetragen. Die Kirchen wurden benutzt, um mal schnell einen Sparbeschluss umzusetzen. Denn auch bei der Bildung soll – allen Beteuerungen zum Trotz – gespart werden. Die kirchlich Verantwortlichen jedoch haben mit ihrer Zustimmung zu dem Vorhaben die Komplexität nicht übersehen, oder konnten sie nicht übersehen.
Im Ergebnis wurde der Religionsunterricht nicht gestärkt, sondern der Erosionsprozess noch verstärkt.
Evangelisches Frankfurt via Facebook 24.11.11