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„So eine Art unregelmäßiges Verb“

Die Evangelische Akademie Frankfurt soll ein Ort sein, wo die Kirche mit gesellschaftlichen Gruppen ins Gespräch kommt, die ihr sonst eher fern stehen. Aber wie kann das funktionieren? Und welche Themen sind dabei wichtig? Fragen an den neuen Akademiedirektor Thorsten Latzel.

Von – 6. Mai 2013

„So eine Art unregelmäßiges Verb“

Die Evangelische Akademie Frankfurt soll ein Ort sein, wo die Kirche mit gesellschaftlichen Gruppen ins Gespräch kommt, die ihr sonst eher fern stehen. Aber wie kann das funktionieren? Und welche Themen sind dabei wichtig? Fragen an den neuen Akademiedirektor Thorsten Latzel.

Thorsten Latzel ist seit Februar Direktor der Evangelischen Akademie Frankfurt. Der 42 Jahre alte promovierte Theologe war zuvor im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland in Hannover tätig. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Thorsten Latzel ist seit Februar Direktor der Evangelischen Akademie Frankfurt. Der 42 Jahre alte promovierte Theologe war zuvor im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland in Hannover tätig. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Herr Latzel, willkommen in Frankfurt. Was gefällt Ihnen am besten in dieser Stadt?

Frankfurt ist eine quirlige Stadt – mobil, lebendig, pulsierend. In ihr ist viel in Bewegung: Menschen, aber auch Ideen, Geld. Sie ist ein Knotenpunkt für die Region und weit darüber hinaus.

Aus einer Fusion der Stadtakademie Römer 9 und der Akademie Arnoldshain ist die neue Evangelische Akademie Frankfurt geworden. Sie sind der neue Direktor. Was haben Sie sich vorgenommen?

Die evangelische Kirche entwickelt die Idee der Akademien weiter, indem sie in die Metropole hineingeht und den Puls einer Stadt wie Frankfurt fühlt. Als erstes setzen wir den Fusionsprozess der beiden Einrichtungen fort. Zweitens steht das große Projekt an: Umbau des Gebäudes am Römerberg. Hier soll neuer Raum geschaffen werden, um gemeinsam mit anderen an der Zukunft von Kirche, Gesellschaft, Stadt zu arbeiten. Dazu gehören viele konzeptionelle Fragen: Welche Themen sollen wir fortführen, welche neu aufnehmen? Welche Formate braucht es? Wie können wir auch solche Zielgruppen erreichen, die prägend für die Gesellschaft sind, aber keinen besonderen Bezug zur Kirche haben?

Können Sie da von der katholischen Kirche lernen? Sie hat ja mit dem „Haus am Dom“ einen Punkt in dieser Stadt gesetzt.

Wir sind froh, dass es das „Haus am Dom“ als Kooperationspartner gibt, mit dem wir in einem engen Austausch stehen. Da können wir voneinander und auch miteinander lernen. Denn die Frage, wie wir als Kirche andere Zielgruppen erreichen, ist eine dauerhafte Frage. Insofern sind wir sehr froh, wenn wir Partner haben.

Heißt das, die Akademie wendet sich an Gruppen, die die evangelische Kirche derzeit nicht so gut erreicht, die Gebildeten, die Erfolgreichen, die, die in der Gesellschaft den Ton angeben?

Akademiearbeit ist ein spezielles Feld von Kirche. Unsere Aufgabe ist es, als eine Art „unregelmäßiges Verb“ der Kirche an der Grenze zur Gesellschaft zu agieren. Wir kommunizieren mit wichtigen Zielgruppen über Gegenwarts- und Zukunftsfragen: Wie können wir in Zukunft leben? Was braucht es angesichts der großen Transformation, die sich gegenwärtig in allen sozialen Bereichen vollzieht? Was können wir von evangelischer Seite dazu beitragen? Aber auch andersherum: Was können wir als Kirche von anderen lernen? Ich würde nicht sagen, dass die Erfolgreichen unsere Zielgruppe sind, sondern die Menschen, die zu diesen Fragen etwas beizutragen haben und an Verantwortungspositionen sitzen. Dazu gehören genauso junge Menschen wie Künstler, Politiker, Wissenschaftler. Ein buntes Spektrum von ganz unterschiedlichen Menschen.

Neue Erzählformen und Wahrnehmungen

Was sind denn die Themen? Die klassischen Themen wie soziale Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung, oder an was denken Sie noch?

Gewisse Themen stellen sich schon mit dem Standort. Frankfurt heißt natürlich: Thema Wirtschaft. Wie kann eine Form von Wirtschaften aussehen, die wirklich dauerhaft verlässlich ist und zur sozialen Gerechtigkeit beiträgt? Frankfurt heißt auch: Thema „Stadt“, Zukunft von Mobilität, Wohnen, öffentlichem Raum. Ein weiteres Schlüsselthema ist natürlich der Bereich Religion: Interreligiosität, das Zusammenleben der Religionen. Aber auch die Frage nach einer „öffentlichen Theologie“ ist wichtig. Was haben wir von unserem Glauben her beizutragen zu den großen Zukunftsthemen? Wie kommt Gott da eigentlich ins Spiel? Dafür ist es nötig, neu an der Sprachfähigkeit christlichen Glaubens zu arbeiten.

Wie könnte denn eine solche Sprache aussehen?

Predigten finden bei den Gemeinden einen guten Anklang. Trotzdem haben wir ein Imageproblem. Wir sind stark präsent in einigen sozialen Gruppen, in anderen gibt es häufig nur ein Außenbild. Lernen können wir mit Sicherheit von anderen kulturellen Bereichen – Stichwort Film etwa. Hier haben wir in der Akademie eine große Tradition, um von neuen Erzählformen und Wahrnehmungen zu lernen. Predigten sind keine kleinen Vorträge mehr, sondern arbeiten mit Schnitten, Sequenzen, Symbolen.

Wo will sich die Akademie in dieser Stadt einmischen?

Frankfurt ist eine Bürgerstadt und lebt davon, dass man sich ständig einmischt. Das wollen wir gut „frankfurterisch“ tun. Religion ist nicht eine Behinderung von Zusammenleben, sondern eine Ermöglichung. Wir wollen das in den verschiedenen sozialen Diskursen einbringen. Wir erreichen je nach Thema, nach Format ganz unterschiedliche Zielgruppen. Das Grundziel ist es dabei, das Gemeinwesen zu stärken.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Wir hatten vor kurzem eine Ausstellung zum Thema „Der Schmerz hat ein feineres Zeitmaß“. Da haben wir sehr stark die iranische Community und die Künstlerszene erreicht, weil es eine iranische Künstlerin war. Anders ist dies etwa bei den Veranstaltungen zu unseren aktuellen Schwerpunktthemen Europa und Freiheit.

Römer 9, dieser prominente Standort am Römerberg, soll ausgebaut werden.

Römer 9 ist ja ein Torhaus, ein 50er Jahre-Haus, sehr transparent mit viel Licht. Es ist ein schwebendes Haus zwischen Himmel und Erde. Die Umbaupläne zielen darauf, das Haus als einen öffentlichen Ort für lebendige Diskurse auszubauen. Dazu werden unterschiedliche Räume geschaffen, damit wir verschiedene Formate von Veranstaltungen anbieten können. Auch müssen die Mitarbeitenden der beiden bisherigen Einrichtungen ausreichend Büroraum finden.

In der Umbauphase wollen Sie ja mobil arbeiten. Auf was können wir uns da einstellen?

Da verraten wir noch nicht alles. Aber es wird eine Form sein, wo das Thema „Raum“ eine wichtige Rolle spielt. Raum ist eines der Schlüsselthemen in der Metropole – Stichwort Pendlerbewegungen, Wohnungsknappheit, Veränderung von öffentlichen und kulturellen Räumen. Wir nutzen die Umbauphase, um mit anderen in einer Art Stadt-Odyssee neue kulturelle Räume zu entdecken. Zudem finden längere Formate weiterhin in Arnoldshain statt.

Wann wird gebaut?

Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr starten und dann 2015 wieder einziehen können. Unser Bürositz in der Interimszeit wird in der Eschersheimer Landstraße 567 sein.

Beitrag von , veröffentlicht am 6. Mai 2013 in der Rubrik Kultur, Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

Herr Latzel, willkommen in Frankfurt. Was gefällt Ihnen am besten in dieser Stadt?

Frankfurt ist eine quirlige Stadt – mobil, lebendig, pulsierend. In ihr ist viel in Bewegung: Menschen, aber auch Ideen, Geld. Sie ist ein Knotenpunkt für die Region und weit darüber hinaus.

Aus einer Fusion der Stadtakademie Römer 9 und der Akademie Arnoldshain ist die neue Evangelische Akademie Frankfurt geworden. Sie sind der neue Direktor. Was haben Sie sich vorgenommen?

Die evangelische Kirche entwickelt die Idee der Akademien weiter, indem sie in die Metropole hineingeht und den Puls einer Stadt wie Frankfurt fühlt. Als erstes setzen wir den Fusionsprozess der beiden Einrichtungen fort. Zweitens steht das große Projekt an: Umbau des Gebäudes am Römerberg. Hier soll neuer Raum geschaffen werden, um gemeinsam mit anderen an der Zukunft von Kirche, Gesellschaft, Stadt zu arbeiten. Dazu gehören viele konzeptionelle Fragen: Welche Themen sollen wir fortführen, welche neu aufnehmen? Welche Formate braucht es? Wie können wir auch solche Zielgruppen erreichen, die prägend für die Gesellschaft sind, aber keinen besonderen Bezug zur Kirche haben?

Können Sie da von der katholischen Kirche lernen? Sie hat ja mit dem „Haus am Dom“ einen Punkt in dieser Stadt gesetzt.

Wir sind froh, dass es das „Haus am Dom“ als Kooperationspartner gibt, mit dem wir in einem engen Austausch stehen. Da können wir voneinander und auch miteinander lernen. Denn die Frage, wie wir als Kirche andere Zielgruppen erreichen, ist eine dauerhafte Frage. Insofern sind wir sehr froh, wenn wir Partner haben.

Heißt das, die Akademie wendet sich an Gruppen, die die evangelische Kirche derzeit nicht so gut erreicht, die Gebildeten, die Erfolgreichen, die, die in der Gesellschaft den Ton angeben?

Akademiearbeit ist ein spezielles Feld von Kirche. Unsere Aufgabe ist es, als eine Art „unregelmäßiges Verb“ der Kirche an der Grenze zur Gesellschaft zu agieren. Wir kommunizieren mit wichtigen Zielgruppen über Gegenwarts- und Zukunftsfragen: Wie können wir in Zukunft leben? Was braucht es angesichts der großen Transformation, die sich gegenwärtig in allen sozialen Bereichen vollzieht? Was können wir von evangelischer Seite dazu beitragen? Aber auch andersherum: Was können wir als Kirche von anderen lernen? Ich würde nicht sagen, dass die Erfolgreichen unsere Zielgruppe sind, sondern die Menschen, die zu diesen Fragen etwas beizutragen haben und an Verantwortungspositionen sitzen. Dazu gehören genauso junge Menschen wie Künstler, Politiker, Wissenschaftler. Ein buntes Spektrum von ganz unterschiedlichen Menschen.

Neue Erzählformen und Wahrnehmungen

Was sind denn die Themen? Die klassischen Themen wie soziale Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung, oder an was denken Sie noch?

Gewisse Themen stellen sich schon mit dem Standort. Frankfurt heißt natürlich: Thema Wirtschaft. Wie kann eine Form von Wirtschaften aussehen, die wirklich dauerhaft verlässlich ist und zur sozialen Gerechtigkeit beiträgt? Frankfurt heißt auch: Thema „Stadt“, Zukunft von Mobilität, Wohnen, öffentlichem Raum. Ein weiteres Schlüsselthema ist natürlich der Bereich Religion: Interreligiosität, das Zusammenleben der Religionen. Aber auch die Frage nach einer „öffentlichen Theologie“ ist wichtig. Was haben wir von unserem Glauben her beizutragen zu den großen Zukunftsthemen? Wie kommt Gott da eigentlich ins Spiel? Dafür ist es nötig, neu an der Sprachfähigkeit christlichen Glaubens zu arbeiten.

Wie könnte denn eine solche Sprache aussehen?

Predigten finden bei den Gemeinden einen guten Anklang. Trotzdem haben wir ein Imageproblem. Wir sind stark präsent in einigen sozialen Gruppen, in anderen gibt es häufig nur ein Außenbild. Lernen können wir mit Sicherheit von anderen kulturellen Bereichen – Stichwort Film etwa. Hier haben wir in der Akademie eine große Tradition, um von neuen Erzählformen und Wahrnehmungen zu lernen. Predigten sind keine kleinen Vorträge mehr, sondern arbeiten mit Schnitten, Sequenzen, Symbolen.

Wo will sich die Akademie in dieser Stadt einmischen?

Frankfurt ist eine Bürgerstadt und lebt davon, dass man sich ständig einmischt. Das wollen wir gut „frankfurterisch“ tun. Religion ist nicht eine Behinderung von Zusammenleben, sondern eine Ermöglichung. Wir wollen das in den verschiedenen sozialen Diskursen einbringen. Wir erreichen je nach Thema, nach Format ganz unterschiedliche Zielgruppen. Das Grundziel ist es dabei, das Gemeinwesen zu stärken.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Wir hatten vor kurzem eine Ausstellung zum Thema „Der Schmerz hat ein feineres Zeitmaß“. Da haben wir sehr stark die iranische Community und die Künstlerszene erreicht, weil es eine iranische Künstlerin war. Anders ist dies etwa bei den Veranstaltungen zu unseren aktuellen Schwerpunktthemen Europa und Freiheit.

Römer 9, dieser prominente Standort am Römerberg, soll ausgebaut werden.

Römer 9 ist ja ein Torhaus, ein 50er Jahre-Haus, sehr transparent mit viel Licht. Es ist ein schwebendes Haus zwischen Himmel und Erde. Die Umbaupläne zielen darauf, das Haus als einen öffentlichen Ort für lebendige Diskurse auszubauen. Dazu werden unterschiedliche Räume geschaffen, damit wir verschiedene Formate von Veranstaltungen anbieten können. Auch müssen die Mitarbeitenden der beiden bisherigen Einrichtungen ausreichend Büroraum finden.

In der Umbauphase wollen Sie ja mobil arbeiten. Auf was können wir uns da einstellen?

Da verraten wir noch nicht alles. Aber es wird eine Form sein, wo das Thema „Raum“ eine wichtige Rolle spielt. Raum ist eines der Schlüsselthemen in der Metropole – Stichwort Pendlerbewegungen, Wohnungsknappheit, Veränderung von öffentlichen und kulturellen Räumen. Wir nutzen die Umbauphase, um mit anderen in einer Art Stadt-Odyssee neue kulturelle Räume zu entdecken. Zudem finden längere Formate weiterhin in Arnoldshain statt.

Wann wird gebaut?

Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr starten und dann 2015 wieder einziehen können. Unser Bürositz in der Interimszeit wird in der Eschersheimer Landstraße 567 sein.

Beitrag von , veröffentlicht am 6. Mai 2013 in der Rubrik Kultur, Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

Distanz von Jugendlichen zur Kirchengemeinde ist normal

Nach der Konfirmation tauchen die meisten jungen Leute nur noch selten in der Kirchengemeinde auf. Was läuft da falsch? Nichts!

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt". Foto: Rolf Oeser

Drei Pfarrer haben das gleiche Problem: Fledermäuse im Glockenturm! Sagt der erste: „Ich habe es mit Ausräuchern probiert, jetzt stinkt die Kirche und die Fledermäuse sind alle schon wieder zurück.“ Sagt der zweite: „Ich habe es mit Kanonendonner probiert, das Ergebnis war, dass die Fledermäuse wieder da sind, und ich habe einen Hörschaden.“ Sagt der dritte: „Meine Fledermäuse sind weg: Ich habe sie erst getauft und dann konfirmiert!“

Ein alter Witz, ein altes Problem: Nach der Konfirmation tauchen die meisten jungen Leute nur noch selten in der Gemeinde auf. Was läuft da falsch? Die Entwicklungspsychologie sagt: Nichts! Die evangelische Konfirmation, die auf den in Straßburg wirkenden Reformator Martin Bucer zurückgeht und erstmals 1539 in der hessischen „Ziegenhainer Kirchenzuchtordnung“ formuliert wurde, ist ein Passageritus. Als solcher markiert die Konfirmation zwar heute in Westeuropa nicht mehr den Übergang vom Kind zum Erwachsenen wie noch im 18. Jahrhundert, als sich die Konfirmation in Deutschland flächendeckend durchsetzte. Aber es ist doch ein Lebenseinschnitt. Den Heranwachsenden wird nun mehr Entscheidungsspielraum zugebilligt und zugemutet.

Gerne nehmen die Jugendlichen das an. Sie wollen jetzt ihre eigenen Erfahrungen machen, Unbekanntes ausprobieren – und lehnen sich folgerichtig gegen das Alte auf. Allerdings gibt es durchaus Verbesserungsbedarf. Die Evangelische Kirche in Deutschland stellte kürzlich selbstkritisch fest: „Viele Jugendliche gewinnen nicht den Eindruck, dass die Kirche Antworten auf die Fragen hat, die für ihr eigenes Leben wirklich relevant sind.“

Party in der Jugendkulturkirche Sankt Peter – vielleicht ein Ort, wo Jugendliche auch nach der Konfirmation den Kontakt zur Kirche behalten können. Denn in den Gemeinden sind sie dann meist kaum noch anzutreffen. Foto: Rolf Oeser

Trotz organisatorischer Schwierigkeiten durch die Ausweitung des Schulunterrichts auf den Nachmittag sind der Konfirmandenunterricht und die Konfirmation immer noch zentrale Bestandteile evangelischen Lebens. Mit dem nötigen Grundwissen und der Erfahrung des Konfirmandenunterrichts ausgestattet kann auch eine spirituelle Suchbewegung beginnen.

Doch diese Suche wird meist außerhalb der Heimatgemeinde stattfinden – und das ist auch nicht schlimm. Ob es nun die Mitwirkung in einem Gospelchor ist oder die Lan-Party in der Jugendkulturkirche oder auch eine zeitweilige Distanz zu kirchlichen Angeboten generell, ist egal. Erfolgreicher Konfirmationsunterricht zeigt sich nicht in der Größe gemeindlicher Jugendgruppen, sondern darin, ob die Basis für die spätere Lebensbewältigung an Stabilität gewonnen hat. Und dafür lohnt sich jede Mühe.

Beitrag von , veröffentlicht am 12. Mai 2013 in der Rubrik Lebenslagen, Meinungen, erschienen in der Ausgabe , .

Islamistische Gruppen: Die Bewertung ist unterschiedlich

Von – 16. April 2013

Die Islamwissenschaftlerin Sabine Kalinock informierte bei der Sekten-Selbstinformation SINUS über islamistische Strömungen in Deutschland.

Die Islamwissenschaftlerin Sabine Kalinock informierte über islamistische Strömungen Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Über Strukturen, inhaltliche Ausrichtung und Verbreitung islamistischer Strömungen berichtete Sabine Kalinock bei der Mitgliederversammlung von „SINUS – Sekteninformation und Selbsthilfe“ am Samstag. Die Islamwissenschaftlerin erläuterte auch die Entstehungsgeschichte der gemein vereinfachend als fundamentalistisch klassifizierten Strömungen des Islams. Diese liegt in einer Identitätskrise des Islam, der sich plötzlich wirtschaftlich, militärisch und technologisch dem Westen unterlegen sah. Auch die Konfrontation mit den Kolonialmächten sei als Auseinanderstetzung zwischen Islam und Christentum gedeutet worden.

Die bekannteste Strömung des Islamismus sei die Gemeinschaft Milli Görüs, die gleichzeitig zu den umstrittensten gehöre. Obwohl sie lange von der Polizei und dem Verfassungsschutz beobachtet wurde, sei dieser Gruppierung keine Propagandierung von Gewalt nachzuweisen gewesen. Nach eigenen Aussagen gehörten 300 Moscheevereine in Deutschland dieser Bewegung an.

Die Gülen-Bewegung: Wenig bekannt und umstritten

Weit aus weniger bekannt und doch äußerst aktiv sei die Gülen-Bewegung, benannt nach Fetullah Gülen. Sie unterhält in mehr als fünfzig Ländern Schulen und Sozialzentren. In seinem Buch “Armee des Imams” beschreibe der türkische Autor Ahmet Sik erstmals, wie Unterstützer Gülens, die so genannten „Fethullahcis“, Justiz und Polizei missbrauchen, um Gegner einzuschüchtern. Kurz vor der Veröffentlichung wurde Sik verhaftet und Manuskripte seines Buchs beschlagnahmt. Im September 2010 wurde Hanefi Avci, ein früherer türkischer Polizeidirektor und einstiger Gülen-Sympathisant, festgenommen und beschuldigt, an einer Verschwörung mitgewirkt zu haben. Er hatte kurz zuvor in einem Buch Gülen-Kadern in der Polizei vorgeworfen, illegal Telefone ihrer Gegner abzuhören und Gerichtsverfahren zu manipulieren.

In Deutschland betreibt die Gülen-Bewegung 150 Nachhilfeinstitute und mehr als ein Dutzend staatlich anerkannter Schulen. Die Einschätzung dieser Bewegung sei allerdings sehr umstritten, so die Referentin. Die einen halten die Gülen-Bewegung für bestens integrierte konservative Muslime, anderen sehen darin einen erzkonservativen Geheimbund.

Außerdem gebe es in Deutschland rund fünfzig salafistische Prediger, die überwiegend den politischen Salafisten zugeordnet werden, so Kalinock. Am bekanntesten ist der Konvertit Pierre Vogel mit dem Verein „Einladung zum Paradies“.

Beitrag von , veröffentlicht am 16. April 2013 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

Buntes nach langem Winter

Von – 25. März 2013

Die Sehnsucht, nach einem langen Winter Buntes zu sehen, ist groß. Bereits in der Karwoche werden überall Zweige mit bunten Eiern geschmückt. Ostern und bunte Eier gehören zusammen wie Heilig Abend und Weihnachtsbaum. Doch warum Eier, und zudem noch bunte?

Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Eine Theorie besagt, dass es den Christinnen und Christen früher während der gesamten Karwoche untersagt war, Eier zu essen. Aber völlig unbeeindruckt von diesem Brauch legten die Hühner trotzdem Eier – die zur damaligen Zeit sehr teuer und kostbar waren. Eier wurden sogar als Zahlungsmittel akzeptiert. Deshalb wurden die überschüssigen Eier gekocht und bunt angemalt, im Mittelalter zunächst nur rot. Dies sollte an das vergossene Blut Jesu und somit an seinen Opfertod am Kreuz erinnern. Erst viel später wurden die Eier auch in anderen Farben angemalt. Das Anmalen der Eier hatte auch einen ganz praktischen Grund. So konnten die gekochten Eier mit den frischen nicht verwechselt werden.

Das Ei war und ist auch das Symbol für Auferstehung. Ostern ist ein Fest des Lebens. Jesus ist zwar am Karfreitag am Kreuz gestorben, aber damit ist nach christlichem Glauben nicht einfach alles zu Ende. Nach drei Tagen ist er auferstanden. Er hat den Tod besiegt. Das Ei ist Zeichen für neues Leben, für Auferstehung.

Es waren katholische Christinnen und Christen die im 16. Jahrhundert begannen, Ostereier mit christlichen Motiven zu versehen, etwa dem Osterlamm. Noch heute finden sich in hessischer Tradition Bibelverse auf den Eiern, und aus Russland kamen an die Ikonenmalerei erinnernde Christusdarstellungen.

Zu Ostern wird auch das Haus geschmückt. Osternester werden aufgestellt, oder es werden Eier an Blumensträuße gehängt. Seit einiger Zeit werden die Ostereier in den Vorgärten sogar mehr. Sie leuchten in kleinen Bäumen und Büschen.

Meist werden sie schon in der Karwoche aufgehängt – und verschwinden dann nach Ostern ganz schnell. Im Sinne der alten christlichen Symbolik wäre es jedoch angebracht, die Ostereier erst am Ostersonntag aufzuhängen. Dann kann man sie auch etwas länger hängen lassen.

Beitrag von , veröffentlicht am 25. März 2013 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe , .

Platz eins für die Kirchenmusik

Institut für Medienpädagogik und Kommunikation

Der neue Vorstand des Landesfilmdienst Hessen e.V. – Institut für Medienpädagogik und Kommunikation ist gewählt. Detlef Ruffert (ganz links) und Peter Holnick (ganz rechts) freuen sich über die Wahl von Oliver Bein, Doris Reitz-Bogdoll (zur 2. Vorsitzenden), Helmuth Poppe, Staatssekretär a.D. Paul Leo Giani (zum 1. Vorsitzenden) und Kurt-Helmuth Eimuth.

Ist der Wille unfrei?

Von – 17. März 2013

Symposium zum Thema Hirnforschung

Das Audimax der Universität war voll besetzt: Auf großes Interesse stieß das Symposium „Eine Welt ohne Seele und freien Willen?“ der EKHN-Stiftung. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Selbst der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung war es ein „Plus“ für den Vorsitzenden des Kuratoriums der EKHN-Stiftung, Peter Steinacker, wert. Schließlich versammelte die Stiftung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau mehr als 1400 Menschen beim Symposium „Eine Welt ohne Seele und freien Willen?“ im Audimax des Unicampus Westend der Goethe-Universität. Mit einem dicht gedrängten Vortragsprogramm war es gelungen, so viele Interessierte zu mobilisieren. Da musste schon ein Nerv getroffen sein.

Und in der Tat provozierte der Münchner Hirnforscher Wolf Singer das Publikum mit seiner Feststellung, dass die Ergebnisse der Hirnforschung als narzisstische Kränkung erlebt würden, denn alles Wissen residiere in der funktionellen Architektur des Gehirns. „Alle, auch die höchsten mentalen Funktionen, beruhen auf neuronalen Prozessen“, so Singer. Da­raus folge, dass das menschliche Verhalten weitgehend festgelegt sei. Im Augenblick der Entscheidung gebe es keine andere Möglichkeit mehr, sich zu entscheiden. Selbst die bewusste Entscheidung konstituiere sich auf der Basis neuronaler Prozesse.

Der Frankfurter Philosophieprofessor Thomas Metzinger gab Singer Recht. Seine radikale These lautete: „Es gibt kein Selbst“. Es gebe nur ein „inneres Bild der Person als Ganzer, inklusive ihrer psychologischen Eigenschaften“.

Ist also alles, was in den 1970er Jahren an den Universitäten gelehrt wurde, nur Schall und Rauch? Wird der Mensch nicht vom sozialen Umfeld und einer emanzipatorischen Erziehung geprägt? Hat an Aggression, Drogenkonsum und Kriminalität nicht mehr die Gesellschaft ihren Anteil, sondern ist das alles biologisch bereits festgelegt?

Immerhin, schränkte Singer ein, habe das Gehirn durchaus die Möglichkeit, neue Ideen zu kreieren. Und trotz der für Singer bewiesenen Abhängigkeit des Menschen von der Evolution bleibt für ihn die Frage nach Gott offen: „Evolution und Offenbarung sind nicht kompatibel“, ist Singer überzeugt. Man könne nicht sagen, warum die Evolution geschah.

Es oblag dann Eilert Herms, emeritierter Theologieprofessor aus Tübingen, den Menschen als Person gegen eine neue Unschärfe inmitten aller neuronalen Wolken, Feuer und Gewitter in Schutz zu nehmen: „Es sind keine Gehirne, sondern Personen, die Hirnforschung betreiben. Und als Personen bleiben wir verantwortlich. Wir können uns nicht an unsere Gehirne entlasten.“

Beitrag von , veröffentlicht am 17. März 2013 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe .

1. Konsultation der Grußstadt-Kitas

Gewinnung von Fachkräften steht an zentraler Stelle

Evangelische Trägerverbünde aus acht deutschen Großstädten kamen am 28. Februar 2013 zu einer Konsultation zusammen. Eingeladen hatte das Diakonische Werk für Frankfurt für Frankfurt am Main. Kurt-Helmuth Eimuth, Leiter des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten und Initiator dieser ersten Konsultation war sichtlich zufrieden. „Es ist gelungen, eine Plattform für den Informationsaustausch zu schaffen. Dabei kamen natürlich allgemeine Themen wie Fachkräftemangel, aber auch trägerspezifische Themen, wie etwa die Religionszugehörigkeit von Mitarbeitenden, zur Sprache.“
Der Leiter der Diakonie Frankfurt, Pfarrer Dr. Michael Frase, gab im Rahmen der Veranstaltung einen Einblick in die Frankfurter Situation, wo allein vom Diakonischen Werk für Frankfurt rund 1.000 neue Plätze für Kinder unter drei Jahren geschaffen werden. Die Fragen und Themenstellungen, die die Verantwortlichen beschäftigen, sind bundesweit ähnlich, wenngleich sich die kommunalen Strukturen, die Gesetzeslage in den einzelnen Bundesländern und die Finanzierungssituation zum Teil erheblich unterscheiden.Konsultation
Die Gewinnung von Fachkräften steht bei allen Trägern an zentraler Stelle. Die vorgestellten Maßnahmen reichten von der Zusammenarbeit mit Fachschulen und Stipendien für Studierende über die Anwerbung von Mitarbeitenden aus dem Ausland bis hin zu Hilfe bei der Wohnungssuche. Entscheidend ist es – auch hier bestand Einigkeit – die Mitarbeitenden auch langfristig zu binden durch eine Kultur der Wertschätzung und Angebote wie attraktive Fort- und Weiterbildungen, Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
In einer weiteren Diskussionsrunde beleuchteten die Teilnehmenden die unterschiedlichen Trägermodelle. Die Herausforderungen im Hinblick auf Personalgewinnung und -verwaltung, Finanzverwaltung und Bauerhaltung sind angesichts einer abnehmenden Zahl von Kirchenmitgliedern und Gemeindefusionen immer schwieriger von einer einzelnen Kirchengemeinde zu bewältigen. Trägerverbünde können professioneller agieren und sind politisch einflussreicher. Gleichzeitig betonten die Anwesenden, dass gerade die Verbindung von Kita und Gemeinde und die Verwurzelung im Stadtteil Stärken evangelischer Kindertagesstätten sind. Eine zweite  Konsultation soll Anfang 2014 stattfinden.

Lukas-Kita in Sachsenhausen eröffnet

Für 1,7 Millionen Euro errichtete der Evangelische Regionalverband in Sachsenhausen einen Kita-Bau in Holzständerbauweise.

Architekt Uwe Blumenstein (rechts) und Pfarrer Michael Frase, Leiter des Diakonischen Werkes für Frankfurt, bei der Eröffnung der neu gebauten Lukaskindertagesstätte der Maria-Magdalena-Gemeinde in Sachsenhausen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth.

Der Bau war noch vor dem Beschluss zum Ausbau der Krippenkinderbetreuung geplant worden und wurde auf Grund der Dringlichkeit noch von Stadt und Kirche finanziert, wobei die evangelische Kirche den Löwenanteil mit 1,2 Millionen beisteuerte. Die hellen, lichtdurchfluteten Räume entsprechen den heutigen Standards. Die am vergangenen Sonntag eröffnete Einrichtung bietet Platz für 63 Kinder.

Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Beitrag von , veröffentlicht am 4. März 2013 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

 

Ein Risiko für die psychische Gesundheit der Kinder

Von – 23. Februar 2013

Gegen das im Entwurf vorgelegte Hessische Kinderförderungsgesetz (HessKifög) laufen die Träger von Krippen, Kindertagesstätten und Horten Sturm. Zu Recht.

Das neue Gesetz soll zum Januar 2014 in Kraft treten. Am 7. März ist eine Anhörung im Sozialausschuss des Landtags geplant, im April soll das Gesetz beschlossen werden. Derzeit werden in den Kindertagesstätten Unterschriften gesammelt und Demonstrationen dagegen vorbereitet.

Das Gesetz vereint Rechtsvorschriften und Verordnungen und gibt vor – so Sozialminister Stefan Grüttner – die Qualität in den Einrichtungen zu verbessern. Die Wohlfahrtsverbände, auch die Kirchen, weisen demgegenüber darauf hin, dass die Versäumnisse der letzten Jahre auf Kosten der Qualität gelöst werden sollen. Um den im Jahr 2008 beschlossenen Rechtsanspruch für Kinder unter 3 Jahren am 1. August 2013 umsetzen zu können, werden die Standards für Personal und Öffnungszeiten heruntergeschraubt.

Zwanzig Prozent Personal mit “fachfremder” Ausbildung

So sieht das KiFöG vor, dass Personen mit fachfremder Ausbildung in den Gruppen arbeiten. Dies widerspricht allen Empfehlungen wissenschaftlicher Studien, die besagen, dass unterhalb des Fachschulniveaus keine Kräfte eingestellt werden sollten. Das KiFög möchte hingegen bis zu zwanzig Prozent „fachfremder“ Personen zulassen.

Und dieses weniger für die Aufgabe von Erziehung und Bildung vorbereitete Personal soll dann auch noch eine zu große Zahl von Kindern betreuen. In allen Altersstufen unterläuft Hessen schon jetzt das gebotene Verhältnis von Fachkräften und Kindern. Bildung braucht  Bindung. Erst wenn sich ein Kind sicher und geborgen fühlt, kann es sich für die ihm eigenen Bildungsprozesse öffnen.

Jüngere Kinder brauchen individuelle Zuwendung

Je jünger die Kinder sind, desto mehr individuelle Zuwendung benötigen sie. Scharf verurteilt deshalb auch Norbert Neuß, Pädagogik-Professor an der Universität Gießen, dass künftig bis zu 16 Kinder im „U3-Bereich“ (also in Krippen) in einer Gruppe aufgenommen werden können sollen: „Das widerspricht nicht nur den wissenschaftlichen Mindeststandards, sondern auch allen Forschungsergebnissen aus der Bindungsforschung! Unter den durch das HessKifög geplanten Umständen wird eine Krippenbetreuung zu einem nicht einschätzbaren Risiko für die psychische Gesundheit der jungen Kinder.“

Auch die Finanzierung von Öffnungszeiten wird bei 42 Stunden pro Woche gekappt. Das bedeutet aber für viele Eltern das Ende einer möglichen Vollerwerbstätigkeit. Das Gesetz unterläuft damit die Bestrebungen der Wirtschaft, Fachkräfte zu halten und zu gewinnen.  Die Deutsche Industrie- und Handelskammer hat einen unmittelbaren Zusammenhang von Kinderbetreuungsangeboten und Fachkräftegewinnung festgestellt. Das nun vorgelegte Gesetz widerspricht also nicht nur pädagogischen, sondern auch wirtschaftlichen Notwendigkeiten.

Nicht nur Quantität zählt, sondern auch Qualität

Frankfurt, die Familienstadt, hat dies längst erkannt und sich beim Ausbau der Krippenplätze an die Spitze derer gesetzt, die nicht nur Quantität sondern auch Qualität wollen. Mit städtischen Mitteln finanziert sie seit langem weit mehr als das, was das Land Hessen als Minimum fordert. „Ausgehend von der Finanzierungsvereinbarung zwischen der Stadt und den freien Trägern gibt es derzeit in Frankfurt standardisierte Öffnungszeiten, eine Regelung zu angemessenen Gruppengrößen in den verschiedenen Altersgruppen und der Personalbemessung. Dies gilt es zu halten und auszubauen“, betont der Fachausschuss Kinderbetreuung der Stadt Frankfurt. Daran könnte sich das Land ein Beispiel nehmen. Oder sollte wirklich angesichts der Milliarden, die für Banken und Rettungsschirme ausgegeben werden, kein Geld für die Kinder da sein?