Tag Archiv für Kita

"Man hat mir gesagt, da musst du unbedingt hin“

Evangelisches Frankfurt Februar 2009

„Man hat mir gesagt, da musst du unbedingt hin“

Mit Politikerbesuchen hat man inzwischen schon Erfahrung im Gallusviertel. Nachdem Bundeskanzlerin und Ministerpräsident schon da waren, kündigte sich im Januar der Hessische Innenminister Volker Bouffier an und besuchte die evangelische Versöhnungs-Kindertagesstätte.

Innenminister im Kindergarten: Volker Bouffier informierte sich in der Frankfurter Versöhnungs-Kita über das Projekt „Frühstart“. Er und eine Elternbegleiterin lasen den Kindern zweisprachig Geschichten vor. | Foto: Rolf Oeser

Innenminister im Kindergarten: Volker Bouffier informierte sich in der Frankfurter Versöhnungs-Kita über das Projekt „Frühstart“. Er und eine Elternbegleiterin lasen den Kindern zweisprachig Geschichten vor.
Foto: Rolf Oeser

„Man hat mir im Ministerium gesagt, da musst du unbedingt hin.“ Regelmäßig besuche er Kindertagesstätten, denn als Innenminister sei er ja auch für Integration zuständig, so Bouffier. Und so informierte er sich über das Projekt „Frühstart“, eine besondere Form der frühkindlichen Sprachförderung. Kita-Leiterin Birgit Liebow hob hervor, dass insbesondere die „Elternbegleiter“ eine besondere Qualität darstellen. Sie sind selbst mehrsprachig und ebnen Kindern den Weg in das deutsche Bildungssystem.

Kurt-Helmuth Eimuth

Erziehunghspartnerschaft und Nestwärme

19.11.2008

Kurt-Helmuth Eimuth

Besonders an den bevorstehenden Tagen steht Familie wieder hoch im Kurs.

In den evangelischen Krabbelstuben und Kindertagesstätten steht das ganze Jahr mit dem Kind die Familie im Mittelpunkt.

Familie ist ein Gefühl.

Nicht nur die Personen der Ursprungsfamilie sind „Familie“, sondern die Menschen, denen das Kind vertraut. Dahinter verbirgt sich das Gefühl der Nestwärme, des Ankommens, des Geborgenseins und Dazugehörens.

In der Eingewöhnungsphase in den Krabbelstuben und den Kindertagessstätten legen wir einen ganz besonders hohen Stellenwert auf eine gute Entwicklung der Bindung. Die Kinder sollen bei uns „sicher gebunden“ sein – das Gefühl von „hier bin ich sicher und angenommen“ steht im Fokus.

Ohne dieses Familiengefühl ist Bildung nicht möglich. Wenn die Kinder sich unsicher fühlen, haben sie keine Kapazitäten, sich anderen Dingen als dem Angstgefühl zu widmen.

Die Erziehungspartnerschaft mit den Eltern ist auch deshalb so wichtig, weil sich das Gefühl „Familie“ in den Einrichtungen fortsetzen muss.

Gerade die Ganztagskinder verbringen den größten Teil ihrer Woche in unseren Einrichtungen. D.h. ohne die Nestwärme, die mit dem Gefühl Familie verbunden ist, ist eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung mit den bestmöglichen Bildungsangeboten nicht möglich.

Es kommt also auf die Bindung an. Auf das Vertrauen zur Mutter, zum Vater, zu den Großeltern, zu den Geschwistern. Zur Familie gehören oftmals auch Stiefbruder und Stiefschwester, der Lebenspartner der Mutter oder eben die neue Lebenspartnerin des Vaters sowie Kinder aus anderen Beziehungen der Eltern. Das Erscheinungsbild der modernen Patchworkfamilie ist bunt geworden.

Tobi erlebt in diesem Jahr sein erstes Weihnachtsfest. Gemeinsam mit seinem Bruder Emil wird er ganz klassisch den Heiligen Abend mit Gang zur Kirche und anschließender Bescherung erleben. Und wie es seine Eltern gewohnt sind, so werden sie diesen besonderen Abend im Jahr bei den Großeltern verbringen. Und sicher werden diese die beiden Kleinen mit Geschenken überhäufen. – Ein Privileg von Großeltern.

Anna kann es gar nicht mehr erwarten in die Schule zu kommen. Sie wünscht sich so sehr einen Schulranzen. Ob diesen das Christkind bringt? Anna wird mit ihrer Mutter den Heiligen Abend verbringen und freut sich natürlich auf die Geschenke. Sie mag aber auch das Feierliche. Und natürlich freut sie sich auf die Besuche. Am ersten Feiertag wird sie bei ihrem Vater und dessen neuer Familie sein. Und sicher wird es wieder sehr lustig mit Silke. Silke ist so alt wie sie selbst. Und sie verstehen sich inzwischen wirklich gut.

Leonie spürt mit ihren fünf Jahren schon längst, dass da womöglich etwas nicht stimmt. Oma und Opa tun immer so geheimnisvoll. Die Oma wird wieder aufgeregt den ganzen Tag hin und her laufen, Opa saust den ganzen Morgen zwischen Keller und Wohnzimmer hin und her und dann wenn die ganze Familie, die gemeinsam in einem Haus am Frankfurter Stadtrand lebt, schließlich nach dem Gottesdienst in der Etage der Großeltern versammelt ist, wird das Christkind klingeln. Und dann gibt es endlich Geschenke.

Munter geht es bei Max und Emma zu. Hier wird es wirklich eng. Nicht nur weil sowieso in der Familie schon vier Kinder gibt. Die Mutter von Max und Emma hat wieder geheiratet. Und so gibt es eben nicht nur Max und Emma sondern eben auch Niklas und Lara. Und für Max und Emma ist es nichts Besonderes, dass an Festtagen eben auch der Papa mit seiner neuen Partnerin da ist. Und während die Erwachsenen tafeln werden die vier sicher mit den Geschenken spielen können. – Hoffentlich gibt es nicht wieder so viele Anziehsachen.

Faritah beneidet die christlichen Kinder ein wenig. Sie kennt natürlich die Geschichte von Jesu Geburt. Sie hat sie im Kindergarten gehört. Und natürlich hat sie bei der Weihnachtsfeier mitgemacht, hat gesungen und geklatscht und von den köstlichen Plätzchen genascht. Und weil es so schön ist, hat ihr Vater in ihrem Zimmer eine Lichterkette ans Fenster gehängt. Eigentlich ist Weihnachten ja im Islam kein Familienfest. Aber da es nun zwei Feiertage gibt wird man sich mit der ganzen Familie treffen. Mit den Omas und Opas, mit den Onkels und Tanten und mit den Nichten und Neffen. Das wird sicher ein richtiges Fest.

Interreligiöses Lernen in Kita beeindruckt Merkel

Evangelisches Frankfurt Oktober 2008

Interreligiöses Lernen in Kita beeindruckt Merkel

Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Großer Andrang herrschte beim Besuch der Bundeskanzlerin im Gallusviertel. Zum Auftakt ihrer „Bildungsreise“ durch Deutschland kam Angela Merkel in die Kindertagesstätte der Friedensgemeinde, um selbst zu lernen. Gemeinsam mit Ministerpräsident Roland Koch, Sozialministerin Silke Lautenschläger und Oberbürgermeisterin Petra Roth informierte sie sich insbesondere über das hier praktizierte Sprachförderungsprogramm. Besonders beeindruckt war sie von der Möglichkeit der interreligiösen Begeleitung in einer Kindertagesstätte.

Religion in der Kita

Evangelisches Frankfurt Oktober 2008

Religion in der Kita
Defizite bei frühkindlicher Bildung

Jedes vierte Kindergartenkind gehört der islamischen Religion an. Diese Tatsache werde nicht zur Kenntnis genommen, kritisiert der Tübinger Hochschullehrer Friedrich Schweitzer. Gemeinsam mit seinem Kollegen Albert Biesinger hat er eine bundesweite Pilotstudie zur religiösen Begleitung von Kleinkindern erstellt. Beim Kita-Kongress zum Thema „Mein Gott, dein Gott, kein Gott?“ im Frankfurter Dominikanerkloster führte Schweitzer vor über 400 Pädagoginnen und Pädagogen aus, dass eine religiöse Begleitung nur in christlichen Kindertagesstätten gewährleistet sei.

Dabei ist die religiöse Bildung für Kindergartenkinder in zahlreichen Bildungsplänen der Bundesländer, auch in Hessen, verankert. Sie ist somit eigentlich nicht nur Aufgabe der konfessionellen Kindertagesstätten, sondern auch etwa der städtischen. Die Studie zeigt jedoch, dass in den nicht-konfessionellen Kitas kaum religiöse oder gar interreligiöse Bildung stattfindet. Nur in etwa zehn Prozent der Einrichtungen sei diese auch für die ­ mu­ slimischen Kinder gegeben. Schweitzer: „Wie soll man ohne interreligilöse Bildung Toleranz einüben können?“

Kinder fragen Dinge wie: „Kommt Alexander in die Hölle, wenn er Wurst aus Schweinefleisch ist?“ oder „Warum faltet Ayse beim Gebet die Hände nicht?“ Um solche Fragen kompetent aufgreifen zu können, brauchen Erzieherinnen ein Basiswissen über die Religionen. Während des Kongresses wurde festgestellt, dass auch Kinder ohne Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft – immerhin bald jedes fünfte Kind – ein Recht auf religiöse und interreligiöse Begleitung haben.

Das von der Stiftung Ravensburger Verlag geförderte Forschungsprojekt wurde mit dem Innovationspreis „365 Orte im Land der Ideen“ ausgezeichnet.

Kurt-Helmuth Eimuth

Kita als Bildungsinstitution

Merkel besuchte evangelische Kita

Andacht, Kita Bildung

Kurt-Helmuth Eimuth

8-9-2008 Heiliggeistkirche, Frankfurt

Orgel

Lied: EG 447, 1-3, 7+8

Votum:

Im Namen Gottes kommen wir zusammen

Gott nimmt uns an, wie wir sind.

Jesus gibt unserem Leben Richtung und Sinn.

Gottes Geist ruft uns auf den richtigen Weg. Amen.

Psalm: 145, Nr. 756

Lied: EG 621, 1-3

Ansprache:

Vor gut zwei Wochen besuchte Bundekanzlerin Angela Merkel eine Bildungsinstitution. Sie besuchte in Begleitung des Ministerpräsidenten, der Sozialministerin und der Oberbürgermeisterin den Kindergarten der Friedensgemeinde. Beim anschließenden Gespräch mit den Erzieherinnen, den Eltern und dem Träger zeigte sie sich tief beeindruckt von der Arbeit. Sie habe verstanden, was Sprachförderung schon mit eineinhalb Jahren bedeutete. Und sie zeigte sich als „evangelische Christin“ wie sie hervorhob beeindruckt von der interreligiösen Bildung im Kindergarten.

Die christliche Kirche, insbesondere in ihrer evangelischen Gestalt, ist ihrem Wesen nach eine Bildungsinstitution. Dabei meint Bildung nicht einen auf das Kognitive begrenzten Prozess des Wissenserwerbs, sondern ein ganzheitliches Geschehen der Persönlichkeitsbildung, das sich an der Einsicht ausrichtet, dass der Mensch als Gottes Ebenbild geschaffen ist. Bildung heißt, um eine von der Mystik Meister Eckarts über die Theologie Martin Luthers bis hin zu zeitgenössischen Autoren reichende Tradition aufzunehmen, die Ausrichtung des inneren Menschen an der Entsprechung zu Gott. Bildung in diesem Sinne ist zuerst und zuletzt „Herzensbildung“. Es ist spannend wahrzunehmen, dass ein solcher Hinweis heutzutage schon nicht mehr als so altväterlich und überholt angesehen wird wie noch vor wenigen Jahren. Der ganzheitliche Zugang zum Verständnis von Bildung gewinnt vielmehr wieder an Resonanz. Ganzheitliche Bildung aber schließt neben den kognitiven auch affektive Aspekte ein.

Um welche Bildung geht es? Was ist mit Bildung gemeint, wenn im christlichen Verständnis von ihr die Rede ist? Das christliche Verständnis von Bildung ist nicht primär ein kognitives oder kumulatives, das auf die Anhäufung und Addition von Bildungsgütern setzen würde. Vielmehr geht es um ein lebendiges Geschehen der Persönlichkeitsentwicklung, genauer gesagt, um die Orientierung des Menschen an seiner Entsprechung zu Gott im Kernbereich seiner Existenz. Bildung heißt, dieser Entsprechung zu Gott zu folgen, also bestimmungsgemäß zu Gottes Ebenbild zu werden. Martin Luther schreibt in seiner für diesen Zusammenhang in der zentralen Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ im Jahr 1520:

„Darum soll das billig aller Christen einziges Werk und einzige Übung sein, dass sie das Wort und Christus wohl in sich bilden, um solchen Glauben stetig zu üben und zu stärken. Und kein anderes Werk kann einen Christen machen.“

Im nahezu zeitgleich entstandenen „Sermon von den Guten Werken“ heißt es bei Luther:

„Sieh, so musst Du Christus in Dich hineinbilden und sehen, wie in ihm Gott dir seine Barmherzigkeit vorhält und anbietet, ohne alle deine zuvor kommenden Verdienste. Und aus solchem Bild seiner Gnade musst du den Glauben schöpfen und die Zuversicht der Vergebung all deiner Sünden.“

Im Christsein als einer durch Freiheit gekennzeichneten Existenzform kommen nach Martin Luther drei Faktoren zusammen: Die christliche Freiheit lebt aus Christus, bildet sich im Glauben und befähigt zur Liebe.

Bildung bestimmt und prägt die menschliche Existenz von Anfang an. Es ist durchaus damit zu rechnen, dass es auch schon vorgeburtliche Bildungsprozesse gibt. Wenn ein ungeborenes Kind im Bauch seiner Mutter daran teilnimmt, wie sie Musik hört, darf man vermuten, dass hier ein pränatales Bildungserlebnis im Spiel ist.

In jedem Fall steht deshalb fest, dass ein Mensch spätestens mit seiner Geburt in den Raum der Bildung eintritt. Von daher hat die Taufe von Neugeborenen ihre anthropologische Begründung. Weil die christliche Kirche die Praxis der Kindertaufe kontinuierlich seit zwei Jahrtausenden praktiziert, versteht sie Kinder als bildungsfähige, aber auch bildungsbedürftige Menschen. Sie plädiert von daher für eine Bildung von Anfang an, für Bildung im Elementarbereich, für Elementarbildung.

Vor dem Hintergrund antiker Philosophien und Weltanschauungen stellte das christliche Verständnis vom Wert jedes Kindes als Geschenk Gottes eine geistige und kulturelle Revolution dar. Jesus, so erzählt die Bibel, segnete die Kinder, legte ihnen die Hände auf und küsste sie. Er empfahl den Erwachsenen, zu werden wie die Kinder, denn nur so, mit dem Eingeständnis ihrer Bedürftigkeit und ohne den Aufweis eigener Verdienste, könnten sie das Reich Gottes erlangen. In diesem Zusammenhang ist auch der Taufauftrag wichtig, der am Ende des Matthäus-Evangeliums überliefert ist (Matthäus 28,19f). Dieser Auftrag verknüpft das sakramentale Zeichen der Taufe eng mit Erziehung und Bildung; das Lehren und das Taufen gehören zusammen.

Die Reformatoren, allen voran Martin Luther und Philipp Melanchthon, haben den engen, unauflöslichen Zusammenhang von Glaube und Bildung betont, der vom Anfang des Lebens bis zu seinem Ende besteht. Was damals noch nicht in einer gesonderten Weise in den Blick kam, war der Bereich der Elementarbildung; denn sie gehörte in den Bereich des Hauses und war an den Zusammenhang der Familie gebunden. Dass Familien auch in dieser Phase auf Unterstützung angewiesen sind, ist eine vergleichsweise neue Einsicht. Christliche Kindertagesstätten, in denen 3 bis 6 Jahre alte Kinder erzogen, betreut und gebildet werden, gibt es der Idee nach erst seit knapp zwei Jahrhunderten und in größerer, nennenswerter Anzahl erst seit dem 19. Jahrhundert.

Christliche Kindertagesstätten als Orte der Bildung von Anfang an

Erste Anfänge der Kindergartenidee findet man bei den so genannten „Mährischen Brüdern“, bei Johann Friedrich Oberlin (1740-1826) im Elsass, bei Theodor Fliedner (1800-1864) in Kaiserswerth sowie bei Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) und Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782-1852). Fröbel formulierte als erster eine ausführliche pädagogische Grundlegung für die Arbeit in Kindergärten, die diese nicht als bloße Bewahr- oder Betreuungsanstalten definierte, sondern sie als Orte der individuellen altersgemäßen Bildung für Kinder verstand. In Verbindung mit dem missionarischen Diakoniekonzept von Johann Hinrich Wichern (1808-1881) breiteten die Kindergärten sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in allen evangelischen Landeskirchen aus. Schon der damals häufig verwandte Begriff „Kleinkinderschule“ deutet an, dass der Bildungsgedanke mindestens von ebenso großer Wichtigkeit war wie der soziale Aspekt der Betreuung.

Gerade aus der Sicht des christlichen Glaubens geht es darum, durch die Arbeit der christlichen Kindertagesstätten einen Beitrag zur Chancengerechtigkeit zu leisten. Ausgehend von dem Gedanken, dass jedem Menschenleben der gleiche Wert und die gleiche Würde vor Gott zukommen, engagiert sich die Kirche in ihrem Bildungshandeln dafür, dass Menschen im Alltag ihres Lebens auch tatsächlich gleiche Chancen erhalten.

Chancengerechtigkeit muss sich weiterhin konkretisieren an der Qualität der Begegnung zwischen unterschiedlichen Nationen, Religionen und Kulturen, die sich in der alltäglichen Praxis vieler Kindertagesstätten auf vielfältige Weise vollzieht. Ein evangelisches Bildungsverständnis schließt den Respekt vor anderen Religionen ein. Für evangelische Kindertagesstätten können Kinder, die in ihrem Leben prägende Erfahrungen mit Migration gemacht haben, eine Herausforderung, aber auch eine Bereicherung sein. Oft ist die Sicht leider durch Defizitzuschreibungen bestimmt. Dem sollte der Blick auf die von diesen Kindern erworbenen Fähigkeiten im Umgang mit kulturellen Herausforderungen gegenüber gestellt werden.

Die alltägliche Praxis des Umgangs mit solchen Herausforderungen im Frankfurter Gallus beeindruckte. Sie ist christliche Bildung im besten Sinne.

Amen.

Lied: EG: 577, 1-3

Mitteilungen:

Gebet:

Gott, du bist die Quelle unseres Lebens.

Du hast uns unsere Würde gegeben,

du liebst und wie ein Vater,

du kümmerst dich um uns wie eine Mutter.

Manchmal spüren wir, dass wir dein Ebenbild sind.

Du willst, dass wir Leben in Fülle haben.

Wir bitten dich um deineKraft,

die uns ermutigt zum Leben,

die uns verbindet in Gemeinschaft untereinander

und uns freimacht für eigene Wege.

Du Gott ohne Grenzen,

vor dir wollen wir unsere Gedanken und Träume ernst nehmen.

Mit dir sehnen wir uns nach Gerechtigkeit und Frieden für unsere Welt und für unser Zusammenleben.

Damit aus Anklagen neues Leben wachsen kann.

Wenn du, Gott, uns hilfst,

dann werden wir uns nicht zerstreiten,

dann können wir als deine Töchter und Söhne auf dieser Erde den Himmel säen.

Dann wird aus unserer Wüste ein Garten des Lebens.

Gott, lass in unserem Tun und Reden,

in unseren Träumen und in unserem alltäglichen Leben

deine Kraft wirksam sein,

darum bitten wir dich.

Und gemeinsam beten wir

mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Frieden

unseres Gottes:

Der Herr segne dich und behüte dich,

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir

und sei dir gnädig.

Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und

gebe dir Frieden. Amen.

Lied: EG 590

Es kommt nicht nur aufs Geld an

Evangelisches Frankfurt Juni 2008

Es kommt nicht nur aufs Geld an
Zwischen Armut und Benachteiligung unterscheiden

Mit dem Thema Kinderarmut hat sich kürzlich auch der Jugendwohlfahrtsausschuss der Stadt Frankfurt beschäftigt. In ihrer Analyse bilanzierte Gerda Holz vom Institut für Sozialarbeit, dass Armut in erster Linie ein strukturelles Problem und erst in zweiter Linie eine Folge individuellen Verhaltens sei. Als zentrale Ursachen benannte die Sozialwissenschaftlerin Erwerbslosigkeit und Nie-drigeinkommen. Besondere Risiken bestehen für Alleinerziehende und kinderreiche Familien.

Gleichwohl zeigte Holz auf, dass auch arme Eltern das Wohl ihrer Kinder im Auge haben. Bei der Verteilung des knappen Familienbudgets sparten sie zunächst an ihren eigenen Ausgaben und eben nicht bei den Kindern. Holz wörtlich: „Das Bild, arme Eltern kümmern sich nicht um ihre Kinder, ist zu streichen.“

Herbert Jacobs vom Jugendamt plädierte dafür, zwischen Armut und Benachteiligung zu unterscheiden. „Es kann benachteiligte Kinder geben, die nicht arm sind, und arme Kinder, die nicht notwendigerweise auch benachteiligt sind.“ Rein zahlenmäßig gebe es vermutlich sogar mehr Kinder, die zwar nicht arm, aber benachteiligt sind, als Kinder, die gleichzeitig beides sind.

Die Probleme der Stadtgesellschaft lassen sich auch im Anteil der Kinder und Jugendlichen (bis 14 Jahre), die Sozialhilfe bekommen, deutlich ablesen. Denn dieser ist in den einzelnen Stadtteilen höchst unterschiedlich: Während ihr Anteil im Gallus, in Höchst, in Sossenheim, im Riederwald, in Fechenheim und dem Gutleutviertel um die 40 Prozent pendelt, liegt er in Harheim, Nieder-Erlenbach und dem südlichen Westend unter fünf Prozent.

Bis zum Herbst will der Jugendhilfeausschuss Vorschläge erarbeiten, wie der Kinderarmut in Frankfurt besser begegnet werden kann. „Wir müssen uns noch gezielter um die betroffenen Familien kümmern, damit sich die Bildungs- und Entwicklungschancen der Kinder und Jugendlichen verbessern“, sagte Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld (CDU). Der Jugendhilfeausschuss ist gemäß Sozialgesetzbuch Teil des Jugend- und Sozialamtes. Das Gremium setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Politik, der freien Träger und der Verwaltung zusammen, Vorsitzende ist die Sozialstadträtin. Der Ausschuss bestimmt insbesondere darüber, wie die von der Stadtverordnetenversammlung bewilligten Mittel für die Jugendhilfe verteilt werden.

Kurt-Helmuth Eimuth

Mit dem Taxi zur Kita

Evamgelisches Frankfurt Mai 2008

Mit dem Taxi zur Kita
Wochenendbetreuung für Schausteller-Kinder

Etwas Besonderes war es schon, mit dem Taxi zur Kindertagesstätte gefahren zu werden. Dieses Privileg genossen ein Dutzend Kinder aus Schausteller-Familien während der diesjährigen Frankfurter Frühjahrs-Dippemess.

Schaustellerpfarrerin Christine Beutler-Lotz weiß, dass diese Familien spezielle Probleme und Bedürfnisse haben. Gerade an den Wochenend-Nachmittagen, wenn das Geschäft so richtig brummt und alle im Familienbetrieb mit anfassen müssen, sind die Kinder meist auf sich alleine gestellt. Deshalb organisierte die Seelsorgerin ehrenamtliche Helferinnen und Helfer und nahm mit Unterstützung des Diakonischen Werks für Frankfurt Kontakt mit der Kindertagesstätte der Nicolaigemeinde im Ostend auf.

Deren Leiterin Ruth Woody war sofort bereit zu helfen. Die Kita wurde an den Dippemess-Wochenenden für die Kinder und die Betreuerinnen der Schaustellerseelsorge geöffnet. Die zwei Kilometer zwischen Kita und Dippemess mussten sie allerdings mit einem „Kindergarten-Taxi“ überwinden. Für die Kinder eine Attraktion. Doch soll dies – wie das Diakonische Werk augenzwinkernd mitteilt – nicht zum Standard in evangelischen Einrichtungen erhoben werden.

Kurt-Helmuth Eimuth

Kinderkrippen droht „Profit von Anfang an“

Evangelisches Frankfurt Mai 2008

Kommentar:
Kinderkrippen droht „Profit von Anfang an“

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Ohne Zweifel: Familienministerin Ursula von der Leyen gebührt Anerkennung. Sie hat die Kinderbetreuung in Deutschland nicht nur in den Mittelpunkt der Familienpolitik gestellt, sondern gegen viele Widerstände – auch in der eigenen Partei – den flächendeckenden Ausbau des Krippenangebots durchgesetzt. Doch mit ihrem jüngsten Vorschlag, auch private Anbieter von Kinderbetreuungsplätzen staatlich zu fördern, kehrt die CDU-Politikerin zurück in das Lager konservativer Ideologien.

Ohne Not sollen private Investoren mit öffentlichen Geldern geködert werden. Dem Argument, dass dieses womöglich die Qualität der Betreuung schmälert, begegnet die Ministerin mit dem Hinweis auf „Qualitätsstandards“. Doch die Erfahrung zeigt, dass dies immer nur Mindeststandards sein können. Auf dem ambulanten Pflegemarkt ist das längst zu sehen. Private Pflegedienste arbeiten mit Hilfs- statt mit Fachkräften, bezahlen geringere Löhne und können dadurch deutlich billiger sein.

Im Bereich der Betreuung von Kleinkindern ist die Sache noch einmal komplizierter. Wie kann bei so komplexen Bildungsprozessen, die von der Beziehung zwischen Kind und Erzieherin abhängen, Qualität objektiv gemessen werden? Sie lässt sich allenfalls beschreiben. Die wirkliche Zuwendung zum Kind entzieht sich aber jeder Mess-Skala. Messbar dagegen ist der Profit. Wenn Kapital eingesetzt wird, muss eine Rendite herauskommen. So funktioniert dieses Wirtschaftssystem nun einmal. Dagegen ist auch überhaupt nichts zu sagen. Doch es ist klar: Die private Kinderkrippe mit staatlicher Unterstützung wird nicht nur das Kind, sondern auch die Bilanz in den Mittelpunkt stellen. Das ist schlecht für die Steuerzahler, die private Gewinne subventionieren, und es ist schlecht fürs Kind, das Mittel zum Zweck der Profitmaximierung wird.

Die Stadt Frankfurt hat in einer einzigartigen Anstrengung vorgemacht, wie es anders gehen kann. Sie hat die Zahl der Erzieherinnen in den Kindertagesstätten gesteigert, und im Dialog mit den gemeinnützigen Trägern wird weiter an der Qualitätssteigerung gearbeitet. Dazu bedarf es weder elitärer noch privater Einrichtungen. Jeder in eine Kindertagesstätte investierte Euro bringt, volkswirtschaftlich betrachtet, ein Vielfaches an Nutzen für die Allgemeinheit. Es bleibt das Geheimnis von Ursula von der Leyen, warum sie einen Teil dieses so dringend benötigten Geldes privaten Investoren in den Rachen werfen will. Mit dem Motto „Bildung von Anfang an“ ist doch wohl nicht „Profit von Anfang an“ gemeint.

Kurt-Helmuth Eimuth

Krippen akut in Not

Frankfurter Rundschau 23.2.08
VON MARTIN MÜLLER-BIALON
Schwierig ist die Lage ist schon jetzt: Besonders wenn Virusinfektionen umgehen, kommt es in den Krippen und Krabbelstuben immer wieder zu Engpässen. Denn bei dem besonders engen Kontakt zwischen Kleinkindern und Betreuern sind oft auch die Erzieher betroffen. „Es kommt immer wieder vor, dass ich meinen Sohn beim Abholen mit einer ihm nicht vertrauten Person in nicht vertrauten Räumen vorfinde“, berichtet eine Mutter der städtischen Krippe „Kunterbunt“ in Bornheim. Sie habe oft „kein gutes Gefühl“, wenn sie ihr Kind zur Krippe bringe. „Das liegt aber nicht an den Erzieherinnen, es gibt zu wenig Personal.“

Nach den Vorgaben der hessischen Verordnung für die frühkindliche Betreuung ist das Personal ausreichend. „Wenn alle da sind, reicht der Stellenplan aus“, sagt „Kunterbunt“-Leiterin Christina Spaethen. Immer wieder gebe es aber Ausfälle wegen Fortbildungen oder Erkrankungen der Kolleginnen.

„Wir versuchen dann, im Sinne der berufstätigen Eltern die Gruppen trotzdem offen zu halten.“ Die Zahl der „Springerinnen“ – zurzeit ist eine für zwei Krippen zuständig – zu verdoppeln, wie es der Kita-Gesamtelternbeirat fordert, hält die Leiterin für wünschenswert.
Erzieher in Frankfurt
3200 Erzieher-Stellen gibt es nach der jüngsten Erhebung (Stand 2005) in den Krippen, Kindergärten und Horten städtischer sowie freier und kirchlicher Träger. Seitdem sind mehr als 2200 neue Betreuungsplätzen – das macht etwa 150 weitere Stellen – geschaffen worden.Das Ausbauprogramm (6000 zusätzliche Krippenplätze, Personalaufstockung in den Kitas) macht die Schaffung weiterer 1600 Jobs bis 2013 erforderlich. Ab dann gilt der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz.

Keine gute Ausgangslage für die gigantische Aufgabe, die die Stadt in den kommenden fünf Jahren zu stemmen hat: Der vom Bund beschlossene Rechtsanspruch für einen Krippenplatz ab 2013 bedeutet eine glatte Verdreifachung der Plätze und des Fachpersonals. Zu den derzeit 3200 Krippenplätzen bei der Stadt sowie freien und kirchlichen Trägern müssen weitere 6000 geschaffen werden.

Bei einem Stellenschlüssel von 1:5 (eine Erzieherin, fünf Kinder) bedeutet das 1200 neue Stellen – derzeit sind es 640. Weitere 400 Erzieher-Stellen will die Stadt freiwillig schaffen – die Aufstockung des Personalschlüssels von eineinhalb auf zwei Stellen je Kindergartengruppe läuft derzeit.

Wie das gehen soll, weiß zurzeit niemand. „Engpässe gibt es schon jetzt, der Ausbau kommt oben drauf“, sagt etwa Kurt-Helmuth Eimuth, Abteilungsleiter im für die evangelischen Kitas zuständigen Diakonischen Werk. Eimuth leitete bis 2005 die Erzieherschule im Diakonissenhaus, deren Betrieb ausläuft.

Fehlende Ausbildungsplätze

Eine Entscheidung, die sich nun rächt. Denn die Berta-Jourdan-Schule kann als Berufsschule für pädagogische Berufe den Bedarf nicht decken. So wird nun im Schul- wie im Sozialdezernat nach alternativen Lösungen gesucht. Bildungsdezernentin Jutta Ebeling (Grüne) hat bereits eine Werbekampagne für den Erzieherberuf angekündigt, wobei besonders die in den Kitas stark unterrepräsentierten Männer angesprochen werden sollen.

Zudem erwäge man, wie Eimuth berichtet, ein Quereinsteigerprogramm. „Dabei könnten Leute qualifiziert werden, die eine ähnliche Ausbildung oder Qualifikation mitbringen.“ In Einzelfällen sei auch die Einarbeitung von Naturwissenschaftlern denkbar. Gegen solche Überlegungen steht freilich die Kita-Verordnung, wie Rainer Lossa vom Stadtschulamt betont. „Wir dürfen den Fachkraft-Status nicht aufgeben.“

Das Qualifizierungs-Modell der Werkstatt Frankfurt würde diese Problem lösen. Im Benehmen mit der Berta-Jourdan-Schule erwägt die Werkstatt, arbeitslose und allein erziehende Frauen für den Erzieher-Beruf zu gewinnen. „Ich gehe davon aus, dass etwa 100 bis 120 von ihnen die nötige Eignung haben“, sagt Geschäftsführer Conrad Skerutsch. Diesen Frauen soll eine stark praxisorientierte Umschulung angeboten werden.

Fernsehen ist nicht an allem Schuld

Evangelisches Frankfurt Dezember 2007

Die elektronischen Medien haben zur Zeit eine „Sündenbockfunktion“ für die Gesellschaft, meint der Medienpädagoge Detlef Ruffert vom Frankfurter Institut für Medien und Kommunikation. Es gebe keinen Beweis für einen Zusammenhang zwischen Mediengewalt und realer Gewalt, sagte Ruffert bei einem Fachtag „Tabu Gewalt“ des Diakonischen Werks vor einhundert Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen. Erst in Zusammenhang mit einem entsprechenden sozialen Klima seien auch die Medien ein Problem. Ein Kind, das täglich Gewalt zwischen den Eltern erlebe, werde Gewalt aus Computerspielen oder dem Fernsehen eher übernehmen, als ein Kind, das auf tragfähige Beziehungen bauen kann.

Schon im Kindergarten müssten Kinder „einen selbst bestimmten Umgang mit den Medien“ lernen, so Ruffert. Die evangelischen Kindertagesstätten in Frankfurt werden dazu für ihre Erzieherinnen gemeinsam mit dem Institut für Medien und Kommunikation und der Landesanstalt für privaten Rundfunk ein intensives Fortbildungsprogramm anbieten.

Außerdem wollen die evangelischen Kitas künftig verstärkt auf Kinder achten, die in Gefahr sind, zuhause vernachlässigt zu werden. Nach Aussage von Julius Niebergall vom Kinderschutzbund haben etwa acht Prozent der jährlich in Frankfurt geborenen 6500 Kinder einen „erhöhten Hilfebedarf“.

Kurt-Helmuth Eimuth