Flüchtlinge aufnehmen

„Bleibeperspektive fördert Integration“

Die Aufnahme von Flüchtlingen im Rahmen des so genannten „Resettlement-Programms“ der Vereinten Nationen soll nach Ansicht des Diakonischen Werkes der evangelischen Kirche fortgeführt werden. Jedes Jahr wird mit diesem Programm eine bestimmte Anzahl von Flüchtlingen aus weltweiten Krisengebieten in Deutschland aufgenommen.

Anders als beim Asylverfahren brauchen diese Menschen dann nicht lange in Ungewissheit leben. Sie bekommen mit der Einreise nach Deutschland sofort eine Aufenthaltserlaubnis und damit eine Perspektive. Auch der Zugang zum Arbeitsmarkt ist gewährleistet. „Resettlement“ bedeutet so viel wie Umsiedlung, Wiederansiedlung.

„Wir können damit ein europaweites positives Signal im Flüchtlingsschutz setzen, weil Flüchtlingen zügig und nachhaltig ein Neuanfang und ein Leben in Sicherheit eröffnet wird“, sagte Wolfgang Gern, der Leiter des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau, in der Weißfrauen-Diakoniekirche Frankfurt vor Journalisten. In Hessen sind durch das Resettlement-Programm bislang 180 Menschen aufgenommen worden. 18 Flüchtlinge leben zurzeit in Einrichtungen der Diakonie: in der Flüchtlingshilfe Egelsbach und in der Flüchtlingsunterkunft Grävenwiesbach. „In der Begleitung und Beratung dieser Familien ist spürbar, wie entlastend die gesicherte Bleibeperspektive für sie ist und wie sehr dies den Integrationsprozess fördert“, berichtete Gern.

Resettlement ist ein Programm für jene Flüchtlinge, die in einem Land eine erste Zuflucht gefunden haben und absehbar nicht in ihre Heimat zurückkehren können. Hierzu zählen etwa Flüchtlinge aus Kongo, Ruanda oder Sudan. Besonders schutzbedürftigen Menschen wie Kranken, Traumatisierten, Müttern sowie Angehörigen ethnischer und religiöser Minderheiten soll auf diesem Weg eine Zukunft eröffnet werden.

Derzeit wertet die Bundesregierung die Erfahrungen mit den rund 2500 irakischen Flüchtlingen, die im Rahmen dieses Programms nach Deutschland kamen, aus.

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt September 2010

Schwerkranke Babys vermeiden

Umstrittenes Urteil: Ärzte dürfen bei einer künstlichen Befruchtung die außerhalb des Mutterleibs befruchteten Eizellen ihrer Patientinnen auf genetische Schäden untersuchen, bevor diese der Frau wieder eingepflanzt werden.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die so genannte „Präimplantationsdiagnostik“ unter bestimmten Umständen auch in Deutschland zulässig ist. Krankheiten, die auf zu viele oder zu wenige Chromosomen zurückgehen, können so entdeckt werden, wie das Down-Syndrom, aber auch veränderte Chromosomen, die für Muskelschwund, Lungen- und Stoffwechselkrankheiten oder die Bluterkrankheit verantwortlich sind. Dann kann man die entsprechenden Embryonen „aussortieren“. Allerdings setzte das Gericht auch klare Grenzen für die genetische Untersuchung an Embryonen: Eine Selektion nach Augen- oder Haarfarbe oder Geschlecht ist weiterhin strafbar.

So sieht – vierhundertfach vergrößert – ein vierzelliger menschlicher Embryo aus. Die Meinungen darüber, ob man ihn bei genetischen Defekten wegwerfen darf, gehen auseinander.

Zwar betrifft das Urteil im Jahr nur etwa 100 bis 150 Paare in Deutschland. Dennoch löst es bei vielen Menschen Unbehagen aus. Die Entwicklung der Fortpflanzungsmedizin greift immer stärker in die Natur ein. Am Anfang stand die Pränataldiagnostik, mit der durch Fruchtwasserpunktion schwere Krankheiten des Ungeborenen erkannt werden können. Inzwischen ist es nicht selten, dass Eltern dann ganz offen eine Abtreibung nahe gelegt wird.

Menschlich ist es jedoch auch verständlich, dass Eltern, deren Wunsch nach genetisch eigenen Kindern so stark ist, dass sie die enormen Strapazen einer künstlichen Befruchtung auf sich nehmen, diese diagnostische Möglichkeit gerne in Anspruch nehmen. Zumal die Verfahren in anderen europäischen Ländern längst verbreitet sind. Mancherorts können Eltern die Embryonen bereits nach Geschlecht auswählen.

Seitens der Kirchen wird das BGH-Urteil scharf kritisiert. Der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hermann Barth, sagte der Nachrichtenagentur „epd“, es beruhe auf „Verbrauch und Vernichtung menschlicher Embryonen“. Die Würde auch des frühen menschlichen Lebens verbiete es, dass es „bloß als Material und Mittel zu anderen Zwecken genutzt und erst recht gar nur erzeugt wird“.

Der Streit um die Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik werde weitergehen, so Barth. Das Risiko, dass die ursprüngliche Begrenzung bei der Auslese von Embryonen nicht durchgehalten werden könne, sei sehr groß. Deshalb müsse die Beteuerung des BGH, einer unbegrenzten Selektion sei mit dem Urteil nicht der Weg geöffnet, bei den bevorstehenden Debatten immer wieder eingeklagt werden.

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Septemebr 2010

Lutherzwerge

Andacht, 6. 9. 2010

St. Peterskirche, Frankfurt

Kurt-Helmuth Eimuth

Heiliggeistkirche

Orgel

Lied: EG 447, 1-3,7 Lobet den Herren

Votum:

Im Namen Gottes kommen wir zusammen

Gott nimmt uns an, wie wir sind.

Jesus gibt unserem Leben Richtung und Sinn.

Gottes Geist ruft uns auf den richtigen Weg. Amen.

Morgengebet: Nr. 815

Luthers Morgensegen

Ich danke dir, mein himmlischer Vater,

durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn,

dass du mich diese Nacht

vor allem Schaden und Gefahr behütet hast,

und bitte dich,

du wollest mich diesen Tag auch behüten

vor Sünden und allem Übel,

dass dir all mein Tun und Leben gefalle.

Denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele

und alles in deine Hände.

Dein heiliger Engel sei mit mir,

dass der böse Feind keine Macht an mir finde.

Amen.

Lied: EG 124, 1-4 Nun bitten wir den heiligen Geist

Ansprache:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich weiß ja nicht, was Sie von Gartenzwergen halten. Für mich sind sie ehrlich gesagt stark gewöhnungsbedürftig.

Ja, sicher, Gartenzwerge kommen heute in allerlei Gestalt daher. Als Bundeskanzler, als Eintracht-Fan und nun gibt es auch Lutherzwerge. Erstmals seit dem 19. Jahrhundert zeigt sich der Marktplatz von Wittenberg ohne die Denkmäler der beiden berühmten Reformatoren Luther und Melanchthon – dafür mit 800 Lutherzwergen.

Die Standbilder von Luther (1483-1546) und Melanchthon (1497-1560) sind für eine umfassende Restaurierung abgebaut worden. Der Berliner Kaiser, Friedrich Wilhelm III., hatte damals die Aufstellung angeordnet, auch zum größeren Ruhme seiner Kirche, getragen vom Bündnis von „Thron und Altar.“ Und überall in deutschen Landen entstanden im 19. Jahrhundert die mächtigen Luther-Denkmäler: 1868 wurde das Lutherdenkmal in Worms, wo Luther 1521 vor dem Reichstag stand, enthüllt, das größte Reformationsdenkmal der Welt von Ernst Rietschel steht vor der Frauenkirche in Dresden um nur zwei zu nennen.

In Wittenberg traten die Miniaturfiguren des Reformators Luthers an die Stelle des großen Vorbilds. Sie sollen zum Nachdenken über die Reformation anregen, im Vorfeld der großen Reformationsfeier aus Anlass des Thesenanschlags im Jahre 1517.

Der Nürnberger Künstler Ottmar Hörl hat sie in den Farben rot, schwarz, grün und blau in Wittenberg aufstellen lassen. Hörl sagte, er wolle mit seinen Figuren „einen Impuls setzen und den Menschen ihren persönlichen Luther mitgeben, mit dem sie sich dann individuell, undogmatisch auseinandersetzen können“. Die Kunststofffigur hat wie die Denkmalvorlage eine Bibel in der Hand und ist einen Meter hoch. „Luther hat sich immer ganz klein gemacht“, behauptet Hörl. Der Kunstprofessor stellt gerne kleine Produkte her. 2003 hat er ganz viele kleine Dürer-Hasen auf dem Nürnberger Hauptmarkt aufgestellt, 2004 zur Olympiade kamen 10.000 Eulen nach Athen und in Bayreuth Wagner-Hunde auf die Parkbänke, dann – ebenfalls provozierend – in Straubing 1.250 Nazigarten-Zwerge mit dem sogenannten „deutschen Gruß“ der NS-Zeit.

Die „Lutherzwerge“ genannten Figuren sind umstritten. So bezeichnete der evangelische Theologe Friedrich Schorlemmer die Figuren als „Plaste-Luther“ in rot, grün und blau, die „einfach nur peinlich“ seien. Wortgewaltig wie Luther und ebenso bissig schlägt Schorlemer vor, einen Schlitz zum Geldeinwurf in die Zwerge zu schneiden: »Wenn das Geld im Köpfchen klingt, Luther aus dem Zwerglein springt.« Wirft man 50 Cent rein, predigt er gegen die Vogelfänger. Wirft man einen Euro rein, so liest er einen lieben Brief an Herrn Käthe. Für zwei Euro wütet er gegen Papst, Juden und Türken. Für zehn Euro hört man ein Gleichnis auf unsere Gegenwart: »Wer hat, dem wird gegeben. Und wer nicht hat, dem wird auch noch genommen, was er hat.« Und weiter schreibt Schorlemmer in der Zeit:

„Deprimiert schaut er drein; aus so einem traurigen Zwerg kommt kein fröhlicher Furz.“… Und das Fazit des ehemaligen Direktors der Evangelischen Akademie in Wittenberg und Bürgerrechtlers: “Gegen Ablasshandel half noch Thesenanschlag. Gegen Kulturmarketing hilft nicht einmal Beten. Ach, verehrter Bruder Martinus, du »alter stinkender Madensack«, du frommer, mutiger, begnadeter Prediger, du anrührender Beter und maßlos Schimpfender, hilf mir schimpfen!“

500 Jahre nach dem Thesenanschlag, der als Beginn der Luther-Reformation gilt, hat sich in der evangelischen Kirche in Deutschland einiges verändert. Im Laden der EKD gibt es nicht nur Aufkleber und Poster zur Lutherdekade, sondern auch Lutherkeks, Luthertaschen und einen Stempel zu Lutherdekade. Die EKD nennt diese Zwerge, die man für 250 Euro käuflich erwerben kann – signiert 500 Euro – „Luther-Botschafter“, die protestantische Inhalte vermitteln und zur Auseinandersetzung mit dem Reformator anregen sollen.

„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“, hatte Jesus denen gesagt, die ihm nachfolgen und denken wollten wie er (Mt 7,16). „Die Multiplizierung schafft eine Präsenz, die Martin Luther und der Auslegung seiner Lehre gerecht wird. Sie steht als Anregung und soll zu einer ganz persönlichen und undogmatischen Auseinandersetzung führen, “ meint Professor Ottmar Hörl.

Die Organisatoren wehren sich gegen die Kritik. Die Lutherzwerge sollen auf das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 hinweisen und als „Botschafter“ die Lehre von Martin Luther „in die Welt tragen“. Luther gehöre in den Alltag, daran sollen und werden die Figuren erinnern. Sie könnten ein Stachel sein, wenn die reformatorischen Ideen von vor 500 Jahren auf die Realität heute prallen.

Luther selbst war ja davon überzeugt, dass man verständlich für die Menschen sein muss oder wie er es drastisch sagte, dem Volk aufs Maul zu schauen habe.

Im seinem berühmten Sendbrief vom Dolmetschen (1530) hat Luther die Prinzipien seiner Bibelübersetzung eindrucksvoll dargelegt und verteidigt. Er schreibt u. a.:

»man mus nicht die buchstaben inn der lateinischen sprachen fragen, wie man sol Deutsch reden, wie diese esel thun, sondern, man mus die mutter jhm hause, die kinder auff der gassen, den gemeinen man auff dem marckt drumb fragen, und den selbigen auff das maul sehen, wie sie reden, und darnach dolmetzschen, so verstehen sie es den und mercken, das man Deutsch mit jn redet.«

Deutsch mit ihnen reden Was bedeutet das in einer Mediengesellschaft? Was bedeutet dies für eine Kirche, die nicht mehr Volkskirche ist?

Muss man sich da nicht die medialen Gewohnheiten der Adressaten zu Nutze machen? Nur so kann man den Juden ein Jude und den Griechen ein Grieche sein, wie es einst Paulus forderte.

Wir stehen hier in der Peterskirche. Sie wird genutzt als Jugendkulturkirche. Dies ist genau so eine Übersetzungsarbeit. Vor über 500 Jahren wurde die erste Peterskirche als Kapelle hier nebenan gebaut, weil die Menschen nicht so weit zum täglichen Gebet vom Feld kommend laufen wollten. Heute müssen wir andere Formen finden, um etwas von der Botschaft weiterzugeben.

Und auch wir liebe Kolleginnen und Kollegen sind ja auch in unserer Arbeit täglich Botschafteinnen und Botschafter eben dieses einen Gottes. Lassen Sie uns darum bitten, dass wir stets den richtigen Ton treffen und verstanden werden.

Lied: EG, 362, 1, 2 +4 Ein feste Burg ist unser Gott

Mitteilungen:

Gebet:

Wir bitten dich, Gott, für unsere Kirche

Hilf, dass sie zu einem Ort wird,

an dem dein Wort und deine Liebe lebendig werden.

Wir bitten dich für das Miteinander der Völker.

Lass nicht zu, dass Misstrauen und Ungerechtigkeit

unsere Welt spalten.

Wir denken an die Schwachen und Kranken.

Hilf ihnen, dass sie sich ihrer besonderen Stärken bewusst werden.

Schenke uns Geduld miteinander.

Wir bitten dich, Gott, für alle,

die in Kirche und Gesellschaft kritisch ihre Stimme erheben.

Hilf ihnen, dass sie nicht zerrieben werden.

Lass sie für uns zu einem bleibenden Stachel werden.

Wir bitten für uns selbst.

Dass wir weder falschen Idealen nachlaufen noch resignieren.

Gib uns Ahnungen von deinem Weg und stärke uns für ihn.

Mit den Worten, die Jesus uns gelehrt hat, beten wir:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme,

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib unsheute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Segen unseres Gottes:

Gott, segne uns und behüte uns

Gott schütze unser Leben und bewahre unsere Hoffnung.

Gott, lass dein Angesicht leuchten über uns,

dass wir leuchten für andere.

Gott, erhebe dein Angesicht auf uns und halte uns fest

im Glauben, dass das Leben stärker ist als der Tod. Amen.

Lied: EG 421, Verleih uns Frieden

Peterskirche "Blumen, die zu unseren Füßen blühen"

BearbeitenEvangelisches Frankfurt Nov 1984

Evangelisches Familienzentrum Goldstein

Von der Spielstube zum Familienzentrum

Seit vier Jahrzehnten arbeitet die evangelische Kirche im Frankfurter Stadtteil Goldstein. Barabara Kernbach hat die Wandlung von der Spiel- und Lernstube zum Familienzentrum filmisch dokumentiert.

Botschaft in viereinhalb Minuten

Botschaft in viereinhalb Minuten

Helwig Wegner-Nord nimmt Abschied vom „Wort zum Sonntag“


Der Stall als Fernsehstudio: Der Frankfurter Pfarrer Helwig Wegner-Nord bei der Aufnahme für sein letztes „Wort zum Sonntag“. – Foto: epd-Bild/Stengele

Jeder Pfarrer wünscht sich viele Zuhörer, aber gleich zwei Millionen? Soviel Zuschauerinnen und Zuschauer hat das „Wort zum Sonntag“ durchschnittlich. Helwig Wegner-Nord war drei Jahre lang einer der „Fernsehpfarrer“, insgesamt 18 mal auf Sendung. Turnusgemäß scheidet der Frankfurter jetzt aus.
Seine letzte Sendung kam am Heiligen Abend – dem Anlass angemessen aus einem Stall. Auf die Frage, wie es denn so für ihn war, an Weihnachten mit Ochs und Esel, antwortet er ohne zu zögern nur mit einem Wort: „kalt“. Und so sprach er nicht nur über die oft so idealisierte Vorstellung von der Krippe, die in Wahrheit, zumal für ein Neugeborenes, unwirtlich ist, sondern empfand diesen Drehort während der vierstündigen Aufnahme auch selbst als ungastlich.
Helwig Wegner-Nord, einst Gemeindepfarrer in Sindlingen, absolvierte eine journalistische Zusatzausbildung und ist heute Geschäftsführer des Medienhauses der evangelischen Kirche in Frankfurt. Das „Wort zum Sonntag“ wird seiner Meinung nach unterschätzt. Es sei eben nicht dasselbe wie ein Kommentar in den Tagesthemen, sondern eine eigene kleine Fernsehsendung, in der noch stärker die Gesetzmäßigkeiten der Bildsprache und der Inszenierung berücksichtigt werden könnten. Und obgleich die Sendung seit 1954 Samstag für Samstag über den Bildschirm flimmert, glaubt Wegner-Nord, dass die richtige Dramaturgie noch nicht gefunden ist.
„Nicht die Länge macht die Qualität aus“ hat Wegner-Nord bei der Fernseharbeit gelernt. Auch in viereinhalb Minuten könne man einen mehrgliedrigen Gedanken unterbringen. Seinen Kolleginnen und Kollegen schlägt er vor, auch ihre Predigten redigieren zu lassen, sich also einer kollegialen Beratung auszusetzen.
Jedenfalls sei das Wort zum Sonntag eine „wunderbare Schule dafür, seinen eigenen Gedanken zu vertrauen.“ Aufgenommen wird die Sendung ohne Zettel und ohne Teleprompter zum Ablesen: „Wenn man sich selbst seinen eigenen Gedanken nicht merken kann, dann geht es dem Zuschauer ebenso.“ Ohne große Wehmut nimmt Wegner-Nord Abschied vom Bildschirm, hat er doch nun wieder mehr Zeit für andere Projekte. Aber ein Medienmensch kann natürlich nicht ganz von den Medien lassen. Zu hören ist er weiterhin im Radio auf HR 1, zum Beispiel ab 13. Februar im „Zuspruch“.
Kurt-Helmuth Eimuth

Orte der Identifikation

Kommentar

Kurt-Helmuth Eimuth

Orte der Identifikation

Eine Auseinandersetzung über die Neubebauung von Frankfurts „gudd Stubb“ ist entbrannt. Gut so.

(Bild: S.Kasten/Wikimedia)

Bietet sich doch die Chance, die Bausünden der Vergangenheit zwischen Dom und Römer zu lindern. Das krankgraue Historische Museum und das monströse Technische Rathaus dokumentieren einen Selbstverwirklichungswahn von Architekten, die Modernität ohne jedes Gespür für das Umfeld und die Historie des Ortes durchsetzten. So entstanden Gebäude, auf die man getrost verzichten kann.
Nun will man Neues, Besseres schaffen, indem man das Alte wiederherstellt. Woher kommt diese Sehnsucht nach der vermeintlich guten alten Zeit? Diese Sehnsucht ist im ganzen Land zu beobachten. Ausgehend von Dresden wird in vielen Städten nach alten, Identität stiftenden Gebäuden gefahndet. Berlin will sein Stadtschloss wieder, Potsdam, Hannover und Braunschweig desgleichen, mal komplett, mal nur als nachgebaute Fassade mit dahinter verstecktem Einkaufszentrum. In Frankfurt freute man sich über die Rekonstruktion der kriegszerstörten klassizistischen Stadtbibliothek, deren Anblick allerdings durch das dahinter stehende Schwesternwohnhochhaus auch etwas Befremdliches hat.
Die Projektion auf altes Gemäuer rührt aus dem Wunsch nach Gewissheit, nach Verlässlichkeit, nach Beständigkeit. Das bedeutet keineswegs, wie Kritiker meinen, ein Ignorieren der Wunden, die ein von Deutschland ausgehender Krieg gerissen hat. Nein, es zeigt sich vielmehr eine Sehnsucht, sich der eigenen Wurzeln zu vergewissern. Wenn schon Staaten auseinander brechen, Währungen verschwinden und Unternehmen ihre Arbeitnehmer wie Schachfiguren behandeln, dann soll wenigstens die Stadtarchitektur Dauerhaftigkeit und Stabilität vermitteln.
Ein Phänomen, das die Kirchen gut kennen. Auch wenn die Dorfkirche kaum genutzt wird, so soll sie doch stehen bleiben. Da engagieren sich dann auch viele Atheisten bei der Sanierung. Die emotionale Bindung ist groß. Das zeigte sich auch an der Diskussion um den Abriss der Matthäuskirche an der Messe.
Für Frankfurt bietet sich jetzt die einmalige Chance, weitere Identifikationsorte zurück zu gewinnen. Gleichwohl wird den exakten Wiederaufbau der Altstadt kaum jemand wollen. Eine behutsame, sich an den alten Wegen orientierende Bebauung, die auch die Form der alten Giebeldächer aufgreift, ist eine Möglichkeit. Wenn dabei auch noch eine Verbindung zwischen Dom und Römer entsteht, die wirklich zum Flanieren einlädt und als „Krönungsweg“ von der Tourismusförderung vermarktet werden kann, soll’s recht sein. Jedenfalls gilt es, die Chance zu nutzen.
Kurt-Helmuth Eimuth

Jonas aus Eritrea ist jetzt Mehrsprachler

Jonas kam vor drei Jahren in die Kindertagesstätte der Sossenheimer Regenbogengemeinde. Der Dreijährige kam mit seiner Familie aus Eritrea.

Verfolgung, Flucht und die ungewisse Zukunft hatten auch schon auf seine Seele einen Schatten geworfen. Nun stand er da, im deutschen Kindergarten, staunend und auch ängstlich. Die fremde Sprache verstand er nicht.
„Sprachförderung beginnt bei uns schon bei den 3- bis 4-jährigen“, sagt Ingrid Marth, die Leiterin des Kindergartens Regenbogenland, „sie gelingt aber nur, wenn es eine gute Beziehung zwischen dem Kind und der Erzieherin gibt.“ Was gibt es Schöneres, als sich gemeinsam mit der Erzieherin ein Bilderbuch anzuschauen? So einfach kann Sprachförderung sein.
Aufgeschreckt von den Ergebnissen bei der internationalen Vergleichsstudie Pisa, die den deutschen Schülerinnen und Schülern in Sachen Lesekompetenz ein schlechtes Zeugnis ausstellte, hat die hessische Landesregierung beschlossen, die Sprachkompetenz bei der Einschulung zu überprüfen und die Kinder wenn nötig vorab zu fördern. In Sossenheim haben die beiden Grundschulen und die 13 Kindertagesstätten dazu ein „Sossenheimer Modell“ entwickelt. Gemeinsam fördert man nicht nur die ausländischen, sondern alle Vorschulkinder. Beim Lernen bezieht man die Alltagswelt der Kinder ein. So geht etwa die eine Gruppe in den Stadtteil einkaufen: Zum Türken an der Ecke, zum italienischen Gemüseladen oder zum deutschen Kiosk. Und da wird keineswegs nur deutsch gesprochen, sondern auch mal italienisch oder türkisch. „Die meisten Kinder haben Sprachkompetenz in einer anderen Sprache, aber wir definieren sie als Kinder mit Defiziten“ kritisiert Ingrid Marth eine verbreitete Haltung.
Eine andere Gruppe machte sich auf die Suche nach Buchstaben und malte sie in ihr Heft ab. „HL“ zum Beispiel oder – vor allem bei Jungen beliebt – Automarken und Nummernschilder. Insgesamt nahmen 94 Kinder aus 21 Nationen am „Sossenheimer Modell“ teil. Jetzt soll es auch ein Kursangebot für die Eltern geben. Allerdings lastet die Durchführung fast ganz auf den Einrichtungen. Die Materialien seien, so Marth, auf dem Stand der 80er Jahre, und ausreichend Stunden für die Förderung wurden auch nicht zur Verfügung gestellt. Trotzdem zeigt das Projekt Wirkung. Jonas’ Deutsch ist inzwischen so gut, dass er eine gute Grundlage für die Schule hat.

Ausgezeichnete Illustrationen

Von wegen Kaffeetante

Die markanten, karikierenden Buntstiftzeichnungen mit ihren ironischen Detaileinfällen überzeugten die Jury, ebenso wie die Erzählung selbst: Wiebke Oeser (Bilder) und Hermann Schulz (Text) bekamen diesmal den alle zwei Jahre vom Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik vergebenen Illustrationspreis für Kinder- und Jugendbücher. Ihr Kinderbuch „Sein erster Fisch“ erzählt von einem gerne verdrängtem Problem: Wer Fleisch essen will muß zuvor töten (lassen) –
Hammer-Verlag.

Aufklärung und Islam

Diskussion über ein kompliziertes Verhältnis

„Wage, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“ Dies sei so etwas wie der Wahlspruch der Aufklärung im Sinne des Philosophen Immanuel Kant im 17. und 18. Jahrhundert gewesen, berichtete Marcus Willascheck von der Universität Frankfurt anlässlich einer Diskussion über Aufklärung und Demokratie in der islamischen Welt der Evangelischen Stadtakademie. Die Aufklärung habe ihre Religionskritik immer auch als Kritik an klerikalen Formen verstanden. „Der Islam galt ihr als eine unaufgeklärte Religion“, stellte Willascheck fest. Allerdings habe es für Kant ohnehin nur eine wahre Religion gegeben, nämlich die, die durch die Vernunft erkannt werden könne.
Abu Zaid von der Universität Leiden (Niederlande) betonte, dass auch der Islam eine Zeit der Aufklärung gekannt habe. Schon im 8. und 9. Jahrhundert hätten Stichworte wie Gleichheit oder Freiheit eine große Rolle gespielt. Katajun Amirpur, oppositionelle Islamwissenschaftlerin, berichtete aus ihrem Heimatland, dem Iran, dass dort Kant hoch aktuell sei. Fast alle Werke seien ins Persische übersetzt. „Es gibt eine Bewegung der religiösen Aufklärer“, konstatierte die Politologin. Auch wenn der Iran nicht zur arabischen Welt gehöre, so sei er doch das einzige Land mit einem real existierenden Islamismus. Seit 25 Jahren experimentiere man mit dem Islam als Gesellschaftskonzept. Doch damit ließen sich die Probleme nicht lösen. Auch im Iran wollten die Menschen Demokratie und Menschenrechte. „Die Menschen wollen einfach von einem Rechtsstaat profitieren“.
Dies sei in arabischen Ländern anders, berichtete Amr Hamzawy von der Universität Kairo. Die herrschenden Eliten würden allenfalls ein „Reformtheater“ ab liefern, und auch ausländische Mächte seien nur an einer Stabilisierung der Region und eben nicht an einer Demokratisierung interessiert.
Kurt-Helmuth Eimuth

Rabbi Menachem Halevi Klein von der jüdischen Gemeinde begrüßte zur Erntedankfeier in der kleinen Synagoge am Terminal 2 des Frankfurter Flughafens auch christliche und muslimische Gäste. Schon zum vierten Mal feierten die drei monotheistischen Religionen gemeinsam eine „Abrahamische Feier“ – so genannt nach der biblischen Figur des Abraham, der als Urvater aller drei Religionen gilt. Die Räumlichkeiten am Flughafen sind dazu ideal: Direkt nebeneinander sind hier eine Moschee, eine Synagoge und eine Kapelle untergebracht