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Mehr Wertschätzung für soziale Berufe

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 10. Juli 2015

Es ist das alte Lied in der sozialen Arbeit: Wer Autos produziert, verdient bei gleichwertiger Ausbildung mehr als eine Erzieherin im Kindergarten, ein Sozialarbeiter in der Drogenhilfe oder eine Krankenschwester im Operationssaal. Die Arbeit mit und für Menschen ist weniger wert als die Arbeit an Maschinen. Jetzt hat einer der größten Gesundheitskonzerne Deutschlands, die evangelische Agaplesion AG, Alarm geschlagen.

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Ilona Surrey

Ein neuer Gesetzesentwurf führe zu weiteren Einsparungen beim Pflegepersonal, prognostiziert der christliche Konzern. Eigentlich ist das kaum vorstellbar. Schon jetzt steht die Pflege doch unter extremem Zeitdruck. Behutsam und sensibel soll mit Kranken umgegangen werden. Doch bei Pflege im Akkord ist dies kaum möglich.

Ein Problem sei, dass Tarifsteigerungen bei der Refinanzierung nicht vollständig übernommen werden. Eine Praxis, die die Stadt Frankfurt bei der Sozialarbeit freier Träger übrigens ebenfalls anwendet. Deshalb müssen die Kliniken Gewinne erwirtschaften, obwohl sie doch eigentlich allein der Allgemeinheit dienen sollten.

Zu Recht ist man in Deutschland stolz auf die soziale Errungenschaft einer staatlichen Gesundheitsfürsorge. Doch diese Fürsorge wird nicht stringent als Dienstleistung der öffentlichen Hand organisiert, sondern in Teilen privatwirtschaftlich. Die Krankenhäuser müssen entgegen der gesetzlichen Verpflichtung ihre Investitionskosten teils selbst finanzieren. Und dann sind da noch die Interessen der einflussreichen Pharmaindustrie. Gleichzeitig wächst die Bürokratie. Zehn Jahre und eine Milliarde Euro hat man für die Geburt der Gesundheitskarte benötigt, die nun doch nicht viel mehr kann als Namen und Adressen zu speichern. „Die durch gesunkene Patiententage eingesparte Zeit ist vollständig von patientenfernen Tätigkeiten geschluckt worden“, kritisiert Agaplesion. Will heißen: Es gibt Einsparungen durch die frühe Entlassung der Patienten und Patientinnen. Doch sie werden von der Bürokratie aufgefressen.

Gut, dass Agaplesion jetzt auf die Fehlentwicklungen hinweist. Der Gesundheitsmarkt bewegt 300 Milliarden Euro im Jahr, das sind mehr als zehn Prozent des Bruttosozialprodukts. Hier muss die Politik handeln. Sie wird es aber erst, wenn unser Wertegefühl sich ändert. Wenn wir der Krankenschwester, dem Sozialarbeiter, der Erzieherin mindestens ebenso viel Wertschätzung entgegenbringen wie dem Arbeiter bei Mercedes.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 10. Juli 2015 in der Rubrik Meinungen, erschienen in der Ausgabe 2015/4 – Juli, Web.

„Die harte Trennung von Staat und Kirche gefällt mir nicht“

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 28. Mai 2015

Oberbürgermeister Peter Feldmann will die Stadt sozialer gestalten. Dabei baut er auch auf die Kirchen. Ein Gespräch mit Kurt-Helmuth Eimuth.

Frankfurt: Interview Eimuth mit Peter Feldmann, dem Frankfurter Oberbürgermeister, in seinem Amtszimmer im Römer Foto aufgenommen am: 22.04.2015 Foto: Rolf Oeser

Oberbürgermeister Peter Feldmann im Gespräch mit Evangelisches Frankfurt. Foto: Rolf Oeser

Herr Oberbürgermeister, Sie haben bei mancher Gelegenheit betont, dass Sie selbst einmal Mitarbeiter des Evangelischen Regionalverbandes waren.

Das ist wahr. Und das war eine sehr gute Zeit, in der ich viel gelernt habe, gerade im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit. Es ging nicht um Sozialstatistiken oder Organigramme, sondern es ging um Menschen. Ich habe gelernt, dass Sozialarbeit immer ein Wertefundament braucht. Das trägt meine Arbeit bis heute.

Was erwarten Sie als Oberbürgermeister von der evangelischen Kirche?

Dass das Heimatgefühl, das ich damals als Mitarbeiter erlebt habe, nicht nur nach innen, sondern auch gesamtgesellschaftlich trägt. Das heißt, dass die Kirchen insgesamt zu ihrem Wertefundament stehen und es keinem allzu modernen Zeitgeist opfern sollten. Die Botschaft, die wir aus dem Weihnachtsfest mit der Nähe von Mensch zu Mensch mitnehmen, ist eine Aufgabe für das ganze Jahr.

Viele nehmen heute Religion als etwas wahr, das Unfrieden stiftet.

Die Religionen stehen ja erst einmal für Frieden. Schwierig sind nur die, die glauben, sie wissen alleine, wie der Weg zum Frieden auszusehen hat, die keine anderen Ansichten neben der eigenen gelten lassen Das bringt die Konflikte. Sobald zumindest im Umfeld der drei Buch-Religionen, Judentum, Christentum und Islam die Ur-Botschaft der zehn Gebote ernst genommen wird, sind harte, aggressive, gewalttätige Konflikte undenkbar.

Hier in Frankfurt haben wir ja den Rat der Religionen. Wie nehmen Sie ihn wahr?

Das ist eine wunderbare Plattform für den gemeinsamen Diskurs. Ich wünsche mir allerdings mehr gemeinsame Auftritte der Konfessionen in den Kindergärten und Schulen. Damit die nächste Generation weiß, der Jude, der Muslim ist nicht der Feind, sondern auch einer der Guten. Das geht nur, wenn sich die zentralen Vertreter der Religionsgemeinschaften nicht scheuen, auch gemeinsam in Schulen zu gehen und sich gegenseitig unterstützen. Das hat große Symbolkraft. Da bin ich als Oberbürgermeister immer dabei.

Viele rufen aber nach einer stärkeren Trennung von Staat und Kirche.

Diese absolute Säkularität, diese harte Trennung, gefällt mir nicht. Ich finde es sehr schön, wenn beispielsweise der RMV gemeinsam mit den Kirchen für ein Weihnachtsticket wirbt. Das ist eine Zeit der Besinnung, da sollte man seine Familien und Freunde besuchen, das sollte nicht am Geld scheitern. Ich wünsche mir mehr Projekte dieser Art.

Soll der Sonntag als arbeitsfreier Tag weiter geschützt werden?

Absolut. Nicht nur als Sozialdemokrat und Gewerkschafter bin ich dafür. Das Gebot des siebten Tages soll nicht an die Seite gelegt werden.

Sie sind angetreten, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Wie sieht Ihre Bilanz aus?

Das Thema ist endlich in unserer Stadt zum zentralen Thema geworden. Das hängt natürlich nicht alleine von mir ab. Aber ich bin schon sehr stolz, dass wir die Budgets der Stadt um hundert Prozent gesteigert haben. Geld baut noch keine Wohnungen, ist aber eine Grundlage dafür. Jetzt müssen wir alles tun, um die leidige Diskussion über leer stehenden Büroraum in konkrete Projekte einfließen zu lassen. In der Adickesallee im Februar dieses Jahres oder in der Hahnstraße in der Bürostadt Niederrad im März durfte ich jeweils einen „Baggerbiss“ machen. Baggerbiss bedeutet: Wir reißen Gewerberaum ab, um daraus Wohnraum zu machen!

Es gibt die ersten Projekte im Umland, wo wir auch gemarkungsübergreifend bauen und beispielsweise Studenten Wohnraum außerhalb Frankfurts anbieten. Aber auch mit unserer Nachbarstadt Offenbach sind wir einen Schritt nach vorne gekommen: Die Hafeninsel ist ein tolles Projekt unserer beider Städte.

Welche Pläne verfolgen Sie außerdem noch?

Ein Weg ist eine vorsichtige, sensible Verdichtung. Aber ich möchte auch nicht, dass jeder Hinterhof zugebaut wird. Deshalb trete ich für ein Wohngebiet im Frankfurter Norden ein. Unsere Grünflächen wollen wir nicht aufgeben, doch bei fünfundzwanzig Prozent agrarischen Flächen in der Stadt bestehen Möglichkeiten.

Die Stadt wird immer reicher, aber die Spaltung zwischen arm und reich wird immer größer. Sie haben die Kinderarmut als Skandal bezeichnet.

Ja, da bin ich sehr geprägt von meiner Jugendhauszeit beim Evangelischen Regionalverband. Wenn man erlebt, wie Kinder es empfinden, wenn Gleichaltrige mit besseren Berufs- oder Bildungschancen an ihnen vorbeiziehen, welches Erniedrigungsgefühl, manchmal auch Wut oder Hass daraus entsteht, weiß man, wovon ich spreche.

Bei fünfundzwanzig Prozent armen Kindern bleibt es eine zentrale Aufgabe der Stadt, daran etwas zu ändern. Kinderarmut ist aber auch Elternarmut. Eltern müssen Arbeit bekommen. Hier müsste die Arbeitsmarktpolitik eindeutigere Prioritäten setzen.

Es kommen 1600 Flüchtlinge im Jahr nach Frankfurt. Wie wollen Sie ihnen helfen?

Erst einmal ein großes Kompliment an die Kirchen, die uns beispielsweise mit der Unterbringung in der Gutleutkirche geholfen haben. Das beweist, welch wichtige Rolle die Kirchen in solchen konfliktreichen Situationen haben. Die Menschen, die herkommen, wollen auch Arbeit haben. Hier müssen wir bürokratische Hürden abbauen.

Dann müsste das Arbeitsverbot für Flüchtlinge doch aufgehoben werden.

Absolut. Da bin ich radikal. Wer arbeiten will, soll die Möglichkeit dazu bekommen.

Ihr Thema in diesem Jahr ist die älter werdende Gesellschaft. Warum?

Alles, was die Älteren heute erkämpfen, wird auch in jüngeren Generationen wirksam. Ich habe ein schönes Beispiel. Unsere Wohnungsbaugesellschaften wollen Haltegriffe oder automatisches Licht bei Neu- und Umbauten mit einplanen. Die erste Reaktion kam von Studenten, die das auch für sich ganz praktisch fanden.

Wir werden mit dem Deutschen Seniorentag Anfang Juli ein klares Zeichen setzen: Diese Stadt ist für Senioren nicht nur offen, sondern gehört ihnen auch.

Herr Oberbürgermeister, herzlichen Dank für das Gespräch.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 28. Mai 2015 in der Rubrik Menschen, erschienen in der Ausgabe 2015/3 – Mai, Web.

Rettungsanker für Kinder

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 7. April 2015

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Rolf Oeser

Damit machte sich der Papst bei vielen unbeliebt: als er sagte, der berühmte Klaps auf den Po sei bei Kindern akzeptabel, körperliche Züchtigung als Maßnahme zur Erziehung solle aber immer „würdevoll“ vollzogen werden. Da war Franziskus wohl in seinen kulturellen Wurzeln verstrickt. Andererseits: Von den 27 Ländern der Europäischen Union haben bis heute erst 16 Länder die körperliche Züchtigung von Kindern verboten.

Auch in Deutschland war es ein langer Weg, bis Gewaltfreiheit bei der Erziehung in der Gesellschaft und im Gesetz verankert waren. Hier ist das Schlagen von Kindern seit dem Jahr 2000 gesetzlich verboten. Und auch wenn sich Einstellungen nur langsam ändern, in diesem Fall ist es gelungen: Heute wird viel mehr als früher auf das Kindeswohl geachtet. Weint das Nachbarkind ständig? Ist ein Kind in der Kita oft schmutzig angezogen, gibt es Anzeichen von Verwahrlosung? Ob Nachbarn, Erzieherinnen, Lehrkräfte – sie alle achten heute mehr auf solche Alarmzeichen als noch vor wenigen Jahrzehnten. Und vom Gesetz her sind sie sogar dazu verpflichtet, ihnen nachzugehen. In den Kitas zum Beispiel wurde dafür ein eigenes Prüfsystem verpflichtend eingeführt.

Diese neue Aufmerksamkeit zeigt Wirkung. Schneller und häufiger werden Eltern heute Hilfestellungen angeboten, wenn sie nicht klarkommen. Erziehungsberatung oder Familienhilfen können entlasten und so die Gefahr für das Kind senken. Nur als letztes Mittel wird eine Unterbringung im Heim angeordnet: Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der städtischen Ämter ist das eine schwierige Gratwanderung, denn eine Heimunterbringung bedeutet ja immer die Trennung von der Familie, und das will kein Kind. Doch in einigen Fällen ist es eben notwendig, etwa bei psychischer Erkrankung der Eltern oder Alkoholsucht.

Ziel muss dabei immer sein, dass das Heim nur eine Übergangslösung bleibt, dass die Situation in der Familie möglichst schnell so verbessert wird, dass das Kind zu den Eltern zurückkehren kann. Dafür ist es auch wichtig, dass der Kontakt zu Mutter und Vater in der Zwischenzeit nicht ganz abreißt. Umso besser, wenn Kinderheime nicht außerhalb der Stadt liegen, sondern in den Wohnquartieren. Das Engagement des Evangelischen Regionalverbandes mit Gründung der „Kindervilla Hollerkopf“ ist für zahlreiche Kinder und deren Familien ein Rettungsanker.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 7. April 2015 in der Rubrik Meinungen, erschienen in der Ausgabe 2015/2 – April.

Medien aktiv und kreativ nutzen

Von Redaktion – 27. März 2015

Medienkompetenz und Medienschutz standen im Mittelpunkt eines Fachtages zum Thema „Medien, die geheimen Erzieher“ der Diakonie Frankfurt. „Kinder wachsen von Beginn an in eine stark durch Medien beeinflusste Umwelt hinein“, sagte Kurt-Helmuth Eimuth, der Leiter des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten. „Angesichts einer kaum noch zu überblickenden Flut medialer Angebote sind viele Eltern verunsichert, gerade in den ersten Lebensjahren der Kinder.“ Welche Medien sind angemessen und wie viel Medienzeit in welchem Alter sinnvoll?

Wichtig sei es dabei, selbst ein Vorbild zu sein. Das Verteufeln oder Verbieten von Medien helfe nicht. Medienkompetenz bedeute vielmehr, Medien kreativ und aktiv zu nutzen. Also nicht Stunden damit zu verbringen, beim Computerspiel das nächsthöhere Level zu erreichen, sondern zum Beispiel mittels einer speziellen App selbst Musik zu komponieren. Oder nicht einfach nur immer Filme anzuschauen, sondern auch mal selbst einen Film zu erstellen.

Damit Kinder diese Art von Medienkompetenz erwerben, bedürfe es geschulter Fachkräfte, weshalb die Diakonie Frankfurt bereits über zwanzig medienpädagogische Fortbildungen in ihren Kitas durchgeführt hat. Schließlich hebt auch der neue Rahmenlehrplan für die Erzieherinnenausbildung Medienerziehung als Querschnittsaufgabe besonders heraus.

Beitrag von Redaktion, veröffentlicht am 27. März 2015 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe 2015/2 – April.

Die Impfdebatte an der Kita-Tür

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 25. Februar 2015

Seit Jahren tobt eine teils ideologisch geführte Debatte über Impfpflichten für Kinder. In diesen Tagen wird sie am Beispiel der Masern wieder heftiger geführt. Und das nicht nur in den Zeitungen, auf Twitter oder am Küchentisch, sondern auch an einem Ort, wo sie viele wohl nicht vermutet hätten: im Aufnahmegespräch in der Kita.

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Rolf Oeser

Darf, muss ein Kind geimpft werden? Und wenn es nicht geimpft ist, bekommt es dann einen Kita-Platz?

Das hessische Kindergesundheitsgesetz legt seit Sommer 2008 fest, dass vor der Aufnahme eines Kindes in einer Kita von den Eltern eine Impfbescheinigung des Kinderarztes vorzulegen ist. Wer das eigene Kind nicht hat impfen lassen, muss dies nicht nur schriftlich erklären, sondern sich auch vom Arzt bescheinigen lassen, dass eine Information über die Folgen erfolgt ist. Auch wird darauf hingewiesen, dass die nicht geimpften Kinder beim Auftreten einer Krankheit wie Masern – auch bei anderen Kindern – vom Besuch der Kita ausgeschlossen werden.

Das ist eine komplizierte Vorschrift, und sie wird oft auf einen falschen Nenner gebracht: Nicht-geimpfte Kinder dürften eine Kita nicht besuchen, wird behauptet. Was eben nicht stimmt.

Aber diese Regelung (auch andere Bundesländer haben ähnliche Vorschriften auf den Weg gebracht) verunsichert, auch wenn sie sicher in guter Absicht getroffen wurde. Dass die Impfquote bei Kindern rückläufig ist, ist ja schon seit langem bekannt. Ein wirksamer Schutz der Bevölkerung ist aber nur nur mit Impfquoten oberhalb der 95 Prozent gewährleistet.

Doch die Politik scheut die Auseinandersetzung über die Frage, ob eine Impfpflicht eingeführt werden soll. Zu stark prallen die Interessen und Ideologien einer Gesellschaft, die sich dem gesunden Leben verschrieben hat, aufeinander. Die einen, oft aus einem alternativen oder anthroposophischen Milieu, warnen vor negativen Folgen von Impfungen, die anderen warnen vor den möglichen Folgen der Erkrankungen.

Zurück bleibt dann eine Kita-Leiterin, die doch beim Aufnahmegespräch eigentlich den Eltern das pädagogische Konzept erläutern will und keine Impfdiskussion führen.

Nein, die Diskussion muss dort geführt werden, wo sie in einer Demokratie hingehört: in den Parlamenten. Deshalb, liebe Politikerinnen und Politiker: Übernehmt die Verantwortung, für die ihr gewählt wurdet. Trefft eine Entscheidung. Und wir, das Volk, werden die Entscheidung mit öffentlicher Auseinandersetzung begleiten. Nur so funktioniert ein Meinungsbildungsprozess. Und nur so kann eine Akzeptanz, auch eine Akzeptanz für das Impfen, erreicht werden.

Das würde vor allem den Kindern helfen – und so nebenbei auch zahlreichen Kita-Leiterinnen.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 25. Februar 2015 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Container-Anlage für Flüchtlinge

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 19. Februar 2015

Frankfurt braucht dringend Platz für Flüchtlinge. Jetzt werden sie auch in Containern untergebracht – zum Beispiel im Apfel-Carré in Preungesheim.

Künftig Unterkunft für 80 Flüchtlinge. Die Containeranlage in Preugesheim. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Mit einer Containeranlage im Apfel-Carré in Preungesheim schafft die Stadt Frankfurt eine weitere Unterbringungsmöglichkeit für Flüchtlinge, die in Deutschland Schutz vor Verfolgung und Krieg suchen.

Mit Unterstützung des Evangelischen Vereins für Wohnraumhilfe werden hier künftig 80 Flüchtlinge in Zwei-Bett-Zimmern wohnen können. Wie Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld am Mittwoch ausführte, gibt es eine hohe Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung. Sie rief dazu auf, die Flüchtlinge nicht nur zu betreuen, „sondern sie mitzunehmen in den Kirchenchor, in den Sportverein“. Nur so könne Integration gelingen. Die Stadt Frankfurt unterstütze sie auch durch die Möglichkeit eines Sprachkurses und durch den Frankfurt-Pass.

Die Flüchtlinge wohnen in Zwei-Bett-Zimmern in denen auch ein Kühlschrank aufgesttellt werden kann. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Betreut werden die Flüchtlinge durch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter des Evangelischen Vereins für Wohnraumhilfe. Die oftmals vom Kriegsgeschehen traumatisierten Flüchtlinge werden seelsorglich von Pfarrerin Heike Seidel-Hoffmann begleitet.

Die Stadt rechnet auch weiterhin mit einem steigenden Zustrom von Schutzsuchenden. Derzeit kommen in der Woche vierzig Flüchtlinge für die die Stadt Unterbringungsmöglichkeiten schaffen muss. In letzter Zeit, so Birkenfeld, kämen nicht mehr nur Einzelpersonen sondern vermehrt Familien.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 19. Februar 2015 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe 2015/2 – April, Web.

Eine Kita aus Modulen

2,8 Millionen Euro kostete der Neubau der Kindertagesstätte „Elisabeth“ des Diakonischen Werks Frankfurt des Evangelischen Regionalverbandes. Gestern wurde die Einrichtung offiziell eröffnet.

Die großzügig gestalteten Fensterfronten lassen viel Tageslicht in die Kindertagesstätte (Kita) „Elisabeth“ in der Dürkheimer Straße 35. Hell und freundlich sind die Räume in Inneren, bieten viel Platz für Bewegung und Kommunikation, nicht nur zwischen den Kindern, sondern auch zwischen den Eltern und den Pädagogen der Einrichtung. Gestern wurde die Kita offiziell eingeweiht.

Der Träger ist das Diakonische Werk Frankfurt des Evangelischen Regionalverbandes. 2,8 Millionen hat der Neubau gekostet. Das Besondere dabei ist, dass das zweigeschossige Gebäude in Modulbauweise errichtet wurde. Die Planung und Entwicklung hierfür geht zurück auf den Architekten Ferdinand Heide. „Die Fragestellung war, wie es gelingen kann, eine Kita einfacher, schneller und wirtschaftlicher zu bauen“, sagt Heide. „Der erste Schritt in der Entwicklung war die Herausarbeitung von Modulen, die in jeder Kita gleich sind wie Gruppen-, Ruhe- und Bewegungsräume“, schildert er weiter. Bei der Planung sei es außerdem wichtig gewesen, sich mit den verschiedenen Stellen abzustimmen etwa dem Brandschutz. „Herausgekommen ist ein System, das an vielen Orten einsetzbar ist“, betont Heide. In Fechenheim sei es bereits realisiert worden. „Auch die Stadt hat Interesse hieran, möchte sechs weitere Kitas nach diesem Prinzip errichten lassen.“

„Der Bau der Kita Elisabeth hat elf Monate gedauert“, sagt Kurt-Helmuth Eimuth, Leiter des Arbeitsbereiches Kindertagesstätten des Diakonischen Werks. Der Betrieb ist bereits seit geraumer Zeit angelaufen. Das vorhandene Angebot an Kindergartenplätzen ist mit 42 Mädchen und Jungen schon komplett belegt.

So stehen den Knirpsen des Kindergartens mehrere Themen bezogene Funktionsräume zur Verfügung: Sie können im Atelier-, im Bau- oder im Rollenspielzimmer kreativ sein, sich in einem der beiden Bewegungsräume austoben oder im Ruheraum entspannen. Außerdem gibt es 44 Plätze für Kinder unter drei Jahren, die sich auf vier geschlossene Krabbelgruppen aufteilen. Aktuell läuft die erste Krabbelgruppe mit acht Kindern, drei Plätze sind dort noch frei. Je nach Personalstand werden die anderen eröffnet. „Wir fahren den Betrieb langsam hoch“, so Eimuth.

FNP 28.1.2015

Dieter Graumann

Römerbergbündnis gegen Rassismus

25.01.2015 Heiliggeistkirche

Kurt-Helmuth Eimuth

Orgelvorspiel

Eingangslied: EG 295, 1-4

Wohl denen die da wandeln

Votum:

Im Namen Gottes feiern wir diese Andacht

Gott ist die schöpferische Kraft,

die alles Leben werden läßt.

Jesus Christus ist die heilende Kraft,

die zusammenhält, was auseinandergefallen ist.

Gottes Geist ist die tragende Kraft,

die hält, was zu fallen droht.

Psalm 23, Nr. 711 im Wechsel

Der Herr ist mein Hirte,

mir wird nichts mangeln.

Er weidet mich auf einer grünen Aue

Und führet mich zum frischen Wasser.

Er erquicket meine Seele.

Er führet mich auf rechter Straße um seines

Namens willen.

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,

fürchte ich kein Unglück;

denn du bist bei mir,

dein Stecken und Stab trösten mich.

Du bereitest vor mir einen Tisch

Im Angesicht meiner Feinde.

Du salbest mein Haupt mit Öl

Und schenkest mir voll ein.

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen

Mein Leben lang,

und ich werde bleiben im Hause des Herrn

immerdar.

Eingangsgebet:

Wir stehen vor dir, Gott

Eingebunden in unsere Welt,

umgeben von unserem Alltag,

gefordert von der Verantwortung, die wir tragen.

So viel Unterschiedliches umgibt uns,

so viele Anforderungen werden an uns gestellt,

da ist es manchmal nicht einfach, die Orientierung zu behalten –

oder überhaupt erste eine zu finden.

Die Sehnsucht ist da eine Richtung zu erkennen,

an die wir uns halten und auf die wir uns verlassen können.

In unserer schnelllebigen Zeit

Suchen wir Beständigkeit und dauerhafte Ziele.

Wir stehen vor dir, Gott,

mit unseren Erfahrungen und Träumen,

mit unserer Realität und unseren Hoffnungen.

Vor dir können wir sie bestehen lassen und ernst nehmen. Amen.

Lied: EG 613, Freunde, daß der Mandelzweig

Andacht:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mich bewegen in diesen Tagen zwei Ereignisse:

Heute Abend lädt das Römerbergbündnis zu einer Kundgebung unter dem Motto Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit ein. Ein starkes Zeichen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

Morgen ist der 70.Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers in Auschwitz. Auschwitz ist das Synonym für Unmenschlichkeit, für Grausamkeit aber auch für Intoleranz und Rassismus. So etwas wollen wir nie wieder haben. Hier nicht, in Deutschland nicht, auf der ganzen Welt nicht!

Gerade habe ich ein Buch gelesen, dass zu diesen beiden Aspekten interessante Einblicke gewährt. Peter Lückemeier und Werner D’Inka haben den ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann interviewt.

Graumann, so darf man sagen, ist ein in Israel geborener Frankfurter. Aufgewachsen zunächst in Zeilsheim und später im Westend. Seine Eltern hatten die Konzentrationslager überlebt. Der kleine David, so hieß Dieter Graumann zunächst, kannte vieles aus den Konzentrationslagern aus Erzählungen. „Ich bin mit Geschichten aus den Lagern groß geworden, wie andere mit Grimms Märchen“, sagt Graumann. „Sonntags kamen die Freunde meiner Eltern aus der Zeilsheimer Zeit in unserer kleinen Zweizimmerwohnung im Westend zu Besuch – und worüber redeten sie? Natürlich fast ausschließlich über ihre Zeit in den KZs. Und ich hörte immer sehr aufmerksam zu.

Und dann kam der Augenblick, an dem aus David Dieter wurde. Graumann erzählt: „Das ist ein Moment den ich natürlich für immer in mir trage. Wir lebten damals in der Oberlindau im Frankfurter Westend in einer kleinen Zweizimmerwohnung. Wir hatten im Schlafzimmer meiner Eltern eine große Spiegelanrichte. Eines Tages riefen sie mich und haben sehr ernst gesagt: ‚David, Du kommst jetzt in die Schule, und es ist nicht gut, wenn jeder weiß, dass du jüdisch bist. Und mit Deinem Namen David weiß jeder sofort, dass du Jude bist. Das ist nicht gut, und deswegen werden wir jetzt etwas zusammen machen.‘ Und dann haben sie mich ganz feierlich vor den Spiegel gestellt, mich in die Mitte genommen und dann langsam zu mir gesagt: ‚David, ab heute heißt du Dieter.‘ Das war schon ein heftiger, ein absolut dramatischer und auch traumatischer Augenblick für mich. Ich glaube nicht, dass das vielen Menschen im Leben jemals geschieht.“ Und in der Tat fühlte sich Dieter, wie Graumann jetzt hieß, in der Schulklasse „emotional isoliert.“ Doch er gewöhnte sich schnell an den neuen Namen, der auch in seinen Pass eingetragen wurde. Er kannte ja die Angst seiner Eltern: Denn diese fürchteten, dass sich so etwas wie der Holocaust wiederholen könne. Ausreise war für diese Familie immer ein Thema, das sich nur langsam abschwächte. Widerwillig lebten seine Eltern in Deutschland. „Widerwillig und mit ganz, ganz schlechtem Gewissen. Sie lebten an einem Ort, von dem sie das Gefühl hatten, sie dürften dort eigentlich nicht sein“, so Graumann.

Und noch etwas schmerzte aus der Kinderperspektive: Es gab keine Großeltern. Keine Familie im weiteren Sinne und dem Kind fehlte das Wissen um das Woher, wer gehört dazu – und natürlich vermisste das Kind auch Geschenke.

Für den Erwachsenen bleibt die eine, die entscheidende Frage, die Theodize-Frage offen: Wie konnte Gott Auschwitz zulassen? Eine Frage, die auch Graumann nicht beantworten kann. Graumann benutzt als Beschreibung der Schoa Bubers Begriff der „Gottesfinsternis“ und sagt: „Ich persönlich jedenfalls will aber fest daran glauben, dass Gott selbst im Holocaust immer bei den leidenden Menschen war, um ihnen Mut und Kraft und Inspiration zu geben, dass er jenen Hoffnung und Stärke gab, die den Schrecken überleben konnten, dass er die Verzweiflung und die Schrei der Menschen auch dort gehört und sie auch in unermesslichen Leid getröstet hat, ihre Tränen trocknete und ihnen selbst und gerade in ihren allerschwersten, bittersten Stunden immerzu beistand.“

Dieter war ein Frankfurter Bub und fußballbegeistert. Was lag näher als Fan von Eintracht Frankfurt zu werden. Das half ihm auch später auf dem Goethe-Gymnasium im Kontakt mit den anderen Jungs. Später war er Vorsitzender des jüdischen Fußballvereins Makkabi Frankfurt. Im Jahre 2000 wurden Woche für Woche die Kinder und Jugendlichen des Vereins von den Zuschauerrängen mit antisemitischen Sprüchen angepöbelt. Doch Graumann fand beim DFB kein Gehör und wandte sich schließlich an die Presse. Erst da bewegte sich etwas, wenn auch zunächst widerwillig. Graumann schildert, wie ihm der spätere DFB-Präsident Theo Zwanziger unterstütze. Heute, so Graumann, sei der DFB „deutlich sensibler“.

In dem als Buch erschienenen Gespräch werden auch andere, die Stadt und das Land bewegende Ereignisse lebendig. Der Konflikt mit Martin Walser und Jakob Augstein, die Beschneidungsdebatte und natürlich die Auseinandersetzung um die Aufführung des Fassbinder-Stückes im Schauspielhaus. Graumann argumentiert immer sachlich, äußerst reflektiert und stets aus der Perspektive eines Mannes, der nach vorne schaut und gestalten will.

Dieter Graumann schildert beeindruckend, welche Aufgabe sich der Frankfurter jüdischen Gemeide ab 1989 stellte: „neunzig Prozent unserer Mitglieder sind in den letzten 25 Jahren aus der ehemaligen Sowjetunion zu gekommen, ich wiederhole: neunzig Prozent! Nur zehn Prozent waren vorher schon da. Das ist doch ein bemerkenswertes, kurioses Zahlenverhältnis.“ Für Graumann hat die jüdische Gemeinde dadurch „eine rasante, eine radikale, eine durchaus revolutionäre Veränderung“ erlebt. Die Gemeinde hat sich ihren neuen Mitgliedern zugewandt. Graumann berichtet: „Als jetzt die Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion zu uns kamen, sagte ich mir, ja: da schwor ich mir, die Fehler der Vergangenheit dürfen wir auf gar keinen Fall wiederholen. Deshalb habe ich mich vom ersten Moment an dafür eingesetzt, dass die Neuankömmlinge mit offenen Armen empfangen wurden. Mit Herzlichkeit und einem Lächeln.“

Diese Haltung kann uns Vorbild sein. Im Aufruf zur heutigen Kundgebung des Römerbergbündnisses heißt es : „Seit dem Zweiten Weltkrieg waren weltweit noch nie so viele Menschen auf der Flucht. Gerade Muslime, Juden und Christen sind Opfer von Gewalt und Vertreibung. Dies droht europäische Gesellschaften zu spalten.

Menschen fliehen nach Europa vor Krieg und politischer, religiöser oder ethnischer Verfolgung, vor Hunger und bitterer Armut, vor Umweltzerstörung und vor brutalen Menschenrechtsverletzungen in ihrer Heimat. Asylrecht ist ein wichtiges und aus geschichtlichen Gründen in der Verfassung verankertes Grundrecht. Angriffe auf Grundrechte unterschreiten die Standards, nach denen wir leben wollen. Allzu oft in unserer Geschichte, als Menschen ausgegrenzt und verfolgt wurden, haben zu viele zu lange nur zugeschaut. Eine menschenwürdige Gesellschaft wird aber nur entstehen und Bestand haben, wenn ihre Mitglieder bereit sind, sie gleichberechtigt zu entwickeln und zu verteidigen.“

Und zum Schluss wird festgestellt: „Wir bekennen uns zu den in der Verfassung festgehaltenen Grundrechten, die unabhängig von Geschlecht, Religion und Herkunft für alle Menschen gelten: vor allem zu dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie zur Presse-, Meinungs-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Wir bejahen ausdrücklich die Diversität der Menschen in unserer Stadt und wollen die daraus entstehenden Konflikte im Rahmen der Rechtstaatlichkeit gemeinsam lösen.“

Lied: EG 599, Selig seid ihr

Mitteilungen

Gebet:

Gott, Quelle der Weisheit

Wir danken für die Momente der Klarheit, die wir erleben,

für den echten Glanz, den wir sehen,

für deine Gegenwart.

Wir bitten dich,

lass uns deine Gegenwart auch in unserer Gemeinschaft erleben:

in unserer Kirche,

daß wir gemeinsam Worte finden für das, was uns bewegt,

in unserem Land,

daß wir uns auf deinen Zuspruch von Frieden und Gerechtigkeit besinnen,

in unserer Gemeinde,

daß wir die Höhen und Tiefen unseres Weges begreifen.

Wir denken an unser eigenes Leben,

was uns fehlt, was wir ändern wollen.

Daß wir unser Leben verantwortungsvoll gestalten,

anderen und uns selbst Freude schenken können,

darum bitten wir.

Gemeinsam beten wir:

Vater unser im Himmel.

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

Und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Gott segne uns und behüte uns

Gott gebe uns Liebe, wo Haß ist,

Kraft, wo Schwachheit lähmt,

Toleranz, wo Ungeduld herrscht,

Offenheit, wo alles festgefahren scheint.

So sei Gottes Segen mit uns allen,

beflügle unsere Hoffnung

und begleite uns wie ein Licht in der Nacht. Amen.

Lied: 421 Verleih uns Frieden

Gute Witze nehmen sich selber auf die Schippe

von Kurt-Helmuth Eimuth 23. Januar 2015

Wirklich gute Witze gehen nicht auf Kosten anderer, sondern nehmen sich auf feine Art selbst „auf die Schippe“. Das gilt gerade auch für die Kirche. Nur Sekten sind humorlos.

Es ist gar nicht so leicht, andere zum Lachen zu bringen. Hier Pfarrerin und Clownin Gisela Mattiae bei einem Workshop in der Evangelischen Akademie Frankfurt. Foto: Ilona Surrey
Es ist gar nicht so leicht, andere zum Lachen zu bringen. Hier Pfarrerin und Clownin Gisela Mattiae bei einem Workshop in der Evangelischen Akademie Frankfurt. Foto: Ilona Surrey

„Eine alte Frau kommt nach dem Gottesdienst aus der Kirche. Sie schaut zur Turmuhr und sagt vor sich hin: Jetzt kann ich wieder laufen, jetzt kann ich wieder laufen. Der Pfarrer hört das und fragt: Sagen Sie, gute Frau, haben Sie gerade ein Wunder erlebt? Seien Sie froh und dankbar, dass Sie wieder laufen können! Nein, antwortet die Frau, ich habe kein Wunder erlebt. Wegen Ihrer langen Predigt habe ich den Bus verpasst, und jetzt kann ich wieder nach Hause laufen!“

Das ist ein typischer Witz, wie er gerne in kirchlichen Kreisen erzählt wird;  besonders unter Pfarrerinnen und Pfarrern. Im Kern überspitzten Witze Entwicklungen und machen Tendenzen sichtbar.

„Ein Pfarrer ärgert sich, dass so viele Leute zu spät zum Gottesdienst kommen und bringt an der Kirchtür ein Schild an: Wer zu spät kommt, stört! Am nächsten Sonntag muss er lesen, was jemand heimlich hinzugefügt hat: Aber er kommt!“

Die eigenen Gewissheiten in Frage stellen

Gute Witze gehen nicht auf Kosten anderer, sondern nehmen sich auf feine Art „selbst auf die Schippe“. Über sich selbst lachen zu können zeigt die Bereitschaft, auch mal eine andere Perspektive zu wählen als die eigene. Das ist eine Fähigkeit, die man in sektiererischen Gruppen nicht findet. Dass sie ihrer eigenen Organisation oder Dogmatik nicht mit Humor begegnen können, ist ein Kennzeichen von Sekten. Denn witzige Selbstironie ist immer auch eine Form, sich selbst und die eigenen Gewissheiten in Frage zu stellen. In Sekten dürfen Selbstzweifel aber nicht aufkommen.

Zum christlichen Glauben gehört der Zweifel aber ebenso dazu wie der Humor. Humor ist ja auch nicht die schlechteste Art, mit den Unzulänglichkeiten der Welt fertigzuwerden. Dabei geht es nicht darum, religiöse Gefühle von Gläubigen zu verletzen. Es gibt moralische und ethische Grenzen für Witzeleien. Schon Goethe schrieb: „Erlaubt ist, was sich ziemt“.

Religion muss Satire aushalten

Satire hingegen nimmt, wenn sie von außen auf eine Religionsgemeinschaft blickt, kaum Rücksicht auf die Gefühle der Gläubigen – frei nach dem Tucholsky-Motto: „Satire darf alles.“ Und das müssen Religionsgemeinschaften auch aushalten. Grenzen und Regeln, die eine Glaubensgemeinschaft sich selbst gibt, kann sie nicht Außenstehenden vorschreiben. Die Meinungsfreiheit ist in freiheitlichen Demokratien ein sehr hohes Gut. Schließlich war es auch die Erfahrung der Diktatur, die den Satz „Zensur findet nicht statt“ ins Grundgesetz brachte.

Kurz lässt es sich so auf den Punkt bringen: Die Kirche braucht Humor, die Gesellschaft braucht Satire. Beides sind Formen einer geistigen Auseinandersetzung mit wichtigen Themen, des öffentlichen Diskurses. Und beides trägt zur Meinungsbildung bei.

Musik „handgemacht“

Kurt-Helmuth Eimuth. Foto: Ilona Surrey

Man meint, dass es die Gethsemanegemeinde nicht erwarten kann. „Weihnachts-Ansingen“ – so ist das alljährliche Weihnachtskonzert am Dritten Advent im Nordend betitelt, am 14. Dezember, um 17 Uhr in der Eckenheimer Landstraße 90. Vor den bereits im Altarraum aufgestellten Weihnachtsbäumen musiziert dann das Gethsemane-Quartett, der Flötenkreis spielt als längeres Werk das Magnificat von Johann Pachelbel, und der Chor singt passend zum 25. Jahr des Mauerfalls ein Lied von Klaus Heizmann mit dem Text „Es war ein Tag der großen Wende“. Das ist Musik handgemacht, von Menschen, denen das Musizieren Freude bereitet, und die mit ganzem Herzen bei der Musik und dem bevorstehenden Fest sind. Und natürlich gibt es im Anschluss Tee und Plätzchen im neuen Gemeindesaal.