Fußball als Religion

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 6. März 2014

„Eintracht Frankfurt ist Religion“ – das ist keine Aussage einer soziologischen Studie, sondern der Text eines Aufnähers für Fans. Die Verehrung von Fußballclubs trägt nicht zu übersehende religiöse Züge, meint der Weltanschauungsexperte Lutz Lemhöfer.

Der Weltanschauungsexperte und bekennende Fußballfan Lutz Lemhöfer verglich die Art der Verehrung des Spiels und der Spieler mit religiösen Riten. Foto: Anne-Elisabeth Eimuth

Der Weltanschauungsexperte und bekennende Fußballfan Lutz Lemhöfer verglich die Art der Verehrung des Spiels und der Spieler mit religiösen Riten. Foto: Anne-Elisabeth Eimuth

Vor den Mitgliedern von Sinus, der Sekteninformation und Selbsthilfe Hessen gestern in Frankfurt, führte Lemhöfer weitere Beispiele an. So wird die Vereinshymne von Borussia Dortmund auf die Melodie des alten Spirituals „Amazing Grace“ gesungen und beerbt auch inhaltlich das Genre des religiösen Hymnus mit dem Text: „Leuchte auf, mein Stern Borussia! Leuchte auf, zeig mir den Weg! Ganz egal, wohin er uns auch führt, ich will immer bei dir sein.“

Wenn der Fußballfan Glück hat, ergattert er eine Reliquie, etwa eines der in triumphaler Geste in die Zuschauermenge geworfenen Spielertrikots. „Die Fanshops, in denen man die entsprechenden Devotionalien käuflich erwerben kann, etwa Schals, Mützen und Trikots mit Spielernamen, tragen wesentlich zur Finanzierung des Sportbetriebs bei und dürften den vergleichbaren Umsatz an katholischen Wallfahrtsorten mittlerweile übertreffen, so die Einschätzung des Theologen.

Wortspiele wie das „Schalke unser“ mit der Textzeile „Dein ist der Sieg und die Macht und die Meisterschaft in Ewigkeit“ oder die Zehn Gebote des Kölner Fanclubs „Tora et labora“ mit dem Gebot „Du sollst nicht begehren Deines Nächsten Spieler, Stadion, Trainer“ würden heutzutage kaum noch als blasphemisch wahrgenommen, sondern sie seien Teil der lustvoll spielerischen Inszenierung einer Pop-Religion.

Vor sechzig Jahren, zur Zeit des „Wunders von Bern“, war das noch anders. „Die fröhliche Schamlosigkeit, mit der die heutige Popkultur die religiös-symbolische Asservatenkammer plündert, war damals noch in weiter Ferne“, so Lemhöfer. Zum Beispiel kritisierten die Kirchen die als blasphemisch empfundene Ernennung des Torwarts Toni Turek zum „Fußballgott“.
Auch Bundespräsident Heuss bezog bei der Verleihung des Silbernen Lorbeerblatts an die Spieler auf dies religiöse Überhöhung und sagte: „Ich glaube, er ist ein guter, zuverlässiger Torwart und soll das auch bleiben.“

„Die öffentliche Biederkeit der Fünfziger Jahre ließ das Zelebrieren einer Popreligion noch nicht zu“, glaubt Lemhöfer. Erst seit der Fußball immer markanter zum Teil einer Unterhaltungsindustrie mit explodierenden Umsätzen und Spielergehältern geworden sei, nehme er bruchlos an der „Theatralisierung des Alltags“ teil. Wie beim Konsum generell gehe es auch hier nicht mehr um den Gebrauchswert, sondern um den Inszenierungswert. Gefragt seien Themenwelten, Lebensstile, Weltbilder, die kultisch inszeniert werden müssten.

Für Lemhöfer besteht kein Zweifel, dass sich gerade Fußball gut für diese Art der Inszenierung eignet. Er erinnerte an die nahezu liturgischen Rituale beim Einlaufen, dem Introitus, der Mannschaften, bei dem das eigene Team in elffachem Responsorium begrüßt werde. Der Vorbeter sage: „Mit der Nummer eins unser Kevin“. Die Gemeinde antworte: „Trapp!“

Doch so neu sei die „Heimholung des Sports in die Nähe des Sakralen“ dann auch wieder nicht. Schon in der Antike standen Tempel und Stadion dicht beieinander, „wobei die Statuen der Sieger bald größer wurden als die der Götter.“

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 6. März 2014 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe 2014/2 – April, Web.

Kindertagesstätte Martin Niemöller eröffnet

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 25. Februar 2014

Der Kita-Neubau des Darmstädter Architekten Thomas Zimmermann beeindruckte die Gäste bei der offiziellen Eröffnung der Kindertagesstätte Martin-Niemöller des Diakonischen Werks des Evangelischen Regionalverbands durch seine Großzügigkeit.

Stadt und freie Träger stehen beim Kita-Ausbau Seite an Seite. Hier Bildungsdezernentin Sarah Sorge und die Vorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes Pfarrerin Esther Gebhardt. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Wie der Architekt ausführte handele es sich um einen Baukasten, der in abgewandelter Form auch noch an anderen Stellen der Stadt verwirklicht werden wird. Das Gebäude, im Auftrag der Stadt Frankfurt von der Hessenagentur errichtet, kostete 4,4 Millionen Euro. Es entstanden 93 Betreuungsplätze für Kinder im Alter von drei Monaten bis zu sechs Jahren entstanden. Die Stadt Frankfurt werde auch weiterhin den Kindertagessttätten-Ausbau vorantreiben, erklärte Bildungsdezernentin Sarah Sorge. Dies geschehe nicht nur, um die Quote der Betreuungsplätze zu erhöhen. Alleine für die Altersgruppe der Null- bis Dreijährigen müsse man jährlich dreihundert neue Plätze in der Stadt schaffen, da Frankfurt weiter wachse. Auch für das Kindergartenalter müsse man dreihundert neue Plätze jährlich neu errichten und für das Grundschulalter sogar 400 Plätze. Diese bedeute, dass Frankfurt jährlich eine neue Grundschule bauen müsse, so Sorge.

Die Dezernentin bedankte sich beim Evangelischen Regionalverband für die Unterstützung beim Ausbau der Kinderbetreuungsplätze. Die Vorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes, Esther Gebhardt, erinnerte an den Namenspatron der Einrichtung. Martin Niemöller habe in der Nazi-Zeit Widerstand geleistet und später beim Aufbau der Bunderepublik Wesentliches geleistet, auch in der Anti-Atombewegung. Er sei immer seinen Weg gegangen und habe Mut bewiesen. Zur Akzentuierung prangt der Name Martin Niemöllers als Schriftzug am Gebäude, ein Portrait mit den Lebensdaten Niemöllers ist im Innern angebracht, gestaltet vom Grafik-Designer Joachim Kubowitz.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 25. Februar 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Qualität in Kitas

Von Sabine Kalinock – 17. Februar 2014

Vier weitere evangelische Einrichtungen zertifiziert

Vier weitere evangelische Kindertagesstätten sind im Januar für ihr Qualitätsmanagement nach ISO-Norm zertifiziert worden. Damit sind nun insgesamt 28 Einrichtungen zertifiziert und damit ein Viertel der Frankfurter Kitas in evangelischer Trägerschaft. Langfristiges Ziel sei es, dass sich alle Einrichtungen zertifizieren lassen, sagte Pfarrer Michael Frase, der Leiter der Diakonie Frankfurt, bei der Überreichung der Zertifikate in der Kreuzgemeinde in Preungesheim.

Die Arbeit in Kindertagesstätten sei heute sehr anspruchsvoll und eine wichtige kirchliche und gesellschaftliche Aufgabe, sagte Pfarrerin Esther Gebhardt, Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Regionalverbands, die den Teams gratulierte. Auf die veränderten Berufsbilder einer Erzieherin und einer Kitaleiterin verwies Pfarrer Wilfried Steller von der Gemeinde Fechenheim, wo inzwischen alle drei Kitas zertifiziert sind. Die Ansprüche an die Fähigkeiten der pädagogischen Fachkräfte seien stark gestiegen, Bildung sei in den Mittelpunkt gerückt. Ansehen und Bezahlung allerdings hätten sich nicht adäquat verändert. Auch die Aus-, Weiter- und Fortbildung sei noch nicht auf einem entsprechenden Stand.

„Gerade in einer Phase des radikalen Ausbaus der Betreuungsplätze gilt es auf die Qualität zu achten“, betonte Kurt-Helmuth Eimuth, der Leiter des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten im Diakonischen Werk.

Beitrag von Sabine Kalinock, veröffentlicht am 17. Februar 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe 2014/1 – Februar.

Hausen bekommt neues Gemeindehaus

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 8. Februar 2014

Den Sieger des Architektenwettbewerbs zur Planung ihres Neubaus präsentierte die Gemeinde Hausen.

Das neue Gemeindezentrum folgt dem Leitbild der Gemeinde, in dessen Mittelpunkt das spirituelle Zentrum steht. Die Vorsitzende des Kirchenvorstandes Claudia-Heuser-Mainusch präsentiert gemeinsam mit Günther Mainusch vom Umweltausschuss die Planung. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Für die Gemeinde war es ein „schwerer Schritt“, sagt Pfarrer Holger Wilhelm. Die Räume der Gemeinde Hausen werden zwar ersetzt, aber der Neubau wird deutlich kleiner. Man hatte einst das Vierfache der von der Landeskirche zugelassenen Versammlungsfläche. Zunächst wurde das Gemeindehaus in Westhausen abgegeben und nun soll das Gemeindehaus in Alt Hausen abgerissen und durch einen kleineren Neubau ersetzt werden.

Die Gemeinde präsentierte das Ergebnis eines Architektenwettbewerbs. Das Büro „hgp Architekten“ aus Frankfurt-Bockenheim hatte dabei die „städtebaulich überzeugenste Lösung“ (Jury). Kirche, Gemeindehaus und Kita werden mit einem überdachten Hofraum verbunden. Der Entwurf lässt auf dem Gelände auch Raum für den Neubau der Kita. Das Gemeindehaus soll im Herbst 2016 bereits bezogen werden können.

Der preisgekrönte Siegerentwurf des Architekturbüros „hpg“ für das neue Gemeindehaus in Hausen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 8. Februar 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Diskussion über die Integrationskraft von Religion

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 3. Februar 2014

Entgegen der weit verbreiteten Meinung, dass Religion Integration verhindere, könne Religion eine Brücke sein, die Einwanderung ermöglicht. Da waren sich die Diskutantinnen, die Politikwissenschaftlerin Ursula Apitzsch und die Journalistin Khola Hübsch, in der Frankfurter Universität völlig einig.

Khola Hübsch, Schriftstellerin und Journalistin. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Für Hübsch ist Religion noch mehr: „Religion kann Solidarität vermitteln, sie kann zum Gemeinwohl beitragen.“ Religion habe ein großes Potential, auf das der Staat und das Gemeinwesen angewiesen seien.

„Stört Religion die Integration?“ war die Fragestellung der Podiumsdiskussion, zu der das Frank Bauer-Institut und  Lajna Imaillah, die Frauenorganisation der Ahmadiyya-Gemeinde, eingeladen hatten.

Vor gut hundert meist jungen Zuhörerinnen und Zuhörern formulierte Hübsch klare Ansprüche an die deutsche Gesellschaft. Die Ausbildung von muslimischen Theologen an den Universitäten und die Einführung von islamischen Feiertagen sollten Normalität sein. So wie die Ahmadiyya Gemeinde im vergangenen Jahr den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erhalten habe. Auch sollten künftig Führungspositionen in der Gesellschaft mit Musliminnen, auch mit Kopftuchträgerinnen, besetzt werden.

Ursula Apitzsch, Politikwissenschaftlerin und Soziologin. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Für Apitzsch hingegen sind Konkordate und Staatsverträge ungerechtfertigte Privilegien. „Wir sind kein säkularer Staat“, sagte die Professorin. Die öffentlich-rechtliche Verfasstheit der Kirche brächte dieser große Vorteile. Die Kirchen seien dadurch der größte Arbeitgeber geworden und hätten ein eigenes Arbeitsrecht. Die christlichen Kirchen hätten Macht. Diese Privilegien wollten die anderen Religionen nun auch haben, und das sei falsch. Diese Logik entspreche auch nicht den jeweiligen Religionen. Für Apitzsch gibt es nur eine Alternative: den säkularen Staat.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 3. Februar 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe 2014/1 – Februar, Web.

Ginnheim: Neue Räume für Kita und Gemeinde

on Kurt-Helmuth Eimuth – 2. Februar 2014

Nach langer Zeit des Wartens konnte jetzt auch die Kindertagesstätte Fuchshohl der Bethlehemgemeinde saniert und erweitert werden.

Bunt präsentiert sich der Anbau an die Kita Fuchshohl der Ginnheimer Bethlehemgemeinde. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Pfarrerin Christine Harmert sieht das neue Angebot der Krabbelgruppen als „Dienst für junge Familien“. Foto Kurt-Helmuth Eimuth

Zu den bestehenden beiden Kindergartengruppen und der Hortgruppe kommen nun auch noch zwei Krabbelgruppen, so dass die Einrichtung Kinder im Alter von von 0 bis 12 Jahren aufnehmen kann. Hier könnten sich alle Altersgruppen begegnen, merkte Pfarrerin Christine Harmert an. Für die Pfarrerin ist die Erweiterung der Einrichtung „ein Dienst der Gemeinde an jungen Familien“, wie sie anläßlich der Eröffnung heute, 2. Februar, sagte. Um Platz für den Anbau der Kita zu schaffen, wurde das alte Gemeindehaus abgerissen. Die Gemeinde muss sich jetzt mit kleineren aber ebenfalls neu erbauten Gemeinderäumen zufrieden geben. Die Sanierung der Kita und deren Anbau kosteten 2,3 Millionen Euro, die Gemeindefläche wurde für 600.000 Euro geschaffen.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 2. Februar 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Kita-Bau windet sich um Bäume

In der Thomasgemeinde in Heddernheim wurde heute eine neue Kindertagesstätte eröffnet.

Der Dachgarten als erweiterte Spielfläche der Kindertagesstätte windet sich um Bäume herum. Im Hintergrund ist die Thomaskirche zu sehen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Die eigentliche Schönheit des neuen Baus der Kindertagesstätte der evangelischen Thomasgemeinde erkennt der Betrachter, die Betrachterin erst beim Heraustreten auf die Dachterrasse im ersten Stock. Es öffnet sich nicht nur der Blick auf die Heddernheimer Dächer und die Thomaskirche sondern es offenbart sich, dass dieser Bau sich um zwei große Bäume schlängelt. Eine wahre Kunst sei der Entwurf des Architekturbüros Eisele und Stanjek, so die einhellige Meinung der Gäste, die am heutigen Sonntag (26. Januar) der Eröffnung beiwohnten. Die Vorsitzende des Vorstandes des Evangelischen Regionalverbandes, Pfarrerin Esther Gebhardt, dankte für den Bauherrn dem Architekturbüro der Stadt Frankfurt für die finanzielle Förderung des 3,5 Millionen teuren Baus. Stadtrat Jan Schneider hob in seinem Grußwort hervor, dass die Stadt Frankfurt beim Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten auf die Unterstützung der freien Träger und der Kirchen angewiesen sei. Man habe im Zeitraum von 2007 bis 2013 die Zahl der Plätze für Unterdreijährige auf 8000 verdoppeln können.

Dies sei nur mit Unterstützung aller Träger möglich gewesen. Schneider kündigte an, dass bis 2016 weitere 3.000 Plätze entstehen sollen. Die neue Kita bietet Platz für 106 Kinder im alter von 0 bis 6 Jahren. Neu entstanden sind die beiden Gruppen für Unter-Dreijährige, die Kindergartengruppen bestanden bereits.

Kindertagesstättenleiterin Anne Neumann freut sich über den neuen, ungewöhnlichen Kita-Bau, der genügend Platz für alle bietet. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 26. Januar 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 26. Januar 2014

Frauen wollen anders arbeiten

Nur drei Frauen kandidierten für einen der neun Vorstandsposten, die bei der gestrigen Sitzung des Frankfurter Stadtdekanates zu besetzen waren. Warum? Ein Kommentar von Kurt-Helmuth Eimuth.

Die Delegierten des Frankfurter Stadtdekanates hätten sich mehr Frauen unter den Kandidierenden gewünscht. Foto: Rolf Oeser

Die Stimmung war gut im Frankfurter Dominikanerkloster. Alle wollen das neue Stadtdekanat. Nach langen Jahren mit Strukturkommission, zahllosen Sitzungen und Gremien ist man endlich am Ziel. Die evangelische Welt Frankfurts stellt sich neu auf. Eine klare Struktur soll für ein ebenso klares Bild nach außen sorgen. Gut so.

Doch es war der Delegierte Baron Andreas von Koskull, der seine Hand auf eine offene Wunde legte. Drei von elf, so die einfache Gleichung: Nur drei Frauen erklärten sich bereit, für die verbleibenden neun Stellen im neuen Stadtdekanatsvorstand zu kandidieren. Man habe einfach nicht mehr Kandidatinnen gefunden, beteuerte glaubhaft Dekan Achim Knecht. Ein Phänomen, das sich auch bei der Besetzung anderer Gremien und Positionen zeigt. Frauen wollen nicht, oder andersherum: Für viele Frauen ist diese Form der Arbeit nicht attraktiv. Auch nicht in einer Kirche, deren Basis in den Gemeinden doch mehrheitlich von Frauen getragen wird.

Es lohnt sich, darüber nachzudenken, warum solche Ämter für Frauen nicht attraktiv sein könnten. Möglicherweise liegt es ja an den männlichen Ritualen und dem üblichen, maskulin orientierten Gebaren in solchen Gremien. Da geht es – zu oft – nicht um den offiziellen Tagesordnungspunkt, sondern um eine „zweite Agenda“, und die heißt Macht. Da müssen Einflussschneisen geschlagen, Terrain verteidigt und falsche Entscheidungen legitimiert werden. Oder es geht in so manchem Redebeitrag nur um die eigene Selbstdarstellung.

Das alles sind Verhaltensmuster, die vermutlich jeder und jede aus der eigenen Arbeitswelt kennt. Und die eine effiziente Lösungsfindung unnötig verlängern. Sitzungen werden dadurch über die Maßen zeitlich ausgedehnt. Mehr Frauen als Männer, so scheint es, wünschen sich eine andere Kultur. Bildlich steht da der Stuhlkreis mit einem bunten Tuch und Blumen in der Mitte dem Konferenzraum mit seinem unverrückbaren Konferenztisch – hinter dem man sich auch verstecken kann – gegenüber.

Eine uneitle, an der Sache orientierte Diskussions- und Entscheidungskultur wäre sicher nicht nur für Frauen attraktiver. Doch eine Welt, in der es um das Immer-Mehr geht, kann eine solche Kultur nur sehr schwer entwickeln. Der Wunsch der Delegierten des Stadtdekanats nach einer angemessenen Zahl von Frauen im Dekanatssynodalvorstand war jedenfalls sichtbar; und so ist es wohl auch kein Wunder, dass sich bei den Wahlen dort, wo Männer und Frauen zur Wahl standen, die Frauen durchsetzten. Vielleicht ist das ja auch ein Signal für einen anderen Arbeitsstil.

„Bornheimer Lösung“: Ein Aufzug für die Johannis-Kita

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 18. Januar 2014

Lange hatten sie auf diesen Augenblick gewartet: Jetzt können die gehbehinderten Kinder in der Johannis-Kindertagestätte der Gemeinde Bornheim ungehindert den ersten Stock erreichen.

Kita-Leiterin Anne Lippert-Singh präsentiert den neuen Aufzug, der das Miteinander der Kinder wesentlich erleichtern wird. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Seit Jahren ist die Arbeit mit schwerbehinderten Kindern ein Schwerpunkt der Einrichtung. Nun zum 60. Geburtstag der Kita hat es geklappt. Ermöglicht durch eine typisch „Bornheimer Lösung“. Als die Bornheimer von den Nöten der Erzieherinnen, die die Kinder in den ersten Stock trugen, hörten, engagierten sich viele. Der Ortsbeirat, die Bornheimer Geschäftswelt und die Wirte der stadtweit bekannten Apfelwein-Lokale.

Sammelbüchsen wurden aufgestellt und auf der Berger Straße wurde gesammelt. Stolze 37.000 Euro kamen so zusammen. So konnte der Aufzug für 90.000 Euro vom Evangelischen Regionalverband und der Gemeinde finanziert werden.

Zur Feier der Inbetriebnahme des Aufzugs gabs auch ein Theaterstück :“Die kleine Hexe“. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 18. Januar 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Glauben stärker als homo oeconomicus

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 1. Dezember 2013

Das Verhältnis von Glaube und Politik stand im Mittelpunkt des Neujahrsempfangs.

Oberbürgermeister Peter Feldmann bekannte sich beim Neujahrsempfang des Evangelischen Regionalverbandes zu christlichen Werten. Erstmals wurden die Redner per Video auf eine Leinwand projeziert. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Erstmals sprach der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann auf dem träditionellen Empfang zum Beginn des Kirchenjahres. „Liebe, Treue und Freundschaft haben einen hohen Wert und halten unser Gemeinwesen zusammen“, so Oberbürgermeister Peter Feldmann beim Neujahrsempfang des Evangelischen Regionalverbandes in der Heiliggeistkirche. Traditionell lädt die Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes, Pfarrerin Esther Gebhardt, am 1. Advent Vertreter und Vertreterinnen aus Kirche, Gesellschaft und Politik ein. Feldmann bekannte sich zu einer meschlichen Gesellschaft. „Glauben kann stärker sein als der homo oeconomicus“, so Feldmann wörtlich. Der Oberbürgermeister erinnerte auch an seine persönliche Erfahrung mit der evangelischen Kirche, schließlich war er einst Leiter des vom Verein für Jugend- und Sozialarbeit getragenen Jugendhauses Am Bügel.

Gebhardt erinnerte in ihrer Begrüßung daran, dass Luther auf ganz unterschiedliche Weise das Verhältnis von Glaube und Politik geprägt habe. Staatsfrömmigkeit, politische Passivität würden als Folge benannt, Nähe zum Nationalismus des 19./20. Jahrhunderts sei auf ihn zurückgeführt worden, aber auch das Entstehen der Rechtsstaatlichkeit könne in Zusammenhang mit der Reformation gesehen werden. Gebhardt erwähnte auch die Rolle der evangelischen Kirche und der mit ihr verbundenen Friedensbewegung beim Niedergang des SED-Regimes als positive Beispiele für dieses Spannungsverhältnis.

Vier evangelische Politikerinnen und Politiker stellten sich der Frage, welche Auswirkungen ihr Glaube auf ihr politisches Wirken habe. Die Moderation übernahm Michael Opoczynski, (Mitte) vom ZDF. Von links. Mike Josef (SPD), Nicola Beer (FDP), Michael Opoczynski, Verkehrsdezernent Stefan Majer (Bündnis 90/Die Grünen) und Bettina Wiesmann (CDU). Auf der Leinwand ist in Grußaufnahme der Vorsitzende der Frankfurter SPD Mike Josef zu sehen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Vier evangelische Politikerinnen und Politiker stellten sich im Rahmen des Empfangs der Frage, welche Auswirkungen ihr Glaube auf ihr politisches Wirken habe. Nicola Beer, FDP, Kultusministerin in Hessen und designierte Generalsekretärin der FDP, betonte, dass der Grundgedanke Luthers wonach die Freiheit immer auch der Verantwortung verpflichtet sei eine Grundposition ihrer Partei sei. Sie verwies aber auch darauf, wie wichtig für sie die Eschersheimer Jungschargruppe war, getragen von Diakonissinnen. Verkehrsdezernent Stefan Majer, Bündnis 90/Die Grünen, erzählte, wie sehr ihn Theologen wie Heinrich Albertz, Helmut Gollwitzer und Kurt Scharf geprägt haben. Deren Reden bei Kirchentagen hätten ihn sehr beeindruckt. Der gebürtige Tübinger hat Theologie studiert und gehört dem Vorstand des Evangelischen Regionalverbandes an.

Als einen besonderen Verdienst Luthers würdigte der Frankfurter SPD-Vorsitzende Mike Josef die Übersetzung des Neuen Testamentes. Martin Luther habe dafür gesorgt, dass die Texte für alle verständlich wurden. Josef, der in Syrien zur Welt kam und dessen Familien in Deutschland von der Orthodoxie zur evangelischen Kirche wechselte, lobte das Engagement der evangelischen Kirche in Frankfurt für Flüchtlinge, sie lege den Finger „in die Wunde“.

Die Frankfurter CDU-Landtagsabgeordnete Bettina Wiesmann, Mitglied des Sozialpolitischen Ausschusses in Wiesbaden, sagte, die Kirchen seien durchaus wachsam in Richtung Politik: Das erlebe sie auch in ihrem Alltag, regelmäßig gebe es beispielsweise zu der Arbeit des Ausschusses kirchliche Stellungnahmen. Befragt zu dem Verhältnis von Staat und Religion, zeigte sie sich zufrieden mit dem Weg der in Deutschland gegangen wird, der keine Staatskirche vorsieht, aber auch keinen laizistischen Staat. Auch für Beer ist das „eine gute Basis“.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 1. Dezember 2013 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.