Die Studie „Jugend in Deutschland 2024“ bilanziert eine pessimistische Grundhaltung in der jungen Generation. Sie spricht sogar davon, dass die Stimmung in der jungen Generation zu kippen drohe. Stress und Erschöpfung seien angestiegen. Die Podcaster Conny von Schumann und Kurt-Helmuth Eimuth befragten zwei Jugenddelegierte in der Synode (Parlament) der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Hannah Ferber und Jeremy Sieger können den Befund mit Blick auf das Weltgeschehen verstehen. Doch ihre Haltung ist eine ganz andere. In der Kirche findet man, so Sieger, „eine offene Gemeinschaft, die wertschätzend mit einem umgeht. Man hat Raum und Räume sich zu entfalten. Man hat viele Möglichkeiten.“ Hannah Ferber pflichtet ihm bei: „Jeder und jede findet ihren Platz in Kombination mit dem Spirituellen.“ Ihre Empfehlung für die Kirche ist eine bessere „Glaubenskommunikation“, vor allem auch in den sozialen Medien. Und die Kirche solle sich klar positionieren, etwa gegen Rechts.
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Wie den Kollaps der Pflege verhindern? Warum die Resolution der Kirchensynode zu unkonkret ist
von Kurt-Helmuth Eimuth 26. April 2021
Die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat bei ihrer Tagung im April eine Resolution zur Pflege beschlossen. Gut, dass sich das Kirchenparlament mit dieser uns alle betreffenden Situation auseinandersetzt. Leider bleibt das Papier zu unkonkret. So wurde eine Chance vertan.
Allein im Laufe des Jahres 2020 haben in Deutschland 9.000 Pflegekräfte ihren Beruf verlassen. Der Mangel an Pflegefachkräften wird immer größer. Das geht uns alle an, und sei es nur, dass wir mal wegen eines Beinbruchs ins Krankenhaus müssen. „Die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte machen den Beruf unattraktiv“, stellt die EKHN-Synode in ihrer Resolution fest. Nur, was folgt daraus? Fordert die Kirche andere Pflegeschlüssel und bessere Bezahlung? Setzt sie sich dafür ein, dass in evangelischen Krankenhäusern und Pflegeheimen familienfreundliche Arbeitszeitmodelle und bessere Bezahlung eingeführt werden? Gibt es Modellprojekte, die mögliche Verbesserungen ausloten?
Der Hinweis, dass Einrichtungen in diakonischer Trägerschaft gemessen an anderen Tarifverträgen ihre Fachkräfte relativ gut bezahlen, reicht nicht. Von einer Institution, die gerade in diesem Bereich ein so großer und wichtiger Arbeitgeber ist, wäre da mehr zu erwarten.
In der ambulanten Pflege sieht es nicht besser aus. Von den rund 3,5 Millionen pflegebedürftigen Menschen werden gut drei Viertel zu Hause versorgt, wie eine Datenerhebung des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2017 ergeben hat. 1,76 Millionen werden demnach allein durch Angehörige gepflegt. Die Kirchensynode schreibt dazu in ihrer Resolution: „Die wesentliche Säule der Pflegeversorgung, die Familie, wird brüchig, weil die Übernahme von Sorgetätigkeiten Frauen zunehmend in die Armut führt, die Zahl der Kinder zurückgegangen und die der Kinderlosen gestiegen ist.“
Auch hier mangelt es an einer Konkretisierung. Zum Beispiel hätte man die Regierungsparteien auffordern können, die zahllosen verschiedenen Fördertatbestände zusammenzuführen, um Hilfen und Zuschüsse transparenter und für die Pflegenden unbürokratischer zu machen. Eigentlich war das im Koalitionsvertrag verabredet, umgesetzt ist es aber noch nicht. Nur ein Fünftel der pflegenden Angehörigen nehmen derzeit die Förderung für Kurzeitpflege in Anspruch. Und eine neu eingeführte monatliche Entlastung von 120 Euro ist an Bedingungen der Bundesländer geknüpft, die dazu führen, dass sie kaum eine wirkliche Entlastung bedeutet.
Man hätte auch gerne gewusst, wie die EKHN in Zukunft mit ihren eigenen ambulanten Pflegediensten umgehen will. Denn als Teil eines Pflegemarktes stehen auch die kirchlichen Anbieter hier unter einem erheblichen Finanzierungsdruck.
Grundsätzlich stellt die Synode fest, dass Pflege eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ sei und man eine umfassende „Struktur- und Finanzreform“ brauche. Dem wird kaum jemand widersprechen. Doch die Gelegenheit, Ross und Reiter zu nennen, wird leider nicht genutzt. Ein zum großen Teil privatwirtschaftlich organisiertes Pflegesystem muss nicht nur das Wohl der Patientinnen und Patienten im Blick haben, sondern auch die Rendite – inzwischen sind europaweit agierende Aktiengesellschaften auf dem Pflegemarkt aktiv. „Wir brauchen eine Finanz- und Strukturreform, die gewährleistet, dass Pflegeleistungen an allen Orten in gleicher Weise finanziell gefördert und qualitativ hochstehend erbracht werden, also unabhängig davon, wo die Pflege geleistet wird“, heißt es in der Resolution dazu. In der Tat: Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens war ein Fehler, der kaum rückgängig gemacht werden kann. Allenfalls ist er zu stoppen. Aber genau deshalb bleiben Resolutionen wie diese zu allgemein.
Und dann spricht die Synode noch einen wichtigen Punkt an, der vielen gar nicht klar ist, nämlich das „Teilkaskoprinzip“ der Pflege. Darunter ist zu verstehen, dass im jetzigen System nur ein Teil der Pflegekosten übernommen wird. Die Pflegeversicherung ist, anders als die Krankenversicherung, keine Vollkaskoversicherung, sondern übernimmt nur einen Teil der tatsächlich anfallenden Kosten. Völlig zu Recht heißt es in der Resolution, dass dieses Prinzip überholt ist und „durch ein solidarisches Finanzierungssystem abgelöst werden“ muss. Aber auch hier drückt man sich vor der Konkretion: Will man also eine Erhöhung des Pflegebeitrags? Soll die Pflege über Steuern finanziert werden? Oder gibt es noch eine andere Idee?
Die hessen-nassauische Kirchensynode hat in ihrer Resolution zur Pflege alle wichtigen Fragen angesprochen – aber sie hat keine Lösungen aufgezeigt. Es wird nicht einmal gesagt, an wen sich die Resolution überhaupt richtet. Damit wurde eine Chance vertan.