Tag Archiv für Struktur

Fusion mit Offenbach?

In Frankfurt soll demnächst ein evangelisches Stadtdekanat entstehen. Doch die hessen-nassauische Kirchenleitung schlägt jetzt in einem Papier vor, Frankfurt und Offenbach zu fusionieren. Die Idee erntet Widerspruch.

Die Straffung der Strukturen mit dem Ziel der Gründung eines Frankfurter Stadtdekanats ist seit Jahren Thema in den evangelischen Gremien der Stadt („Evangelisches Frankfurt“ berichtete in der letzten Ausgabe). Die Vorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes, Pfarrerin Esther Gebhardt, überraschte nun das Frankfurter Kirchenparlament mit der Mitteilung, dass es in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau bereits weitergehende Überlegungen gibt. In einem Impulspapier der Kirchenleitung wird vorgeschlagen, die derzeit vier Frankfurter Dekanate mit dem Dekanat Offenbach zu fusionieren. Dies liege aufgrund der vergleichbaren urbanen Lebenssituation nahe.

Die Zahl der Dekanate in Hessen-Nassau soll bis zum Jahr 2027 drastisch reduziert werden, von heute 47 auf maximal 28. Die hessische Kirchenleitung verspricht sich davon mehr Stabilität und größere Planungssicherheit. Gebhardt wies vor den Delegierten der Frankfurter Gemeinden und Dekanate darauf hin, dass der Frankfurter Reformprozess jetzt mit dem in der Landeskirche zu synchronisieren sei.

Dekan Achim Knecht erwartet trotz des Darmstädter Papiers weiterhin Unterstützung für ein Frankfurter Stadtdekanat. Schließlich hätten beide Reformprozesse dasselbe Ziel: eine stabile und tragfähige Struktur. Eine Fusion von Frankfurt und Offenbach wird wohl nicht überall auf Zustimmung stoßen. „Das ist einfach dummes Zeug“, sagte etwa der Delegierte Max Schumacher.

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Mai 2012

Neues Leitbild für die Kirche

Evangelisches Frankfurt Mai 2010

Neues Leitbild für die Kirche

Evangelischer Regionalverband startet Mitgliederbefragung

Leitbilder halten die Normen und Grundüberzeugungen eines Unternehmens oder einer Organisation fest. Der Evangelische Regionalverband Frankfurt, der Zusammenschluss der Frankfurter Gemeinden und Dekanate, überarbeitet zurzeit sein vor fast zehn Jahren entstandenes Leitbild. Dabei sollen die Erfahrungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso zu Rate gezogen werden wie die Erwartungen, die die Kirchenmitglieder und die Stadtgesellschaft haben.

Vor allem zu drei Themenkomplexen ist man an Ideen, Vorschlägen und Meinungen interessiert:

„Was schätzen Sie an der evangelischen Kirche in Frankfurt am meisten im Vergleich zu anderen Institutionen und Verbänden in der Stadt?“

Bei dieser Frage geht es um die besonderen Stärken und Eigenheiten der evangelischen Kirche verglichen mit anderen großen Organisationen und Verbänden: Gibt es überhaupt einen Unterschied? Sollte es einen geben? Und wenn ja, worin besteht er?

„Welche Erwartungen haben Sie an die evangelische Kirche in Frankfurt im Verhältnis zu anderen Religionen?“

Hinter dieser Frage steht die große Herausforderung, die es mit sich bringt, dass der Anteil anderer Religionen immer größer wird, vor allem in Großstädten wie Frankfurt. Gerade dieser Punkt ist in der bisherigen Fassung des Leitbildes noch zu wenig ausgearbeitet. Wie soll das Verhältnis zur katholischen Kirche, zum Islam, zu anderen Religionen gestaltet werden? Oder auch zu denjenigen Menschen, die gar keiner Religion angehören?

„Wo soll die evangelische Kirche in Frankfurt in den nächsten Jahren Profil zeigen?“

Dieser dritte Themenkomplex fragt, in welchen Arbeitsbereichen die Kirche in den nächsten Jahren Schwerpunkte setzen soll – denn angesichts leerer werdender Kassen ist es nicht möglich, alles Wünschenswerte zu machen. Bis zum Jahresende sollen die Antworten ausgewertet und das neue Leitbild formuliert sein. Es dient dann als Wegweiser für die Arbeit und als Orientierungshilfe für alle Mitarbeitenden – gleich an welcher Stelle sie ihre Talente einbringen.

Kurt-Helmuth Eimuth

„Ich gestehe jedem seine eigene Glaubenswahrheit zu“

Evangelisches Frankfurt Juli 2009

„Ich gestehe jedem seine eigene Glaubenswahrheit zu“

Kirchenpräsident Volker Jung spricht mit „Evangelisches Frankfurt“ über die Aufgabe der Kirche in globalen Krisenzeiten und die Chancen für den Dialog der Religionen.

Herr Jung, Sie kommen aus dem Vogelsberg und arbeiten jetzt in Darmstadt, dem Sitz der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau – verbindet Sie auch etwas mit Frankfurt?

Ich finde Frankfurt hoch spannend und bin gerne hier. Ganz abgesehen davon, dass ich seit meinem sechsten Lebensjahr Eintracht Frankfurt-Fan bin und mir diese Stadt daher schon immer emotional etwas bedeutet hat.

Volker Jung beim Redaktionsgespräch. Der 49-Jährige ist seit Anfang dieses Jahres Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Seine Amtszeit beträgt acht Jahre. Vorher war Jung Pfarrer in Lauterbach und Dekan im Vogelsbergkreis. | Foto: Rolf Oeser

Volker Jung beim Redaktionsgespräch. Der 49-Jährige ist seit Anfang dieses Jahres Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Seine Amtszeit beträgt acht Jahre. Vorher war Jung Pfarrer in Lauterbach und Dekan im Vogelsbergkreis.
Foto: Rolf Oeser

In guten wie in schlechten Zeiten?

In guten wie in schlechten Zeiten, davon bin ich nie abgewichen! Eine sehr schöne Sache für mich war es auch, den Pfingstgottesdienst auf dem Römerberg mitzufeiern. Da sind sicher viele Menschen gewesen, die ansonsten gar nicht in die Kirche gehen. In einer Großstadt hat die Kirche schon tolle Chancen.

Welche Impulse sollten denn von Frankfurt für die Landeskirche insgesamt ausgehen?

Wir brauchen offene, einladende Kirchen, wo Menschen aus unterschiedlichen Milieus erreicht werden. Die Stadt bietet da besondere Möglichkeiten für experimentelle Projekte und kann eine Vorreiterrolle haben. Aber ich würde den Gegensatz von Stadt und Land gar nicht so groß machen. Es gibt ja auch in Frankfurt Stadtteile, in denen noch das traditionelle Gemeindeleben in einem durchaus dörflichen Sinn gelebt wird. Das darf nicht kaputt gehen.

Sie sind angetreten als ein Kirchenpräsident, der die Kirche nicht nur verwalten, sondern auch geistliche Impulse setzen will. Welche Impulse braucht eine von Finanzkrisen und Klimawandel bedrohte Welt?

Die Welt braucht erstens eine geistlich begründete Gelassenheit. Wer sich von Gott getragen weiß, ist hoffentlich vor hektischem Krisenaktivismus etwas besser gefeit. Und zweitens braucht sie ein Krisenmanagement, das auf das langfristige Wohl aller bedacht ist. Auf Krisen reagieren viele mit Entsolidarisierung. Plötzlich geht es nur noch darum, die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Die Welt braucht aber Entwicklungen, die das Leben in den heutigen globalen Beziehungen ernst nimmt, und das gilt sowohl für das Klima als auch für die Wirtschaft. Unser Glaube ruft uns nicht zum Kampf der Starken gegen die Schwachen, sondern er ruft uns in eine globale Solidarität. Dabei geht es nicht nur um die großen politischen Fragen, sondern auch um unsere Glaubwürdigkeit als Christen und als Kirche, um die Frage nach dem persönlichen Lebensstil: Was mache ich selber? Es geht darum, das Glaubensleben und das wache Aufnehmen gesellschaftlicher Fragen zusammenzubringen.

In die Schlagzeilen geraten ist im Streit um den Hessischen Kulturpreis das Verhältnis der Kirche zum Islam. Wie steht es aus Ihrer Sicht um den Dialog?

Ich würde mir wünschen, dass man sich gerade im Blick auf die Fragen der Weltverantwortung, die ja in jeder Religion vorkommen, verständigt und gemeinsam fragt, vor welchen Herausforderungen wir stehen. Vielleicht ist die Orientierung an ethischen Fragen dabei dialogfähiger als die Orientierung an den dogmatischen Fragen. Wobei natürlich beides zusammengehört. Es muss auch Platz sein, sich die dogmatischen Glaubensauffassungen gegenseitig zu sagen und sie nebeneinander stehen zu lassen.

Sind Allah und Gott letztlich nicht dasselbe?

Auf eine einfache Form gebracht würde ich sagen: Wir glauben zwar an einen Gott, aber wir beschreiben ihn in unterschiedlicher Weise.

Zur gesellschaftlichen Verantwortung gehört auch, Kinder im Sinne des friedlichen Zusammenlebens zu erziehen. Da hat die Kirche mit ihren vielen Kindertagesstätten ein großes Betätigungsfeld. Wa­rum beharrt die evangelische Kirche darauf, nur christliche Erzieherinnen einzustellen?

Diese Frage wird bei uns kontrovers diskutiert. Einerseits haben wir als Kirche den verständlichen Wunsch, dass in unseren Einrichtungen ein deutliches evangelisches Profil erkennbar ist. Aus meiner Sicht kann das bei einer Kindertagesstätte, in der viele muslimische Kinder sind, aber auch so erfüllt werden, dass man überlegt, ob eine muslimische Erzieherin dem Team und den Kindern gut tun würde. In diesem Sinn denkt die Synode über eine Änderung der Richtlinien nach.

Ihr Vorgänger im Amt, Peter Steinacker, vertrat im Interview mit „Evangelisches Frankfurt“ die Auffassung, dass der Buddhismus für das Christentum eigentlich eine größere Herausforderung darstellt als der Islam. Gerade in Zusammenhang mit dem Besuch des Dalai Lama ist das ein spannendes Thema. Wie sehen Sie das?

Natürlich haben wir so etwas wie einen Markt der Religionen, und darin gibt es viele Mitbewerber. Aber ob man das gewichten kann? Ich glaube, dass jedes religiöse Gespräch dazu führt, das Eigene deutlicher zu erkennen. Da kann man sich durchaus fragen, warum es manche Menschen zum Buddhismus zieht oder andere den Islam attraktiv finden. Ein guter religiöser Dialog gibt beidem Raum: dem gegenseitigen Befragen und dem kritischen Nachfragen an das Eigene.

Und warum ist für Sie das Christentum attraktiv?

Der Glaube, in dem man großgeworden ist, hat eine tiefe, lebensgeschichtliche Verankerung und eine große Prägekraft, sodass man immer mit der eigenen Religion eine höhere Identifikation empfindet als mit einer anderen Religion. Ich schätze am christlichen Glauben sehr, dass der Mensch als Individuum gesehen wird und zugleich auch als gesellschaftliches Wesen. Und dass der Begriff der Freiheit, die in Liebe begründet wird, eine große Rolle spielt. Aber niemand kann in einem absoluten Sinn sagen: Ich kenne die einzige Wahrheit. Sicher, ich habe subjektiv meine Glaubenswahrheit, aber ich gestehe jedem, mit dem ich rede, seine eigene Glaubenswahrheit zu. Auf dieser Ebene können Wahrheitsansprüche dann durchaus auch konkurrieren.

Im Zuge der Finanzkrise ist ja auch die finanzielle Situation der Kirche wieder angespannter. Wie sehen Sie da die Perspektiven für die Zukunft?

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau hat glücklicherweise in den zurückliegenden Jahrzehnten eine gute Finanzpolitik gemacht. Das heißt, wir haben Rücklagen, die uns in die Lage versetzen, zwei oder drei schwierige Jahre ungefähr auf dem jetzigen Haushaltsniveau durchzuhalten. Dass wir uns perspektivisch auf Zeiten einstellen müssen, in denen uns weniger Finanzkraft zur Verfügung steht, das ist ja längst in unseren Sparbemühungen mit drin. Ich glaube allerdings nicht, dass wir eine Zielperspektive entwickeln können, die bedeutet, dass wir einzelne Arbeitsbereiche völlig brachlegen. Insgesamt werden wir wohl in allen Bereichen kürzen müssen. Aber wir hoffen natürlich sehr, dass die Krise überwunden werden kann und es dann auch wieder einmal in eine andere Richtung geht.

Interview: Antje Schrupp und Kurt-Helmuth Eimuth

Wie soziale Arbeit organisiert ist

Evangelisches Frankfurt Februar 2009

Wie soziale Arbeit organisiert ist

Soziale Arbeit will organisiert sein. Da sie für das Gemeinwohl besondere Bedeutung hat, hat der Gesetzgeber verschiedene Organisationsformen vorgesehen und sie von der Zahlung von Steuern weitgehend befreit.

Beim Eingetragenen Verein (e.V.) beantragen mindestens sieben Personen mit einer Satzung die Eintragung in das Vereinsregister. Die Gemeinnützigkeit und damit das Privileg, steuerabzugsfähige Spenden anzunehmen, bescheinigt das Finanzamt. Ein Verein darf kein Geld anhäufen, denn sein Zweck ist es, das gesammelte Geld gezielt dem Vereinszweck zuzuführen.

Die gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) ist dagegen eine Organisationsform, die kontinuierliches professionelles Handeln ermöglicht. Allerdings darf auch sie keine Gewinnabsicht verfolgen. Auch in diesem Fall bescheinigt das Finanzamt die Ge­meinnützigkeit.

Eine Stiftung wiederum ist auf Dauer angelegt. Das Kapital darf nicht ausgegeben werden, sondern bildet einen Grundstock, um aus Zinsen und anderen Kapitalerträgen den Stiftungszweck erfüllen zu können. Über die Verwendung der Gelder wacht die staatliche Stiftungsaufsicht.

Kurt-Helmuth Eimuth