Auch in Frankfurter Kirchengemeinden suchen „Ein-Euro-Jobber“ nach Perspektiven
Im Gemeindebüro der Heddernheimer Thomasgemeinde ist Leben. Die Sekretärin kümmert sich um die Anliegen einer Besucherin, der Hausmeister lässt sich etwas am Computer erklären. Geduldig und kompetent gibt Richard Petermann ihm Auskunft. Der 37 Jahre alte Verwaltungsfachangestellte gehört nicht zum festen Mitarbeiterstamm der Gemeinde. Er ist einer der „Frankfurt-Jobber“, also einer von denen, die sich zum Arbeitslosengeld II noch 1,50 Euro die Stunde dazuverdienen.
Richard Petermann an seinem Arbeitsplatz in der Thomasgemeinde: „Ich will nicht aufgeben“ sagt der arbeitslose Verwaltungsfachmann, der sich über seinen „Ein-Euro-Job“ beim Diakonischen Werk freut.
Foto: Eimuth
Petermann hat sich selbst um die Stelle in der Thomasgemeinde bemüht. „Ich will nicht aufgeben“, sagt er kämpferisch. Und er ist sichtlich zufrieden mit seiner Wahl: „Ich fühle mich hier sehr wohl, so als ob ich schon zwanzig Jahre dazugehöre.“ Kein Wunder, denn er hilft im Büro, gibt sein Wissen weiter – auch an die Pfarrer. Petermann ist im Einsatz, wenn es darum geht, Obdachlosen oder älteren Menschen zu helfen. Zwar ist die Zukunft ungewiss, trotzdem fällt seine Bilanz positiv aus: „Jeder Tag hier war für mich ein Gewinn.“
Bis zu 150 „Arbeitsgelegenheiten“, so die genaue Bezeichnung für das, was gemeinhin Ein-Euro-Job oder Frankfurt-Job genannt wird, kann das Diakonische Werk für Frankfurt zur Zeit anbieten – meistens soziale Tätigkeiten, wenn zum Beispiel eine Hilfe beim Einkauf gebraucht wird oder jemand einem Sehbehinderten vorlesen soll. Aber auch beim Heckenschneiden oder Glühbirnenaustauschen sind die Frankfurt-Jobber zu finden.
„Die Erfahrungen sind so unterschiedlich wie die Menschen“ sagt Jürgen Simon von der Koordinationsstelle für Arbeitsgelegenheiten beim Evangelischen Regionalverband. „Für die einen sind die Arbeitsgelegenheiten ein Sprungbrett in den ersten Arbeitsmarkt, andere bekommen nach vielen Jahren wieder Kontakt zu Menschen und damit etwas Anerkennung, wieder andere überwinden ihre persönlichen Schwierigkeiten auch nicht.
Jürgen Simon sucht immer wieder Arbeitsgelegenheiten für sein Klientel. Das ist gar nicht so einfach. Zum einen sollen und dürfen nicht durch Finanzknappheit wegfallende Stellen durch Ein-Euro-Jobs ersetzt werden. Zum anderen bedürfen die eingesetzten Menschen der Begleitung, der Wertschätzung und der Förderung: „Die Leute wollen gelobt werden.“ Doch für Lob und Motivation bedarf es eben auch der Menschen, die vor Ort präsent sind. Angesichts der ausgedünnten Personaldecke in den Kirchengemeinden ist dies gar nicht so einfach.
Derzeit werden Sonderprogramme für jüngere und ältere Arbeitslose aufgelegt. Die Jungen sollen eine Ausbildung erhalten, die über 58-Jährigen können bis zu drei Jahren in der Arbeitsgelegenheit bleiben und haben so einen nahtlosen Übergang in die Rente. Die Koordinationsstelle hofft auf noch mehr Engagement von Seiten der Kirchengemeinden in dieser Sache. Sie sucht nach Einsatzorten, aber auch nach Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung. Denn schließlich sollen die Arbeitsgelegenheiten nicht nur psychisch stabilisieren, sondern auch qualifizieren.
Darauf hofft auch Richard Petermann: Sein Vorgänger hat schließlich eine reguläre Anstellung gefunden.
Kurt-Helmuth Eimuth
Evangelisches Frankfurt April 2007