Tag Archiv für Kita

Werbung alleine reicht nicht

Werbung alleine reicht nicht

Die Lücke zwischen Bedarf und Fachkräften wird immer größer: Bis 2015 werden in Hessen über 1500 zusätzliche Altenpflegerinnen und Altenpfleger gebraucht. In den Krabbelstuben und Kindertagesstätten sieht es noch dramatischer aus. Von etwa 3000 bis zum Jahr 2013 zu besetzenden Stellen geht man alleine in Frankfurt aus. Aber auch Sozialpädagoginnen und Sozialarbeiter sind gesucht. Aufgrund der demographischen Entwicklung werden Fachkräfte rar. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen demnächst in Rente, und die schwächeren Jahrgänge kommen in den Beruf.

Man muss nicht über großes ökonomisches Fachwissen verfügen, um zu sehen, dass es mehr braucht als gut gemeinte Werbekampagnen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können wieder auswählen, wo und unter welchen Bedingungen sie arbeiten wollen. Alle Befragungen zeigen, dass zur Attraktivität eines Berufes auch das Gehalt zählt – auch wenn es nicht entscheidend ist. Doch eine Familie sollte man schon ernähren können. Dies ist in der Altenpflege schwierig. Die Pflegebranche zählt bisher zu den Sektoren mit einem relativ hohen Anteil „Aufstockern“, das heißt, der Lohn liegt oft unterhalb des Niveaus von Hartz IV.

Hinzu kommt, dass Pflegekräfte oft nicht länger als sieben bis acht Jahre in diesem Beruf arbeiten. Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes scheidet fast jede dritte Person aus gesundheitlichen Gründen aus dem Erwerbsleben aus – die häufigsten Gründe sind Wirbelsäulenerkrankungen, Hauterkrankungen und Infektionskrankheiten. Schon im Interesse der Betriebe müsste deshalb mehr auf die Gesundheit der Mitarbeitenden geachtet werden. Es sollten zum Beispiel mehr technische Hilfen bei der Pflege genutzt werden. Gegen Rückenprobleme und andere gesundheitliche Beeinträchtigungen könnte der regelmäßige Besuch im Fitnesscenter helfen. Warum sollten das die Wohlfahrtsverbände nicht anbieten? Flexible Arbeitszeiten und Kinderbetreuung sind weitere Möglichkeiten, die Fachkräfte im Beruf zu halten.

Wenn die Kirchen und die Wohlfahrtsverbände als Arbeitgeber attraktiv bleiben wollen, werden sie um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen nicht herumkommen. Zu dieser Attraktivität gehört auch gesellschaftliche Anerkennung: Solange ein LKW-Fahrer am Stammtisch eher bewundert wird als ein Altenpfleger oder Erzieher, haben es die Sozialberufe schwer.

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt März 2011

Profil in der Supervielfalt – Fachtag 5.11.2010

Begrüßung Fachtag 5.11.2010

Kurt-Helmuth Eimuth

Leiter des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich darf Sie ganz herzlich hier zum Fachtag „Profil in der Supervilefalt – Konfessionelle Kitas beschreiben ihren Standort.“

„Kinder erfragen unvoreingenommen die Welt und stehen ihr staunend gegenüber.

Sie stellen die „Grundfragen“ nach dem Anfang und Ende, nach dem Sinn

und Wert ihrer selbst und nach Leben und Tod. In ihrer Konstruktion der Welt und

ihrem unermesslichen Wissensdrang sind Kinder kleine Philosophen und Theo –

logen. Die Frage nach Gott kann für sie in diesem Sinne eine zentrale Lebensfrage

sein.“

Dieses Zitat ist nicht den Leitsätzen der Kindertagesstätten der EKHN entnommen, Nein, mit diesen beiden Sätzen wird im Hessischen Bildungsplan das Kapitel Religiosiät  und Werteorientierung eingeleitet. „Kinder sind darauf angewiesen, „ so heißt es im Text weiter „vertrauensbildende Grunderfahrungen zu machen, die sie ein Leben lang tragen. Sie brauchen Ausdrucksformen und Deutungsangebote, um das ganze Spektrum möglicher Erfahrungen positiv verarbeiten zu können.

Eigene religiöse Erfahrungen und das Miterleben von Gemeinschaft, Festen, Ritualen

sowie die Begegnung mit Zeichen und Symbolen können helfen, Eigenes und

Fremdes zu erschließen.“

05.11.2010 Fachtag „Profil in der Supervielfalt“ in der Evangelischen Gethsemanegemeinde; Konfessionelle Kitas beschreiben ihren Standort. Kurt-Helmuth Eimuth, Dipl.Pädagoge, Leiter des Arbeitsbereiches Kindertagesstätten des Diakonischen Werkes für Frankfurt am Main.

Die Fragestellung des heutigen Fachtages ist somit keine interne Angelegenheit der evangelischen Kirche. Alle Kindertagesstätten sind vom Bildungsplan aufgefordert, die Kinder bei ihren religiösen Erfahrungen zu begleiten. Natürlich haben sich konfessionelle Einrichtungen in besonderer Weise dieser Aufgabe zu stellen. Denn von ihnen wird erwartet, dass sich ihre religiöse Haltung im Alltag zeigt. Wir wissen aus den Gesprächen mit Eltern anderer Religion, dass sie ihre Kinder auch deshalb in eine evangelische Kindertagesstätte geben, weil sie erwarten, dass hier von Gott die Rede ist.

„Religiöse und ethische Bildung und Erziehung unterstützt die Kinder in der Auseinandersetzung mit ihren Fragen und stärkt sie in der Ausbildung einer eigenen

Urteils- und Bewertungsfähigkeit“, stellt der Bildungsplan fest.

Die Wirkung einer solchen Haltung sei die Stärkung eines grundlegenden Sinn- und Wertesystems, das eine reine Kosten-Nutzen-Kalkulation weit übersteigt und das vom Kind als sinnvoll und hilfreich erfahren werde bei der Konstruktion eines grundlegenden Verständnisses von Wirklichkeit.

Doch stehen die evangelischen Kindertagesstätten vor einer veränderten Situation. In zahlreichen Einrichtungen sind die Kinder mit christlichem Hintergrund in der Minderheit.

Zwei Drittel der 2006 geborenen Frankfurter Babys sind deutsche Staatsbürger mit einer zweiten oder dritten Staatsbürgerschaft, die sie von ihren Eltern geerbt haben.

Einen Hinweis auf die religiöse Pluralisierung gibt eine Statistik, die die Religionszugehörigkeit von Grundschülern erfasst. Danach sind 19,68% der Schülerinnen und Schüler evangelisch, 22% katholisch, 20,5% islamisch, 9,09% sonstiger Glaubenszugehörigkeit (buddhistisch, hinduistisch etc.) und 29,17% haben kein Bekenntnis. Auch hier: Die christlichen Schülerinnen und Schüler machen allenfalls die Hälfte aus, wenn man davon ausgeht, dass ein Teil des Drittels ohne Bekenntnis doch zumindest ein christliches Elternhaus haben.

05.11.2010 Fachtag „Profil in der Supervielfalt“ in der Evangelischen Gethsemanegemeinde; Konfessionelle Kitas beschreiben ihren Standort.

Die Zahlen belegen, was wir in den Kindertagesstätten und Krabbelstuben täglich erleben und spüren. Die Zuwanderung und die religiöse Vielfalt sind der Normalfall und keineswegs die Ausnahme.  Die Einrichtungen haben längst Konzepte und Ideen entwickelt, wie mit dieser Vielfalt umgegangen wird. Davon wir in den Arbeitsgruppen die Rede sein. Auch bieten die Arbeitsgruppen Informationen über die Lebenswelt anderer Kulturen etwa in Märchen.

Aber zuvor wird Frau Dr. Eva Maria Blum vom Amt für Multikulturelle Angelegenheiten uns das neue Frankfurter Integrationkonzept erläutern und sicherlich auch begründen, warum Frankfurt nicht nur eine Stadt der Vielfalt sondern eine Stadt der Supervielfalt ist. Herzlichen Dank, dass Sie Frau Dr. Blum gekommen sind und auch unter erschwerten didaktischen Rahmenbedingungen zu uns sprechen. Denn leider lässt sich die Kirche nicht abdunkeln und es lässt sich auch nicht eine angemessen große Leinwand aufstellen. Danken möchte ich auch dem Leiter des Diakonischen Werks, der die schwierige Aufgabe einer evangelischen Positionierung übernommen hat. Das bisher vorherrschende Bild – etwa vom Religionspädagogen Frieder Harz – wonach Kinder anderer Religionen bei uns zu Gast sind – gehört nicht nur sprachlich überdacht.

05.11.2010 Fachtag „Profil in der Supervielfalt“ in der Evangelischen Gethsemanegemeinde; Konfessionelle Kitas beschreiben ihren Standort.

Ansprache zum Abschluss Fachtag 5.11.10

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich weiß ja nicht, was Sie von Gartenzwergen halten. Für mich sind sie ehrlich gesagt stark gewöhnungsbedürftig.

800 dieser Exemplare machten kürzlich in der protestantischen Welt von sich reden. Nein, im eigentlichen Sinne waren es keine Gartenzwerge.

In Wittenberg hatte man die die Denkmäler der beiden berühmten Reformatoren Luther und Melanchthon zum Restaurieren in die Werkstatt geschickt. Nun war der Marktplatz ohne die beiden Standbilder zunächst leer Dies sollte nicht so bleiben.  800 bunte Plastiklutherfiguren bevölkerten ihn.

In Wittenberg traten die  Miniaturfiguren des Reformators Luthers an die Stelle des großen Vorbilds. Sie sollten zum Nachdenken über die Reformation anregen, im Vorfeld der großen Reformationsfeier aus Anlass des Thesenanschlags im Jahre 1517.

Der Nürnberger Künstler Ottmar Hörl hat sie in den Farben rot, schwarz, grün und blau  in Wittenberg aufstellen lassen.

Die „Lutherzwerge“ genannten Figuren waren umstritten. So bezeichnete der evangelische Theologe Friedrich Schorlemmer die Figuren als „Plaste-Luther“ in rot, grün und blau, die „einfach nur peinlich“ seien. Wortgewaltig wie  Luther und ebenso bissig kommentiert Schorlemer.

„Deprimiert schaut er drein; aus so einem traurigen Zwerg kommt kein fröhlicher Furz.“… Und das Fazit des ehemaligen Direktors der Evangelischen Akademie in Wittenberg und Bürgerrechtlers: “Gegen Ablasshandel half noch Thesenanschlag. Gegen Kulturmarketing hilft nicht einmal Beten. Ach, verehrter Bruder Martinus, du »alter stinkender Madensack«, du frommer, mutiger, begnadeter Prediger, du anrührender Beter und maßlos Schimpfender, hilf mir schimpfen!“

05.11.2010 Fachtag „Profil in der Supervielfalt“ in der Evangelischen Gethsemanegemeinde; Konfessionelle Kitas beschreiben ihren Standort. Kurt-Helmuth Eimuth, Dipl.Pädagoge, Leiter des Arbeitsbereiches Kindertagesstätten und Claudia Horn, Leiterin der Fortbildungsabteilung

Genau wie vor bald 500 Jahren als Luther seine Thesen angeschlagen haben soll, müssen wir uns heute fragen, wie geben wir etwas von unserem Glauben weiter. „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“, hatte Jesus denen gesagt, die ihm nachfolgen und denken wollten wie er (Mt 7,16). 

Luther selbst war ja davon überzeugt, dass man verständlich für die Menschen sein muss oder wie er es drastisch sagte, dem Volk aufs Maul zu schauen habe.

Im seinem berühmten Sendbrief vom Dolmetschen (1530) hat Luther die Prinzipien seiner Bibelübersetzung eindrucksvoll dargelegt und verteidigt. Er schreibt u. a.:

»man mus nicht die buchstaben inn der lateinischen sprachen fragen, wie man sol Deutsch reden, wie diese esel thun, sondern, man mus die mutter jhm hause, die kinder auff der gassen, den gemeinen man auff dem marckt drumb fragen, und den selbigen auff das maul sehen, wie sie reden, und darnach dolmetzschen, so verstehen sie es den und mercken, das man Deutsch mit jn redet.«

Der Fachtag heute drehte sich genau um diese Frage. Wie laden wir Menschen anderer Kulturen und Religionen ein, in unsere religiöse Welt einzutauchen, an unserer Spiritualität einzutauchen, ohne missionarischen Impetus aber auch ohne Selbstverleugung. Was wird sich verändern in unseren evangelischen Kindertagesstätten, wenn wir mehr muslimische Kolleginnen bekommen.  Wie kann ein interreligiöser Dialog entstehen. Welche Erziehungsvorstellungen haben andere Kulturen? Welche Erwartungen haben Einwanderinnen und Einwanderer an uns?

Bei all diesen Fragen ist Angst, Angst vor dem Fremden ein schlchter Ratgeber. Wer sich seines eigenen Glaubens gewiss ist, kann eben auch diesen Glauben in Frage stellen lassen, kann den Dialog mit anderen Glaubensvorstellungen aufnehmen. Dies wird und ist für uns in den evangelischen Einrichtungen eine Herausforderung , der wir uns stellen.

Lassen Sie uns den Kindern und den Eltern wie einst Luther es empfohlen hat aufs Maul schauen. Versuchen wir sie zu verstehen in ihrem Handeln, in ihren Vorstellungen. Erst wenn wir sie verstehen, wenn wir uns ihre Welt erschließen, können wir auch mit dieser Welt kommunizieren, in Dialog treten. Und auch das sei gesagt. Dialog ist nicht nur Zustimmung, sondern gelegentlich auch – bei allem Respekt – Widerspruch.

Übrigens: Zum Reformationstag wurden in Wittenberg die beiden Denkmäler wieder aufgestellt. Die 800 Plastikluther wurden aber verkauft. Vielleicht begegnen sie einer solchen Figur in dem ein oder anderen Gebäude, beispielsweise im Haus der Kirche in

Wir vom Arbeitsbereich Kindertagesstätten des Diakonischen Werks für Frankfurt, hoffen, dass der Fachtag Ihnen Anregungen gegeben hat – aber Ihnen auch den Rücken gestärkt hat.  

Kurt-Helmuth Eimuth

Kinder sind unsere Zukunft

Jasmin forderte neulich ihre Mutter auf, doch noch ein zusätzliches Schulbrot zu schmieren. Auf die mit Verwunderung gestellte Frage, Jasmin esse doch keine drei Brote, antwortete das Mädchen: „Wir verteilen das doch in der Klasse.“
Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass Kinder ohne Schulbrot im Ranzen, oftmals auch ohne Frühstück, in die Schule geschickt werden. Ist es doch für die Eltern einfacher, ihrem Kind etwas Geld zuzustecken, damit es sich in der Pause einen dieser zweifelhaften Pausensnacks kaufen kann. Aber offenbar können sich immer mehr Kinder eben nichts kaufen.
Kinder sind das größte Armutsrisiko. Der jetzt von der Bundesregierung vorgelegte Armutsbericht belegt dieses wieder einmal. Über eine Million Kinder sind von Leistungen der Sozialhilfe abhängig. Vor allem kinderreiche Familien und Alleinerziehende sind arm. Die Zahlen belegen eine Entwicklung, die weit mehr ist als eine sozialpolitische Herausforderung. Der Armutsbericht belegt vielmehr eine dramatische Verschiebung des gesellschaftlichen Werte- und Normensystems. Die Sorge um die nächste Generation steht schon lange nicht mehr ganz oben auf der Aufgabenliste. Man schaue sich nur einmal das Bildungswesen an. Man betrete nur einmal eine Schule und betrachte sich den baulichen Zustand. Marode Toilettenanlagen, unzureichend ausgestattete Fachräume und Mangel an Lehrerinnen und Lehrern sind der Normalfall. Besser – wenn auch mit Elternbeiträgen mitfinanziert – sieht es im Kindergartenbereich aus. Betreuungsplätze fehlen allerdings für die unter Dreijährigen.
Die evangelische Kirche in Frankfurt unternimmt übrigens gerade im Kinder- und Jugendbereich enorme Anstrengungen. Jede vierte Kirchensteuermark wird zum Beispiel für die Finanzierung der Kindertagesstätten aufgewendet. Hinzu kommen die zahlreichen Jugendclubs, die gemeindlichen Jugendgruppen und die offenen Jugendhäuser.
Doch insgesamt bleibt die traurige gesellschaftliche Bilanz. Wir alle investieren zu wenig in die nächste Generation. Da hilft auch keine Erhöhung des Kindergeldes. Sie wäre nur ein kleiner Anfang. Wir alle müssen uns für die nachwachsende Generation anstrengen. Denn Kinder sollten unsere Zukunft sein und nicht unser Armutsrisiko.
Kurt-Helmuth Eimuth

Diakonie wirbt in Gaststätten um Erzieherinnen

Evangelisches Frankfurt April 2010

Diakonie wirbt in Gaststätten um Erzieherinnen

Ein Mädchen mit einer Wäscheklammer auf der Nase, ein Junge, der von einem Kameraden geschlagen wird, ein drittes Kind, das versucht, etwas in eine Steckdose zu bekommen – ein Albtraum für jede Erzieherin, jeden Erzieher. Zu sehen ist die Szene auf einer Karikatur, mit der das Diakonische Werk für Frankfurt um Personal für seine Kitas wirbt. In 120 Gaststätten wird die Karikatur bald als Postkarte ausliegen.

„Wir wollen neue Wege bei der Personalgewinnung gehen und probieren es deshalb mit Werbemaßnahmen an ungewöhnlichen Orten. Und mit einem Augenzwinkern, denn dieser Beruf macht ja wirklich Spaß“, sagt Kurt-Helmuth Eimuth, der für die evangelischen Kitas in Frankfurt zuständig ist. Der Arbeitsmarkt für Erzieherinnen sei in Frankfurt „leergefegt“. Allein in evangelischen Einrichtungen seien bis Sommer etwa hundert Stellen zu besetzen, sagt Eimuth. Grund für den hohen Personalbedarf sei der Ausbau von Krabbelstuben für die Unter-drei-Jährigen, die steigende Kinderzahl in Frankfurt sowie der Wunsch nach einer besseren Personalausstattung.

Um Berufsanfängerinnen wirbt das Diakonische Werk gesondert mit einem Plakat, das an Fachschulen in ganz Hessen ausgehängt wird. Auch im Internet will man verstärkt werben, kündigte Eimuth an.

Antje Schrupp

Bibelmuseum: Vom Alltag in Judäa

Evangelisches Frankfurt Februar 2010

Bibelmuseum: Vom Alltag in Judäa

Für die Armen im Lande ging es zur Zeit Jesu um das tägliche Überleben. In Tongefäßen bewahrten sie ihre Lebensmittel auf. Sie mahlten ihr Korn, mit der Spindel fertigten sie Wolle an. Im Herrscherhaus des Herodes gab es aber auch Parfümflakons, Kosmetik und Schmuck. Solche Objekte sind jetzt im Bibelmuseum, Metzlerstraße 19, in der Sonderausstellung „Judäa und Jerusalem – Leben in römischer Zeit“ zu sehen. Ein Silberschatz erinnert an die Tempelsteuer, und eine antike Kno­ chenkiste, ein Ossuar, gibt Einblick in die Bestattungskultur. Die rund 2000 Jahre alten archäologischen Funde kommen vor allem von der israelischen Antikenverwaltung und sind das erste Mal außer Landes ausgestellt.

Maße und Gewichte, Münzen und Arbeitsmittel zu kennen, hilft auch, die Welt der Bibel zu verstehen. „Judäa und Jerusalem“ beleuchtet das Leben und Den­ ken von religiösen Gruppen, römischen Besatzern, von Pilgern, Händlern und Handwerkern.

Die Besucher und Besucherinnen können in der Ausstellung selbst aktiv werden. Außerdem vermitteln Führungen Alltag und Religion im Heiligen Land, sechs Vorträge vertiefen die Themen. Der Katalog ist mit seinen übersichtlichen und verständlichen Grafiken und Beiträgen auch eine Fundgrube für den Religions- und Konfirmandenunterricht. Gruppenführungen sind nach Anmeldung möglich, Infos unter www.judaeaundjerusalem.de oder Telefon 069 66426525.

Kurt-Helmuth Eimuth

Qualität in der Kirche


Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) will mehr Qualität in Verwaltung und Kindertagesstätten. Künftig ziert das Logo der EKHN der Schriftzug „Qualitätsfacetten“. Im Frankfurter Dominikanerkloster hob Kirchenpräsident Volker Jung jedoch hervor, dass die Suche nach dem Besten nur bedeuten könne, so gut wie möglich zu arbeiten.

„Wir sind als Menschen nicht perfekt und sollen es auch nicht sein“, mahnte Jung. Alle Gaben und Fähigkeiten sollten sich entwickeln können, aber Organisationsentwicklung dürfe kein Selbstzweck sein. Der Kirchenpräsident betonte, dass sich der Evangelische Regionalverband Frankfurt schon gut ein Jahrzehnt früher als die EKHN mit einem Qualitätsmanagementsystem auf den Weg gemacht habe.

Für die evangelischen Kindertagesstätten in Frankfurt wurde bereits 1998 ein Verfahren nach DIN-Norm eingeführt. Inzwischen beteiligen sich zwei Drittel der 80 Frankfurter Einrichtungen an diesem Verfahren, 14 Kindertagesstätten sind nach DIN zertifiziert. Während im System der Landeskirche auf Selbstevaluation gesetzt wird, kommen in Frankfurt Elemente der Fremdevaluation hinzu.

Staatsminister Jürgen Banzer begrüßte nicht nur die Initiative der evangelischen Kirche, sondern hob auch die „deutlich gewachsene Bedeutung der Kitas“ im Bildungssystem hervor. Der hessische Familienminister zeigte sich jedoch besorgt darüber, dass 14 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund in Hessen keine Kindertagesstätte besuchten.

Kurt-Helmuth Eimuth

Bonames: Neubau zum Krabbeln

Evangelisches Frankfurt November 2009

Neubau zum Krabbeln
Vier neue Gruppen in der Kita Bonames

Die erste Gemeinde, die ihre Kindertagesstätte um die Altersgruppe der Null- bis Dreijährigen erweitern kann, wird die Miriamgemeinde in Bonames sein. Vier neue Gruppen für diese Altersspanne wird ein Neubau beherbergen, der hinter dem Gemeindehaus am Kirchhofsweg entsteht. Zudem kommen in diesem Gebäude auch die beiden Kindergartengruppen der bestehenden Einrichtung unter, sodass der Neubau dann 80 Kindern im Alter von null bis sechs Jahren Platz bietet.

Die Planung des Darmstädter Architektenbüros Eisele und Stanjek ist nicht nur großzügig, sondern auch ökologisch ehrgeizig. So wird etwa im Passivhausstandard gebaut. Sollte trotz optimaler Dämmung und Wiedergewinnung der Wärme aus der Abluft noch Heizenergie benötigt werden, greift man auf Erdwärme zurück. In 99 Metern Tiefe wird die dafür notwendige Energie gewonnen.

Die Großzügigkeit des Raumangebots wird gleich im großen Foyer sichtbar werden. Zudem kann durch eine variable Wand ein Mehrzeckraum zugeschaltet werden, sodass sich auch Feste einfach veranstalten lassen.

Durch die terrassenförmige Bauweise erhält das Gebäude nicht nur ein ganz eigenes Gesicht, sondern auch einen zweiten Spielplatz auf der Terrasse im ersten Stock. Jeder Gruppenraum verfügt über eine eigene Nasszelle, und eine Küche, in der die Mahlzeiten täglich frisch zubereitet werden, gehört selbstverständlich auch dazu.

Der Neubau auf dem Gelände der Gemeinde und dem eines angrenzenden Parkplatzes ersetzt die recht marode zweigruppige bisherige Kindertagesstätte, die abgerissen werden muss. Die Kosten für den Neubau und die Einrichtung belaufen sich auf drei Millionen Euro.

Kurt-Helmuth Eimuth

Assistentinnen sollen in Kitas aushelfen

Evangelisches Frankfurt November 2009

Assistentinnen sollen in Kitas aushelfen

Steigende Kinderzahlen und ein gesetzlicher Betreuungsanspruch bescheren Frankfurt einen Boom an neuen Kitas und Krabbelstuben. Allerdings fehlt es an geeignetem Personal. Das Diakonische Werk hat nun ein Projekt initiiert, bei dem Langzeitarbeitslose zu „pädagogischen Assistentinnen“ qualifiziert werden.

Auf dem regulären Arbeitsmarkt tendierten Anna Starodubzewas Chancen gegen Null. Der „Generation 50 plus“ angehörend und ohne in Deutschland anerkannte Berufsausbildung, blieben für die Kasachin mit deutschen Wurzeln nur Ein-Euro-Jobs. Weil die studierte Pädagogin aber unbedingt arbeiten wollte, nahm sie das in Kauf – fast fünf Jahre lang.

Ein vom Diakonischen Werk im Evangelischen Regionalverband Frankfurt initiiertes Qualifi­zierungsprojekt mit dem Titel „Pädagogische Assistenz“ hat ihre Situation jetzt um 180 Grad gewendet: Seit Anfang November hält Anna Starodubzewa ein Zertifikat in Händen und vermutlich auch bald einen Anstellungsvertrag. Die Ginnheimer Krabbelstube „Gabriel“, in der sie den praktischen Teil ihrer Qualifizierung absolvierte, will sie übernehmen. Leiterin Sabine Ruschitschka wartet nur noch auf grünes Licht der Mitarbeitervertretung.

Anna Starodubzewa - links - hofft, nach ihrer Qualifizierungsmaßnahme in der Krabbelstube „Gabriel“ in Ginnheim wieder eine reguläre Arbeit zu finden – als pädagogische Assistentin. | Foto: Doris Stickler

Anna Starodubzewa – links – hofft, nach ihrer Qualifizierungsmaßnahme in der Krabbelstube „Gabriel“ in Ginnheim wieder eine reguläre Arbeit zu finden – als pädagogische Assistentin.
Foto: Doris Stickler

Die neue Kollegin habe sich als Glücksgriff erwiesen und sei eine Bereicherung für das Team, schwärmt Ruschitschka. Die Chemie stimmte, und auch die Ansichten zum Umgang mit Kindern waren ähnlich. Die Krabbelstube „Gabriel“ orientiert sich, wie alle evangelischen Krabbelstuben in Frankfurt, an der Pädagogik der 1984 verstorbenen Kinderärztin Emmi Pikler. Deren Forderung, Kinder vom Säuglingsalter an als eigenständige Wesen zu respektieren, ihren individuellen Entwicklungsstand zu beachten und nichts zu forcieren, wird den Kursteilnehmerinnen im Theorieteil der Qualifizierung ebenso vermittelt wie Kenntnisse in Spielpädagogik oder Ernährungswissenschaft.

Verbunden mit ihren ursprünglichen beruflichen Hintergründen sieht Kurt-Helmuth Eimuth, der Leiter des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten im Diakonischen Werk, durch die Assistentinnen die „Teamkompetenz in den Einrichtungen erhöht“. Als ehemalige Musikerinnen, Chemielaborantinnen oder Handwerkerinnen würden sie die „rein pädagogische Arbeit durch ihre Multiprofessionalität sinnvoll ergänzen“. Eimuth hält es „ohnehin für einen Fehler, in Kitas ausschließlich Pädagoginnen und Pädagogen zu beschäftigen“. Es geht bei dem Projekt also auch um eine Erweiterung in der Konzeption. Deshalb hofft Eimuth, dass das bundesweit einmalige Projekt Schule macht.

Doch es gibt auch kritische Stimmen: Werden hier nicht ausgebildete Erzieherinnen durch rasch angelernte Hilfskräfte verdrängt? Eimuth versichert, das sei nicht der Fall: Wenn künftig pro Jahr etwa zwanzig Personen ein solches Zertifikat erhielten, so läute das „nicht den Untergang des Berufstandes“ ein. Dafür spricht auch der Fachkräftemangel im Kita-Bereich. Immerhin müssen mit dem seit kurzem verankerten Rechtsanspruch von Eltern auf einen Betreuungsplatz bis 2013 allein in Frankfurt weitere 6000 Plätze für Kleinkinder unter drei Jahren entstehen. Für rund 1000 davon will die evangelische Kirche sorgen.

Woher man allerdings die zusätzlich benötigten 300 Erzieherinnen und Erzieher nehmen soll, sei bislang schleierhaft, sagt Eimuth. Bereits jetzt würden pädagogische Kräfte händeringend gesucht. Mit enormem Aufwand werde Personal angeworben, bis in den Lahn-Dill-Kreis hinein. Dennoch seien in den evangelischen Kitas derzeit rund 40 Stellen vakant. Und dieses Defizit werde sich in der „Boom-Stadt“ Frankfurt noch vergrößern. Die Anzahl der Kinder wachse hier seit geraumer Zeit an. In den nächsten Jahren würden in Frankfurt 30 neue Kitas gebaut.

Auch Joachim Otto, der im Diakonischen Werk den Arbeitsbereich „Beschäftigung und Qualifizierung“ leitet, hält Einwände wie „hier werden mit einer Schmalspurqualifizierung reguläre Arbeitsplätze blockiert“ für unberechtigt. Und er bedauert es, dass die kirchliche Mitarbeitervertretung bislang nur dem Einsatz von Assistentinnen in den Krabbelstuben zustimmt, nicht jedoch in Kitas. Dennoch habe man für die Mehrzahl der ersten Absolventinnen bereits eine Stelle gefunden, und für den Rest sei eine Vertragsunterzeichnung „ziemlich sicher“, so Otto. Er werde weiterhin für das Projekt werben, will aber keine Konfrontation: „Die Mitarbeitervertretung soll mit ins Boot.“ Es gehe schließlich vor allem um die Frage, wie sich „Bedarf und Angebot sinnvoll zusammenbringen“ lassen.

Die Krabbelstube „Gabriel“ hat darauf eine befriedigende Antwort parat: Anna Starodubzewa entlastet mit ihren Kenntnissen das Team, ihr selbst bleibt das Tingeln durch zeitlich befristete Ein-Euro-Jobs erspart.

Doris Stickler

„Pädagogische Assistenz“ – nächster Kurs im Januar

Foto: Rolf Oeser

Foto: Rolf Oeser

Mit der Qualifizierungsmaßnahme „Pädagogische Assistenz“ reagiert das Diakonische Werk für Frankfurt auf eine Bedarfslücke von professionellen pädagogischen Hilfskräften in Krabbelstuben und Kindertagesstätten. Das einjährige Beschäftigungsprojekt richtet sich an langzeitarbeitslose Menschen über 40 Jahre, die möglichst das zehnte Schuljahr abgeschlossen haben und über berufliche Erfahrungen verfügen.

Der Qualifizierungsweg ist ähnlich wie das Berufspraktikum für angehende Erzieherinnen in die Bereiche Theorie und Praxis gegliedert. An 30 Unterrichtstagen, am wöchentlichen Reflexionstag sowie an den Fortbildungstagen wird theoretisches Wissen vermittelt. In der restlichen Zeit führt man die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Krabbelstuben oder Kindertagesstätten an die Praxis heran.

Für die Dauer des in Kooperation mit dem Rhein-Main-Job- Center organisierten Projekts beziehen sie weiterhin Arbeitslosengeld II und erhalten überdies eine monatliche Zusatzvergütung von bis zu 150 Euro. Die Qualifizierung endet mit einem Kolloquium und einem Zertifikat.

Vanessa Hoch (Foto), die im Diakonischen Werk für den Bereich Krabbelstuben zuständig ist und die Qualifizierung betreut, betont, dass hier ausschließlich Personen teilnehmen, mit denen man vorher Gespräche geführt hat, und die sich für die Arbeit mit Kindern eignen. Zudem würden die pädagogischen Assistentinnen ihre Rolle in den Einrichtungen sehr genau kennen: „Sie sollen zuarbeiten und die Erzieherinnen unterstützen, aber weder Gruppen leiten noch Elterngespräche führen oder Entscheidungen fällen.“

Das nächste Qualifizierungsprojekt startet im Januar. Weitere Informationen: Diakonisches Werk, Koordination und Organisation von Arbeitsgelegenheiten, Telefon 069 299255100, oder unter www.diakonischeswerk-frankfurt.de.

Doris Stickler

Qualität für Krippen

Evangelisches Frankfurt Juli 2009

Qualität für Krippen
Sozialminister Banzer gegen Akademisierung

Durch den massiven Ausbau des Betreuungsangebots für Kinder unter drei Jahren sieht der Hessische Sozialminister Jürgen Banzer die Gefahr, dass die Qualität auf der Strecke bleibt. Bei einer Podiumsdiskussion in der Evangelischen Akademie Arnoldshain über die Perspektiven frühkindlicher Erziehung sagte Banzer, zur Zeit habe man für 18 Prozent dieser Altergruppe einen Krippenplatz, angestrebt seien 35 Prozent. Der Hessische Bildungsplan für Kinder von null bis zehn Jahren könne ein Weg sein, die Qualität zu sichern. Da die Kindertagesstätten von zahlreichen freien Trägern unterhalten werden, können Standards nicht von oben verordnet werden. Darum will der Minis­ter bei der Qualitätssicherung „goldene Zügel“ nutzen. „Es geht nur mit viel Kommunikation, Elternarbeit und einem umfangreichen Fortbildungsangebot.“.

Banzer wandte sich gegen die Forderung, die Ausbildung von Erzieherinnen zu akademisieren. Er bescheinigte der derzeitigen Ausbildung eine hohe Qualität. „Die Fachschulen bilden hervorragend aus.“ Vielmehr solle man darüber nachdenken, ob während der Ausbildung nicht ein Lehrlingsgehalt gezahlt werden könne. „Wir müssen den Beruf attraktiver machen.“

Den Wandel des Kindergartens zu einer Bildungseinrichtung mahnte Pfarrer Michael Frase, der Leiter des Diakonischen Werks für Frankfurt, an. Die Kindergärten kämen historisch betrachtet aus der Tradition der familienergänzenden Betreuung. Dies habe durchaus seine eigene Qualität. Jetzt gehe es aber darum, träger­übergreifende Netzwerke in den Stadtteilen zu knüpfen, um die Übergänge zwischen den Bildungseinrichtungen „flach zu halten“. Frase begrüßte die Entstehung von Familienzentren, die verschiedene Angebote unter einem Dach bündeln.

Kurt-Helmuth Eimuth

Die Krabbel-Offensive

Evangelisches Frankfurt April 2009

Die Krabbel-Offensive

Krabbelstuben sind nichts Böses – vorausgesetzt, die Qualität stimmt. In den nächsten vier Jahren will die evangelische Kirche in Frankfurt tausend neue Plätze für Kinder unter drei Jahren schaffen und ihr derzeitiges Angebot damit fast verfünffachen. Die Bedürfnisse und Bildungschancen der Kinder selbst stehen dabei im Mittelpunkt.

Es ist ein sonniger Tag, und die Kinder in der evangelischen Krabbelstube in Zeilsheim freuen sich, raus zu kommen – eifrig steigen sie in ihre Stiefel und Anoraks und toben kurz darauf im Außengelände herum. Lena hingegen ist müde und hat sich in ihr Bettchen im Schlafraum gelegt, Samantha knabbert an ihrem Tischchen an einem Brot, während der kleine Stefan, der noch nicht laufen kann, auf eigene Faust den Raum erkundet. „Bei uns machen nie alle Kinder zur gleichen Zeit dasselbe“, sagt Leiterin Tanja Stadtmüller, „wir passen uns ganz dem Rhythmus jedes einzelnen Kindes an.“

Neuankömmling Jarne weiß noch nicht genau, ob es ihm in der Krabbelstube gefällt. Aber er hat ja Zeit, sich daran zu gewöhnen – mindestens vier Wochen lang sind Mama oder Papa jederzeit erreichbar. | Foto: Ilona Surrey

Neuankömmling Jarne weiß noch nicht genau, ob es ihm in der Krabbelstube gefällt. Aber er hat ja Zeit, sich daran zu gewöhnen – mindestens vier Wochen lang sind Mama oder Papa jederzeit erreichbar.
Foto: Ilona Surrey

Dreh- und Angelpunkt dieses Konzeptes, das sich an den Vorschlägen der ungarischen Kinderärztin Emmi Pikler orientiert, ist die Beziehung zwischen Erzieherin und Kind. So ist in der Eingewöhnungsphase, die in der Regel vier bis sechs Wochen dauert, eine einzige Erzieherin für das Kind zuständig – wird sie krank, muss der Eingewöhnungsprozess unterbrochen werden. „Nur wenn die Bindung zwischen Kind und einer festen Bezugsperson stark und sicher ist, wird es anfangen, die Umgebung aktiv zu erkunden“, sagt Vanessa Hoch, die im Diakonischen Werk für Frankfurt die fachliche Ausrichtung betreut.

Es ist jedoch nicht immer leicht, konsequent die Bedürfnisse der Kinder in den Mittelpunkt zu stellen. Da komme es vor, dass Eltern sich beklagen, wenn ihre Kleinen am Nachmittag zu lange geschlafen haben – weil sie dann am Abend wach sind und beschäftigt werden wollen. Andere fragen schon in der Krabbelstube nach Frühenglisch und sind skeptisch, wenn die Erzieherinnen die Kleinen nicht ständig „bespielen“ und beim Lernen vorantreiben.

Vielleicht ist diese Erwartungshaltung kein Wunder, denn schließlich wurde der massive Ausbau von Krippenplätzen in Deutschland nicht zuerst aus pädagogischen, sondern vielmehr aus wirtschaftlichen und ordnungspolitischen Gründen angestoßen: Junge Frauen sollen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und der Nachwuchs „bildungsferner“ Schichten möglichst früh gefördert werden. Auch Tanja Stadtmüller weiß um den Druck, dem viele Eltern heute im Alltag ausgesetzt sind. „Deshalb bemühen wir uns sehr, ihnen möglichst entgegen zu kommen.“ Feste Bring- und Abholzeiten gibt es nicht, Verbesserungsvorschläge sind jederzeit willkommen.

Wann immer die Kleinen Hunger haben, gibt's etwas zu essen. Die Wünsche der Kinder werden von den Erzieherinnen sehr ernst genommen. | Foto: Ilona Surrey

Wann immer die Kleinen Hunger haben, gibt’s etwas zu essen. Die Wünsche der Kinder werden von den Erzieherinnen sehr ernst genommen.
Foto: Ilona Surrey

Viel zu lange sind in Deutschland Familien und öffentliche Einrichtungen beim Thema Kleinkinderbetreuung gegeneinander ausgespielt worden. Es wird höchste Zeit, dass sie an einem Strang ziehen. „Der Weg zu einer Institutionalisierung der Kinderbetreuung auch unter drei Jahren ist richtig und notwendig“, bekräftigt Pfarrer Michael Frase, der Leiter des Diakonischen Werkes für Frankfurt. Auch in der Kirche – lange Zeit ein Hort überkommener Familienmodelle – hat sich diese Erkenntnis inzwischen durchgesetzt.

Beim Ausbau der Krabbelstuben dürfe es aber nicht einfach um „Betreuungsplätze“ gehen, sondern vielmehr um Bildung, ist der zuständige Arbeitsbereichsleiter Kurt-Helmuth Eimuth überzeugt. Wobei sich der Bildungsbegriff nicht länger an dem klassischen Schulmodell orientiert, wo die Lehrer vorgeben, was wann gelernt wird. Eher steht das Verhalten einer Mutter Modell, die verlässlich da ist, dem Kind erklärt, was es wissen will, und ihm im ganz normalen Lebensalltag Anregungen bietet.

„Der Mensch lernt durch Nachahmung, Ausprobieren und Kommunikation“, erläutert Eimuth diesen Prozess. Material dazu gibt es in den Krabbelstuben zur Genüge: Holzrampen und Treppen, Sachen zum Rütteln, Betasten, Auf- und Zuschrauben. „Wir nehmen gerne Alltagsgegenstände“, sagt Tanja Stadtmüller und deutet auf leere Plastikflaschen, Cremedosen, bemalte Würfel und vieles mehr, das auf den Entdeckungsdrang der Kleinsten wartet. Die Erzieherinnen fragen regelmäßig nach den Wünschen der Kinder und erklären ihnen alles, was sie selbst tun. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Windelwechseln, das nicht etwa als lästige Notwendigkeit, sondern als wichtiger Teil des Bildungsprozesses verstanden wird. „Diese intime Interaktion trägt ganz entscheidend zur Vertrauensbildung bei“, sagt Vanessa Hoch. Wobei das Kind selbst entscheidet, wann die Windel gewechselt werden soll.

Auch für viele Erzieherinnen ist so ein Konzept eine Herausforderung. „Sie müssen lernen, sich selbst zurückzunehmen und die Kinder machen zu lassen.“

In den meisten Ausbildungsgängen gibt es in punkto Frühpädagogik jedoch noch einen gewissen Nachholbedarf. Forderungen nach einer Akademisierung der Erzieherinnenausbildung sieht Kurt-Helmuth Eimuth zwiespältig. Er setzt eher auf differenzierte Ausbildungsgänge und „multiprofessionelle“ Teams: akademisch ausgebildete „Bildungsorganisatorinnen“ in der Einrichtungsleitung, dazu Spezialistinnen für interkulturelle oder religiöse Bildung, die mit ihren Fachkenntnissen diejenigen unterstützen, die als erste Bezugspersonen für die Kinder da sind.

Antje Schrupp

Frankfurt braucht 4500 zusätzliche Erzieherinnen

Ab dem Jahr 2013 haben Eltern in Deutschland einen Rechtsanspruch auf einen Krabbelstuben-Platz für ihre Kinder. Zuständig sind die Kommunen. Für die Stadt Frankfurt heißt das: In nur vier Jahren müssen rund 5500 neue Plätze geschaffen werden. Die evangelische Kirche will sich mit 1000 neuen Plätzen an diesem gewaltigen Ausbau beteiligen. Dafür ist ein Bauvolumen von rund 20 Millionen Euro vorgesehen, finanziert ganz überwiegend von der Kommune sowie aus Landes- und Bundeszuschüssen.

Dabei stellen sich vor allem zwei Probleme. Erstens gilt es, geeignete Liegenschaften zu finden. Sie müssen aus Sicherheitsgründen im Erdgeschoss liegen und über ein Außengelände verfügen – keine leichte Sache, vor allem im Innenstadtbereich. Noch schwieriger wird es jedoch sein, genügend Erzieherinnen zu finden. Die Stadt Frankfurt schätzt den Bedarf in den kommenden vier Jahren auf 4500 zusätzliche Kräfte. Dem stehen aber in diesem Zeitraum nur rund 1500 Absolventinnen und Absolventen der Berta-Jourdan-Schule gegenüber.

Antje Schrupp